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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 05.05.2004
Aktenzeichen: 3 W 80/04
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 24 Abs. 3
Die Kostenprivilegierung des § 24 Abs. 3 KostO findet auch dann keine Anwendung auf die Eintragung einer Grunddienstbarkeit an einem im Eigentum einer (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts stehenden Grundstück, wenn sämtliche Gesellschafter zu dem Begünstigten in verwandtschaftlicher Beziehung stehen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 3 W 80/04

In dem Verfahren

betreffend den Kostenansatz für die Eintragung eines Nießbrauchrechtes im Grundbuch,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach, den Richter am Oberlandesgericht Jenet und die Richterin am Landgericht Stutz auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 8. April 2004 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 30. März 2004

ohne mündliche Verhandlung

am 5. Mai 2004

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit notarieller Urkunde vom 2. Oktober 2003 hat die Beteiligte zu 4) ihren Kindern, den Beteiligten zu 1) bis 3) in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, das im Grundbuch von Arzheim, Blatt .... eingetragene Grundstück, Flur ..... Nr. ........... zu ..... ar übertragen und sich selbst ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht vorbehalten, das nach ihrem Ableben dem Beteiligten zu 4) auf dessen Lebensdauer zustehen soll. Der Jahreswert des Nießbrauchrechtes wurde mit 24 000,00 € angegeben.

Für den Vollzug der Eintragung der jeweiligen Rechte hat die Landesjustizkasse mit Kostenrechnung vom 10. November 2003 von den Beteiligten zu 1) bis 3) als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts Gebühren in Höhe von insgesamt 1 711,00 € angefordert. Für die Eintragung der Nießbrauchsrechte wurde gemäß § 24 Abs. 2 KostO jeweils ein Gegenstandswert von 360 000,00 € (= fünfzehnfacher Jahreswert des Nießbrauchsrechtes) zugrunde gelegt.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind der Auffassung, dass sich der Wert der Nießbrauchsrechte infolge der verwandtschaftlichen Beziehungen der Beteiligten nach § 24 Abs. 3 KostO berechne und lediglich das Fünffache des einjährigen Bezuges betrage.

Die von ihnen gegen die Kostenrechnung eingelegte Erinnerung und die Erstbeschwerde sind ohne Erfolg geblieben.

Hiergegen richtet sich die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3).

II.

Das Rechtsmittel, über welches nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 b GerOrgG das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken zu entscheiden hat, ist infolge seiner Zulassung durch das Landgericht als Rechtsbeschwerde statthaft (§ 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 KostO), nicht an eine Frist gebunden (§ 14 Abs. 4 KostO) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei.

In der Sache hat die weitere Beschwerde keinen Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung des Landgericht beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 14 Abs. 3 KostO i.V.m. § 546 ZPO).

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht, wie zuvor das Amtsgericht, die Anwendung der Kostenprivilegierung des § 24 Abs. 3 KostO auf die Eintragung einer Grunddienstbarkeit an dem im Eigentum einer (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts stehenden Grundstück verneint. Die Kammer vertritt die Auffassung, dass die Kostenprivilegierung des § 24 Abs. 3 KostO auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch dann keine Anwendung findet, wenn sämtliche Gesellschafter zu dem Begünstigten in verwandtschaftlicher Beziehung stehen. Dies sei aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu der Frage der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vom 29. Januar 2001 (BGHZ 146, 341) zu folgern. Danach könne die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Rechtsleben grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen, soweit nicht spezielle rechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen. Die daraus resultierenden Parallelen zur offenen Handelsgesellschaft (OHG) und zur Kommanditgesellschaft (KG) führten dazu, dass die für diese aufgestellten Grundsätze auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden seien.

Der Senat teilt diese Rechtsauffassung.

Nachdem die Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft seit Erlass des BGB umstritten war, haben neuere Entwicklungen zunehmend die rechtliche Verselbständigung der BGB-Gesellschaft betont. Nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit im Steuerrecht (BFH, Urteil vom 11. Februar 1987 - II R 103/84 - ), der Insolvenzfähigkeit durch den Gesetzgeber in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO und der Anerkennung der Wechsel- und Scheckfähigkeit (BGH, Urteil vom 15. Juli 1997 - XI ZR 154/96 -) folgte die umfassende Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft durch die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Januar 2001 (aaO). Damit hat sich die moderne Gesamthandslehre durchgesetzt, die die BGB-Gesellschaft als ein von den Gesellschaftern zu trennendes Rechtssubjekt begreift, das Träger des Gesellschaftsvermögens ist. Die (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann also Inhaberin eigener Rechte sein, insbesondere Eigentümerin an beweglichen und unbeweglichen Sachen, an Forderungen oder sonstigen Rechten. Sie kann Verbindlichkeiten eingehen. Sie ist aktiv und passiv parteifähig und kann - vertreten durch ihre Geschäftsführer - ihre Ansprüche vor Gericht durchsetzen und in Anspruch genommen werden (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, 2003, Vorbem. zu §§ 705 - 740 Rdnr. 10, 16). Der Bundesgerichtshof hat damit im Ergebnis die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihrer dogmatischen Konstruktion auf ein neues Fundament gestellt und sie weitgehend der OHG angenähert.

