Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.05.2003
Aktenzeichen: 1 Sa 408/01
Rechtsgebiete: ThürHG


Vorschriften:

ThürHG § 49
ThürHG § 50
1) Vertretungsprofessoren i. S. des ThürHG stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, soweit dieses durch eine einseitige Maßnahme begründet worden ist und im Wesentlichen öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist (Anschluss an BAG vom 30.11.1984 - AP Nr. 43 zu § 611 BGB Lehrer Dozenten; ebenso Urteile des ThürLAG vom 28.08.2002 - 4 Sa 447/01 - und vom 24.09.2002 - 7 Sa 387/01).

2) Wäre der Vertretungsprofessor auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages beschäftigt, stellte der Vertretungsfall einen Sachgrund für dessen Befristung dar; auch bei einer insgesamt 6 1/2-jährigen Beauftragung mit einer Vertretungsprofessur werden durch deren Ausgestaltung als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art keine arbeitsrechtlichen Schutzgesetze umgangen.


Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 16.08.2001, Az.: 6 Ca 103/01, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger als Vertretungsprofessor, hilfsweise als Hochschuldozent, unbefristet in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten steht.

Der am 25.12.1951 geborene Kläger war für die Zeit vom 01.10.1994 bis 31.03.2001 als Vertreter der C 3-Professur für das Fach "Alte Geschichte" an der Hochschule E. tätig, die zum 01.01.2001 in die Universität E. integriert wurde.

Der Beschäftigung lagen zunächst zwei Arbeitsverträge zugrunde, die vom 01.10.1994 bis 31.03.1995 und vom 01.04.1995 bis 30.09.1995 befristet waren. Der Kläger erhielt eine außertarifliche Vergütung in Höhe der "Dienstbezüge C 3 BBesG". Nach einer Nebenabrede im ersten befristeten Vertrag galten für Beihilfen die beamtenrechtlichen Vorschriften. Im Übrigen wurde in beiden befristeten Verträgen der BAT-O in Bezug genommen.

In der Zeit vom 01.10.1995 bis 30.09.1997 wurde der Kläger jeweils für den Halbjahreszeitraum vom 01.10. bis 31.03. und vom 01.04. bis 30.09. und für die Zeit vom 01.10.1997 bis 30.09.2000 jeweils für den Zeitraum eines Jahres und schließlich für die Zeit vom 01.10.2000 bis 31.03.2001 vom Rektor der Hochschule mit der übergangsweisen Wahrnehmung der Aufgaben der C 3-Professur (Vertretungsprofessur) im Fach "Alte Geschichte" beauftragt.

Die Beauftragungen enthielten in der zweiten, ab dem 01.04.1996 maßgeblichen, Fassung den Hinweis: "Damit wird ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art begründet". Dem Kläger stand in den bis 30.09.1999 geltenden Beauftragungen u. a. ein Anspruch auf Beihilfe nach den beamtenrechtlichen Vorschriften zu. Er erhielt ferner den Arbeitgeber-Zuschuss zur Krankenversicherung gem. § 257 SGB V. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die §§ 2 - 4 der Beauftragungen (z. B. Bl. 27 d. A.) Bezug genommen.

Die beiden letzten Beauftragungen des Klägers für die Zeit vom 01.10.1999 bis 31.03.2001 (Bl. 32 - 35 d. A.) - die letzte Beauftragung datiert vom 14.07.2000 - enthielten den Zusatz: "Ein Beamtenverhältnis wird dadurch nicht begründet". Ferner sahen sie u. a. einen Anspruch auf Beihilfe nicht mehr vor. Sie wurden erstmalig mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach gegen "diesen Verwaltungsakt" Widerspruch erhoben werden kann.

Unter dem 04.10.1999 richtete der Kanzler der Hochschule, Dezernat Personalangelegenheiten, ein Schreiben an den Kläger (Bl. 36 d. A.), das u. a. lautet: "Mit Ihrem Arbeitsvertrag vom 01.10.1999 entfällt für Sie der Anspruch auf Beihilfe, da Sie in einem Angestelltenverhältnis mit dem Freistaat Thüringen stehen ...".

