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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 10.05.2004
Aktenzeichen: 11 W 26/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 412
ZPO § 492
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

11 W 26/04

In dem selbständigen Beweisverfahren

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pastor sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Küpper und Borzutzki-Pasing am 10.5.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 1.4.2004 wird der Beschluss der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 22.3.2004 - 14 OH 1/02 - aufgehoben und das Landgericht angewiesen, den Antrag auf Ergänzung des Sachverständigengutachtens nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses abzulehnen.

Gründe:

Das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zu erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverweisen ist.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Allerdings unterliegt nach überwiegender Auffassung die Zurückweisung des innerhalb eines selbständigen Beweisverfahrens gestellten Gesuches auf eine erneute Begutachtung (§§ 492 Abs. 1, 412 ZPO) oder eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen zum gleichen Beweisthema nicht der sofortigen Beschwerde (Senat OLGR 2002, 128; OLG Köln - 19. Zivilsenat - NJW-RR 2000, 729 = OLGR 1999, 305; OLG Köln - 24. Zivilsenat - Beschl. v. 30.9.2003 - 24 W 34/03; OLG Düsseldorf BauR 1998, 366 = NJW-RR 1998, 933; OLG Hamm NVersZ 2001, 384 = OLGR 2001, 251; 1996, 203; OLG Frankfurt OLGR 1996, 82; OLG Schleswig OLGR 2003, 308; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdn. 96; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 490 Rdn. 9; Zöller-Herget, ZPO, 24. Aufl., § 490 Rdn. 4 jew. m.w.N.). Hierbei handelt es sich um im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidungen, die einen Antrag nicht erfordern; gegen derartige Entscheidungen ist eine Beschwerde, sofern sie im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), nicht gegeben (vgl. Stein/Jonas-Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rdn. 16; Braun in: Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 567 Rdn. 7 a; Zöller-Gummer § 567 Rdn. 35). Anders liegt es, wenn die beantragte Einholung eines Gutachtens zu einer über das ursprüngliche Beweisthema hinausgehenden Frage verweigert wird oder wenn das Gericht dem Antrag mit der Begründung nicht stattgibt, das selbständige Beweisverfahrens sei beendet. In diesen Fällen ist die Beschwerde statthaft (vgl. Senat a.a.O.; OLG Köln - 12. Zivilsenat - BauR 1998, 591 = OLGR 1998, 54; OLG Jena BauR 2003, 518). Als Zurückweisung eines das Verfahren betreffenden Gesuches nach § 567 Abs.1 Nr. 2 ZPO ist die Entscheidung in diesem Falle der Überprüfung durch das Beschwerdegericht unterworfen, da sich das Rechtmittel nicht gegen die Ausübung des Ermessens, sondern gegen dessen Nichtausübung richtet. Danach ist hier die sofortige Beschwerde gegeben. Zum einen gehen die jetzigen Beweisfragen der Antragstellerin über das bisherige Beweisthema zumindest teilweise hinaus. Zum anderen hat das Landgericht die Anordnung einer ergänzenden Beweisaufnahme mit der Begründung zurückgewiesen, eine weitere Begutachtung sei unzulässig, weil der Antrag nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nach der Zustellung des ersten Gutachtens gestellt worden sei. Letzteres steht der Ablehnung des Gesuches wegen einer Verfahrensbeendigung gleich und ist wie diese eine rechtlich begründete Zurückweisung eines Verfahrensgesuchs, die mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist.

Die danach statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Antrag auf eine ergänzende Begutachtung nicht verspätet, sondern innerhalb eines angemessenen Zeitraumes (§§ 411 Abs. 4, 492 Abs. 1 ZPO) gestellt worden. Abzustellen ist nicht auf den Zeitraum ab der Zustellung des ersten Gutachtens, sondern dem nach der Zustellung des letzten Ergänzungsgutachtens vom 7.1.2004. Zwischen dem Zugang dieses Gutachtens und der Eingang des Antrages lagen aber nur etwa drei Wochen. Ein solcher Zeitraum ist ohne weiteres angemessen, so dass der Antrag nicht erst nach Beendigung des Verfahrens gestellt worden ist (vgl. Senat a.a.O.; Werner/Pastor Rdn. 112 ff. jew. m.w.N.). Das Landgericht durfte den Antrag daher nicht aus dem Gesichtspunkt einer formellen Verspätung zurückweisen.

Der Beschluss ist deshalb aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an des Landgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Landgericht den von ihm offengelassenen Gesichtpunkt zu prüfen haben, ob der Antrag rechtsmissbräuchlich oder mutwillig ist. Insbesondere kann das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen sein, wenn es an jeglichem rechtlichen Bezug zum Antragsgegner fehlt, die nachgesuchte Beweiserhebung also unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt einem möglichen Rechtsstreit zwischen den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens zugeordnet werden kann (Werner/Pastor Rdn. 34 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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