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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.12.2001
Aktenzeichen: 10 S 2184/99
Rechtsgebiete: BImSchG, TA Luft


Vorschriften:

BImSchG § 3 Abs. 1
BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG § 15
TA Luft Ziff. 2.3
Zur Frage, ob Immissionen von industriell hergestellten ultrafeinen Partikeln (sog. Nanopartikeln) geeignet sind, Gesundheitsgefahren für einen in der Nachbarschaft der emittierenden Produktionsanlage wohnenden Dritten herbeizuführen.
10 S 2184/99

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

immissionsschutzrechtlicher Genehmigung

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schlüter und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Hofherr und Dr. Rudisile auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. März 1999 - 9 K 2612/96 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen vom Beklagten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Herstellung von Nanopulvern.

Der Kläger bewohnt ein Gebäude auf einem Grundstück der Gemarkung L./R. Die Beigeladene ist Eigentümerin der südlich angrenzenden mit Werksgebäuden bebauten Grundstücke. Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen außerhalb eines Bebauungsplans. Nach Einholung einer baurechtlichen Genehmigung des Landratsamtes Waldshut vom 05.10.1987 hatte die Beigeladene in Halle 19 ihres Betriebsgrundstücks eine Anlage zur Herstellung extrem feiner Metall- und Keramikpulver mit einer Korngröße zwischen 1 und 100 nm (sog. Nanopulver) errichtet. In der Anlage können Pulver aus Metallen, Metalloxiden, nicht oxidischen Hartstoffen sowie Kombinationen dieser Stoffe hergestellt werden. Die Anlage arbeitet mit einer Gasphasenreaktion (CVR-Verfahren). Sie wurde seit 1989 zunächst versuchsweise betrieben. Bis Anfang 1995 wurden weniger als 100 kg Nanopulver hergestellt.

Am 21.02.1995 stellte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Freiburg den Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Betrieb der bestehenden Labor-/Pilotanlage als Produktionsanlage mit einer Jahresproduktion von maximal 15 t Nanopulver. Das Regierungspräsidium führte nach öffentlicher Bekanntmachung des Vorhabens und Eingang mehrerer Einwendungen einen Erörterungstermin durch und holte Stellungnahmen und Gutachten verschiedener fachlicher Stellen ein. Mit Bescheid vom 23.07.1996 erteilte das Regierungspräsidium der Beigeladenen die beantragte Genehmigung. Die Nebenbestimmungen zur Genehmigung sehen u.a. vor, dass die Elemente Cadmium, Quecksilber, Thallium und Beryllium sowie Verbindungen dieser Elemente in der Anlage nicht eingesetzt und die im Anhang II der 12. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (Störfallver-ordnung) aufgelisteten Stoffe nur in bestimmten Höchstmengen in der Anlage gelagert oder gehandhabt werden dürfen. Als Emissionsgrenzwerte wurden für den Gesamtstaub 17,5 g/h, davon 50 µg/m³ an Teilchen mit einem Partikeldurchmesser unter 100 nm, festgesetzt. Außerdem wurden periodische Emissionsmessungen vorgeschrieben und die Anordnung weiterer Messungen von Nanopartikeln im Abgas vorbehalten.

Am 04.09.1996 erhob der Kläger gegen die Genehmigung Widerspruch. Zur Begründung trug er unter Bezugnahme auf sein Einwendungsschreiben vom 04.07.1995 im Wesentlichen vor: Die Genehmigung der Anlage sei rücksichtslos, da sie in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem allgemeinen Wohngebiet zu unerträglichen Konflikten führe. Es fehle ein explosionssicheres Containment, welches wegen der Nähe der Wohnbebauung erforderlich sei. Es fehle außerdem eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die erforderlich sei, weil die Anlage mit anderen Anlagen in einem verfahrenstechnischen Verbund stehe. Eine Verpuffung feinster Stäube im Katastrophenfall würde zu einem unverhältnismäßigen Gesundheitsrisiko führen. Es sei auch keine hinreichende Kontrolle gegen die Freisetzung extremer Feinstäube im Normalbetrieb vorgesehen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass ein wesentlicher Teil der Stäube über den Abgasstrom an die Umwelt abgegeben werde. Die Verpflichtung zur Vorsorge nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG habe drittschützende Wirkung. Dies entspreche in Bezug auf Dioxine und Furane der obergerichtlichen Rechtsprechung und sei auch für den neuartigen zellwandgängigen Nanostaub anzuerkennen. Die Auflagen seien nicht ausreichend. Es müssten ein dem Stand der Technik entsprechendes Überwachungsverfahren und ein geeigneter Grenzwert angeordnet werden. Eine taugliche toxikologische gutachterliche Stellungnahme sei nicht eingeholt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.1996 wies das Regierungspräsidium den Widerspruch zurück und ordnete auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 23.07.1996 an. Zur Begründung führte es insbesondere aus: Eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe nicht durchgeführt werden müssen, da die Anlage nicht mit einer weiteren Anlage in einem verfahrenstechnischen Verbund stehe. Ein Verstoß gegen das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung sei außerdem nicht als Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechts zu qualifizieren. Die allein drittschützende Schutz- und Abwehrpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sei nicht verletzt. Die Emission von Nanopartikeln werde keine Gesundheitsschäden zur Folge haben. Dies ergebe sich aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen von Prof. Dr. Schlatter, Universität Zürich, und des Landesgesundheitsamts sowie aus der von der Beigeladenen in Auftrag gegebenen Untersuchung zweier Aerosolproben durch das Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin der Universität Essen (Prof. Dr. Bruch), nach der gesundheitsschädliche Effekte nicht festgestellt worden seien. Die Anlage erfülle auch die sicherheitstechnischen Anforderungen nach dem Stand der Technik. Das vom Kläger geforderte Containment sei nicht geboten. Schutz gegen diffuse Emissionen sei dadurch gewährleistet, dass auch die Raumluft durch das Abluftreinigungssystem geführt werde.

Am 26.11.1996 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat er unter Bezug auf Forschungsergebnisse zur gesundheitsschädlichen Wirkung ultrafeiner Stäube im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Ihm drohe im Hinblick auf das besondere und neuartige Gefährdungspotential zellwandgängiger Nanopulver eine nachhaltige Beeinträchtigung seiner Gesundheit. Die von der genehmigten Anlage ausgehenden Emissionen seien durch die bisher vorgenommenen Messungen nicht hinreichend erfasst worden. Dem angewandten rasterelektronenmikroskopischen (REM-)Verfahren sei das DMPS-Verfahren vorzuziehen. Messungen seien nicht in repräsentativer Anzahl vorgenommen worden. Auch die toxikologische Bewertung sei zu beanstanden. Insbesondere befasse sich das Gutachten von Prof. Dr. Bruch nur mit einem Teil relativ unproblematischer Stoffe aus einer breiten Produktpalette der Beigeladenen, die auch gefährlichere Stoffe enthalte.

Der Kläger hat beantragt, die der Beigeladenen vom Regierungspräsidium Freiburg am 23. Juli 1996 erteilte Genehmigung und dessen Widerspruchsbescheid vom 28.10.1996 aufzuheben, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den Genehmigungsbescheid durch nachbarschützende Auflagen und Bedingungen zu ergänzen, insbesondere durch die Anordnung eines geeigneten Containments für den Explosionsschutz, geeigneter Messeinrichtungen für die kontinuierliche Überwachung der Staubemissionen und geeigneter Maßnahmen zur dauerhaften Begrenzung der Emissionen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Zur Begründung hat er insbesondere ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Klägers komme in den Emissionen der Anlage kein völlig neuartiges Gefährdungspotential zum Ausdruck. Nanopartikel sowohl natürlichen als auch anthropogenen Ursprungs kämen in der Umwelt überall vor. So sei etwa an der Bundesstraße B 34 in Laufenburg mit Dieselrußkonzentrationen in Höhe von 5 bis 10 µg/m³ zu rechnen. Eine Gesundheitsgefährdung des Klägers könne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die von der Anlage ausgehende Immissionszusatzbelastung sei irrelevant und halte sich in der Schwankungsbreite der Hintergrundbelastung. Eine Zusatzbelastung von höchstens 1 % anerkannter Wirkungsschwellen bzw. der LAI-Beurteilungsmaßstäbe sei im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG als irrelevant anzusehen. Zwar fehle aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Diskussionsprozesses ein anerkannter Beurteilungsmaßstab für Nanopartikel. Es sei jedoch wegen der vergleichbaren Partikelgrößen und des vergleichbaren toxikologischen Potentials vertretbar, im vorliegenden Fall den Burteilungswert des LAI und das daraus abgeleitete Irrele-vanzkriterium für Dieselruß heranzuziehen. Danach sei die Immissions-zusatzbelastung durch die genehmigte Anlage für Partikel unter 100 nm irrelevant, da sie weniger als 1 Promille des Beurteilungswerts für Dieselruß betrage.

Die Beigeladene ist der Klage ebenfalls entgegengetreten. Sie hat sich der Auffassung des Beklagten angeschlossen und ergänzend vorgetragen, dass ihr Abluftreinigungssystem ausgereift sei. Selbst bei Ausfall eines Filterteils würden eventuell nicht zurückgehaltene Nanopartikel in einem Abgasver-brenner zu größeren Partikeln versintert. Zusätzlich sei der Abgasverbrennung ein zwei-stufiger Hochleistungsfilter (sog. Polizeifilter) nachgeschaltet, der unabhängig von anderen Abluftreinigungsmaßnahmen arbeite. Ein derartiger Filter werde normalerweise zur Reinigung der Frischluft für Operationssäle oder Produk-tionsräume unter Reinstbedingungen, z.B. in der Halbleiterproduktion, eingesetzt.