Die Beauftragungen erfolgten für die Zeit bis 30.09.1999 gemäß § 49 Abs. 6 ThürHG. Diese Vorschrift lautet in der Fassung des Gesetzes vom 07.07.1992 (GVBl. S. 315):

Ist eine Stelle zur Besetzung frei geworden, kann der Rektor unter Beteiligung des Fachbereichs Personen übergangsweise die Wahrnehmung der Aufgaben der Professur übertragen (Vertretungsprofessur).

Die ab 01.10.1999 wirksamen Beauftragungen stützen sich auf § 49 Abs. 7 ThürHG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes vom 12.05.1999 (GVBl. S. 276 und S. 331). Die Vorschrift lautet:

Nach Abschluss der Prüfung nach Absatz 1 Satz 1 kann der Rektor auf Vorschlag des Fachbereichs Personen übergangsweise die Wahrnehmung der Aufgaben der Professur übertragen (Vertretungsprofessur).

§ 49 Abs. 1 Satz 1 ThürHG lautet:

Ist oder wird die Stelle eines Professors frei, prüft die Hochschule, ob die Stelle besetzt werden kann und welcher Fachrichtung sie dienen soll.

§ 50 ThürHG in der Fassung vom 12.05.1999 lautet:

Dienstrechtliche Stellung der Professoren

(1) Professoren werden in der Regel zu Beamten im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt.

(2) Professoren können auch zu Beamten im Beamtenverhältnis auf Zeit ernannt werden. Die Amtszeit beträgt höchstens sechs Jahre. Die erneute Einstellung als Professor im Beamtenverhältnis auf Zeit ist nur einmal zulässig.

(3) Professoren können auch als Angestellte unbefristet oder entsprechend Absatz 2 befristet beschäftigt werden.

(4) Bei Professoren im Angestelltenverhältnis, bei denen die Verbindung zur Praxis aufrechterhalten werden soll oder in anderen begründeten Fällen, ist die Beschäftigung im Umfang von mindestens der Hälfte der Aufgaben eines hauptamtlichen Professors zulässig, wenn die Stelle entsprechend ausgeschrieben worden ist.

Die C 3-Professur für "Alte Geschichte" ist öffentlich ausgeschrieben worden und zwischenzeitlich nach Durchführung des Berufungsverfahrens besetzt. Der Kläger wurde nicht berücksichtigt.

Mit seiner am 10.01.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis, das mangels Sachgrund nicht zum 31.03.2001 befristet sei. Gemäß § 50 ThürHG könne die dienstrechtliche Stellung eines Professors nur durch ein Beamtenverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis begründet werden. Ein Beamtenverhältnis sei nicht begründet worden, da zunächst Arbeitsverträge abgeschlossen worden seien und auch in der letzten Beauftragung vom 14.07.2000 ausdrücklich erklärt worden sei, dass ein Beamtenverhältnis durch die Beauftragung nicht begründet wurde. In seinem Schreiben vom 04.10.1999 habe der Beklagte selbst die ab 01.10.1999 wirksame Beauftragung als Arbeitsvertrag bezeichnet. Für ein Arbeitsverhältnis spreche auch, dass er im Rahmen der Lehrveranstaltungen an die zeitlichen und örtlichen Vorgaben gebunden gewesen sei. Von seiner Vergütung seien Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden.

Ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art sei durch die Beauftragungen nicht begründet worden, da § 50 ThürHG eine derartige dienstrechtliche Zwitterstellung für Professoren nicht vorsehe.

Seinem Begehren auf unbefristete Beschäftigung als Vertretungsprofessor stehe schließlich nicht entgegen, dass er den hochschulrechtlichen Status eines berufenen Professors nicht erworben habe. Es gehe ihm um die arbeitsvertragliche Tätigkeit als Vertreter der Professur.