Die rechtliche Verselbständigung der (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts, verbunden mit der rechtlichen Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter, rechtfertigt auch ihre kostenrechtliche Gleichstellung mit der KG und der OHG.

Das BayObLG hat die Anwendung des § 24 Abs. 3 KostO auf eine KG, die an ihrem Grundbesitz eine Reallast zur Sicherung einer Leibrente für ihre ausgeschiedenen Kommanditisten (ein Ehepaar) bestellt hat, auch in dem Fall verneint, in dem die in der Gesellschaft verbleibenden persönlich haftenden Gesellschafter Söhne der durch die Leibrente abgefundenen Kommanditisten waren (BayObLG, RPfleger 1966, 217). Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, dass die gesamthänderische Bindung des Gesellschaftsvermögens und seine rechtliche Lösung von der Person und dem Vermögen der einzelnen Gesellschafter so stark sei, dass sich sowohl die OHG als auch die KG im Rechtsverkehr mit Dritten einem selbständigen Rechtssubjekt annähern und eine "Übergangsform zur juristischen Person" darstellen. Die erhebliche Stärke der Geschlossenheit eines Verbandes erlaube es nicht, die vermögensrechtlichen Beziehungen der KG zu Dritten im Durchgriff auf die Person ihrer Gesellschafter nach deren familienrechtlichen Verhältnissen zu eben diesen Dritten zu werten. Dieser Ansicht hat sich das OLG Hamm (RPfleger 1967, 87) für die OHG angeschlossen (ebenso: Rohs/Wedewer, KostO, § 24 Rdnr. 21).

Das Gleiche gilt nach Auffassung des Senates heute auch für die (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Der Frage, ob die BGB-Gesellschaft ebenso wie OHG und KG als grundbuchfähig anzusehen ist, kommt insoweit keine Bedeutung zu (die Grundbuchfähigkeit bejahen: bsplw. Eickmann ZflR 2001, 433, 436; Dümig RPfleger 2002, 53; RPfleger 2003, 80 m.w.N.; Wertenbruch NJW 2002, 324, 329; Ulmer/Steffek NJW 2002, 330; Oft NJW 2003, 1223; verneinen: bsplw. BayObLGZ 2002, 330; Demharter RPfleger 2002, 538; Stöber MDR 2001, 544; Heil NJW 2002, 2158; Schöpflin NZG 2003, 117 und 606). Denn diejenige Auffassung, die die Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft verneint, begründet ihre Auffassung im Wesentlichen mit der mangelnden Registrierung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in einem speziell hierfür vorgesehenen Register. Da die BGB-Gesellschaft aber - wie die OHG und die KG - Inhaberin des eingetragenen Rechtes sein kann, steht dies der kostenrechtlichen Gleichbehandlung nicht entgegen. Der (nicht begründeten) Auffassung von Schwarz (in Korintenberg/Lappe/Bengel/ Reimann, Kostenordnung, 15. Aufl., § 24 Rdnr. 70), der die Kostenprivilegierung des § 24 Abs. 3 auf die BGB-Gesellschaft anwenden will, vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil diese Auffassung nicht mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Januar 2001 in Einklang zu bringen ist und eine Auseinandersetzung mit dieser vermissen lässt.

Der Einwand der Beschwerdeführer, aus der Vorschrift des § 61 Abs. 1 und Abs. 3 KostO lasse sich entnehmen, dass die Familiengesellschaft bürgerlichen Rechts im Kostenrecht nicht mit der OHG oder KG gleichgesetzt werden dürfe, verfängt nicht. Vielmehr stellt sich auch hier im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Frage der kostenrechtlichen Gleichbehandlung mit OHG und KG.

Auch die von den Beschwerdeführern für die Privilegierung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts herangezogenen Grundsätze des Schenkungs- und Erbschaftssteuerrechts und die zitierte Entscheidung des BFH vom 14. September 1994 (- II R 95/92 - (BStBl II 95, 81)) verhelfen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Der BFH hat dort aufgrund einer schenkungssteuerrechtlichen Prüfung ausgeführt, dass in Fällen, in denen eine Gesamthandsgemeinschaft zivilrechtlich als Beschenkte am Schenkungsvorgang beteiligt ist, nicht die Gesamthand, sondern die Gesamthänder durch die freigebige Zuwendung schenkungssteuerrechtlich als bereichert anzusehen sind.

Ob sich dieser speziell für das Schenkungssteuerrecht aufgestellte Grundsatz ohne weiteres auf die KostO übertragen lässt, erscheint bereits fraglich. Der Entscheidung ist aber auch zu entnehmen, dass der BFH in diesem Bereich BGB-Gesellschaft, OHG und KG gleichbehandelt, was der Senat - wie oben dargelegt - auch im Rahmen des Kostenrechtes für sinnvoll erachtet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 14 Abs. 7 KostO).

Ende der Entscheidung

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