Das Verwaltungsgericht hat ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Greim (TU München) zu den Fragen eingeholt, ob nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand die Einschätzung begründet sei, dass die von der genehmigten Anlage emittierten Nanopartikel keine größeren Gesundheitsgefahren hervorriefen als Dieselruß in vergleichbarer Konzentration, und ob es unter Zugrundelegung der vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) vorgeschlagenen Irrelevanzkriterien eine hinreichend vorsichtige Risikoabschätzung darstelle, wenn die von der genehmigten Anlage ausgehenden Nano-staubimmissionen als unerheblich beurteilt würden, soweit die Immissionszusatzbelastung höchstens 1 % des in der LAI-Studie "Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen" für Dieselruß genannten flächenbezogenen Vorsorgewerts von 1,5 µg/m³ erreiche. Mit Urteil vom 12.03.1999 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei mit dem Hauptantrag nicht begründet, weil die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung den Kläger nicht in eigenen Rechten verletze. Ohne Erfolg bleibe der Einwand, die Genehmigung leide an einem Verfahrensfehler, weil keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei. Die Genehmigung verletze auch keine materiell-rechtlichen Vorschriften mit Schutzwirkung zugunsten des Klägers. Die Rechtmäßigkeit der Genehmigung sei insoweit am Maßstab des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu beurteilen. Diese Vorschrift sei zugunsten der Nachbarschaft drittschützend. Das Gleiche gelte für die sie konkretisierenden Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, soweit sie Vorschriften zur Immissionsbegrenzung enthielten. Der Beklagte habe jedoch die ihm nach dieser Vorschrift obliegende Schutzpflicht durch die Erteilung der Genehmigung nicht verletzt. Der Kläger sei gegenwärtig und auch zukünftig keinen Immissionen durch die Anlage ausgesetzt, die - unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Kenntnisstandes - geeignet seien, die von ihm geltend gemachten Gefahren für seine Gesundheit herbeizuführen.

Dies gelte zunächst hinsichtlich der im bestimmungsgemäßen Betrieb (Normalbetrieb) verursachten Immissionen von Nanostaub. Die besondere Problematik bei der Beurteilung derartiger Staubimmissionen liege darin, dass ihre gesundheitsschädlichen Auswirkungen derzeit noch wenig erforscht seien. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig sei, bestehe nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der Verdacht, dass solche Partikel wegen ihrer geringen Größe und der dadurch bedingten Aufnahmefähigkeit sowie wegen ihrer großen spezifischen Oberfläche im menschlichen Respirationstrakt eine besonders ausgeprägte Toxizität entfalteten. Die derzeit bestehenden Erkenntnisdefizite kämen darin zum Ausdruck, dass für Nanostaubimmissionen in den Verordnungen bzw. Regelwerken, welche zur Konkretisierung der nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG maßgeblichen Erheblichkeitsschwelle herangezogen werden könnten, keine Grenzwerte ausgewiesen seien. So würden namentlich in der TA Luft zwar in Nr. 2.5 Immissionswerte für Staub festgesetzt. Diese Werte gälten jedoch nur für den Gesamtstaub und berücksichtigten nicht die besondere Wirkungsrelevanz von ultrafeinen Stäuben mit einer Partikelgröße von maximal 100 nm. Eine Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG könne jedoch ausgeschlossen werden, weil von der Anlage nur eine sehr geringfügige Zusatzbelastung ausgehe, die als irrelevant angesehen werden könne. Es sei insoweit der vom Regierungspräsidium dargelegten und durch das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Greim bestätigten Irrelevanzbetrachtung zu folgen. Gestützt auf Berechnungen der Landesanstalt für Umweltschutz, die vom Sachverständigen in zutreffender Weise korrigiert worden seien, habe das Regierungspräsidium dargelegt, dass die durch die genehmigte Anlage verursachte Immissionszusatzbelastung mit Nanostaub im Immissionsmaximum eine Konzentration erreiche, die punktbezogen bei 0,003 ng/m³ und flächenbezogen bei 0,0013 ng/m³ (jeweils im Jahresmittelwert) liege und damit das Irrelevanzkriterium von 1 % des LAI-Beurteilungswertes für Dieselruß, der bei 1,5 µg/m³ = 1.500 ng/m³ liege, deutlich, nämlich 5.000fach, unterschreite. Den Rückgriff auf den Beurteilungswert für Dieselruß habe das Regierungspräsidium zutreffend damit begründet, dass für den von der genehmigten Anlage emittierten Nanostaub kein spezieller Beurteilungswert vorliege, dass aber Dieselruß nach seiner Korngrößenverteilung und in toxilogischer Hinsicht mit diesem Nanostaub vergleichbar sei. Das Gericht sei nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass diese Irrelevanzbetrachtung schlüssig sei und auch eine nach derzeitigem Erkenntnisstand angemessene Risikoeinschätzung wiedergebe.

Die vom Kläger gegen diese Einschätzung vorgetragenen Einwendungen seien nicht begründet. Dies gelte zunächst für die Einwendungen gegen die Verlässlichkeit der von der Beigeladenen veranlassten Emissionsmessungen, die Grundlage der Berechnung der Immissionszusatzbelastung im Rahmen der Irrelevanzbetrachtung seien und eine Anzahl von ca. 108 Nanoteilchen/m³ im Abgasstrom ergeben hätten. Insbesondere sei zum Nachweis von Nanopartikeln das DMPS-Verfahren nicht dem angewandten REM-Verfahren vorzuziehen, da die untere Nachweisgrenze bei beiden Verfahren dieselbe sei und auch das REM-Verfahren eine quantitative Bestimmung der Partikelanzahl erlaube. Nicht hinreichend begründet sei auch der Einwand des Klägers, die Beurteilung der Nanostaubimmissionen am Maßstab der Gefährlichkeit von Dieselruß werde dem Umstand nicht gerecht, dass die Anlage der Beigeladenen als Vielstoffanlage genehmigt worden sei und die Produktpalette auch Stoffe enthalte, die in hohem Maße als krebserregend eingeschätzt werden müssten. Einer möglichen kanzerogen Wirkung der von der Anlage produzierten Feinstäube sei vielmehr durch den Vergleich mit dem als kanzerogen anzusehenden Dieselruß Rechnung getragen. Dass in der Anlage auch Stoffe produziert werden könnten, die erheblich gefährlicher seien als Dieselruß, werde vom Kläger nicht substantiiert dargelegt und sei für das Gericht auch nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der vom LAI vorgeschlagene Beurteilungswert von 1,5 µg/m³ für Dieselruß nicht durch neuere wissenschaftliche Untersuchungen überholt. Vielmehr sei der Beurteilungswert aus heutigen Standards plausibel abgeleitet. Ein Verstoß gegen das in Nr. 2.3 Abs. 1 i.V.m. Nr. 2.2.1.5 TA Luft enthaltene Minimierungsgebot sei hinsichtlich der möglicherweise als kanzerogen anzusehenden Nanostaubemissionen ebenfalls nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht substantiiert dargelegt, so dass unentschieden bleiben könne, ob diese Bestimmungen auch drittschützend seien. Soweit der Kläger eine synergetische Wirkung von Dioxinen/Furanen und Nanopulver aufgrund der Carrier-Funktion der Nanopartikel befürchte, habe das Landesgesundheitsamt dargelegt, dass keine Forschungen bekannt seien, die einen derartigen Aufnahmeweg belegen könnten, und dass einer durch Nanopartikel vermittelten Aufnahme von Dioxinen auch wegen ihrer ohnehin schon gegebenen Aufnahmefähigkeit keine besondere Relevanz beigemessen werden könne.

Eine Verletzung der drittschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebe sich auch nicht daraus, dass keine hinreichenden Vorkehrungen für einen Störfall getroffen worden wären. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass die Anlage der Störfallverordnung (12. BImSchV) nicht unterfalle. Gegen Fehler im Abluftreinigungssystem sei hinreichende Vorsorge getroffen. Die Anlage verfüge über ein redundantes Abluftreinigungssystem. Mögliche Fehler in den vorgeschalteten Reinigungsstufen könnten durch den nachgeschalteten zweistufigen Gewebefilter ("Polizeifilter") ausgeglichen werden, dessen Effektivität durch die Landesanstalt für Umweltschutz bestätigt werde. Es erscheine unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vertretbar, dass das Regierungspräsidium lediglich eine periodische Überwachung der Emissionen angeordnet habe, zumal nach der Stellungnahme der Landesanstalt für Umweltschutz derzeit keine Entwicklungsansätze für eine kontinuierliche Überwachung des Emissionsstroms von Nanopulver bekannt seien. Dem Regierungspräsidium sei darin zu folgen, dass die Möglichkeit von Explosionen und Havarien mit Außenwirkungen auszuschließen sei.

Die Einhaltung des Vorsorgegrundsatzes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sei nicht zu überprüfen, da das Vorsorgegebot im Immissionsschutzrecht nach ganz herrschender Meinung keinen drittschützenden Charakter besitze. Sonstige Vorschriften, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beachtet werden müssten und Schutzwirkung zugunsten des Klägers besäßen, seien ebenfalls nicht verletzt. Insoweit komme im vorliegenden Fall lediglich das baurechtliche Rücksichtnahmegebot in Betracht. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots sei aber zu verneinen, weil schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten seien.