Der Kläger hat beantragt,

1) festzustellen, dass zwischen den Parteien auf der Grundlage des Schreibens der Hochschule vom 14.07.2000 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis der Vergütungsgruppe C 3 BBesO C besteht;

2) den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Vertreter der C 3-Professur "Alte Geschichte" am Institut für Geschichte der Universität E. auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.07.2000 über den 31.03.2001 hinaus weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, mit dem Kläger sei durch die Beauftragungen ein nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zulässiges öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art begründet worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 91 - 96 d. A.) verwiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger meint, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass auch der Vertretungsprofessor Professor im Sinne des § 50 ThürHG sei. Die Regelung sei abschließend, was sich auch daraus ergebe, dass das ThürHG in den §§ 62 Abs. 2 und 63 nur für Lehrbeauftragte und Gastprofessoren vorsehe, dass diese in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art zum Land stünden.

Das Landesarbeitsgericht hat durch Hinweisbeschluss vom 10.10.2002, für dessen Inhalt auf Bl. 203, 204 d. A. Bezug genommen wird, die Auffassung vertreten, der Kläger sei von vornherein möglicherweise kein Vertretungsprofessor, sondern Hochschuldozent gewesen.

Der Kläger ist dieser Auffassung nur hilfsweise gefolgt. Er ist der Ansicht, der Beklagte habe seine rechtliche Gestaltungsmacht missbraucht, wenn man annehme, durch die Beschäftigung sei ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art begründet worden. Dadurch werde ihm der im Arbeitsverhältnis gewährte Schutz entzogen. Die ungewöhnlich lange Vertretungstätigkeit habe in ihm die berechtigte Erwartung geweckt, dass er auf Dauer an der Hochschule bleiben könne und bei einem anstehenden Berufungsverfahren nicht übergangen werden könne. Er habe im Jahre 1997 eine Anfrage der Universität S., ob er bereit sei, eine Professur für Römische Geschichte probeweise für ein Jahr zu vertreten, in der ausdrücklichen Erwartung, im Anschluss daran die Professur dort fest übertragen zu bekommen und dann dort zu bleiben, abschlägig beantwortet, weil er sich den Kollegen an der Hochschule gegenüber in der Aufbauphase als im Wort stehend empfunden habe. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in E. hätten sich auch seine Chancen, auf andere Lehrstühle berufen zu werden, verschlechtert. In der Fachwelt sei man davon ausgegangen, dass ein langjähriger Vertretungsprofessor letztlich als ordentlicher Professor berufen werde. Er sei deswegen bei anderen Berufungsverfahren gar nicht als ernsthafter Kandidat für die ausgeschriebene Stelle angesehen worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und

1) festzustellen, dass zwischen den Parteien auf der Grundlage des Schreibens der Hochschule vom 14.07.2000 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis der Vergütungsgruppe C 3 BBesO C besteht;

2) den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Vertreter der C 3-Professur "Alte Geschichte" am Institut für Geschichte der Universität E. auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.07.2000 über den 31.03.2001 hinaus weiter zu beschäftigen,

hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Hochschuldozent für das Fach "Alte Geschichte" am Institut für Geschichte der Universität E. auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.07.2000 über den 31.03.2001 hinaus weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung, auch hinsichtlich des Hilfsantrages, zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit den aus der Berufungsbeantwortung vom 04.02.2001 (Bl. 156 - 159 d. A.) ersichtlichen Gründen.

Zum Hilfsantrag meint der Beklagte, der Kläger gehe selbst davon aus, dass die Übernahme der Aufgabe eines Hochschuldozenten von den Parteien nicht gewollt gewesen sei. Dass im Kläger im Übrigen durch die wiederholte Beauftragung mit einer Vertretungsprofessur Erwartungen geweckt worden seien, möge zutreffen, müsse aber unberücksichtigt bleiben. Der Kläger kenne sehr gut die Formalien und Unwägbarkeiten von Berufungsverfahren. Ihm sei auch der Umstand bekannt, dass die Entscheidungen der Berufungskommission unabhängig getroffen werden und nur beschränkt überprüfbar seien. Ferner hätten sich dem Kläger die Unwägbarkeiten geradezu aufdrängen müssen, die sich aus der seit vielen Jahren bekannten und vorbereiteten Gründung der Universität E. ergeben hätten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das Berufungsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gem. § 65 ArbGG nicht zu überprüfen, hält sie aber auch ebenfalls aus den vom Arbeitsgericht genannten Gründen für gegeben.

