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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: U (K) 3241/03
Rechtsgebiete: BGB, GWB, EWG-Verordnung 1984/83, GewO


Vorschriften:

BGB § 117 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 894
BGB § 1018
GWB § 16 Nr. 2
GWB § 18
EWG-Verordnung 1984/83 Art. 8 Abs. 1 lit. c
GewO § 7
GewO § 8
GewO § 9
GewO § 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: U (K) 3241/03

Verkündet am 4. September 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle sowie die Richter Cassardt und Dr. Albrecht auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 29. April 2003 werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I

Der Kläger fordert von den Beklagten, die ein Kaufhaus betrieben, die Unterlassung des Ausschanks von Getränken auf den der Beklagten zu 1) gehörenden Grundstücken FlNrn. XX. Er stützt seinen Anspruch auf eine zu seinen Gunsten eingetragene Dienstbarkeit, die auf den Grundstücken der Beklagten zu 1) lastet.

Die Voreigentümerin, die Beklagte zu 2) hat die Grundstücke von der Rechtsvorgängerin des Klägers erworben und dabei in Ziffer V Abs. 3 des Kaufvertrags vom 15. Mai/10. September 1970, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, folgende Grunddienstbarkeit bestellt:

Auf den zur Errichtung des Kaufhauses dienenden Grundstücken darf eine Gast- oder Schankwirtschaft bzw. ein Ausschank irgendwelcher Art nur betrieben und darin ober- oder untergärige Biere, Nährbiere, Brausen oder sonstige Limonaden, Saftgetränke, Cola-Getränke, Soda-Getränke und Mineralwasser nur ausgeschenkt, verkauft, vertrieben und abgegeben werden mit Zustimmung der Firma G Brauhaus, Inhaberin G2 als Eigentümerin der ... Grundstücksflurnummer YY ...

Im Wege der Widerklage fordert die Beklagte zu 1) vom Kläger die Bewilligung der Löschung dieser Grunddienstbarkeit, weil sie unbefristet sei und der Sicherung einer Getränkebezugsverpflichtung diene; nach den dafür geltenden Regeln sei auch die Dienstbarkeit sittenwidrig.

Das Landgericht Deggendorf hat mit Urteil vom 29. April 2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagten verurteilt, den Betrieb des Restaurants sowie den Ausschank, Verkauf, Vertrieb und die sonstige Abgabe von ober- oder untergärigen Bieren, Nährbieren, Brausen und sonstigen Limonaden, Saftgetränken, Cola-Getränken, Soda-Getränken und Mineralwasser in einer Gast- oder Schankwirtschaft bzw. einem Ausschank einzustellen und zu unterlassen, und im Übrigen Klage sowie Widerklage abgewiesen.

Dies ist damit begründet, die Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Eigentümers der FlNr. YY sei zulässig gewesen und bestehe nach wie vor. Das rechtliche Schicksal der Bierabnahmeverpflichtung (Ziffer V Abs. 2 des Kaufvertrags) habe auf den Bestand der Dienstbarkeit keinen Einfluss. Diese berühre den Verkauf von Getränken in einem Lebensmittelgeschäft aber nicht.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit Berufung und tragen vor, die zu Gunsten des Klägers bestellte Grunddienstbarkeit sei ausschließlich zur Sicherung der schuldrechtlichen Bierlieferungsverpflichtung eingetragen worden, wie in Ziffer 5 Abs. 2 und 3 des Vertrags und im Gesamtzusammenhang zum Ausdruck komme. Bei wirtschaftlicher Betrachtung unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 1018 BGB liege eine unzulässige Verpflichtung zum positiven Tun vor, was nicht Inhalt einer Dienstbarkeit sein könne.