Mit dem Hilfsantrag sei die Klage als Verpflichtungsklage zulässig. Der Hilfsantrag sei jedoch nicht begründet, da die angefochtene Genehmigung auch ohne die mit dem Hilfsantrag begehrten zusätzlichen Schutzbestimmungen keine Rechte des Klägers verletze.

Das Urteil ist dem Kläger am 31.03.1999 zugestellt worden. Am 30.04.1999 hat er beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit Beschluss vom 07.09.1999 hat der Senat die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. Der Kläger hat die Berufung mit am 05.10.1999 eingegangenem Schriftsatz und mit weiteren Schriftsätzen im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes stütze sich entscheidend darauf, dass die Nanopartikel, deren Produktion genehmigt worden sei, wegen ihrer geringen Größe und wegen ihres inerten Charakters bezüglich ihres Risikos ähnlich zu beurteilen seien wie Dieselruß. Diese Annahme sei nicht zutreffend, jedenfalls könne ihr nicht ohne weitere Aufklärung gefolgt werden. Die vielen seltenen Metalle und Metallverbindungen, die in der Anlage eingesetzt würden, wiesen wegen ihrer Giftigkeit alleine schon aufgrund ihrer Wirkung als Substanz ein höheres Risikopotential auf als Dieselruß. Selbst der Privatgutachter der Beigeladenen, Prof. Dr. Bruch, habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, der inhaltsbedingte Unterschied der toxikologisch relevanten Wirkung der Nanopartikel bewege sich im Rahmen einer Zehnerpotenz, wobei die inerten Stoffe, die er betrachtet habe, zu den weniger toxischen Stoffen gehörten. Bei der angefochtenen Genehmigung handle es sich aber um eine Vielstoffgenehmigung, in der Nanopulver aus allen technisch einsetzbaren Stoffsystemen, nämlich aus Metallen, Metalloxiden und Hartstoffen, aber auch unter Beifügung organischer Stoffe zur Oberflächenbehandlung eingesetzt würden. Insbesondere handle es sich auch um Stoffe, die als Pharmazeutika eingesetzt werden könnten, da sie für die Durchdringung der Blut-Hirn-Schranke vorteilhaft seien. Neben inerten Stoffen lasse die Genehmigung deshalb auch reaktionsfreudigere Nanopulver zu, deren Inhaltsstoffe bis zu vier oder mehr Zehnerpotenzen toxischer sein könnten als Dieselruß. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. Greim habe von der Vielzahl der in der Anlage eingesetzten Stoffe nichts gewusst, sondern sei nur von den beiden inerten Substanzen ausgegangen, für die die Beigeladene ihm durch Prof. Dr. Bruch Tierversuchsergebnisse habe vorlegen lassen. Im Hinblick auf die Relevanz der Inhaltsstoffe der Nanopulver stelle sich auch die Frage, ob man nach dem Stand der Wissenschaft von einer Wirkung auf molekularer Ebene schon eines einzigen Moleküls ausgehen müsse, was den Faktor noch weiter zum Risiko hin verschiebe. Das Verwaltungsgericht hätte deshalb keine Irrelelevanzbetrachtung auf der Grundlage von Dieselruß als Vergleichsparameter durchführen dürfen, vielmehr hätte es eine Sonderfallprüfung vornehmen und die angesprochenen Fragen weiter aufklären müssen.

Bezüglich der Emissionsdatenbasis, die das Verwaltungsgericht seiner Irrelevanzbetrachtung zugrunde gelegt habe, habe es nicht annehmen dürfen, dass die Emissionen der Anlage im Normalbetrieb jenen Emissionen entsprächen, die während der Probeläufe stattgefunden hätten, die jeweils nur wenige Minuten gedauert hätten. Denn die Betriebsparameter der Anlage würden sich laufend ändern, und je nach Betriebszustand und Einsatzstoffen könnten ganz unterschiedliche Ergebnisse hervorgerufen werden, weshalb mehrere Messungen von deutlich längerer Dauer hätten durchgeführt werden müssen, um ein sinnvolles Ergebnis zu erhalten. Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht über die Bedenken hinweggegangen, die er gegen den vom LAI vorgeschlagenen Beurteilungswert für Dieselruß, gestützt auf eine Untersuchung des Umwelt- und Prognose-Instituts Heidelberg, vorgebracht habe. Zu beanstanden sei weiter, dass das Verwaltungsgericht die Problematik der Irrelevanzbetrachtung dahingehend gelöst habe, dass es durch einen einzigen Gutachter beraten genauso verfahre wie die Sachverständigen im LAI. Dabei übersehe das Gericht, dass das Vorgehen des LAI bezüglich der krebserregenden Stoffe an wohl erforschten Stoffen ansetze, für die es MAK-Werte gebe, und dass es sich um ein geordnetes Verfahren unter breiter Beteiligung handele, die eine besonders sachverständige Bewertung garantiere. Diesen multidisziplinären Bewertungsprozess habe das Verwaltungsgericht nicht im Sinne einer Parallelbewertung mit dem Ergebnis einer Irrelevanzbewertung simulieren und sich dadurch einer vollständigen Beweisaufnahme zu den toxischen Eigenschaften von Nanopulver entziehen dürfen. Dieser Ansatz werde insbesondere der völlig neuartigen Wirkungsweise der Nanotechnologie nicht gerecht, die die Freisetzung von Stäuben bewirke, die ganz ungewöhnlich neuartige Eigenschaften hätten, indem sie insbesondere durch die Haut unmittelbar in den Blutkreislauf des Menschen aufgenommen würden und dort die Blut-Hirn-Schranke und Weiteres durchdringen könnten, so dass mit der Präsenz der Partikel im Gehirn zu rechnen sei, wenn der Mensch diesen Partikeln exponiert werde. Insbesondere handle es sich im Unterschied zu den Dieselrußstäuben nicht um organische Substanzen, sondern um äußerst persistente Schwermetallverbindungen mit vielfältiger, ständig wechselnder Zusammensetzung. Bei Tierversuchen sei festgestellt worden, dass gerade Stäube, die Übergangsmetalle enthielten, Entzündungsreaktionen bei Versuchstieren auslösten. Für die Frage der Gesundheitsrelevanz der Einatmung von Nanopartikeln sei entscheidend, ob diese im Körper abgebaut oder auf andere Weise ausgeschieden würden. Die Besonderheit der inhalativen Aufnahme liege darin, dass der Abbau von persistenten Partikeln im alveolären Bereich Jahre dauern könne. Dieselruß trete demgegenüber in größeren Partikeln auf. Hier erfolge eher ein Abtransport durch frei wandernde alveolare Makrophagen. Ebenso liege bei Dieselrußpartikeln eine Agglomeratbildung vor. Kleinere Teile, wie die hier emittierten Nanopartikel, wirkten auch im Tiermodell anders.

