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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.11.2000
Aktenzeichen: 7 U 19/00
Rechtsgebiete: BGB, LwKammerG NW, VwVfG NW, ZPO


Vorschriften:

BGB § 839
LwKammerG NW § 2
LwKammerG NW § 2 Abs. 1
VwVfG NW § 25
ZPO § 97
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 19/00 7 O 197/99 LG Bonn

Anlage zum Protokoll vom 23.11.2000

Verkündet am 23.11.2000

Lingnau, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Prior sowie die Richter am Oberlandesgericht Martens und Dr. Kling

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16.09.1999 - 7 O 197/99 - wird zurückgewiesen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 9.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine unbedingte, unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand

Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb in J.-W.. Am 26.06.1990 beantragte er bei der beklagten Landwirtschaftskammer die Gewährung einer Zuwendung für die vollständige Aufgabe der Kälbermast ab dem 01.10.1990. Rechtsgrundlage für die begehrte Zuwendung bildete die Verordnung (EWG) Nr. 797/85 des Rates vom 12.03.1985 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur (ABl. Nr. L 93 vom 30.03.1985, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1094 des Rates vom 25.04.1988 (ABl. Nr. L 106 vom 27.04.1988, S. 28) und die Verordnung (EWG) Nr. 4115/88 der Kommission vom 21.12.1988 mit Durchführungsbestimmungen zur Beihilferegelung für die Extensivierung der Erzeugung (ABl. L 361 vom 29.12.1988, S. 13) i.V.m. den im Antrag angeführten Vorläufigen Richtlinien des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17.07.1989 über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der Extensivierung der landwirtschaftlichen Erzeugung in landwirtschaftlichen Betrieben (Extensivierung), zuletzt ersetzt durch die Richtlinie vom 10.07.1990 (MBl. NW S. 1044). Die Zuwendung für die befristete Maßnahme richtete sich dabei nach der tatsächlichen Verringerung (des Mastkalbbestandes) gegenüber der durchschnittlichen Jahreserzeugung des Betriebes im Bezugszeitraum (sog. quantitative Methode), wobei die Höhe der durchschnittlichen Jahreserzeugung während des Bezugszeitraums anhand von geeigneten betriebswirtschaftlichen Unterlagen nachzuweisen war. Für je tatsächlich verringerte GVE (= Großvieheinheit) Masttiere wurde eine Zuwendung von 400,00 DM gewährt. Bei Masttieren unter sechs Monaten entsprach die Zuwendung 0,4 GVE (= 160,00 DM/Tier).

Der Kläger gab an, er habe in der Zeit vom 01.07.1986 bis zum 30.06.1988 durchschnittlich 764,3 Mastkälber (= 305,7 Großvieheinheiten) und 90 Großvieheinheiten Mastrinder (Fresser) gehalten und jahresdurchschnittlich 1412 Mastkälber und 300 Fresser erzeugt. Die Kälberverkäufe bezifferte er mit 917 bzw. 1908 für die beiden Jahre des Bezugszeitraums und die Zahl der toten Kälber im ersten Jahr mit 80 Stück.

Mit Bescheid vom 04.03.1991 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab und führte dazu aus, dass der Kläger der mehrfachen Aufforderung, die Zu- und Verkaufsbelege getrennt für Mastkälber- und Fresserproduktion vorzulegen, nicht nachgekommen sei. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23.03.1991 Widerspruch ein und fügte seinem Widerspruchsschreiben eine handschriftliche Liste über die Rindvieheinkäufe und -verkäufe bei. Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Bescheid vom 11.07.1991 erhob er Klage beim Verwaltungsgericht Aachen (6 K 1103/91) und legte eine auf den 09.03.1992 datierte Liste der 1987/88 eingekauften und verkauften Tiere vor, die von der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Liste erheblich abwich. In der mündlichen Verhandlung vom 31.03.1993 nahm der anwaltlich vertretene Kläger die Klage zurück, nachdem ihm die Beklagte zugesichert hatte, sich auf die Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung nicht berufen zu wollen, sofern der Kläger bis zum 30.04.1993 weitere Unterlagen sowie die für die Auszahlung der Zuwendung erforderlichen Angaben und Nachweise für den Zeitraum ab 01.10.1990 beibringen werde (vgl. Protokoll vom 31.03.1993; Anl. BB 8). Die vom Kläger am 30.04.1993 vorgelegten Unterlagen erachtete die Beklagte (erneut) als unzureichend (vgl. Aktenvermerk vom 09.06.1993; Heft I, Bl. 3 der Verwaltungsvorgänge) und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14.06.1993 mit, dass sie keinen Raum für eine abweichende Bewertung sehe. Die Verfahrensbeteiligten bemühten sich weiterhin um eine Klärung. Es fanden mehrere Besprechungen statt, vom Kläger vorgelegte und bei Betriebsbesuchen bei ihm und seiner im Kälberhandel tätigen Ehefrau eingesehene Unterlagen wurden überprüft und bewertet. Dabei entstanden bei der Beklagten zusätzliche Zweifel, ob der Klägerin nicht im Extensivierungszeitraum ab 01.10.1990 Kälber gehalten habe (vgl. Aktenvermerk vom 24.06.1994; Heft I, Bl. 112 der Verwaltungsvorgänge).

