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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 18.07.2001
Aktenzeichen: Ws 765/01
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 109
Einem Strafgefangenen ist es nicht verwehrt, einen abgelehnten Antrag auf Vollzugslockerungen zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen. Das Recht auf Wiederholung eines abgelehnten Antrags findet seine Grenze erst bei der rechtsmissbräuchlichen Ausübung.
Ws 765/01

Nürnberg, den 18. Juli 2001

In der Strafvollzugssache

wegen Gewährung von Ausgang;

hier: Rechtsbeschwerde, sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung und Beschwerde gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe,

erläßt der Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen W W wird der Beschluß der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 07.06.2001 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit Sitz in Straubing zurückverwiesen.

Gründe:

I.

W W wurde durch Urteil des Landgerichts Landshut vom 13.06.1990 wegen schwerer räuberischer Erpressung in 4 Fällen u.a. zur Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Diese Freiheitsstrafe verbüßt er derzeit in der JVA Das Strafende ist auf den 27.04.2003 vorgemerkt.

Mit Bescheid der JVA vom 04.10.2000 wurde ein Antrag des Strafgefangenen vom 10.09.2000 auf Bewilligung von Besuchsausgang wegen Flucht und Mißbrauchsgefahr abgelehnt.

Am 20.12.2000 beantragte der Strafgefangene erneut die Gewährung von Ausgang. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der JVA vom 22.01.2000 mit der Begründung abgelehnt, daß sich seit der letzten Versagung des Besuchsausgangs Änderungen weder in der Sach- noch in der Rechtslage ergeben hätten.

Der Antrag des Strafgefangenen auf gerichtliche Entscheidung vom 22.01.2001 wurde von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing mit Beschluß vom 07.06.2001 als unzulässig verworfen, da die Zweiwochenfrist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG abgelaufen sei. Maßgeblich für den Fristenlauf des § 112 StVollzG sei der Bescheid der JVA vom 04.10.2000. Der Bescheid vom 22.01.2001 stelle keine Maßnahme, sondern lediglich eine wiederholende Verfügung dar. Zugleich wies die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Strafgefangenen auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht zurück.

Gegen diesen ihm am 21.06.2001 zugestellten Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde und Beschwerde des Strafgefangenen vom 27.06.2001, die zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Straubing abgegeben wurde.

II.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG) und § 109 Abs. 1 StVollzG nicht richtig angewendet worden ist (§ 116 Abs. 2 StVollzG).

Der Ablehnungsbescheid der JVA vom 22.01.2001 stellt eine Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG und nicht lediglich eine "wiederholende Verfügung" des Ablehnungsbescheids vom 04.10.2000 dar. Denn der Bescheid der JVA vom 22.01.2001 enthält einen eigenständigen Regelungsgehalt, da hierdurch ein erneuter Antrag des Strafgefangenen auf Gewährung von Besuchsausgang sachlich verbeschieden wurde. Der Regelungscharakter dieses Bescheides läßt sich nicht mit dem Hinweis verneinen, daß kein Strafgefangener einen Anspruch darauf habe, daß mehrmals über inhaltlich gleiche Anträge entschieden wird. Denn einem Strafgefangenen ist es nicht verwehrt, einen abgelehnten Antrag auf Vollzugslockerungen zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen. Das Recht auf Wiederholung eines abgelehnten Antrags findet seine Grenze erst bei der rechtsmißbräuchlichen Ausübung. Für einen Rechtsmißbrauch liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. Vielmehr gebietet es das grundrechtlich geschützte Resozialisierungsinteresse eines Strafgefangenen, dessen Haftentlassung in absehbarer Zeit ansteht, in angemessenen Zeitabständen die Möglichkeit der Gewährung von Vollzugslockerungen zu prüfen. Hier ist vor allem aber auch zu berücksichtigen, daß dem Strafgefangenen mit Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 05.10.2000 die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung u.a. mit dem Hinweis versagt wurde, daß Voraussetzung für eine bedingte Entlassung Vollzugslockerungen in Form von Ausgängen bzw. zunächst Ausführungen erforderlich seien. Wenn der Strafgefangene nun entsprechend diesen Feststellungen in der Folgezeit versucht, durch erneute Antragstellung Vollzugslockerungen in die Wege zu leiten, kann für die Annahme von Rechtsmißbrauch kein Raum sein.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war demnach nicht verfristet, da maßgeblich für den Fristenlauf nach § 112 Abs. 1 StVollzG der Bescheid vom 22.01.2001 ist.

Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Strafsenat kann nicht anstelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, weil ihm selbst tatsächliche Feststellungen verwehrt sind. Die Sache ist zur neuen Entscheidung - auch über den Prozeßkostenhilfeantrag - an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 4 Satz 2 StPO).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, da die bloße Zurückverweisung der Sache auf das Rechtsmittel noch nicht als strafprozessualer Erfolg im Sinne der Kostenvorschriften gewertet werden kann.

Ende der Entscheidung

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