Bei der Entwicklung neuer Technologien, deren Risikopotential durch wissenschaftliche Forschung nicht abgeklärt sei, entfalte auch das Vorsorgeprinzip drittschützende Wirkung. Es sei im Übrigen auf eine gesetzliche Regelung zu dringen, weil ohne gesetzliche Regelung derartige Risiken der Bevölkerung nicht zugemutet werden dürften. Nanopartikel seien nicht Gegenstand einer gesetzgeberischen Entscheidung. Sie seien bislang auch nur Gegenstand punktueller systematischer Forschung bezüglich ihrer toxologischen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus gewesen. Aufgrund ihrer geringen Größe, ihrer Persistenz und der im Genehmigungsbescheid zugelassenen Stoffkombinationen sei mit Effekten zu rechnen, die überraschende Auswirkungen beobachten ließen, auch wenn die gesetzte Ursache jeweils nach dem heutigen Stand des Wissens gewöhnlich "gering" erscheine. Es entspreche dem Stand des biophysikalischen Wissens, dass solche Effekte aufträten, sie würden als "quantenmechanische Effekte" bezeichnet. Der Kern der Problematik des vorliegenden Verfahrens liege darin, dass die Genehmigungsbehörde eine neuartige, risikogeneigte Technologie ohne Entscheidung des Gesetzgebers zugelassen habe. Der zweite Aspekt der Problematik liege darin, dass die Behörde die Zulassungsentscheidung in einer "offenen" Weise getroffen habe, die es den Anlagenbetreibern überlasse, das Risikopotential durch die Wahl der Einsatzstoffe in eigener Verantwortung zu verengen oder zu erweitern. Es seien einige Stoffe von der Verwendung ausgenommen, eine Fülle weiterer risikosteigernder Einsatzstoffe seien aber nicht ausgeschlossen worden. Ein sachlich angemessenes, zutreffendes Vorgehen würde darin bestehen, die Genehmigung jeweils für bestimmte Stoffkombinationen Schritt für Schritt unter spezifischer Abklärung der mit der gewählten Kombination vorhandenen Risiken vorzunehmen. Dabei stehe die Beigeladene allerdings vor dem Problem, dass sie letztlich den Aufwand für die toxologische und epidemiologische Abklärung tragen müsse. Dies sei aber ein Aufwand, der jeden treffe, der eine neuartige Technik verwenden und die Produktionsergebnisse in die Umwelt freisetzen wolle. Der Genehmigungsbehörde sei im Kern vorzuwerfen, dass sie durch die Allgemeinheit der von ihr erteilten Genehmigung sich ihrer Verpflichtung zur Abklärung der Risiken entziehe.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Anlage dem Minimierungsgebot für kanzerogene Stoffe genüge. Dies wäre nur dann gewährleistet, wenn als Input erst gar keine krebserregenden Stoffe eingesetzt würden. Statt dessen lasse das Regierungspräsidium eine inhaltlich nicht begrenzte Vielfalt auch solcher Stoffe zu. Je nachdem, welche Stoffe eingesetzt würden, träten mehr oder weniger starke exogene Reaktionen auf. Dies bedeute, dass die Betriebsparameter, auch wenn die Anlage physisch nicht oder allenfalls geringfügig abgeändert werde, sich um mehrere Dimensionen ändern könnten. Aus diesem Grund könne man nicht sagen, dass die Anlage durch einen "bestimmungsgemäßen Betrieb" und eine von diesem Betrieb gezogene Immissionshöchstgrenze gekennzeichnet sei. Die Problematik der Anlage liege gerade darin, dass hier eine Technologie eingesetzt werde, die erst in der Entwicklung begriffen sei. Die erteilte Genehmigung ziehe keine praktisch inhärenten Obergrenzen. Die Genehmigungsbehörde könne sich nicht darauf berufen, dass der faktische "bestimmungsgemäße Betrieb" eine niedrigere, praktisch wirksame obere Emissionsgrenze ziehe. Es gebe in diesem Bereich der Technikanwendung kein branchenspezifisches Vorsorgeniveau. Auch das Abscheideverhalten des Filters sei für Stoffkombinationen, wie sie hier vorlägen, nie untersucht worden. Die Angabe, es würden nur anorganische Stoffe im Abgas der Anlage sein können, treffe nicht zu, denn auch bei einer Nachverbrennung um 1.250° C werde die Anlage Dioxine oder Furane emittieren, was darauf beruhe, dass die Metallfeinstäube aufgrund ihrer Oberflächenbeschaffenheit Anlagerungen von organischen Verbindungen aufwiesen, die durch Hitze nur teilweise zerfielen, im Abluftstrom aber neue Dioxin- und Furanverbindungen bildeten. Die Anlage sei nicht darauf optimiert, diese Stoffe zu zerstören. Im Übrigen sei die Filterporengröße der bei den Emissionsmessungen verwendeten Filter nicht geeignet, die Anzahl der Nanopartikel, die bis zu der unvorstellbaren Winzigkeit von 3 nm Durchmesser reichen könnten, zuverlässig und genau zu bestimmen. Des Weiteren würden die Messungen immer noch als Massenkonzentrationen dargestellt, obwohl mittlerweile bekannt sei, dass diese ultrafeinen Teilchen, die im Bereich von Makromolekülen anzusiedeln seien, gewichtsmäßig nicht erfassbar seien und nur die Partikelzahl relevant sei. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass angesichts der explosionsartig ablaufenden Reaktionsereignisse immer wieder "Durchbrechungen" der Filter im Abgasstrom aufträten. Es sei eine einfache technische Maßnahme, die Anlage so auszugestalten, dass sie in einem völlig gesicherten, von der Umwelt abgeriegelten Containment dann betrieben werde, sobald auch nur geringste Störungen der Betriebsparameter aufträten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12.03.1999 - 9 K 2612/96 - zu ändern und die der Beigeladenen am 23.07.1996 vom Regierungspräsidium Freiburg erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung i. d. F. der vom Beklagten bestätigten Änderungsanzeigen der Beigeladenen vom 14.08.2001 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 28.10.1996 aufzuheben,

hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, den Genehmigungsbescheid durch nachbarschützende Auflagen und Bedingungen zu ergänzen, insbesondere durch die Anordnung eines geeigneten Containments für den Explosionsschutz, geeigneter Messeinrichtungen für eine kontinuierliche Überwachung der Staubemissionen und geeigneter Maßnahmen zur dauerhaften Begrenzung der Emissionen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Dem Kläger sei nicht darin zu folgen, dass der Vergleich der in der Anlage der Beigeladenen hergestellten Nanopartikel mit Dieselruß, welcher der Irrelevanzbetrachtung zugrunde gelegt worden sei, das toxikologische Risiko im Hinblick darauf unzutreffend bewerte, dass aufgrund der breiten in der Anlage herstellbaren Stoffpalette damit zu rechnen sei, dass auch Partikel hergestellt werden könnten, deren Toxizität um 4 bis 5 Zehnerpotenzen über der des Dieselrußes liege. Die Behauptung des Klägers zur Spannbreite der Toxizität von Stoffen sei nicht näher substantiiert. Dem Regierungspräsidium sei bewusst gewesen, dass für die in der CVR-Anlage herstellbaren Nanostäube derzeit keine Beurteilungswerte bestünden. Zum Vergleich sei deshalb der Beurteilungswert eines Stoffes herangezogen worden, der eine vergleichbare Partikelgrößenverteilung aufweise und als krebserzeugend gelte. Für andere nanoskalige Stoffe außer Dieselruß bestünden zudem keine Beurteilungswerte. Der Beurteilungswert von 1,5 µg/m³ sei im Hinblick auf die tolerierte Hintergrundbelastung mit ultrafeinen Partikeln konservativ angesetzt. Auch der Einwand des Klägers, der Beurteilungswert des LAI für Dieselruß von 1,5 µg/m³ sei im Hinblick auf neuere Untersuchungen unzutreffend, sei nicht begründet. Bei der Diskussion der Beurteilungsmaßstäbe des LAI für krebserzeugende Luftschadstoffe weise Prof. Dr. Greim zutreffend darauf hin, dass die methodische Vorgehensweise des LAI zu einer erheblichen Überschätzung des kanzerogenen Risikos von Dieselruß führe. Zwar könnten in der Anlage auch Partikel hergestellt werden, die ein höheres toxisches Potential als Dieselruß aufwiesen. Aus der breiten Palette der in der Anlage herstellbaren Stoffe dürften Nickelpartikel prima facie die höchste Toxizität aufweisen. Das Landesgesundheitsamt (LGA) habe insoweit - gestützt auf neuere Forschungen - dargelegt, dass Ultrafeinpartikel aus Nickel zwischen 3-fach und 30-fach lungentoxischer sein könnten als Feinstpartikel aus weniger katalytisch wirksamen Stoffen. Dadurch werde aber die Risikoabschätzung des Regierungspräsidiums nicht in Frage gestellt, da sich die Toxizität der in der Anlage herstellbaren Stoffe allenfalls in der Größenordnung von 1 bis 2 Zehnerpotenzen - speziell für Nickel sehe das LGA die Möglichkeit einer 100-fach höheren Wirksamkeit als hinreichend konservativ an - bewege. Denn das Irrelevanzkriterium sei auch dann sicher eingehalten, wenn als Ausgangspunkt der Risikobetrachtung ein entsprechend niedrigerer Beurteilungswert zugrunde zu legen wäre. Bezogen auf den Beurteilungswert von 1,5 µg/m³ liege die Immissionszusatzbelastung (0,0035 ng/m³) 500.000-fach unter dem Wert, wobei das Irrelevanzkriterium 5.000-fach unterschritten werde. In der Anlage könnten damit auch Stoffe hergestellt werden, die eine 1.000-fach höhere Toxizität als Dieselruß aufwiesen, ohne dass die Risikoabschätzung im Ergebnis falsch wäre. Eine derart breite Spanne toxischer Wirkungen sei aber auszuschließen. Die vom Kläger vorgetragene Hypothese, die in der Anlage hergestellten Nanopartikel seien im Gegensatz zu Dieselrußpartikeln aufgrund ihrer Oberflächenstruktur in der Lage, durch die Haut unmittelbar in den Blutkreislauf des Menschen einzudringen und dabei die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, sei spekulativ.