Ferner fänden die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die zulässigen Höchstlaufzeiten von Bierlieferungsverträgen auf die Sicherungsabrede Anwendung. Die Interessenlage gebiete eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips, wenn die Umstände, die die Verbotswidrigkeit des Kausalgeschäfts begründeten, zugleich und unmittelbar das Erfüllungsgeschäft beträfen. Durch die Möglichkeit, über die Verweigerung der Zustimmung aus der Grunddienstbarkeit faktisch eine Verpflichtung zum Bierbezug zu schaffen, würde die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Bierlieferungsverträgen unterlaufen.

Auch § 16 Nr. 2 GWB und Art. 8 Abs. l lit. c der EWG-Verordnung 1984/83 verboten solche Bindungen. §§ 7 bis 10 GewO zeigten ebenfalls den gesetzgeberischen Willen, alle unbefristeten Recht zu beenden.

Die Beklagten beantragen,

1) teilweise abändernd, die Klage in vollem Umfang abzuweisen,

2) den Berufungsbeklagten zu verurteilen, die Löschung der in ... XX eingetragenen Gewerbebetriebsbeschränkung zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks ... YY zu bewilligen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, Grunddienstbarkeiten, nach denen der Berechtigte den Vertrieb von Getränken auf den belasteten Grundstücken untersagen könne, seien sogar dann zulässig, wenn damit ausschließlich eine Getränkebezugsverpflichtung abgesichert würde. Dass die Bierabnahmeverpflichtung auf 25 Jahre begrenzt, während die Grunddienstbarkeit unbefristet sei, mache deutlich, dass letztere nach Auslaufen der Bierabnahmeverpflichtung, unabhängig von deren Beendigung, weiterhin Bestand haben sollte.

Die Grunddienstbarkeit schütze die Bräuerei vor unerwünschter Konkurrenz und habe Niederschlag im ausgehandelten Kaufpreis gefunden. Ein Verstoß gegen § 1018 BGB liege nicht vor, da ein positives Tun gerade nicht zum Leistungsinhalt gemacht worden sei.

Die aus heutiger Sicht sittenwidrige Laufzeit der Bierabnahmeverpflichtung habe keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Dienstbarkeitsbestellung.

Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Eigentümers der dienenden Grundstücke werde nicht über Gebühr beeinträchtigt. Der Betrieb eines Restaurants in einem Warenhaus sei nicht unbedingt erforderlich, um dessen wirtschaftlichen Erfolg zu gewährleisten.

§ 16 Nr. 2 GWB sei nicht heranzuziehen. Erhaltung und Erwerb einer gewissen Marktmacht stellten keinen Missbrauch dar. Ohnehin fehle eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs.

Noch zum Zeitpunkt der Bestellung und Eintragung der Grunddienstbarkeit seien Alleinbezugsvereinbarungen vom Verbot des jetzigen Art. 81 EG freigestellt gewesen. Die erst am 1. Juli 1983 in Kraft getretene EWG-Gruppenfreistellungsverordnung 1984/83 könne den Bestand der Dienstbarkeit von 1975 nicht berühren.

Auch die §§ 7 bis 10 GewO seien nicht anwendbar, da sie sich auf den Güteraustausch und nicht auf die Ausübung des Eigentums bezögen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2003 Bezug genommen.

II

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1) Der Kläger konnte den Beklagten den noch streitgegenständlichen Ausschank von Getränken auf dem Grundstück der Beklagten verbieten; ihm steht aus der Dienstbarkeit der entsprechende Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu. Die Dienstbarkeit hat einen zulässigen Inhalt und wurde wirksam bestellt (§ 1018 BGB). An der Wirksamkeit der Dienstbarkeit hat sich durch die Veräußerung des belasteten Grundstücks durch die Beklagte zu 2) an die Beklagte zu 1) nichts geändert.

