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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.08.1999
Aktenzeichen: 1 U 104/99-95
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 816 Abs. 2
BGB § 808
BGB § 808 Abs. 1
BGB § 812
BGB § 530
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 104/99-95 9 O 86/98 LG Saarbrücken

Verkündet am 18.8.1999

gez. Ludwig Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. August 1999 durch den Richter am Oberlandesgericht Theis als Vorsitzenden sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Dezember 1998 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 9 O 86/98 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 14.814,46 DM festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt gemäß § 543 ZPO)

Die Beklagte richtete als sorgeberechtigte Mutter bei der Sparkasse für beide Klägerinnen auf deren Namen Sparkonten ein.

Am 18. August 1997 belief sich das Guthaben der Klägerin zu 1. auf insgesamt 7.486,33 DM und das Guthaben der Klägerin zu 2. auf 7.328,13 DM. Auf den Sparkonten wurden insbesondere Geldgeschenke des mütterlichen Großvaters der Klägerinnen angelegt. Mit Wirkung vom 18. August 1997 löste die Beklagte die Sparkonten auf und ließ die Guthaben auf ihr eigenes Konto überweisen.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 7.486,33 DM an die Klägerin zu 1. und auf Zahlung von 7.328,13 DM an die Klägerin zu 2. stattgegeben.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Zahlungsanspruch der Klägerin zu 1. in Höhe von 7.486,33 DM wie auch der Zahlungsanspruch der Klägerin zu 2. über 7.328,13 DM findet seine Grundlage in § 816 Abs. 2, § 808 BGB.

1. Nach zutreffender Auffassung ist der Sparvertrag seiner Rechtsnatur nach als Darlehensvertrag zu verstehen (Münchner Kommentar Hüffer, BGB, 3. Aufl., § 808 Rn. 22). Bei dem über ein Sparguthaben ausgestellten Sparbuch handelt es sich um ein qualifiziertes Legitimationspapier. Denn die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit gemäß § 808 Abs. 1 BGB den Schuldner von seiner Verbindlichkeit. Folglich erfüllt eine Bank ihre Leistungspflicht durch Auszahlung des Sparguthabens an den Inhaber der Sparurkunde.

2. Die Sparkasse wurde nach § 808 Abs. 1 BGB durch Zahlung an die über die Sparbücher verfügende Beklagte frei. Die Beklagte ist jedoch als nichtberechtigte Inhaberin der Legitimationspapiere den Klägerinnen gemäß § 816 Abs. 2 BGB zur Herausgabe der von ihr eingezogenen Beträge verpflichtet.

a) Die Klägerinnen waren Inhaber der Sparguthaben. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es bei der Anlegung eines Kontos auf den Namen eines Dritten für die Frage, wer der Bank gegenüber berechtigter Kontoinhaber geworden ist, nicht entscheidend darauf an, wer in der Kontobezeichnung aufgeführt ist oder aus wessen Mittel die eingezahlten Gelder stammen. Maßgebend hierfür ist vielmehr, wer bei der Kontoerrichtung der Bank oder Sparkasse gegenüber als Forderungsberechtigter oder Darlehensgeber aufgetreten ist. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ist somit zu prüfen, wer nach dem erkennbaren Willen des die Einzahlung Bewirkenden Gläubiger der Bank werden sollte (OLG Zweibrücken NJW 1989, 2546). Behält der Anleger das auf einen fremden Namen, insbesondere den seiner Kinder oder Enkelkinder, errichtete Sparbuch ein, so ist davon auszugehen, dass er selbst Inhaber der Forderung bleiben will (Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 328 Rn. 76). Anders verhält es sich aber, wenn Eltern ein Sparbuch für ihre minderjährigen Kinder begründen, auf das von Dritten stammende Beträge eingezahlt werden sollen. Hier kann nicht angenommen werden, dass der Elternteil Inhaber des der Anlage von Drittgeldern dienenden Sparguthabens wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in derartigen Konstellationen das durch den Elternteil vertretene Kind unmittelbar die Forderung erwirbt (OLG Zweibrücken, NJW 1989, 2546). Hier wurden auf den fraglichen Sparkonten für die Klägerinnen bestimmte Zahlungen ihres Großvaters verwahrt. Mithin sind die Klägerinnen und nicht ihre Mutter, die Beklagte, Inhaber der Sparforderungen geworden.

3. Die Klägerinnen sind nicht unter dem Gesichtspunkt eines Formmangels und fehlenden Vollzugs der Schenkung (§ 518 BGB) gemäß § 812 BGB zur Rückgabe der Sparguthaben verpflichtet. Auch scheidet ein Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks (§ 530 BGB) aus. Mangels Durchgreifen der rechtlichen Voraussetzungen kann dahinstehen, ob die Beklagte zur Geltendmachung dieser Ansprüche berechtigt ist.

a) Zahlt der Schenker Geld auf ein bereits bestehendes Konto des zu Beschenkenden, dann ist die Schenkung mit der Gutschrift der Bank sofort vollzogen, weil dem Beschenkten von diesem Augenblick an gegen sein Kreditinstitut eine entsprechende Guthabenforderung zusteht (Münchner Kommentar/Kollhosser a.a.O., § 518 Rn. 22). Die Gläubigerrechte an dem Guthaben stehen dem zur Zeit der Einzahlung tatsächlich berechtigten Inhaber des Buches zu (RGZ 73, 220, 222). Mit der Gutschrift ist also die Schenkung vollzogen (BGH NJW 1994, 931). Folgerichtig wurde auch vorliegend die Schenkung des Großvaters durch die seitens der Beklagten bewirkten Einzahlung auf die Sparbücher der Klägerinnen bewirkt.

b) Die Voraussetzungen eines Schenkungswiderrufs nach § 530 BGB liegen nicht vor. Den Klägerinnen ist nicht ein grober Undank anzulasten, weil sie die Wohnung der Beklagten verlassen und zu ihrem Vater gezogen sind. Darin kommt nicht eine tadelnswerte, auf Undank deutende Gesinnung zum Ausdruck.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO beruht.

Ende der Entscheidung

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