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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 10.07.2003
Aktenzeichen: 9 UF 45/03
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 1587 b Abs. 1
VAHRG § 1 Abs. 3
ZPO § 93 a
GKG § 17 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
9 UF 45/03

Nürnberg, den 10.07.2003

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 9. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Weiden i.d.OPf. vom 18. Dezember 2002 (Az. 2 F 801/00) in Ziffer 2 wie folgt abgeändert:

Vom Versicherungskonto Nr. des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden auf das Versicherungskonto Nr. der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften von monatlich 68,53 EUR bezogen auf den 30.09.2000 übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bayerischen Architektenversorgung (Mitgliedsnr.) werden auf dem Versicherungskonto Nr. der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften von monatlich 532,32 EUR bezogen auf den 30.09.2000 begründet.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller zu 15 %, die Antragsgegnerin zu 85 %.

III. Der Geschäftswert für die Folgesache Versorgungsausgleich wird auf 1.329,12 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit Verbundurteil vom 18.12.2002 hat das Familiengericht auf den am 12.10.2000 zugestellten Scheidungsantrag die am 30.08.1969 geschlossene Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 284,-- EUR monatlich verurteilt.

Die Antragsgegnerin hat gegen den Ausspruch zum Unterhalt und die Entscheidung über den Versorgungsausgleich Berufung eingelegt. Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2003 einen Vergleich zum Unterhalt abgeschlossen hatten, hat der Senat die Folgesache Versorgungsausgleich ausgesetzt.

Da inzwischen die 2. Verordnung zur Änderung der Barwertverordnung vorliegt, kann - mit Einverständnis der Beteiligten - über den Versorgungsausgleich im schriftlichen Verfahren entschieden werden.

Die Parteien haben während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, nämlich bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erworben und zwar der Antragsteller in Höhe von 533,27 DM monatlich (Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 08.01.2001) und die Antragsgegnerin in Höhe von 265,19 DM monatlich (auch Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 22.11.2000).

Darüber hinaus hat der Antragsteller bei der Bayerischen Architektenversorgung gemäß Auskunft vom 27.11.2000 monatliche Anwartschaften in Höhe von 3.795,90 DM monatlich erworben.

Das Familiengericht hat die Anwartschaft bei der Architektenversorgung unter Anwendung der Barwertverordnung vom 24.06.1977 umgerechnet und eine volldynamische Anwartschaft von 1.648,97 DM monatlich in den Versorgungsausgleich einbezogen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin. Sie ist der Auffassung, die Bayerische Architektenversorgung sei als volldynamisch zu qualifizieren; außerdem sei die bisherige Barwertverordnung nicht mehr anwendbar.

II.

Auf das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist die Entscheidung zum Versorgungsausgleich abzuändern. Das Familiengericht hat zwar zu Recht die Anwartschaft bei der Bayerischen Architektenversorgung als nicht volldynamisch angesehen. Es ist jedoch nunmehr die 2. Barwertverordnung vom 26.05.2003 anzuwenden, die die alte, auf überholten biometrischen Daten beruhende Barwertverordnung ersetzt.

Die Bayerische Architektenversorgung ist nicht volldynamisch, da sie im Anwartschaftsteil hinter den Rentensteigerungen und Erhöhungen der Beamtenversorgung zurückbleibt. Dies ergibt sich aufgrund folgenden Vergleichs nach den Grundsätzen des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 25.03.1992 (FamRZ 1992, 1051). Die Versorgungsausgleichstabelle zur Feststellung der Volldynamik von Versorgungen findet sich in FamRZ 2002, 225. Die Steigerungssätze im Anwartschaftsteil der Architektenversorgung ergeben sich aus der Auskunft vom 27.11.2000:

Vergleichsberechnung:

 Bayer. ArchV.BeamtVges. R.
1988 Erhöhung %3,502,303,00
1989 Erhöhung %1,501,303,00
1990 Erhöhung %1,701,603,10
1991 Erhöhung %0,005,804,70
1992 Erhöhung %2,005,302,88
1993 Erhöhung %2,002,904,36
1994 Erhöhung %2,001,903,39
1995 Erhöhung %2,503,100,50
1996 Erhöhung %1,500,000,95
1997 Erhöhung %1,001,301,65
1998 Erhöhung %1,001,500,44
Gesamterhöhung %18,7027,0027,97

linearer Durchschnitt nach BGH

FamRZ 92/1051 %:|1,70|2,45|2,54

Die vorstehende Tabelle zeigt einen linearen Durchschnitt der Erhöhungen von 1,70 % im Anwartschaftsteil der Bayerischen Architektenversorgung. Die Rentenversicherung ist im selben Zeitraum um durchschnittlich 2,54 % und die Beamtenversorgung um durchschnittlich 2,45 % jährlich gestiegen.

Die Bayerische Architektenversorgung ist daher im Anwartschaftsteil nicht dynamisch und muß nach den im Urteil des Familiengerichts vom 18.12.2002 dargestellten Grundsätzen jedoch unter Anwendung der 2. Barwertverordnung umgerechnet werden.

Beim Alter des Antragstellers am Ende der Ehezeit von 54 Jahren beträgt der Barwertfaktor nach Tabelle 1 nunmehr 6,0; dieser Faktor ist um 65 % auf 9,9 zu erhöhen, da die Architektenversorgung im Leistungsteil dynamisch ist. Es ergibt sich somit ein Barwert von 450.952,92 DM (3.795,90 DM x 12 x 9,9).

Dieser Barwert ist, wie im Endurteil des Familiengerichts vom 18.12.2002 dargestellt, in Entgeltpunkte umzurechnen, die dann mit dem aktuellen Rentenwert zum Zeitpunkt Ende der Ehezeit zu multiplizieren sind. Diese Faktoren bleiben unverändert. Es errechnet sich eine dynamische monatliche Rentenanwartschaft von 2.082,24 DM (450.952,92 DM x 0,0000950479 x 48,58).

Es haben somit erworben der Antragsteller:

gesetzliche Rentenversicherung 533,27 DM

Architektenversorgung 2.082,24 DM

insgesamt 2.615,51 DM

die Antragsgegnerin:

gesetzliche Rentenversicherung 265,19 DM

Die Anwartschaften des Antragstellers übersteigen die der Antragsgegnerin um 2.350,32 DM. Er ist daher in Höhe der Hälfte dieses Betrages ausgleichspflichtig, also in Höhe von 1.175,16 DM. Dies entspricht einem Betrag von 600,85 EUR.

Der Ausgleich erfolgt in Höhe von 68,53 EUR durch Rentensplitting gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB und in Höhe des Restbetrages von 532,32 EUR durch Quasi-Splitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG.

Kosten:

Bei der Kostenentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Parteien im Vergleich vom 08.04.2003 für das Unterhaltsverfahren eine Kostenquote von 1/10 zu 9/10 zu Lasten der Antragsgegnerin vereinbart haben. Hinsichtlich der Folgesache Versorgungsausgleich bleibt es bei der Kostenaufhebung gem. § 93 a ZPO. Dies führt zu einer Kostenverteilung von 85 % zu 15 % zu Lasten der Antragsgegnerin für das Beschwerde verfahren.

Der Streitwert für die Folgesache Unterhalt beträgt 9.792,00 Euro. Hiervon unterliegt die Antragsgegnerin zu 9/10. Dies entspricht 8.812,80 Euro.

Der Streitwert für die Folgesache Versorgungsausgleich beträgt 1.329,12 Euro. Insgesamt entfallen somit auf die Antragsgegnerin 9.477,36 Euro (8.812,80 Euro + 664,56 Euro).

Im Hinblick auf den Gesamtstreitwert in Höhe von 11.121,12 Euro (9.792,00 Euro + 1.329,12 Euro) errechnet sich die von der Antragsgegnerin zu übernehmende Quote aus dem Verhältnis 9.477,36 Euro zum Gesamtstreitwert. Dies entspricht rund 85 %. Beschwerdewert: § 17 a GKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§§ 621 e Abs. 2, 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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