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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 22.02.2000
Aktenzeichen: 5 UF 82/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1565
BGB § 1567
Ehegatten leben innerhalb der gemeinsamen Wohnung nicht getrennt, wenn sie einvernehmlich mit teils arbeitsteiliger Gestaltung bei fortschreitender Verselbständigung der jeweiligen Lebensverhältnisse die eheliche Lebensgemeinschaft gewissermaßen auslaufen lassen. Ein wesentliches Indiz für eine solche den Grad der Unerheblichkeit übersteigende gemeinsame Wirtschaftsführung ist, dass die Mittel zum Lebensunterhalt bis zur räumlichen Trennung in Form des sogenannten Familienunterhalts im Sinne von § 1360 BGB bereitgestellt werden.
5 UF 82/99 2 F 30/99 AmtsG -FamG- Zweibrücken

Verkündet am 22. Februar 2000

Schöneberger, Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN

Im Namen des Volkes! Urteil

In der Familiensache

gegen

wegen Ehescheidung,

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Mörsch sowie die Richter am Oberlandesgericht Hoffmann und Weisbrodt auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 21. Dezember 1999 bleibt aufrechterhalten.

2. Der Antragsteller trägt auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Die Parteien sind seit 25. April 1991 miteinander verheiratet. Aus der Ehe gingen keine Kinder hervor. Die Antragsgegnerin hat ein Kind aus einer früheren Ehe.

Im Zusammenhang mit der mittlerweile beendeten Arbeitslosigkeit des Antragstellers kam es zu Auseinandersetzungen, die einmal - im November 1996 auch zu Tätlichkeiten des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin führten. Der Antragsteller versetzte seiner Ehefrau, als beide darüber stritten, ob man an Kirchweih ausgehen solle, drei bis vier Ohrfeigen.

Die Parteien bewohnten bis Frühjahr 1999 eine gemeinsame Wohnung. Die Putzarbeiten übernahm im wesentlichen die Antragsgegnerin. Die Miete und die Nebenkosten bezahlte der Antragsteller. Er kaufte bis dahin auch für die gesamte Familie die Lebensmittel ein. Der teilerwerbstätigen Antragsgegnerin gab er bis November 1998 ein wöchentliches Taschengeld von 30 DM bis 40 DM. Bis dahin kochte die Antragsgegnerin manchmal am Wochenende für die ganze Familie. Der Antragsteller aß aber in einer anderen Ecke der Wohnung als die Antragsgegnerin und deren Tochter, es sei denn, die Familie nahm die Mahlzeiten beim Fernsehen ein. Frühestens seit August 1998 versorgte der Antragsteller seine Wäsche selbst.

Mit Schreiben vom 8. Januar 1999 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, der Scheidung zuzustimmen. Diese teilte mit Schreiben vom 21. Januar 1999 mit, dass sie dies außer von der Regelung der Folgesachen vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen abhängig mache. Mit weiterem Schreiben von diesem Tage verlangte sie vom Antragsteller Auskunft und eine Unterhaltsrente von 600 DM.

Das Familiengericht hat beide Parteien gemäß § 613 ZPO gehört und mit Urteil vom 14. Juni 1999 den Scheidungsantrag abgewiesen. Schon aus den Angaben des Antragstellers ergebe sich, dass das Trennungsjahr am Schluss der mündlichen Verhandlung (27. Mai 1999) nicht abgelaufen sei. Im Hinblick auf die teils noch bis März 1999 eingeräumte Lebensführung habe die häusliche Gemeinschaft fortbestanden. Auf dieses Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses ihm von Amts wegen am 21. Juni 1999 zugestellte Urteil hat der Antragsteller am 13. Juli 1999 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 9. September 1999 innerhalb gewährter Fristverlängerung begründet. Die Berufung hat der Senat am 21. Dezember 1999 durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Gegen dieses ihm am 23. Dezember 1999 zugestellte Versäumnisurteil hat der Antragsteller am 6. Januar 2000 Einspruch eingelegt.

Der Antragsteller wiederholt seinen Vortrag aus erster Instanz und folgert aus dem Geschehensablauf, dass die Trennung im Januar 1999 bewirkt worden sei.

Der Antragsteller beantragt,

das Versäumnisurteil des Senats vom 21. Dezember 1999 und das Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Zweibrücken vom 14. Juni 1999 aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht -Familiengericht- Zweibrücken zum Zwecke der Scheidung der am 25. April 1991 geschlossenen Ehe und zur Entscheidung über anhängige Folgesachen zurück zu verweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Einspruch zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokolle und die anderen Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet.

Das Versäumnisurteil ist gemäß § 343 ZPO aufrechtzuerhalten.