Das Abluftreinigungssystem der Anlage genüge dem Minimierungsgebot nach Nr. 2.3 TA Luft für krebserzeugende Stoffe. Die Emissionsmessungen belegten nachdrücklich, über welch wirksames Abgasreinigungssystem die Anlage verfüge. Die durchgeführten Messungen seien für den Normalbetrieb der Anlage repräsentativ. Die Probenahmezeiträume reichten aus, um zu belastbaren Aussagen zu gelangen. Die Kritik des Klägers an den Emissionsmessungen sei nicht berechtigt. Bei der zuletzt durchgeführten Emissionsmessung sei ein Quarzfaserplanfilter eingesetzt worden, der für die Messung von Luftverunreinigungen, insbesondere bei geringen Partikelmengen, besonders geeignet sei. Es handele sich dabei um einen Tiefenfilter mit mehreren übereinander liegenden und diffus ineinander verschlungenen Quarzfaserschichten. Die relative Häufigkeit der Partikel ( 0,1 µm³ habe bei der Messung 92 % betragen, wobei die Masse dieser Partikel mit ( 0,001 Gewichtsprozent vernachlässigbar gewesen sei. Selbst wenn - theoretisch - ein relevanter "Schlupf" bei der Bestimmung der allerkleinsten Partikel anzunehmen wäre, würde sich dieser bei einer auf die Masse bezogenen Messung in relevanter Weise nicht niederschlagen. Ergänzend zu der auf die Masse bezogenen Bewertung sei entsprechend der Ziff. 5.4 der Genehmigung von der Beigeladenen die Vorlage eines Messgutachtens gefordert worden, bei dem die Anzahl der Partikel im Abgas zu bestimmen gewesen sei. Nach dem Messgutachten des Fraunhofer-Instituts lägen die im Abgaskanal gemessen Partikelkonzentrationen um das 200 - 600-fache niedriger als die der Umgebung. Da bereits die Anzahl der Partikel im Abgas unterhalb der vorhandenen Vorbelastung liege, sei die Zusatzbelastung - auch bei einer auf die Partikelanzahl bezogenen Betrachtung - irrelevant. Die an das Silizium gebundenen organischen Komponenten, die bei der Silanisierung von anorganischen Materialien verwendet würden, um die gewünschten, z.B. wasserabweisenden Stoffeigenschaften zu erreichen, würden in der Abgasnachverbrennung sicher zerstört, so dass im Abgas neben den Oxiden des eingesetzten Metalls als weiterer anorganischer Stoff Siliziumdioxyd vorliege, das keine "Coating-Eigenschaf-ten" besitze. Beim Betrieb der Anlage seien auch keine Schwankungen im Emissionsverhalten zu erwarten, da die Anlage über eine ausreichend dimensionierte Abluftreinigungsanlage verfüge. Die Befürchtung des Klägers, dass angesichts explosionsartig ablaufender Reaktionsereignisse immer wieder "Durchbrechungen" der Filter im Abgasstrom aufträten, sei nicht begründet. Das zusätzlich eingebaute zweistufige Anke-Filter bewirke unabhängig von der Rohgasbeladung eine sehr wirksame Abscheidung der Nanopartikel. Die periodische Überwachung der Emissionen der Anlage reiche deshalb aus. Zudem seien bis heute keine technischen Ansätze bekannt geworden, aufgrund derer die Emission von Nanopartikeln kontinuierlich überwacht werden könnte. In der Anlage seien auch die erforderlichen Vorkehrungen getroffen worden, um bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebs eine Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen und der Umwelt auszuschließen.

Der Behauptung des Klägers, dass es sich bei der Nano-Technologie um eine völlig neue, neuartige Risiken eröffnende Technologie handele, sei entgegenzuhalten, dass Ultrafeinstaub (( 0,1 µm³) in der Umwelt ubiquitär vorhanden sei. Neben den Ultrafeinstäuben aus natürlichen Quellen, wie z.B. dem Seesalz aus den Meeren oder den Sekundäraerosolen, entstünden Nanopartikel insbesondere bei allen Verbrennungs- und Hochtemperaturprozessen. Organischer Ultrafeinstaub werde dabei von Holzfeuerungen, Aballverbrennungsanlagen, dem Straßenverkehr bis hin zur häuslichen Kerze emittiert, anorganischer von Stahl- und Hüttenwerken, chemischen Produktionsanlagen, Heißverzinkereien, beim Schweißen von Metallen bis hin zu so alltäglichen Quellen wie einem Heizlüfter. Vor diesem Hintergrund bedürfe die Nano-Technologie keiner ausdrücklichen Zulassung durch den Gesetzgeber. Zudem genüge der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der sich aus Art. 2 Abs. 2 GG ergebenden Schutzpflicht bereits dann, wenn überhaupt Vorschriften bestünden, die ausreichend Schutz vor den Gefahren der Nano-Technologie böten. Die Schutz- und Abwehrpflicht des § 5 Abs. 1 BImSchG reiche grundsätzlich aus, um von der Anlage ausgehende Gefahren zu begrenzen. Angesichts der minimalen Emissionen an Ultrafeinstaub, die von der Anlage ausgingen, lägen die geltend gemachten Gesundheitsrisiken sogar weit im Vorfeld einer Verletzung der - nach der Rechtsprechung hier allein maßgeblichen - Schutz- und Abwehrpflicht. Von der Anlage gehe praktisch eine "Nullemission" aus. Das aufwändige Abgasreinigungskonzept sei von der Beigeladenen deshalb gefordert worden, weil es sich um eine Vielstoffanlage handele, bei der über die Risiken, die sich aus der Spannweite der herstellbaren Stoffe ergäben, noch ein unzureichender Kenntnisstand bestehe, zugleich aber auch Hinweise bestünden, dass die hergestellten Nanopartikel von humantoxikologischer Bedeutung seien. Das Regierungspräsidium habe sich deshalb bei der Erteilung der Genehmigung einer Abklärung des den Kläger treffenden Risikos nicht entzogen, sondern vielmehr dafür Sorge getragen, dass möglicherweise bestehende Risiken so weit wie technisch machbar minimiert würden.

Die Frage, ob das Irrelevanzkriterium eingehalten sei, könne letztlich dahingestellt bleiben, da im Genehmigungs- und Widerspruchsverfahren die notwendige Sonderfallprüfung nach der Nr. 2.2.1.3 TA Luft durchgeführt worden sei. Die von der Anlage ausgehenden Emissionen seien von immerhin vier renommierten Toxikologen (Professoren Schlatter, Schwenk, Greim und Bruch) aus sehr unterschiedlichen Betrachtungsweisen bewertet worden. Angesichts der Geringfügigkeit der von der CVR-Anlage ausgehenden Emissionen kämen die genannten Gutachter alle zu dem Schluss, dass der Anlagenbetrieb auch angesichts des noch sehr geringen Kenntnisstandes über die Wirkungen ultrafeiner Partikel verantwortbar sei, da gesundheitliche Risiken nicht zu befürchten seien. Eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung, insbesondere gravimetrische Vorbelastungsmessungen, kämen dabei nicht in Betracht, da Ultrafeinstaub in Konzentrationen, wie er als Immission vorliege, derzeit mit technisch zumutbarem Aufwand nicht bestimmbar sei.

Im Rahmen des Abwehranspruches gegen schädliche Umwelteinwirkungen könne der Kläger zwar verlangen, dass die im Abgas enthaltenen Emissionen krebserzeugender Stoffe so weit wie möglich unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit minimiert würden. Ein aus der Nr. 2.3 TA Luft abgeleiteter Anspruch könne letztlich aber nur eine Minimierung der Emissionen entsprechend dem neuesten Stand der Technik beinhalten. Sofern der Senat dem Kläger einen darüber hinausreichenden Anspruch auf Risikominimierung zuerkennen sollte, wäre für die Exekutive ein Beurteilungsspielraum anzuerkennen, der es ihr ermögliche und sie dazu verpflichte, in eigener Verantwortung die übertragene Aufgabe der Risikoermittlung und -bewertung vorzunehmen. Die Wahrnehmung eines solchen Beurteilungsspielraums durch das Regierungspräsidium wäre nicht zu beanstanden, da dieses die von der Anlage ausgehenden Immissionen einer umfassenden Risikobewertung unterzogen habe, ohne dass dabei für die Nachbarschaft und die Allgemeinheit nach dem derzeitigen Kenntnisstand eine relevante Erhöhung gesundheitlicher Risiken erkennbar geworden sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die vom Regierungspräsidium erteilte Anlagengenehmigung gewährleiste die Einhaltung der allein drittschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Die Anwendung des Irrelevanzkriteriums des LAI auf solche Schadstoffe, für die die TA Luft oder sonstige Regelwerke keine Grenzwerte festlegten, sei ebenso wie das Schwellenwertkonzept des LAI, nach dem eine Zusatzbelastung von ( 1 % von anerkannten Wirkungsschwellenwerten keine relevante Zusatzbelastung darstelle, in der Rechtsprechung des Senats anerkannt. Entscheidungserheblich sei daher nur die Frage, ob die vom gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Greim herangezogenen Werte für Dieselruß auch auf den vorliegenden Fall einer CVR-Anlage für Nanopartikel anwendbar seien. Diese Vergleichbarkeit werde durch das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Greim und die verschiedenen Stellungnahmen des Landesgesundheitsamtes belegt. Die Argumente der Berufungsbegründung gegen die Vergleichbarkeit des LAI-Wertes für Dieselruß mit den in der Genehmigung zugelassenen Nanopartikeln überzeugten nicht: Die vom Kläger vorgetragene Toxizität von vier Zehnerpotenzen sei reine Spekulation und durch nichts belegt. Die weitere Vorstellung des Klägers, in der Anlage würden Pharmazeutika hergestellt, die aufgrund ihrer Reaktionsfreudigkeit für den menschlichen Körper besonders gefährlich seien, sei falsch. Mit den in der Anlage produzierten Nanopartikeln sollten Werkstoffe mit gleichmäßiger Gefügeabmessung hergestellt werden, nicht jedoch Grundstoffe für Pharmazeutika. Auch die weitere Hypothese des Klägers, die in der Anlage zugelassenen Nanopartikel seien aufgrund ihrer Oberflächenstruktur in der Lage, durch die Haut unmittelbar in den Blutkreislauf des Menschen einzudringen und dabei sogar die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, sei eine reine Spekulation. Der Kläger vermöge keinen wissenschaftlichen Nachweis für diese Auffassung vorzulegen. Der der Irrelevanzbetrachtung zugrunde liegende Vorsorgewert für Dieselruß von 1,5 µg/m³ entspreche dem Stand der Wissenschaft. Es handele sich um einen deutlich konservativen Wert. Die Forderung nach einem Containment sei rechtlich nicht begründet, da die Anlage auch bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes ausreichend ausgelegt sei. Das mehrstufige, nochmals ergänzte Filtersystem gewährleiste auch bei Ausfall einer Stufe einen ausreichenden Immissionsschutz. Die Anlage verfüge über verschiedene Maßnahmen zur Verhinderung von Havarien, wie sich aus der sicherheitstechnischen Betrachtung ergebe. Die wiederholt vorgetragenen "explosionsartig ablaufenden Reaktionsereignisse" fänden in der Anlage nicht statt. Vom Kläger behauptete Verstöße gegen den Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG seien von vornherein nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Das Vorsorgeprinzip habe nach einhelliger Rechtsauffassung keine drittschützende Wirkung. Dies gelte unabhängig von der Art und der Neuartigkeit einer zugelassenen Verfahrensweise.