a) Die Zulässigkeit einer Verbotsgrunddienstbarkeit mit Erlaubnisvorbehalt hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 25. März 1980 festgestellt (NJW 1981, 343). Zwar kann eine Bezugsbindung, d.h. die Verpflichtung eines Grundstückseigentümers, auf dem Grundstück keine andere Waren als die eines bestimmten Herstellers zu vertreiben, nicht Gegenstand einer Dienstbarkeit sein, weil das Recht zur freien Auswahl des Warenlieferanten kein Ausfluss des Eigentumsrechts am Grundstück ist (vgl. BGH NJW 1959, 670 - Tankstellendienstbarkeit; NJW 1979, 2150). Die hier vorliegende Dienstbarkeit ist jedoch zulässig, denn ein Verbot, durch das dem Eigentümer untersagt wird, auf seinem Grundstück eine Gastwirtschaft zu betreiben bzw. Getränke zu vertreiben, ist etwas anderes als die Bindung an einen Lieferanten (vgl. BGH NJW 1962, 486; NJW 1980, 179; MDR 1975, 399).

Gleiches gilt für § 16 Nr. 2 GWB und Art. 8 Abs. l lit. c der EWG-Verordnung 1984/83. Die Sicherungsabrede enthält keine Vereinbarung über eine Ausschließlichkeitsbindung. Ihr Inhalt kann daher auch nicht unter dem Blickwinkel des § 18 GWB beanstandet werden (vgl. BGH GRUR 1988, 854).

b) Das Landgericht hat zutreffend offen gelassen, ob die Dienstbarkeit nur dem Zweck dient, eine Getränkebezugsverpflichtung zu erreichen oder abzusichern. Sie wäre nämlich sogar dann zulässig (vgl. BGH vom 3. Mai 1985, V ZR 55/84, GRUR 1985, 994 m.w.Nachw.), auch wenn dies mittelbar zu einer Beeinträchtigung des Rechts zur freien Lieferantenauswahl führen kann. Eine solche "Sicherungsdienstbarkeit" ist regelmäßig weder wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, noch stellt sie eine unzulässige Gesetzesumgehung oder ein Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB dar (vgl. BGH NHW 1979, 2150; NJW 1981, 343). Mit der von den Beklagten aufgegriffenen Kritik, insbesondere von Joost (vgl. u.a. Münchner Komm./Joost, BGB 2. Aufl. § 1090 Rdnr. 15-20), hat sich der Bundesgerichtshof mehrfach befasst und an seiner Rechtsprechung festgehalten (zuletzt GRUR 1988,854 m.w.Nachw.).

c) Die Dienstbarkeit ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht befristet ist. Insoweit hat der Bundesgerichtshof seien Rechtsprechung geändert; erstmals mit der zitierten Entscheidung vom 29. Januar 1988 hat er unter teilweiser Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass bei der Sicherung einer Bezugsverpflichtung durch Verbotsdienstbarkeiten unterschieden werden muss, ähnlich wie im Fall der sogenannten Sicherungsgrundschuld, zwischen dem schuldrechtlichen Bezugsvertrag, der schuldrechtlichen Sicherungsabrede und schließlich der Dienstbarkeit. Dieses dingliche Recht ist abstrakt und grundsätzlich unabhängig von den zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen, für die eine zeitliche Grenze geboten sein kann.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn die schuldrechtliche Vereinbarung als Bedingung Inhalt auch des dinglichen Rechts geworden wäre (§ 158 BGB; vgl. BGH NJW 1979, 2149), oder wenn eine Geschäftseinheit zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Geschäft bestünde (§ 139 BGB; BGH GRUR 1988, 854).

Diese Ausnahmefälle sind hier nicht gegeben; die Parteien haben die Dienstbarkeit nicht befristet bestellt und keine Bedingung an den Bestand einer schuldrechtlichen Bezugsverpflichtung gekoppelt. Geschäftseinheit zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Geschäft besteht auch sonst nicht. Mit Rücksicht auf das im deutschen Recht herrschende Abstraktionsprinzip ist dies nur in ganz besonderen Ausnahmefällen anzunehmen und erfordert die Feststellung konkreter Anhaltspunkte, wie sie im Streitfall nicht gegeben sind. Ein praktisch immer vorliegender wirtschaftlicher Zusammenhang oder die Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft in einer Urkunde genügen dafür nicht (vgl. BGH NJW 1967, 1128).

