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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 22.10.2001
Aktenzeichen: 6 UF 100/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 1587 c Nr. 1
ZPO § 516
ZPO § 519
ZPO § 539
ZPO § 540
ZPO § 621 e
GKG § 8
GKG § 17 a Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss

6 UF 100/01

In der Familiensache

wegen Ehescheidung

hier: Folgesache Versorgungsausgleich

hat der 6. Zivilsenat - Senat für Familiensachen I - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Jochum, die Richterin am Oberlandesgericht Cronberger und den Richter am Landgericht Neuerburg

am 22. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 25. Juli 2001 - 20 F 203/00 VA - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Familiengericht in Saarlouis zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Beschwerdewert: 2.847,48 DM

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 23. September 1987 die Ehe geschlossen. Das Familiengericht hat im Termin vom 10. Mai 2001 das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt, weil die den Antragsgegner betreffende Auskunft der BfA noch nicht vorgelegen hat, und die Ehe durch Urteil vom gleichen Tage geschieden. Durch den angefochtenen Beschluss hat es den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 221,92 DM auf dasjenige des Antragsgegners bei der BfA übertragen und zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der ZVK des Saarlandes Rentenanwartschaften für den Antragsgegner in Höhe von monatlich 15,37 DM begründet hat.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht geltend, der Versorgungsausgleich sei wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Nr. 1 BGB nicht durchzuführen. Sie rügt, das Familiengericht habe ihr nach Eingang der den Antragsgegner betreffenden Auskunft nicht hinreichend Gelegenheit gegeben, einen dahingehenden begründeten Antrag zu stellen, den sie für den Fall, dass der Versorgungsausgleich zu ihren Lasten ausgehe, bereits zuvor angekündigt habe. Sie beantragt,

von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abzusehen.

Der Antragsgegner bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 621 e, 516, 519 ZPO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Das Familiengericht hat in der angefochtenen Entscheidung wesentliches Vorbringen der Antragstellerin übergangen und damit deren in Art. 103 Abs. 1 GG, der auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit unmittelbar geltendes Verfahrensrecht enthält (BVerfG, NJW 1994, 1053; NJW 1988, 125; BVerfGE 7, 95, 98; Keidel/Kayser, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 12, Rz. 105), niedergelegten Anspruch auf Wahrung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Antragstellerin hat schriftsätzlich und - wie sie unwidersprochen vorträgt - erneut in der mündlichen Verhandlung in der Ehesache vor dem Familiengericht erklärt, sich im Falle einer ihr ungünstigen Versorgungsauskunft des Antragsgegners auf die Unbilligkeit des Versorgungsausgleiches berufen zu wollen und für diesen Fall ergänzenden Sachvortrag, zu dem im Übrigen bis zum Vorliegen der Auskunft keine Notwendigkeit bestanden hat, angekündigt. Dessen ungeachtet hat das Familiengericht hier in der Sache entschieden, ohne sich in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zu diesem Vorbringen zu äußern und ohne der Antragstellerin nach Eingang der Versorgungsauskunft des Antragsgegners eine nach den Umständen angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen oder wenigstens eine angemessene Zeit auf die Stellungnahme zu warten (BVerfGE 18, 399,406). Diese Frist ist so zu bemessen, dass unter normalen Umständen bis dahin mit dem Eingang der Stellungnahme gerechnet werden kann und beträgt im Regelfall wenigstens zwei Wochen (BVerfG, ZIP 1986, 1336, 1337; OLG Köln, MDR 1990, 556; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 573, Rz. 10). Diese Frist war hier nicht gewahrt. Denn das Familiengericht hat bereits am 25. Juli 2001 entschieden, obgleich die Auskunft der BfA nach Aktenlage erst am 19. Juli 2001 an die Beteiligten abgesandt worden und am 24. Juli 2001 bei der Antragstellerin eingegangen ist, und hat ihr hierdurch die Möglichkeit zu entsprechend begründetem Sachvortrag abgeschnitten.

Wegen dieses wesentlichen Verfahrensfehlers kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Da eine eigene Sachentscheidung des Senats für die Beteiligten dem Verlust einer Instanz gleich käme und weitere Sachaufklärung geboten erscheint, ist es hier sachdienlich, den angefochtenen Beschluss entsprechend §§ 539, 540 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen (BGH, FamRZ 1982, 152, 153; Senatsbeschluss vom 7. Dezember 1977-6 UF 245/77, FamRZ 1978, 832; Keidel/Kahl, a.a.O., § 25, Rz. 7).

Der die Gerichtskosten betreffende Ausspruch beruht auf § 8 GKG.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 17 a Nr. 1 GKG.

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