Die Ehe der Parteien kann nicht geschieden werden, weil die Scheidungsvoraussetzungen nicht festgestellt werden können.

Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB kann die Ehe, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, ohne - hier zweifelsfrei nicht gegebene - Härtevoraussetzungen nicht geschieden werden. Die Ehegatten leben gemäß § 1567 BGB dann getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Erforderlich ist insoweit, daß die Gemeinsamkeiten im Haushalt sich auf das unvermeidliche Maß beschränken und daß keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen, wobei gelegentliche Handreichungen der Annahme des Getrenntlebens nicht entgegenstehen (OLG München FamRZ 1998, 826 mwNW).

Tatsachen, aus denen sich diese Voraussetzungen ergeben, können nicht festgestellt werden. Einer weiteren Aufklärung bedarf es nicht, weil die in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können.

Die Parteien lebten zu Beginn des Jahres 1999 in der gemeinsamen Wohnung nicht getrennt im Sinne des Gesetzes, sondern handhabten einverständlich eine auslaufende Form einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit teils arbeitsteiliger Gestaltung und fortschreitender Verselbständigung der jeweiligen Lebensverhältnisse. Dieser Prozess endete erst mit der räumlichen Trennung im Frühjahr 1999. Bis dahin betrieben die Parteien noch eine regelmäßige gemeinsame Wirtschaftsführung, die den Grad der Unerheblichkeit übersteigt.

Der Antragsteller nahm die ihm von der Antragsgegnerin teils noch bis November 1998 gewährten Leistungen freiwillig an. Die Mittel zum Lebensunterhalt wurden von ihm bis zuletzt in Form des sogenannten Familienunterhalts nach Maßgabe der §§ 1360 ff BGB bereitgestellt. Dem Ansinnen, Barunterhalt zu leisten, kam der Antragsteller nicht nach. Statt dessen verfuhr er weiterhin in der eben geschilderten Weise. Wegen dieses eigenen Verhaltens des Antragstellers kann dahinstehen, inwieweit das Verlangen nach Barunterhalt - den Begriff "Trennungsunterhalt" hat die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin im Schreiben vom 21. Januar 1999 nicht verwendet - ein Indiz für eine Trennung sein könnte. Ihrerseits führte die Antragsgegnerin weitgehend den Haushalt, noch bis zum Auszug des Antragstellers reinigte sie die Wohnung. Dass der Antragsteller lediglich an den Wochenenden die von der Antragsgegnerin bereiteten Mahlzeiten einnahm, lag in erster Linie daran, dass er während der Woche auswärts arbeitete und morgens als erster das Haus verließ.

Soweit sich der Antragsteller für seine gegenteilige Auffassung auf Entscheidungen beruft, die auch bei einer mit gemeinsamen Elementen behafteten Lebensführung eine Trennung innerhalb der Ehewohnung für möglich hält, liegen dem individuelle Sachverhalte zu Grunde, die diese Auffassung stützen. Eine grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeit für die Trennung innerhalb der Ehewohnung wird in diesen Entscheidungen weder aufgezeigt, noch eröffnet. In einem Fall, musste die Ehefrau die Wohnung in vollem Umfang versorgen, weil bei einem alkoholkranken Ehemann nur unter Inkaufnahme der - unzumutbaren - Verwahrlosung der Ehewohnung scharfe Trennungskonturen hätten gezogen werden können (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 1992, 1435). Mit dem Ziel, sich die sachlichen Werte der Ehewohnung zu erhalten, setzt eine Ehefrau in einem solchen Falle die Führung des gesamten Haushalts seit der Aufgabe der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr im Rahmen ihrer Verantwortung gegenüber dem anderen Ehegatten gemäß § 1356 Abs. 1 Satz 2 BGB fort. Vielmehr führt sie den Haushalt ausschließlich im Eigeninteresse; der andere Ehegatte profitiert davon nur mittelbar im Wege einer Reflexwirkung. Im Falle des von dem Antragsteller in Bezug genommenen Sachverhalts bei OLG München (aaO), wurden dem dortigen Ehemann die Gemeinsamkeiten aufgedrängt, der sich diesen aufgrund begrenzter persönlicher und mentaler Beweglichkeit nicht entziehen konnte. So liegt der Fall hier nicht. Die Parteien haben bis zur räumlichen Trennung einvernehmlich gehandelt und nicht nur unerhebliche Gemeinsamkeiten gepflogen.

Im Hinblick darauf, dass das Trennungsjahr auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht abgelaufen ist, ist nicht mehr erheblich, wie es sich mit der erst im Berufungsverfahren eingeführten Klage auf nachehelichen Unterhalt, die als Folgesache behandelt werden soll, verhält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit verbietet sich im Hinblick auf § 704 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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