Die von den Beklagten gerügte "faktische" Bindung an den Dienstbarkeitsberechtigten ist notwendige Folge des Abstraktionsprinzips, die sie durch Vereinbarung einer Bedingung oder Befristung bei der Dienstbarkeitsbestellung vermeiden hätte müssen (BGH NJW-RR 1992, 593; OLG Zweibrücken OLGR 2000, 499).

d) Selbst wenn das Kausalgeschäft, das der Dienstbarkeitsbestellung zu Grunde liegt, nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig wäre, so hätte dies - anders als die Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB - nicht ohne weiteres auch die Nichtigkeit der abstrakten Dienstbarkeitsbestellung zu Folge, weil hier weder festgestellt noch behauptet ist, dass die Sittenwidrigkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt, also mit dem dinglichen Rechtsvorgang sittenwidrige Zwecke verfolgt würden oder in ihm die Sittenwidrigkeit begründet wäre (vgl. BGH GRUR 1988, 854; NJW-RR 1989, 519).

e) Die §§ 7 bis 10 GewO sind nicht anwendbar, weil sich diese Vorschriften auf den Güteraustausch und nicht auf die Ausübung des Eigentums beziehen sowie andere Fallgestaltungen erfassen (vgl. BGH NJW 1984, 924).

f) Die Dienstbarkeit ist auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 85 EWG-Vertrag nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob die Bestellung von Dienstbarkeiten überhaupt die Voraussetzungen des Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag erfüllen könnte. Zur Zeit der Bestellung und Eintragung der streitgegenständlichen Dienstbarkeit waren Alleinbezugsvereinbarungen gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 67/67/EWG der Kommission vom 22. März 1967 (AmtsBl. EG vom 25. März 1967 Nr. 849/67) von dem Verbot des Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag freigestellt (vgl. z.B. Paulusch, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Brauerei- und Gaststättenrecht, 6. Aufl., S. 114 ff, 118 f; EuGH Slg. 1977, 65 = WuW/E EWG/MUV 413 - Brauerei C). Das muss auch für Dienstbarkeiten gelten. Die erst am 1. Juli 1983 in Kraft getretene Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 vom 22. Juni 1983 (AmtsBl. EG vom 30. Juni 1983 Nr. L 173/5), die sich nur auf Getränkebezugsverpflichtungen bezieht (vgl. Art. 6, 15 Abs. 2, 3), wie sie die Dienstbarkeitsbestellung gerade nicht enthält (s.o.), berührt den Bestand der bereits zuvor dinglich wirksam eingetragenen Dienstbarkeit nicht (vgl. BGH NJW-RR 1992, 593). Zudem läge keine spürbare Beeinträchtigung des mitgliedsstaatlichen Handels vor (vgl. EUGH vom 28. Februar 1991, Az: C-234/89, Rspr 1991 I, 935 Ziffer 27, in juris/CELEX dokumentiert - Delimitis/Henninger).

g) Der Kläger kann seine Rechte aus der Dienstbarkeit auch geltend machen. Dem steht nicht der von den Beklagten erhobene Schikaneeinwand (§ 226 BGB) entgegen. Der Kläger verfolgt mit der Klage keineswegs den ausschließlichen Zweck, die Beklagten zu schädigen. Der Druck auf die Beklagten, entweder mit dem Kläger eine Vereinbarung über den Biervertrieb abzuschließen oder aber den Betrieb eines Restaurants auf dem Kaufhausgrundstück einzustellen, ist eine Folge dieser wirksamen Dienstbarkeit (vgl. auch BGH WM 1984, 820 - Fernwärmebezugspflicht). Eine faktische Notwendigkeit zum Betrieb einer Gastwirtschaft besteht seitens der Beklagten nicht. Ein Kaufhaus kann auch ohne Restaurant wirtschaftlich betrieben werden, wie das Landgericht schon ausgeführt hat.