Die noch ungeklärten Auswirkungen von Nanopartikeln auf die menschliche Gesundheit, auf die sich der Kläger berufe, dürfte nicht dazu führen, dass jegliche Anlagen zur Herstellung oder Bearbeitung von Nanopartikeln im Bundesgebiet unzulässig seien, weil deren Auswirkungen nicht abgeschätzt werden könnten. Vielmehr habe das Bundesverfassungsgericht in der Kalkar-Entscheidung darauf hingewiesen, dass Gefahren am Maßstab der praktischen Vernunft abzuschätzen seien, und dass eine Genehmigung auch dann erteilt werden könne, wenn ein künftiger Schaden nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen sei. Gemessen an diesen rechtlichen Anforderungen habe der Beklagte den einzigen vorliegenden wissenschaftlich anerkannten Wert für ultrafeine Partikel herangezogen, eine 5.000-fache Unterschreitung des Irrelevanzkriteriums für Dieselruß ermittelt und die Anlage daraufhin genehmigt. Unterschiede in Struktur und Inhaltsstoffen von Dieselruß gegenüber den hier zugelassenen Nanopartikeln wirkten sich auf eine Überschreitung des Irrelevanzkriteriums für Dieselruß nicht aus. Solche Unterschiede seien von den bereits tätigen Sachverständigen berücksichtigt worden. Die Behauptung des Klägers, Dieselruß sei als ubiquitäre Belastung mit Nanopartikeln als Punktquelle nicht vergleichbar, wirke sich auf die allein maßgebliche Immissionsbelastung des Klägers nicht aus. Entscheidend sei allein die Schadstoffkonzentration am Immissionsort, die bei einer ubiquitären Belastung und einer Punktquelle gleich seien. Sog. quantenmechanische Effekte von Nanopartikeln, aufgrund derer der Kläger eine Vergleichbarkeit mit Dieselruß ablehne, würden nicht weiter erläutert oder gar belegt. Es handle sich daher um reine Spekulation.

Für die Emissionen der Anlage komme es nach Auffassung der Landesanstalt für Umweltschutz im Wesentlichen auf die Partikelgröße und -masse an, nicht jedoch auf deren chemische Zusammensetzung oder ein Coating. Der Abscheidegrad des Tiefenfilters hänge im Wesentlichen von der Partikelgröße und -masse ab. Daher sei die Wirkungsweise des Filters unabhängig von den chemischen Eigenschaften oder einem Coating. Ebenso komme es für das Ausbreitungsverhalten der Nanopartikel im Wesentlichen auf Partikelgröße und -masse an. Daher sei die Immissionsausbreitungsrechnung zutreffend auf Grundlage des Ausbreitungsverhaltens von Stäuben durchgeführt worden. Unterschiedliche chemische Eigenschaften oder ein Coating wirkten sich auf die Immissionsausbreitungsrechnung nicht aus. Infolge der Abgasverbrennung würden sämtliche im Abgas enthaltenen organischen Stoffe verbrannt. Dies gewährleiste sicher, dass auch bei einem Coating innerhalb der Anlage keine organischen Stoffe mit der Abluft in die Umgebung emittieren könnten. Veränderungen der Eigenschaft von Nanopartikeln durch Coating wirkten sich daher in der Umgebung der Anlage nicht aus.

Die mittlerweile vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen erfüllten hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen der verschiedenen zugelassenen Nanopartikel die Anforderungen an eine Einzelfallbetrachtung. Das Landesgesundheitsamt habe im Wege einer worst-case-Betrachtung Nickel als Stoff mit der vergleichbar höchsten Toxizität beurteilt. Die angenommene 3 bis 30mal höhere Toxizität von Nickel gegenüber Dieselruß und vergleichbaren Feinstäuben sei aus Sicherheitsgründen weiter auf den Faktor 100 erhöht und daraus ein Vorsorgewert für Nanopartikel von 0,015 µg/m³ begründet worden. Aufgrund dieser worst-case-Betrachtung erfasse der Vorsorgewert zwingend auch alle anderen Stoffe mit gleicher oder geringerer Toxizität. Eine derartige Beurteilung anhand von als besonders gefährlich angesehenen Leitschadstoffen werde in der Rechtsprechung des Senats bereits anerkannt. Der gesetzlichen Festlegung eines Grenzwertes bedürfe es entgegen der Auffassung des Klägers auch bei neuen Technologien nicht. Das Minimierungsgebot für krebserzeugende Schadstoffe gemäß Nr. 2.3 TA Luft gelte im Rahmen der Verhältnismäßigkeit relativ zu der zur Genehmigung gestellten Anlage, selbst wenn man einen drittschützenden Charakter annehmen sollte. Die Abgase der konkreten zur Genehmigung gestellten Anlage seien im Rahmen der Verhältnismäßigkeit so gering wie möglich zu halten, eine geringere Dimensionierung oder gar ein Verzicht auf die Anlage könne unterhalb der Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen nicht verlangt werden. Diese Pflicht habe die Beigeladene durch Installation eines aufwändigen dreistufigen Abluftreinigungssystems mit Abgasverbrennung, alkalischen Querstromwäschern und nachgeschaltetem Gewebefilter erfüllt.

Mit Anzeigen vom 14.08.2001 gegenüber dem Regierungspräsidium hat die Beigeladene die herstellbare Stoffpalette beschränkt und den in der Genehmigung für Ultrafeinstaub (Partikel ( 100 nm) festgesetzten Emissionsgrenzwert von 50 µg/m³ auf 0,5 µg/m³ reduziert. Die Anzeige wurde mit Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 31.08.2001 bestätigt.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2001 Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Wichmann, Direktor des Instituts für Epidemiologie GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg und o. Professor für Epidemiologie, Universität München, zu dem Beweisthema "Auswirkungen von Nanostäuben auf die menschliche Gesundheit" vernommen. Eine schriftliche Fassung der durch Tonträger aufgenommen Ausführungen des Sachverständigen ist der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg und des Regierungspräsidiums Freiburg sowie auf die Akten des Berufungsverfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Schriftsätze des Klägers vom 25.02.2002 und vom 11.03.2002 geben dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

I. Entgegen der Auffassung des Klägers ist keine für das Berufungsverfahren beachtliche teilweise Erledigung des Rechtsstreits dadurch eingetreten, dass die angefochtene Genehmigung in ihrer ursprünglichen Fassung durch die Anzeigen der Beigeladenen nach § 15 BImSchG vom 14.08.2001 und die Bestätigungen durch das Regierungspräsidium Freiburg vom 31.08.2001 bezüglich des Emissionsgrenzwerts für Teilchen mit einem Partikeldurchmesser unter 100 nm (sog. Nanopartikel) und bezüglich einer Beschränkung auf bestimmte Stoffe und Stoffverbindungen geändert worden ist. Zwar hat der Kläger insoweit in der mündlichen Verhandlung die Hauptsache für erledigt erklärt. Beklagter und Beigeladene haben jedoch der Erledigung widersprochen. Der Kläger hätte deshalb die Feststellung beantragen müssen, dass eine Erledigung des Rechtsstreits insoweit eingetreten ist. Dies ist nicht geschehen. Stattdessen hat er einen uneingeschränkten Sachantrag gestellt. Es kann offen bleiben, ob allein die einseitige Erledigungserklärung unter diesen Umständen als Antrag in diesem Sinne zu verstehen wäre (vgl. Kopp/Schenke VwGO, 12. Aufl., § 161 Rn. 20 unter Hinweis auf BVerwGE 60, 330). Denn eine Erledigung ist insoweit nicht eingetreten. Die Änderungen der Genehmigung haben nämlich nicht dazu geführt, dass die mit der Erteilung der Genehmigung verbundene rechtliche oder tatsächliche Beschwer für den Kläger teilweise entfallen ist. Dies wird daran deutlich, dass der Kläger - ohne dass sich sein Klagevorbringen deshalb in irgendeinem Punkt geändert hätte - nach wie vor geltend macht, dass die von der genehmigten Anlage ausgehenden Immissionen von Nanopartikeln geeignet sind, Gesundheitsgefahren für ihn herbeizuführen.

II. Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht begründet worden. Sie ist jedoch nicht begründet, denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger durch die der Beigeladenen erteilte Genehmigung nicht in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Senat macht sich die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts zu eigen und nimmt hierauf Bezug (§ 130b VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten ist klarstellend und ergänzend Folgendes auszuführen:

1. Der Senat teilt unter Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Wichmann in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2001 die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene Genehmigung sicherstellt, dass die Beigeladene die ihr gegenüber dem Kläger obliegende Schutzpflicht erfüllt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Dies gilt insbesondere, soweit der Beklagte die auf den Kläger einwirkenden Immissionen von Nanopartikeln aus der Anlage durch Festsetzung eines Emissionsgrenzwerts für Nanopartikel als Bestandteil des Gesamtstaubs von zunächst 50 µg/m³, durch Anzeige der Beigeladenen vom 14.08.2001 weiter gesenkt auf 0,5 µg/m³, begrenzt hat. Die dadurch zugelassenen Emissionen sind unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik nicht geeignet, eine Gesundheitsgefahr für den Kläger herbeizuführen.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Beurteilung, ob die auf den Kläger einwirkenden Immissionen von Nanopartikeln aus der Anlage geeignet sind, Gesundheitsgefahren herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), von den konkretisierenden Bestimmungen der TA Luft auszugehen hat; hiernach ist aus den Emissionen der Anlage im Wege einer Ausbreitungsrechnung die am Einwirkungsort zu erwartende Immissionszusatzbelastung zu errechnen und festzustellen, ob dieser Wert gegebenenfalls in Verbindung mit einer bereits bestehenden Vorbelastung unter einem (normativ) vorgegebenen Grenz- bzw. Beurteilungswert für die Gefahrgeeignetheit bestimmter Immissionen bleibt. Soweit das Verwaltungsgericht hierbei den Beklagten darin bestätigt hat, dass eine Immissionszusatzbelastung von = 1 % anerkannter Wirkungsschwellen, insbesondere auch der LAI-Beurteilungs-maßstäbe für kanzerogene Stoffe, im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG als irrelevant angesehen werden kann (vgl. das Urt. des Senats v. 28.06.1995 - 10 S 2509/93 -, NVwZ 1996, 297 = VBlBW 1996, 56) und dass unter Zugrundelegung des vom LAI entwickelten Beurteilungsmaßstabs für Dieselruß die Zusatzbelastung hier als irrelevant, jedenfalls als nicht gefahrgeeignet im Sinne des Schutzgrundsatzes anzusehen ist, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Berechnung der aus der Anlage zu erwartenden Immissionszusatzbelastung, wie sie der Beklagte sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgrund neuerer Erkenntnisse der Landesanstalt für Umwelt (LfU) und des erstinstanzlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. Greim zur Bestätigung seiner im Verwaltungsverfahren erstellten Prognose zu eigen gemacht hat (zur Zulässigkeit der Verwertung neuer Erkenntnismittel, die nach Erlass des Widerspruchsbescheids entstanden oder zugänglich geworden sind, wenn diesen Erkenntnismitteln Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids erstellten Beurteilung bzw. Prognose entnommen werden können, BVerwG, B. v. 23.05.2001, DVBl. 2001, 1530). Entgegen der Auffassung des Beklagten sind für die Bestimmung der Emissionsdatenbasis, die der Berechnung der Immissionszusatzbelastung zugrunde zu legen ist, allerdings nicht die tatsächlichen Betriebserwartungswerte und deshalb hier auch nicht die nach Betriebsaufnahme gemessenen tatsächlichen Emissionen der Anlage heranzuziehen, sondern der in der Genehmigung zugelassene Emissionsgrenzwert, da es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung grundsätzlich darauf ankommt, ob die in der Genehmigung zugelassenen Emissionen und - von diesen abgeleitet - Immissionen geeignet sind, eine Gesundheitsgefahr herbeizuführen (zur Maßgeblichkeit des durch die Genehmigung normativ Vorgegebenen vgl. auch Urt. d. Senats v. 28.06.1995 - 10 S 2509/93 -, a.a.O.). Die Frage, ob als Emissionsdatenbasis die in der Genehmigung zugelassenen oder die tatsächlich gemessenen Werte maßgeblich sind, kann hier nicht deshalb auf sich beruhen, weil nach Änderung der Genehmigung durch Anzeige vom 14.08.2001 der in der Genehmigung zugelassene und der von der LfU der Ausbreitungsrechnung zugrunde gelegte tatsächlich gemessene Wert jeweils 0,5 µg/m³ Nanopartikel betragen. Denn wenn auf den in der Genehmigung festgesetzten Wert abzustellen ist, ist - anders als wenn der tatsächlich gemessene Wert maßgeblich wäre - nicht entscheidungserheblich, ob der Kläger zu Recht die Richtigkeit der durchgeführten Messungen bestreitet, von der das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Zwar könnte die Richtigkeit der Messungen auch bei Maßgeblichkeit des in der Genehmigung festgesetzten Werts Bedeutung erlangen, wenn geltend gemacht würde, die Genehmigung sei deshalb rechtswidrig, weil der für Nanopartikel festgesetzte Emissionsgrenzwert von vornherein nicht eingehalten werden könne. Dies ist jedoch ein anderer rechtlicher Ansatz. Auch wäre der gerichtliche Prüfungsmaßstab hier ein anderer. Die Frage, ob die Genehmigung eingehalten wird, betrifft nämlich grundsätzlich nicht deren Rechtmäßigkeit, sondern deren Vollzug. Sie könnte deshalb nur dann ausnahmsweise auf die Genehmigungsebene durchschlagen, wenn eine etwaige Fehlerhaftigkeit der Messungen offenkundig wäre (s. unten III 2). Andernfalls wäre etwaigen Zweifeln an der Geeignetheit des Messverfahrens in dem der Genehmigungserteilung nachfolgenden aufsichtlichen Verfahren nachzugehen.

Die von der LfU durchgeführte Ausbreitungsrechnung, die nach Korrektur durch Prof. Dr. Greim eine Immissionszusatzbelastung von Nanopartikeln für den Kläger von 0,003 ng/m³ (punktbezogen) ergeben hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings hat der Kläger erstmals in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, dass er nicht ca. 150 m, sondern nur ca. 75 m von der Anlage entfernt wohne. Es kann offen bleiben, ob dem so ist, denn bei der hier durchgeführten herkömmlichen Ausbreitungsrechnung, d.h. einer Ausbreitungsrechnung, in der davon ausgegangen wird, dass die Partikelgröße sich nicht durch Anlagern der Partikel aneinander über die Zeit verändert, ist ein geringerer Abstand zur Anlage deshalb unerheblich, weil das Immissionsmaximum, wie der Beklagte dargelegt hat, in einer Entfernung von 200 bis 300 m von der Anlage liegt. Bedenken an der Richtigkeit der Berechnung der Immissionszusatzbelastung ergeben sich auch nicht daraus, dass der vom Senat bestellte Sachverständige Prof. Dr. Dr. Wichmann in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass dann, wenn sich Nanopartikel, die auch ultrafeine Partikel genannt werden, nach der Emission durch Anlagerung vergrößern, zu erwarten ist, dass das Immissionsmaximum der ultrafeinen Partikel näher an der Emissionsquelle liegt. Denn in diesem Fall verringert sich wegen der Anlagerung auch die Zahl der einwirkenden ultrafeinen Partikel. Nach Auffassung des Sachverständigen führt deshalb eine herkömmliche Ausbreitungsrechnung ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass ultrafeine Partikel sich anlagern und dadurch in ihrer Größe anwachsen, zu einer Überschätzung ihrer Konzentration. Es ist deshalb naheliegend, dass die Vor- und Nachteile einer Ausbreitungsrechnung, die ein Anwachsen der Partikel durch Anlagerung berücksichtigt, gegenüber einer herkömmlichen Ausbreitungsrechnung sich in Bezug auf die Immissionsbetroffenheit des Klägers im Wesentlichen kompensieren. Dementsprechend hat auch der Sachverständige angenommen, dass eine Berücksichtigung des Anwachsens der Partikel die Abschätzungsergebnisse nicht umkehren würde. Schließlich führt auch der Umstand, dass Grundlage der Berechnung der Immissionszusatzbelastung nicht die Anzahl der Partikel, sondern deren Masse ist, nach Auffassung des Sachverständigen nicht zu einer Unsicherheit zu Lasten des Klägers. Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt, dass die Massenmessung bei der Emission bzw. - weil es wie dargelegt auf die Festsetzung des Emissionswerts in der Genehmigung ankommt - ein an der Masse orientierter Emissionsgrenzwert sogar eher für eine Überschätzung der Immissionsbelastung durch ultrafeine Partikel führen dürfte, weil schon wenige größere Partikel eine Verschiebung der Masse nach oben bewirken können. Auch dieser Gesichtspunkt stützt in der Gesamtschau die Bewertung, dass der von der LfU berechnete Wert der Immissionszusatzbelastung im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.

b) Soweit es um die Grundlage der Bewertung geht, ob Immissionen von Nanopartikeln geeignet sind, Gesundheitsgefahren herbeizuführen, kann der Senat dem Kläger nicht darin folgen, dass der Beurteilungswert des LAI für Dieselruß von 1,5 µg/m³ keinerlei Aussagekraft besitzt. Vielmehr entnimmt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Wichmann in der mündlichen Verhandlung, dass der Beurteilungsmaßstab für Dieselruß jedenfalls als Leitwert auch für die Bewertung der Schädlichkeit von Nanopartikeln berücksichtigt werden kann.

aa) Der Sachverständige hat den Eindruck, den das Verwaltungsgericht aufgrund der bis dahin vorliegenden wissenschaftlichen Äußerungen gewonnen hatte, bestätigt, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Nanopartikeln derzeit noch wenig erforscht sind. Er hat dies dahin präzisiert, dass der Wissensstand limitiert, aber auch stark im Anwachsen begriffen sei, weil nämlich dieses Thema noch nicht sehr lange wissenschaftlich eine Rolle spiele und erst in jüngster Zeit sich zunehmend Forschergruppen damit beschäftigten. Es sei deshalb vieles in den letzten Jahren, auch in der Zeit, in der das vorliegende Verfahren laufe, hinzu gekommen. Trotzdem bestünden noch Wissenslücken, was aber nicht bedeute, dass man nicht dennoch zu klaren Aussagen komme könne auf der Grundlage dessen, was man wisse. Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige bejaht, dass neben den feinen Partikeln in der Atemluft auch den ultrafeinen Partikeln Wirkungen auf die menschliche Gesundheit zukommen könnten, wenn sie über den Atembereich in den menschlichen Körper gelangen. Einer vom Kläger befürchteten Aufnahme der Partikel über die Haut hat er nach seinem Wissensstand allerdings keine relevante Bedeutung beigemessen.