Wegen der ablehnenden Bescheide der Beklagten rief der Kläger erneut das Verwaltungsgericht Aachen (3 K 4258/94) an. Dieses wies mit Urteil vom 27.03.1995 die Klage ab und führte dazu aus, dass der Kläger seine durchschnittliche Jahreserzeugung im Bezugszeitraum nicht nachgewiesen habe. Die von ihm zu verschiedenen Zeitpunkten vorgelegten Belege seien widersprüchlich, die Zahlenangaben abweichend. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Oberverwaltungsgericht in Münster mit Urteil vom 05.09.1997 (9 A 3647/95) ebenso zurück wie den erstmals gestellten Hilfsantrag auf Gewährung einer Extensivierungszuwendung in reduzierter Höhe. Zur Begründung verwies es darauf, dass es zu den Obliegenheiten des Klägers gehören, der Beklagten durch entsprechende betriebswirtschaftliche Unterlagen den Umfang seiner jahresdurchschnittlichen Mastkalbproduktion nachzuweisen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern mehrfach wechselnde Angaben über den Betriebsumfang seines Betriebes vorgelegt. Der Hilfsantrag, bei dem es sich sachlich um einen Neuantrag handele, könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Bestimmungen über die Beihilferegelungen zur Extensivierung bei Überschusserzeugnissen mit Wirkung ab 01.01.1994 aufgehoben seien. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 04.02.1998 (3 B 270.97) zurück.

Im Hinblick auf die ihm nicht gewährten Zuwendungen nach dem Extensivierungsprogramm verlangt nunmehr der Kläger mit der vorstehenden (Teil-) Klage von der Beklagten Schadensersatz. Dazu hat er im wesentlichen geltend gemacht:

Die ihm an sich nach dem Extensivierungsprogramm zu bewilligenden Zuschüsse von insgesamt 480.900,00 DM wären ihm gewährt worden, wenn die Beklagte ihn im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht bei der Bearbeitung des von ihm gestellten Antrags ordnungsgemäß beraten und unterrichtet hätte. Insoweit habe die Beklagte in zweifacher Weise ihr obliegende Pflichten verletzt: Zum einen sei die Beklagte als landesbeauftragte Behörde für die Bewilligung der Zuschüsse zuständig und in dieser Eigenschaft gehalten, den antragstellenden Kläger über die notwendigen Voraussetzungen zu unterrichten, die für die Bewilligung der Zuschüsse erforderlich seien. Soweit die Beklagte hiergegen verstoßen habe, habe er Anspruch auf Schadensersatz nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Ferner sei die Beklagte im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 2 LwKammerG NW verpflichtet, bei der Stellung und Bearbeitung von Zuschussanträgen den antragstellenden Landwirt als Mitglied der Kammer ordnungsgemäß zu beraten und fortlaufend zu informieren.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.09.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie im wesentlichen darauf verwiesen, dass sie in nicht zu beanstandender Weise ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nachgekommen sei. Sie habe im Antragsverfahren weit über das normaler Maß hinaus Hilfestellung geleistet und Geduld gezeigt. Die Beteiligten hätten sich mehrfach besprochen, die vom Kläger gestellten Unterlagen durchgesehen und auf notwendige Ergänzungen hingewiesen. Die Gründe, die zur Ablehnung des Antrags geführt hätten, lägen allein in der Sphäre des Klägers.

Das Landgericht hat eine schadensursächliche Pflichtverletzung verneint und die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 17.09.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit bei Gericht am 18.10.1999 (Montag) eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach mehrmaliger, schließlich bis zum 20.05.2000 gewährter Fristverlängerung mit bei Gericht am 22.05.2000 (Montag) eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend verweist er insbesondere darauf, dass nach dem Besprechungstermin am 02.03.1994 allenfalls noch einzelne Unstimmigkeiten bei der Höhe der zu zahlenden Extensivierungsprämie bestanden hätten. Die Beklagte hätte ihn deshalb darauf hinweisen müssen, einen Antrag auf Extensivierungszuwendung in reduzierter Höhe zu stellen. Dies gelte schon für die erste Ablehnung vom 04.03.1991. Die Beklagte hätte ihn darüber hinaus darüber informieren müssen, dass die Regelung über die Gewährung einer Extensivierungszuwendung am 01.01.94 ausgelaufen sei. Dadurch, dass sie dies unterlassen habe, habe sie die Möglichkeit vereitelt, entweder durch erneute Stellung eines Antrags oder durch einen Hilfsantrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schließlich doch noch zu der ihm zustehenden Extensivierungsprämie zu kommen.

