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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 17.07.2002
Aktenzeichen: 3 W 82/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2265
1. Ein gemeinschaftliches Testament scheidet nicht schon deshalb aus, weil die Ehegatten in zwei getrennten Urkunden testiert haben.

2. Haben die Eheleute ohne Bezugnahme aufeinander in getrennten Schriftstücken ihre letztwilligen Verfügungen getroffen, liegt ein gemeinschaftliches Testament jedoch nur dann vor, wenn den beiden Testamentsurkunden selbst eine gemeinschaftliche Erklärung zu entnehmen ist (Anschluss an Senat, FGPrax 2000, 244).


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 82/02

In dem Verfahren

betreffend die Erteilung eines Erbscheins über die Erbfolge nach der am... in... verstorbenen

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury und die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Cierniak auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 28. Februar/1. März 2002 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 8. Februar 2002

ohne mündliche Verhandlung

am 17. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3 000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthaft, an keine Frist gebunden und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4, 20, 21 FGG).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Betzdorf vom 22. November 2001 zu Recht zurückgewiesen. Denn die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin der Erblasserin ausweist, ist nicht zu beanstanden.

1. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass die Erblasserin ihr eigenhändiges Testament vom 29. November 1987, in dem sie die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin eingesetzt hatte, durch das notarielle Testament vom 5. September 2000 wirksam widerrufen hat. Sie war dabei nicht durch ein gemeinschaftliches Testament in ihrer Testierfreiheit beschränkt.

Hierzu hat das Landgericht ausgeführt, dass die von der Erblasserin am 29. November 1987 und von ihrem vorverstorbenen Ehemann am 6. Oktober 1987 inhaltsgleich errichteten letztwilligen Verfügungen nicht als ein gemeinschaftliches Testament im Sinne von § 2265 BGB anzusehen seien. Nur ein solches Testament hätte jedoch wechselbezügliche Verfügungen im Sinne von § 2270 Abs. 1 und 2 BGB enthalten können, an die die Erblasserin gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BGB gebunden gewesen wäre. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass ein gemeinschaftliches Testament im Sinne von § 2265 BGB nicht schon deshalb ausscheidet, weil die Eheleute in zwei getrennten Urkunden testiert haben. Das ist richtig, denn die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments in getrennten Urkunden wird allgemein für zulässig erachtet (BayObLG FamRZ 1991, 1485,1486; FamRZ 1993, 240, 241; Palandt/Edenhofer, BGB 61. Aufl. Einf. vor § 2265 Rdnr. 9).

b) Haben Eheleute ihren letzten Willen - wie hier - ohne Bezugnahme aufeinander in getrennten Schriftstücken niedergelegt, liegt ein gemeinschaftliches Testament jedoch nur dann vor, wenn ihr Wille, gemeinsam letztwillig über ihren Nachlass zu verfügen, zu einer gemeinschaftlichen Erklärung geführt hat, die aus den beiden Einzeltestamenten selbst nach außen erkennbar ist. Diese - vom Senat geteilte - Auffassung beruht auf der Erwägung, dass sich nur auf diese Weise sowohl eine unnötige Formstrenge vermeiden als auch die der Rechtssicherheit entsprechende zuverlässige Wiedergabe des Willens des Erblassers sicherstellen lässt (BGHZ 9, 113,115 ff.; Senat, FamRZ 2001, 518; BayObLG, jew. aaO; OLG Köln OLGZ 1968, 321, 322 ff.; OLG Celle OLGZ 1969, 84, 87; OLG Frankfurt am Main OLGZ 1978, 267, 268 ff.; OLG Hamm OLGZ 1979, 262, 265 f.; Soergel//Wolf, BGB 12. Aufl. vor § 2265 Rdnr. 7; Palandt/Edenhofer aaO). Die Ausführungen von Pfeiffer (FamRZ 1993, 1266), auf die sich die Rechtsbeschwerde beruft, geben dem Senat schon deshalb keinen Anlass zu einer Abweichung von der gefestigten Rechtsprechung, weil dort die auch von den Gerichten vertretene Andeutungstheorie nicht in Frage gestellt wird (aaO S. 1271). Die von der weiteren Beschwerde hervorgehobene Kritik an der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 11. Februar 1991 - BReg.1 a Z 66/90 (FamRZ 1991,1485) knüpft lediglich an die Umstände des dort entschiedenen Einzelfalles an (vgl. Pfeiffer aaO; ebenso Soergel/Wolf aaO § 2265 Rdnr. 3).

aa) Das Landgericht hat es rechtsfehlerfrei abgelehnt, aus dem Inhalt der eigenhändigen Testamente vom 6. Oktober und 29. November 1987 den Schluss zu ziehen, die Eheleute hätten gemeinschaftlich testiert. Eine gemeinschaftliche Erklärung ist nämlich, auch wenn man alle von der Rechtsbeschwerde angeführten Umstände zusammennimmt, den beiden Testamenten der Ehegatten selbst nicht zu entnehmen. Dass sie am selben Ort in einem zeitlichen Abstand von knapp acht Wochen errichtet worden sind und sich nach Inhalt und Fassung in allen wesentlichen Punkten gleichen, ist angesichts der entscheidenden Tatsache, dass die Eheleute nicht als gemeinschaftlich handelnd (erklärend) aufgetreten sind, unerheblich. Nach außen sind die beiden Testamente selbständige Einzelverfügungen geblieben und in keiner Weise - jedenfalls nicht aus den Urkunden selbst erkennbar - als Einheit anzusehen. Jeder Ehegatte hat sein Testament für sich ohne Bezugnahme auf die - letztwillige Verfügung des anderen errichtet. So haben beide Eheleute etwa die Worte "ich" und "mein gesamtes Vermögen" verwendet (vgl. BGHZ aaO S. 117; BayObLG FamRZ 1991, 1485, 1486; FamRZ 1993, 240, 241; OLG Köln OLGZ 1968, 321, 322; OLG Hamm OLGZ 1979, 262, 266 f.).

bb) Geben - wie hier - Einzeltestamente von Eheleuten selbst keinen Anhalt dafür, dass es sich um ein gemeinschaftliches Testament handelt, kommt es nach der vom Senat geteilten Auffassung der Rechtsprechung nicht darauf an, ob der Wille der Ehegatten, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, auf andere Weise, d.h. durch außerhalb der Testamente liegende Umstände, erweisbar ist (vgl. die Zitate unter Ziff. 1.b). Insoweit kommt es auf die von der weiteren Beschwerde vorgetragenen Indizien für eine übereinstimmende Willensbildung der Eheleute nicht an.

2. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist nicht veranlasst, weil der Senat neben der Beteiligten zu 1) niemand am Verfahren förmlich beteiligt hat.

Den Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat nach §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO in Anlehnung an die unbeanstandete Wertfestsetzung der Vorinstanz bestimmt.

Ende der Entscheidung

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