Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: 1 Ws 321/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 116 Abs. 4 Nr. 1
StPO § 116 Abs. 4 Nr. 2
StPO § 116 Abs. 4 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 1 Ws 321/06 1 Ws 322/06

In dem Strafverfahren gegen

wegen Untreue u.a.

hier: Vollzug der Untersuchungshaft

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Schwenninger und Friemel

am 23. August 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. Juli 2006, mit dem der Haftbefehl des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 17. März 2005 (4 a Gs 89/05) wieder in Vollzug gesetzt worden ist, aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass damit die Auflage aus dem Senatsbeschluss vom 19. September 2005 (1 HPL 19/05) wieder gilt.

3. Die Kosten der Beschwerdeverfahren einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

Die zulässige weitere Haftbeschwerde des Angeklagten führt in der Sache zum Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amts- und des Landgerichts liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme der vom Senat in der besonderen Haftprüfung am 19. September 2005 angeordneten Haftverschonung nicht vor.

Die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 17. März 2005 könnte derzeit nur nach Maßgabe des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO gerechtfertigt sein, da der Angeklagte bisher die Auflage zur Abwendung der Fluchtgefahr erfüllt und an der Hauptverhandlung teilgenommen hat. Dies würde voraussetzen, dass sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage des Senats im Zeitpunkt der besonderen Haftprüfung in einer Weise verändert haben, dass nunmehr der Vollzug der Haft zur Verfahrenssicherung erforderlich erscheint; bei im Wesentlichen unveränderter Sachlage kommt ein erneuter Vollzug des Haftbefehls dagegen nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2000 - 1 Ws 564/00). Die Veränderung muss dabei ein solches Gewicht haben, dass sie dem Haftverschonungsbeschluss die Grundlage im gleichen Maße entziehen würde, wie dies die beiden Widerrufsgründe in § 116 Abs. 4 Nr. 1 und 2 regelmäßig tun (vgl. insbesondere BVerfG StV 2006, 139,140 f m.w.N.).

Die von beiden Vorinstanzen angeführten Gründe geben keine Veranlassung, die Haftverschonung zurückzunehmen. Völlig ungeeignet ist zunächst das Abstellen auf die (nicht rechtskräftige) Verurteilung durch das Amtsgericht. Dies bestätigt lediglich den dringenden Tatverdacht, der bereits Voraussetzung für die Bestätigung des Haftbefehls in der besonderen Haftprüfung gewesen ist. Der Umstand, dass sich zugleich die Straferwartung durch das Erkennen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren drei Monaten konkretisiert hat, würde den Widerruf der Verschonung nur rechtfertigen, wenn dieser Rechtsfolgenausspruch von der bisherigen Sanktionsprognose zum Nachteil des Angeklagten so erheblich abweicht, dass sich der Fluchtanreiz dadurch ganz wesentlich gesteigert hat. Der Strafsenat hat seiner Entscheidung vom 19. September 2005 eine Straferwartung von maximal vier Jahren Freiheitsstrafe bei Anrechnung von damals sechs Monaten Untersuchungshaft zu Grunde gelegt. Diese Prognose ist somit zum jetzigen Zeitpunkt nach unten zu korrigieren (drei Jahre drei Monate bei Anrechnung von sieben Monaten). Auch die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten haben sich zwischenzeitlich nicht wesentlich verschlechtert. Die familiären Beziehungen zu seinem in Frankreich lebenden Vater dauern seit langem an; es ist zudem ohnehin nicht zu befürchten, dass er sich auf diese Weise dem Strafverfahren auf Dauer entziehen könnte.

Zudem hat der Angeklagte die Gelegenheit genutzt, das durch Haftverschonung in ihn gesetzte Vertrauen durch sein Verhalten im Strafverfahren zu rechtfertigen. Er hat die Meldeauflage strikt befolgt und die Hauptverhandlungstermine wahrgenommen. Die Verteidigung ist nach wie vor auf einen Freispruch im überwiegenden Teil der Anklage angelegt.

Der Tenor dieser Entscheidung stellt in Nr. 2 klar, dass nunmehr die Meldeauflage wieder in Kraft tritt.

Ende der Entscheidung

Zurück