2) Die Widerklage hat keinen Erfolg. Ein Anspruch der Beklagten zu 1) auf Löschung dieser Dienstbarkeit besteht nicht (§ 894 BGB). Sie ist wirksam entstanden, und das Grundbuch steht mit der Rechtslage nach wie vor in Einklang. Die Dienstbarkeit ist nach wie vor gültig, denn sie unterliegt keiner zeitlichen Grenze, und das Ende der Bierabnahmeverpflichtung hat auf ihren Bestand keinen Einfluss. Die Beklagte zu 1) kann daher vom Kläger keine Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB verlangen, weil dessen Inhalt im Einklang mit der wirklichen Rechtslage steht.

a) Die Dienstbarkeit selbst enthält weder eine Befristung noch eine Verknüpfung zum Bierliefervertrag; auch bei ihrer Bestellung wurde kein Rückgewähr- bzw. schuldrechtlicher Löschungsanspruch vereinbart. Als Teil einer notariellen Urkunde hat sie die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich.

b) Die aus heutiger Sicht wohl sittenwidrige oder jedenfalls abgelaufene Zeit der Bierabnahmeverpflichtung hat - wie oben dargelegt - keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Dienstbarkeitsbestellung. Damit kann auch hier die Frage dahingestellt bleiben, ob der Zweck der Dienstbarkeit ausschließlich in der Durchsetzung der Getränkebezugsverpflichtung liegt, oder ob noch ein anderer Zweck, wie etwa der Konkurrenzschutz, bei der Bestellung eine Rolle gespielt haben (vgl. BGH WM 1973, 900; NJW 1977, 38). Das dingliche Geschäft (§ 873 BGB) wäre nur dann gleichfalls nichtig, wenn die Sittenwidrigkeit gerade im Vollzug der Leistung läge, wenn also mit dem dinglichen Rechtsvorgang sittenwidrige Zwecke verfolgt würden oder in ihm die Sittenwidrigkeit begründet wäre.

c) Der Kläger ist auch sonst nicht verpflichtet, in die Löschung der Grunddienstbarkeit einzuwilligen. Eine nachträgliche zeitliche Anpassung an die Bezugsdauer aus dem Bierlieferungsvertrag kommt nach den obigen Ausführungen nicht Betracht. Mit der Bestellung der Dienstbarkeit wurde weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart, dass der jeweilige Verpflichtete einen Rückgewährsanspruch mit Beendigung der Bezugsverpflichtung, gleich aus welchem Grunde, haben soll (vgl. BGH NJW 1983, 2502; NJW 1998, 2286). Die Grunddienstbarkeit verfolgt zumindest auch das Ziel, unerwünschte Konkurrenz zu verhindern (BGH vom 8. April 1988, Az: V ZR 120/87, NJW 1988, 2362). Auch haben die insoweit beweisbelasteten Beklagten den Vortrag des Klägers, die Dienstbarkeit sei Teil des Kaufpreises und damit der Gegenleistung für die Übereignung des Grundstücks gewesen, nicht widerlegt. Bei einem solchen Zweck scheidet aber ein schuldrechtlicher Anspruch auf vorzeitige Aufhebung der Dienstbarkeit aus (OLG Karlsruhe WuW 1991, 49).

Im Hinblick auf die Abstraktheit (siehe oben) der Dienstbarkeit können auch die Überlegungen zu einer "faktischen Bezugsverpflichtung" keinen Anspruch der Beklagten auf Aufhebung der Dienstbarkeit begründen (vgl. BGH NJW-RR 1992, 593; OLG Zweibrücken OLGR 2000, 499).

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

4) Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65), zumal sich die Entscheidungen des Landgerichts und des Senats an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientieren.

Ende der Entscheidung

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