Der Kläger beantragt unter Erweiterung seiner Teilklage,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 60.001,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die Feststellungen des Landgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Akten 3 K 4258/94 VG Aachen, die Gegenstand der Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

I.

1.

Das Landgericht hat mit Recht darauf erkannt, dass dem Kläger die mit der Klage verfolgten, im Berufungsverfahren im erweiterten Umfang geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen. Die Beklagte hat im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers auf Zahlung einer Extensivierungszuwendung die ihr nach § 25 VwVfG NW oder nach § 2 Abs. 1 LwKammerG NW obliegenden Beratungs- und Belehrungspflichten nicht verletzt. Eine Haftung der beklagten Landwirtschaftskammer nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG oder aus der zwischen den Parteien bestehenden Sonderrechtsbeziehung, die sich aus der Mitgliedschaft des Klägers bei der beklagten Landwirtschaftskammer ergibt, scheidet deshalb aus.

2.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich aus der besonderen Lage des Einzelfalls heraus die Pflicht ergeben kann, einen Gesuchsteller über die zur Erreichung seiner Ziele notwendigen Maßnahmen aufzuklären. Dabei ist der Beamte nicht nur Vollstrecker des staatlichen Willens und nicht nur Diener des Staates, sondern zugleich soll er Helfer des Bürgers sein (so ausdrücklich: BGH NJW 1965, 1226 (1227) = VersR 1965, 613). Der Beamte darf nicht sehenden Auges zulassen, dass der bei ihm vorsprechende Bürger Schaden erleidet, den der Beamte durch einen kurzen Hinweis oder eine entsprechende Aufklärung vermeiden kann (so ausdrücklich: BGH VersR 1970, 1104). Hinweispflichten bestehen bei einem erkennbar rechtsunkundigen Bürger vor allem, wenn es um Rechtsfragen auf schwierigem Spezialgebiet geht (BGH NJW 1957, 1873). Ein konkreter Anlass für einen Hinweis besteht in der Leistungsverwaltung auch dann, wenn der Beamte auf einen Antrag oder eine Anfrage eines Leistungsberechtigtem hin erkennen muss, dass der Berechtigte es unterlassen hat, eine für ihn günstige Gestaltungsmöglichkeit zu nutzen. Dabei muss es sich um Gestaltungsmöglichkeiten handeln, die klar zu Tage liegen und deren Wahrnehmung so zweckmäßig ist, dass jeder verständige Antragsteller sie nutzen würde (BSGE 46, 124 = NJW 1979, 1590). Besondere Umstände, die die Verwaltung dazu verpflichten, einen Hinweis zu erteilen, können auch in einem vorangegangenen Tun der Verwaltung liegen. Hatte die Verwaltung durch ein bestimmtes Handeln auf das Vorstellungsbild des Bürgers eingewirkt und so die Ausgangslage beeinflusst, die der Bürger seiner Entscheidung zugrundelegt, ist sie gehalten, darauf beruhende Fehlvorstellungen des Bürgers durch einen aufklärenden Hinweis zu beseitigen (BGH VersR 1990, 1114; BGH NVwZ 1985, 936 (937); vgl. ferner zum Ganzen: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl., § 25, Rz. 2 ff. m.w.N.).

3.