Die Klage ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

I) Der Kläger stand zum Beklagten zuletzt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art. Durch die Beauftragungen mit einer Vertretungsprofessur wurde kein Arbeitsverhältnis begründet.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Institut des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses grundsätzlich anerkannt (BAG vom 15.04.1982 und vom 27.06.1984, AP Nr. 27 und Nr. 42 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten).

Für die Professorenvertreter bzw. Verwalter von Professorenstellen ("Professorenvertreter ist lediglich ein anderer Ausdruck für "Verwalter von Professorenstellen") hat das Bundesarbeitsgericht in den Entscheidungen vom 30.11.1984 (AP Nr. 43 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten) und vom 13.03.1985 (7 AZR 12/84, nicht veröffentlicht) angenommen, dass zunächst zu prüfen ist, ob nach dem jeweiligen Hochschulrecht die dienstrechtliche Gestaltung vorgegeben ist. Ist dies nicht der Fall, so sei der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages ebenso zulässig wie die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Dabei könnten auch außerhalb von Beamtenverhältnissen Dienstverhältnisse in der Form des öffentlichen Rechts begründet werden.

1) Aus den Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG) und des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) lässt sich für die dienstrechtliche Stellung der Vertretungsprofessoren kein zwingender Schluss ziehen. Maßgeblich sind die genannten Gesetze in der zum Zeitpunkt der letzten Beauftragung des Klägers vom 14.07.2000 geltenden Fassung. Dies ist das Hochschulrahmengesetz in der Neufassung vom 19.01.1999 (BGBl. I S. 18) und das Thüringer Hochschulgesetz in der Fassung der Neubekanntmachung vom 09.06.1999 (GVBl. S. 331).

Nach § 46 HRG werden Professorinnen und Professoren, soweit sie in das Beamtenverhältnis berufen werden, zu Beamten auf Lebenszeit oder auf Zeit ernannt. Privatrechtliche Dienstverhältnisse sind demnach zulässig. Vertretungsprofessuren sind in § 45 Abs. 4 HRG erwähnt. Für diese sind die Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift über Stellenausschreibung und Berufung nicht anzuwenden. § 36 Abs. 1 HRG regelt die mitgliedschaftsrechtliche Stellung der an der Hochschule Tätigen und ist daher für die dienstrechtliche Stellung nicht aussagefähig. Nur insoweit verweist § 36 Abs. 1 S. 2 HRG u. a. für die vorübergehend an der Hochschule Tätigen, also auch für die Vertretungsprofessoren, auf die Regelungen des Landesrechts.

Das Hochschulrecht des Landes Thüringen regelt in § 50 ThürHG die dienstrechtliche Stellung der Professoren. Diese Vorschrift ist im Tatbestand des Urteils zitiert. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 50 ThürHG auf den Vertretungsprofessor nicht anwendbar. Der Professorenvertreter ist nämlich selbst nicht Professor. Dies ergibt sich sowohl aus § 45 Abs. 4 HRG, wonach die Vorschriften über Ausschreibung und Berufung auf den mit der Wahrnehmung einer Professur Beauftragten nicht anzuwenden sind, als auch aus der Terminologie des Thüringer Hochschulgesetzes. Professoren sind lediglich die in einem förmlichen Verfahren gem. § 49 Abs. 1 - 5 ThürHG berufenen Personen. Auch das Bundesarbeitsgericht geht in seinen Entscheidungen vom 30.11.1984 und 13.03.1985 als ganz selbstverständlich davon aus, dass Vertretungsprofessoren selbst nicht Professoren sind.

