Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 133/06
Rechtsgebiete: GBO, WEG


Vorschriften:

GBO § 19
WEG § 7 Abs.3
Ist im Grundbuch ein Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums an einer Wohnung bereits wirksam durch eine Bezugnahme auf die Teilungserklärung eingetragen, besteht kein Anspruch der Berechtigten mehr auf ausdrückliche Verlautbarung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch.
Gründe:

I.

Das verfahrensgegenständliche Grundstück ist in Wohnungseigentum aufgeteilt. In Ziffer V der Teilungserklärung findet sich zu den Rechten des früheren Eigentümers folgende Regelung:

"Der Grundeigentümer ist unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bevollmächtigt, folgende Rechtshandlungen vorzunehmen:

....

Schließlich ist der Eigentümer bevollmächtigt, auch das Hinterhaus, das derzeit noch in Gemeinschaftseigentum steht, zu verwerten, und zwar insbesondere durch Bildung von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten oder durch Zuweisung von Sondernutzungsrechten. ..."

Als Anlage zur Teilungserklärung wurde eine Gemeinschaftsordnung eingereicht, deren § 10 Abs. 3 folgende Regelung enthält:

3. Der jeweilige Eigentümer oder Nutzer des Rückgebäudes, gleich in welcher Rechtsform dieses Rückgebäude zugeteilt ist, darf die gesamte Grundstückfläche des Wohnungs- und Teileigentumsgrundstücks ausschließlich nutzen, mit Ausnahme der in dem dieser Urkunde beigefügten Lageplan schraffiert eingezeichneten Fläche. Der Lageplan wurde den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt und von ihnen genehmigt.

In Ziffer VIII. der Urkunde wurde der Antrag gestellt, die Aufteilung des Grundbesitzes und die Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums einzutragen, nicht jedoch die oben genannte Vollmacht in Ziffer V Absatz 3

In einem Nachtrag zur Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vom 21. Februar 1994 erklärte der aufteilende Grundstückseigentümer noch folgendes:

"Die Vollmacht in Ziffer V. Absatz 3 der Vorurkunde wird in der Weise ergänzt, dass diese Vollmacht auch das Recht umfasst, die gesamte Grundstücksfläche des Wohnungs- und Teileigentumsgrundstücks ausschließlich zu nutzen, mit Ausnahme der im den dieser Urkunde nochmals beigefügten Lageplan schraffiert eingezeichneten Fläche. Die schraffierte Fläche wird vom Sondernutzungsrecht nicht berührt."

Antragsgemäß wurde die Teilungserklärung mit dem vorstehenden Nachtrag unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung eingetragen.

Die Beteiligten als Rechtsnachfolger des Eigentümers und jetzige Eigentümer des Rückgebäudes beantragten zehn Jahre später mit notarieller Urkunde die Eintragung eines Sondernutzungsrechts an der gesamten Grundstücksfläche mit Ausnahme der auf dem Lageplan der Nachtragsurkunde schraffiert eingetragenen Fläche. Dieser Antrag wurde auf Zwischenverfügung hin zunächst zurückgenommen, später jedoch erneut zum Vollzug vorgelegt. Unter Bezugnahme auf die bereits früher erlassene Zwischenverfügung wies das Amtsgericht - Grundbuchamt - den Eintragungsantrag zurück, weil eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und der dinglich Berechtigten der einzelnen Einheiten nicht vorlag. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Beteiligten, die geltend machten, die Vollmacht im Nachtrag zur Teilungserklärung sei Inhalt derselben geworden. Die Beschwerde wurde durch das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten ihr Anliegen weiter.

II.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Ein Sondernutzungsrecht kann entweder in der Teilungserklärung oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden. In der Teilungserklärung sei es nicht begründet worden, weil die entsprechende Regelung in § 10 Ziffer 3 der Gemeinschaftsordnung nicht zum Inhalt der Teilungserklärung geworden sei. Für eine Vereinbarung der Sondereigentümer fehle es an einer Erklärung der Miteigentümer. Diese vorhandene Vollmacht sei nicht Inhalt der dinglich wirkenden Gemeinschaftsordnung geworden. Die Ermächtigung des aufteilenden Eigentümers zur Neubegründung von Sondernutzungsrechten könne nicht mit dinglicher Wirkung vereinbart werden (BayObLG NJW 2005, 445). Die Eintragung der Vollmacht sei darüber hinaus gerade nicht beantragt worden. Deshalb sei sie auch nicht Inhalt der Eintragung geworden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält - wenn auch nur im Ergebnis - rechtlicher Nachprüfung stand:

a) Bei Bildung des Wohnungseigentums wurde nämlich zu Gunsten des aufteilenden Grundstückseigentümers und Eigentümers des Rückgebäudes (Einheit Nr. 17) ein Sondernutzungsrecht an der nahezu gesamten Grundstücksfläche bereits begründet. Es trifft in diesem Zusammenhang allerdings zu, dass der ursprüngliche § 10 Abs. 3 der Teilungserklärung durch deren Nachtrag wieder aufgehoben wurde. An die Stelle des aufgehobenen Teils trat die äußerst missverständliche Erklärung des aufteilenden Grundstückseigentümers, dass "die Vollmacht in Ziffer V. Absatz der Vorurkunde dahingehend ergänzt werde, dass diese Vollmacht auch das Recht umfasse, die gesamte Grundstücksfläche des Wohnungs- und Teileigentumsgrundstücks ausschließlich zu nutzen". Diese Erklärung ist deswegen nicht objektiv eindeutig, weil das Recht zur Nutzung eines Grundstücksteils nichts mit einer Vollmacht zu tun hat und deswegen die Überschrift der Erklärung und deren Inhalt in Widerspruch zueinander stehen. Sie bedarf der Auslegung, die der Senat, weil es sich um eine Grundbucherklärung handelt, selbst vornehmen kann (BayObLGZ 1984, 123). Das Grundbuchamt ist zu einer solchen Auslegung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (OLG Zweibrücken DNotZ 1997, 325). Auch der Umstand, dass die mehrdeutige Erklärung in einer notariellen Urkunde enthalten ist, hindert nicht ihre Auslegung (vgl. hierzu Demharter, Grundbuchordnung, 25. Aufl. Rn. 28 zu § 19 GBO m.w.N.). Die Auslegung orientiert sich an den Grundsätzen des § 133 BGB und hat auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (vgl. Demharter, a.a.O.).

Der Wille des Erklärenden ging nach dem Zusammenhang der Bewilligung dahin, dass der Eigentümer der zurückbehaltenen Einheit Nr. 17 nicht nur im Sinne der ergänzten Ziffer V. 3 der ursprünglichen Teilungserklärung bevollmächtigt ist, seine Einheit durch Bildung von neuen Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten oder durch die Zuweisung von Sondernutzungsrechten wirtschaftlich in anderer Weise zu verwerten, sondern auch dahingehend, dass ihm das ausschließliche Recht zur Nutzung der Grundstücksoberfläche am gesamten Grundstück, auf dem sich das Wohnungseigentum befindet, übertragen wird. Damit war bereits zum Zeitpunkt des Ersteintrags des Wohnungseigentums ein Sondernutzungsrecht begründet, da dem Eigentümer der betreffenden Einheit das Recht zugestanden wurde, unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer einen Teil des Gemeinschaftseigentums zu nutzen (vgl. BGHZ 73, 145/147).

b) Die Begründung eines Sondernutzungsrechts erfolgt entweder durch Vereinbarung der Eigentümer nach §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG und Eintragung in das Grundbuch (vgl. BGHZ 37, 203/206; BayObLGZ 1974, 217/219) oder in der Teilungserklärung des aufteilenden Eigentümers bei Vorratsteilung nach §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4, 10 Abs. 1 Satz 2 WEG (vgl. BGHZ 73, 145/47). In beiden Fällen ist es eine Bestimmung im Sinne des ersten Teils, zweiter Abschnitt des Wohnungseigentumsgesetzes in der Form einer so genannten Gemeinschaftsordnung.

c) Für die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes genügt die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung in der Teilungserklärung (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rn. 2915 unter Hinweis auf Fußnote 176 m. w. N.). Lediglich im Interesse der Klarheit und Sicherheit des Rechtsverkehrs kann es ratsam sein, das Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums kenntlich zu machen. Praktische Gründe sprechen dafür, die jeweils zum Inhalt des Sondereigentums erhobenen Sondernutzungsrechte durch einen kurzen, aber trotzdem aussagekräftigen Eintragungsvermerk im Bestandsverzeichnis anzudeuten. Derartige Vermerke werden zum Teil sogar empfohlen und finden sich häufig in der Grundbuchpraxis. Ein Anspruch der im Grundbuch eingetragenen oder einzutragenden Berechtigten auf einen solchen Eintrag gibt es jedoch nicht, weil der Wortlaut der Eintragung im Ermessen des Rechtspflegers steht und eine Eintragung, die eine zutreffende Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung enthält, ebenfalls nicht unrichtig ist (vgl. OLG Hamm und OLG Köln Rpfleger 1985, 109 und 110).

d) Weil das zur Eintragung beantragte Sondernutzungsrecht also bereits wirksam im Grundbuch eingetragen ist, war der Eintragungsantrag im Ergebnis zurückzuweisen. Auf die Frage, ob die dem Rechtsvorgänger der Beteiligten erteilte Vollmacht Inhalt der Teilungserklärung geworden ist und deswegen eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und der dinglich Berechtigten nicht erforderlich ist, kam es deswegen nicht an.

Eine Kostenentscheidung ist ebenso wenig veranlasst wie eine Änderung der vom Landgericht zutreffend vorgenommenen Festsetzung des Geschäftswerts.



Ende der Entscheidung

Zurück