In Ansehung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass die Ablehnung des Antrags auf Zahlung von Extensivierungszuwendungen auf einer Verletzung von Beratungspflichten der Beklagten beruht. Dabei kann dahinstehen, welche Auskünfte und Hinweise dem Kläger bei der Antragstellung erteilt bzw. gegeben worden sind, ob sie falsch waren oder nicht. Denn spätestens nach der zurückgenommenen ersten Klage (im Verfahren 6 K 1103/91 VG Aachen) war der damals bereits anwaltlich vertretene Kläger darüber ins Bild gesetzt, dass für den hier in Rede stehenden Zeitraum - 1986/1987 und 1987/1988 - auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 4115/88 der Kommission vom 21.12.1988 i.V.m. den dazu ergangenen Vorläufigen Richtlinien des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17.07.1989 und 10.07.1990 in Anwendung der sogenannten quantitativen Methode die durchschnittliche Jahresmenge, getrennt nach Mastkälber- und Fresserproduktion, anhand der Zukaufs- und Verkaufsbelege und der Buchführung für die beiden Buchführungsjahre darzulegen war. Es war allein Aufgabe des Klägers, die dazu erforderlichen Belege heranzuschaffen, die die beklagte Landwirtschaftskammer überhaupt erst instandsetzten, die Antragsvoraussetzungen zu prüfen und eine sachgerechte Entscheidung darüber zu treffen, ob dem Kläger Extensivierungszuwendungen zustanden. Die Vorlage prüffähiger Belege konnte der Kläger nur selbst leisten. Gerade aber diese von ihm zu erbringende, für die Bewilligung des Antrags wichtige Vorleistung hat er nicht (vollständig) erbracht. Die von ihm zu verschiedenen Zeitpunkten vorgelegten Belege waren widersprüchlich. Er hat insofern mehrfach wechselnde Angaben zum Betriebsumfang seines Betriebes gemacht. Dies war auch der Grund, warum er im Verwaltungsstreitverfahren in allen Instanzen unterlegen war. Nicht einmal in jenem Verfahren ist es ihm gelungen, prüffähige Belege beizubringen. Der Kläger hat es sich deshalb selbst zuzuschreiben, wenn ihm die beantragten Extensivierungszuwendungen versagt worden sind. Auf der Verletzung von Beratungspflichten beruht dies jedenfalls nicht.

4.

Die beklagte Landwirtschaftskammer hat überdies keine etwa ihr obliegende Pflicht verletzt, den Kläger über eine Reduzierung des Extensivierungsvolumens, die sachlich als Neuantrag anzusehen gewesen wäre, zu belehren. Insofern ist bereits zweifelhaft, ob bis zum 01.01.1994, dem Zeitpunkt der Aufhebung der Bestimmungen über die Beihilferegelungen zur Extensivierung bei Überschusserzeugnissen (siehe Art. 1 Nr. 2, Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3669/93 des Rates vom 22.12.1993), ein unstreitiger Kernbestand vorhanden war, an dem ein reduzierter Antrag hätte ausgerichtet werden können. Denn die vom Kläger nach den Vorgaben des Verwaltungsgerichts im April 1993 vorgelegte Bestandsberechnung war, wie das Verwaltungsgericht Aachen in seinem Urteil vom 27.03.1995 festgestellt hat, in weiten Teilen mit Fehlern behaftet. Sie konnte demgemäß auch nicht die Grundlage für einen reduzierten Antrag bilden. Der Kläger hat auch im vorliegenden Verfahren nicht dargetan, welchen Antrag er damals hätte stellen können. Ein "bestimmter Kernbestand an gehaltenen Kälbern" kristallisierte sich vielmehr nach dem Aktenvermerk vom 03.03.1994 (vgl. Heft I, S. 11 der Verwaltungsvorgänge) erst nach dem Gespräch vom 02.03.1994, also nach Aufhebung des Extensivierungsprogramms, heraus.

Abgesehen hiervon verstand es sich aber auch nicht von selbst, dass der Kläger willens gewesen wäre, einen reduzierten Antrag zu stellen. Wie nämlich das Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Urteil vom 05.09.1997 zutreffend ausgeführt hat, wäre durch eine Teilbewilligung das Gleichgewichtsverhältnis zwischen der laut Antrag erwarteten Höhe der Prämie (hier: 1412 Kälber x 0,4 x 400,00 DM/GVE = 225.920,00 DM im Jahr) und der Höhe des Gewinns, der bei einer jährlichen Produktion von 1412 Mastkälbern anfiel und auf den durch die Prämienbewilligung verzichtet wurde, gestört. Der Prämienausfall beispielsweise für 1412 Kälber - 1228 Kälber = 184 Tiere macht pro Jahr 29.440,00 DM aus. Ob sich unter diesen Bedingungen (Mindereinnahmen von jährlich 29.440,00 DM für fünf Jahre) die mit dem Antrag eingegangene Verpflichtung des Klägers, die Produktion von Kälbern für den Zeitraum von fünf Jahren vollkommen einzustellen, noch rechnete, konnte nur der Kläger selbst entscheiden. Dabei tritt hinzu, dass der Kläger bereits in dem ersten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Aachen (6 K 1103/91) und in dem sich anschließenden Verwaltungsverfahren durch die Rechtsanwaltskanzlei K. und Partner vertreten war. Die beklagte Landwirtschaftskammer konnte deshalb davon ausgehen, dass der Kläger über die Möglichkeit der Reduzierung des Antrags, wenn sich ein solches Vorgehen überhaupt als wirtschaftlich sinnvoll erwies, rechtlich beraten wurde. Dies gilt ebenso für die vom Rat (der Europäischen Gemeinschaften) verordnete zeitliche Begrenzung der Beihilferegelungen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer des Klägers: 60.001,00 DM

Ende der Entscheidung

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