Der Vertretungsprofessor ist im Landesrecht in § 49 Abs. 7 ThürHG erwähnt. Diese Vorschrift enthält anders als etwa § 62 Abs. 2 ThürHG für Lehrbeauftragte und § 63 ThürHG für Gastprofessoren keine Angaben zur dienstrechtlichen Stellung des Vertretungsprofessors, sie ist damit für alle im Hochschulbereich vorkommenden Gestaltungsmöglichkeiten dienstrechtlicher Art regelungsoffen, also auch für das in den §§ 62 Abs. 2 und 63 ThürHG ausdrücklich genannte öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis eigener Art.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.03.1985 (a. a. O.) bei einer vergleichbaren landesrechtlichen Regelung sogar der Auffassung zugeneigt, dass dann, wenn das Dienstverhältnis von Professoren grundsätzlich öffentlich-rechtlich gestaltet werden soll - dies sieht auch § 50 Abs. 1 ThürHG als Regel vor - auch für den Vertreter ein öffentlich-rechtlicher Status in Betracht kommt.

Im Ergebnis enthält sich das einschlägige Hochschulrecht jedoch einer Festlegung darüber, ob das Dienstverhältnis des Vertretungsprofessors privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich zu gestalten ist. Folglich ist auf die im Einzelfall getroffenen Regelungen abzustellen.

2) Durch die Beauftragungen des Klägers ist kein privatrechtliches Dienstverhältnis begründet worden.

Für die Abgrenzung zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis ist die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses im Einzelfall (Begründung und inhaltliche Ausgestaltung) maßgebend.

Durch die Beauftragungen hat der Beklagte dem Kläger kein privatrechtliches Vertragsangebot unterbreitet. Gerade weil mit dem Kläger zunächst befristete Arbeitsverträge begründet worden waren, war um so deutlicher, dass die Übertragung der Aufgaben einer Vertretungsprofessur im Wege der Beauftragung durch den Rektor eine einseitige Maßnahmen darstellte.

Auch die inhaltliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses entsprach eher dem öffentlichen Recht. Die Vergütung des Klägers richtete sich nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Der Kläger erhielt während der Dauer der Beauftragungen die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und zunächst auch Beihilfe nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Zwar war auch das Arbeitsverhältnis des Klägers inhaltlich beim Vergütungsanspruch und beim Anspruch auf Beihilfe an das Beamtenrecht angelehnt. Es fehlte jedoch wegen der Bezugnahme auf den BAT-O der Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfalle über den 6-Wochen-Zeitraum des § 37 Abs. 2 BAT-O hinaus. Die bereits in den Arbeitsverträgen angelegte öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses ist daher durch die Beauftragungen noch verstärkt worden. Nach Begründungsakt und inhaltlicher Ausgestaltung ist mit den Beauftragungen folglich ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art begründet worden. Dass für den Kläger auch im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis Sozialbeiträge abgeführt wurden, ist für die Zuordnung des Dienstverhältnisses nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ohne entscheidende Bedeutung.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Beklagten vom 04.10.1999. Das Schreiben nimmt Bezug auf Änderungen bei den Krankenversicherungs-Beiträgen nach Wegfall des Anspruchs auf Beihilfe. Es ist von einer Sachbearbeiterin verfasst und daher nicht von einem entscheidungsbefugten Vertreter des Beklagten. Wenn dort in Bezug auf die ab 01.10.1999 wirksame Beauftragung von einem Arbeitsvertrag gesprochen wird, ist dies schlicht rechtsirrig. Für die Frage der Zuordnung des Dienstverhältnisses zum privaten oder öffentlichen Recht hat das Schreiben keinerlei Bedeutung.

II) In der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses kann auch kein Gestaltungsmissbrauch gesehen werden. Die im Hinweisbeschluss des Gerichts vom 10.10.2002 vertretene Auffassung, ein solcher könne ggf. vorliegen, kann nicht aufrechterhalten werden.

Bereits die für die damalige Annahme gesetzten Voraussetzungen sind unzutreffend. Aus § 38 Abs. 2 S. 2, 1. Alternative ThürHG ergibt sich nicht, dass nur eine bereits berufene und bis zu ihrer Einstellung mit der Vertretung der künftigen Professorenstelle beauftragte Person Vertretungsprofessor sein kann. Die Vorschrift hat lediglich Bedeutung für die mitgliedschaftsrechtliche Stellung und besagt, dass die dort genannte Person als Mitglied der Hochschule zur Gruppe der Professoren gehört. Der Kläger war zwar auch nach seinen Angaben als Mitglied der Gruppe der Professoren in den Gremien der Hochschule vertreten. Dann muss ihm aber seine mitgliedschaftsrechtliche Stellung gem. § 38 Abs. 1 S. 3 ThürHG eingeräumt worden sein. Da diese Vorschrift erst durch das Änderungsgesetz vom 12.05.1999 in das Thüringer Hochschulgesetz eingefügt wurde, fehlt für die Zeit davor eine Zuordnungsnorm.

Dies alles kann jedoch dahinstehen, da sich die Voraussetzungen für die Übertragung einer Vertretungsprofessur ausschließlich aus § 49 Abs. 7 ThürHG ergeben. Die dort genannten Voraussetzungen liegen vor, denn die Prüfung nach § 49 Abs. 1 S. 1 ThürHG war abgeschlossen. Zwar kann ohne weiteres angenommen werden, dass es nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers entsprach, eine freie Professorenstelle über einen Zeitraum von 6 1/2 Jahren unbesetzt zu lassen und für diese Dauer, wie im Falle des Klägers, lediglich eine Vertretungsprofessur einzurichten. Dieses Problem könnte für die Frage der rechtlichen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses aber nur dann von Bedeutung sein, wenn bei Annahme eines Arbeitsverhältnisses für den in diesem Falle letzten befristeten Vertrag vom 14.07.2000 kein Sachgrund vorgelegen hätte. Die übergangsweise Übertragung der Aufgaben der Professur auf einen Vertretungsprofessor ist jedoch stets befristet bis zur endgültigen Besetzung der Professorenstelle und trägt daher den Sachgrund in sich. Der Lehrstuhlvertreter kann nicht erwarten, auf Dauer den Lehrstuhl zu erhalten (BAG vom 13.03.1985, a. a. O.). Vom Fehlen eines Sachgrundes könnte allenfalls dann ausgegangen werden, wenn anzunehmen wäre, dass die Hochschule die freie Stelle auf Dauer nur mit einem Vertretungsprofessor besetzen will. Dafür sind keine Anhaltspunkte vorgetragen und auch deshalb nicht ersichtlich, weil die vom Kläger vertretene Stelle schließlich ausgeschrieben und nach Durchführung eines Berufungsverfahrens auch besetzt wurde.

Der Kläger hat dem Gericht sehr überzeugend darlegen können, dass er zum Einen wegen der erbrachten Aufbauleistungen in der Gründungsphase der Hochschule erwarten durfte, im Berufungsverfahren für die Besetzung der Stelle berücksichtigt zu werden, er zum Anderen wegen der Gepflogenheiten im Wissenschaftsbetrieb für auswärtige Berufungen nicht mehr ernsthaft gehandelt wurde, weil man davon ausging, dass er ohnedies in E. bleibt. Die Enttäuschung des Klägers über die ausgebliebene Berufung nach E. ist daher nur zu verständlich, zumal der Kläger zwischenzeitlich aufgrund seines Lebensalters für die Berufung auf einen Lehrstuhl nicht mehr in Betracht kommt. Dies alles lässt sich jedoch rechtlich nicht für den Kläger nutzbar machen, denn auch dann, wenn sein Dienstverhältnis als Vertretungsprofessor privatrechtlich ausgestaltet worden wäre, wäre kein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden.

Unabhängig davon ist das Gericht bei einmal festgestellter öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Dienstverhältnisses an die Tatbestandswirkungen des Verwaltungsaktes vom 14.07.2000 gebunden, worauf die 4. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts bei einer vergleichbaren Fallkonstellation in seiner den Parteivertretern bekannten Entscheidung vom 28.08.2002 (Az.: 4 Sa 447/01) zutreffend hingewiesen hat.

III) Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass die Berufung auch hinsichtlich des vom Kläger gestellten Hilfsantrags zurückzuweisen ist. Der Kläger war Vertretungsprofessor und nicht Hochschuldozent. Auch insoweit ist der gerichtliche Hinweis vom 10.10.2002 richtig zu stellen.

Der Kläger hat gem. § 97 ZPO die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.



Ende der Entscheidung

Zurück