Von den möglichen gesundheitlichen Wirkungen hat der Sachverständige nicht kanzerogene Wirkungen im Bereich der Atemwege, insbesondere Entzündungsvorgänge und die Verschlechterung von Syndromen bei Asthmatikern, sowie im Herz-Kreislauf-System als im Vordergrund stehend angesehen. Dies sind Wirkungen, auf die sich der Kläger nicht ausdrücklich berufen hat. Kanzerogene Wirkungen, die der Kläger geltend macht, hält der Sachverständige ebenfalls für möglich. Er hat allerdings darauf hingewiesen, dass er die krebserzeugende Wirkung ultrafeiner Partikel für nicht allzu groß halte, weil das Krebsrisiko massenbezogen sei und bei ultrafeinen Partikeln die gesundheitlichen Wirkungen weniger von der Masse als vielmehr von der Anzahl und damit zusammenhängend von der großen Gesamtoberfläche als Summe vieler kleiner Oberflächen abhingen. Über eine Kanzerogenität noch hinausgehende gesundheitsschädliche Wirkungen der Nanopartikel, wie sie der Kläger in den Vordergrund seiner Klage stellt, etwa dahin, dass Nanopartikel zellwandgängig seien und deshalb über das Lungengewebe in die Blutbahn kommen und über das Blut in andere Organe, etwa die Leber oder das Gehirn, gelangen könnten, konnte der Sachverständige demgegenüber nicht bestätigen. Vielmehr hat er die Befürchtung derartiger Wirkungen dem Bereich der widersprüchlichen oder zumindest wissenschaftlich noch nicht ganz geklärten Datenlage zugeordnet. Er hat insoweit davon berichtet, dass es Untersuchungen einzelner Forscher gebe, die zeigten, dass nach der tierexperimentellen Gabe von Partikeln in die Atemwege hinein diese in nicht zu kleiner Zahl auch in der Leber nachweisbar seien, also auf dem Blutwege dorthin gelangt sein müssten. Diese Ergebnisse seien nach seiner Einschätzung jedoch zurückhaltend zu bewerten. In der Forschung würden nämlich Einzelbeobachtungen, auch solche von renommierten Forschern, erst dann zu gesichertem Wissen werden, wenn sie durch andere Gruppen bestätigt und damit reproduzierbar würden. Dies sei in diesem Bereich bisher nicht der Fall.

Bezüglich der Grundlage der Bewertung der für möglich gehaltenen gesundheitlichen Wirkungen hat der Sachverständige bestätigt, dass es in der Tat bisher keine Grenzwerte oder Beurteilungswerte für ultrafeine Partikel gebe; man sei praktisch auf Hilfskonkstruktionen angewiesen. Dabei hat er - auch wenn nach seiner Auffassung die nicht kanzerogenen Wirkungen der Nanopartikel im Vordergrund stehen - den für die Kanzerogenität entwickelten Beurteilungswert von 1,5 µg/m³ für Dieselruß als Ausgangspunkt einer geeigneten Hilfskonstruktion angesehen, da - wenn man alle Wirkungen zusammennehme - dieser Wert sozusagen das Nadelöhr für die Betrachtungen sei. Der vom Kläger im Berufungsverfahren in den Vordergrund gestellten Frage nach der Relevanz unterschiedlicher Toxizität der Inhaltsstoffe von Nanopartikeln oder der an deren Oberfläche angelagerten Stoffe sieht der Sachverständige dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass man im Rahmen einer Worst-case-Betrachtung auf der sicheren Seite sei, wenn man den Wert von 1,5 µg/m³ um eine oder konservativ um zwei Zehnerpotenzen verschärfe. Die Geeignetheit eines am Dieselruß orientierten Beurteilungsmaßstabs sieht der Sachverständige auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass er masse- und nicht anzahlbezogen ist. Zwar hält er, weil es auf die Oberfläche der Partikel ankommt, die Anzahl als Größe für vorzugswürdig. Er hält es aber - weil entsprechende Umrechnungsmöglichkeiten bestünden - auch für praktikabel, mit Massenangaben zu den ultrafeinen Partikeln zu argumentieren.

bb) Der Senat hat auf der Grundlage dieser nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen die Überzeugung gewonnen, dass ein Wert von 15 ng/m³, der um zwei Zehnerpotenzen strenger als der Beurteilungsmaßstab des LAI für Dieselruß von 1.500 ng/m³ ist, ein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der Frage ist, ob Immissionen von Nanopartikeln im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, Gesundheitsgefahren herbeizuführen. Er hält insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers den Sachverständigen Prof. Wichmann als Epidemiologen für hinreichend kompetent, diese Frage sachverständig zu beurteilen, zumal da es im Rahmen der vorliegenden Nachbarklage primär um die gesundheitlichen Auswirkungen von Immissionen auf in der Nähe der Anlage wohnende Menschen geht, deren Beurteilung zum speziellen Aufgabengebiet des Sachverständigen gehört. Die Kompetenz zeigt sich auch daran, dass Prof. Dr. Dr. Wichmann die Wirkungen von Nanopartikeln wesentlich umfassender ins Blickfeld genommen hat als der fachlich beratene Kläger und auch nicht kanzerogene gesundheitlichen Wirkungen in seine Betrachtungen einbezogen hat. Die Kompetenz des Sachverständigen ist für den Senat auch nicht zweifelhaft, soweit es um toxikologische Fragen geht. Sie ergibt sich schon daraus, dass er bei seiner Tätigkeit im Rahmen der MAK-Kommission und auch im Rahmen der Grenzwertfestsetzung für den Umweltbereich beratend auch mit Fragen toxikologischer Art befasst ist. Seine Kompetenz auch im toxikologischen Bereich ist vor dem Hintergrund des bis dahin schon in das Verfahren eingeführten wissenschaftlichen Sachverstands für den Senat nicht zuletzt auch bei der sehr eingehenden Befragung in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden.

Soweit es um den sachlichen Gehalt der Ausführungen des Sachverständigen geht, kann der Senat nicht die Auffassung des Klägers teilen, dass er auch bei einer Verschärfung des Beurteilungsmaßstabs des LAI für Dieselruß um zwei Zehnerpotenzen vor den von ihm befürchteten Gesundheitsgefahren nicht hinreichend geschützt sei. Es ist zunächst davon auszugehen, dass nach den Erfahrungen des Sachverständigen bei der Nanostaubproblematik die nicht kanzerogenen Wirkungen auf die Atmungswege und den Herz-Kreislauf-Bereich und nicht die kanzerogenen Wirkungen im Vordergrund stehen. Für über kanzerogene Wirkungen hinausgehende Wirkungen der Nanopartikel, wie sie der Kläger wegen der Weiterverbreitung dieser Partikel durch das Blut zu anderen Organen des Körpers befürchtet, ist anzunehmen, dass sie jedenfalls derzeit nicht wissenschaftlich gesichert sind. Der Senat macht sich insoweit die Einschätzung des Sachverständigen zu eigen, dass es sich um theoretische Bedenken handelt. Solche Bedenken belegen noch keine Eignung, Gesundheitsgefahren herbeizuführen. In dieser Einschätzung weicht der Sachverständige Prof. Dr. Dr. Wichmann im Übrigen nicht von den bisher schon in diesem Verfahren vorgelegten vielfältigen gutachtlichen Äußerungen anderer Sachverständiger ab, auch nicht von solchen mit toxikologischer Spezialisierung. Bei dieser Erkenntnislage ist es für den Senat eine sachlich angemessene Hilfskonstruktion, sich - weil jedenfalls kanzerogene Wirkungen nicht ausgeschlossen werden können - an einem wissenschaftlich erforschten Beurteilungsmaßstab für speziell als kanzerogen erkannte Nanopartikel, wie die Dieselrußpartikel, zu orientieren, auch wenn es sich bei den von der Anlage der Beigeladenen emittierten Nanopartikeln um solche mit anderer stofflicher Zusammensetzung handelt. Für diese Orientierung spricht auch, dass - wie den Ausführungen des Sachverständigen ebenfalls zu entnehmen ist - es trotz aller wissenschaftlich noch offenen Fragen den Hinweis gibt, dass für die Wirkungen, insbesondere die kanzerogenen Wirkungen von Nanopartikeln, die Größe wichtiger als die Inhaltsstoffe ist. Dass die geringe Größe das wesentliche Risikopotential von Nanopartikeln darstellt, wird ersichtlich auch vom Kläger jedenfalls insoweit nicht in Frage gestellt, als er etwa geltend macht, dass allein die Nanopartikelgröße bewirke, dass quantenmechanische Effekte aufträten, die jeden Inhaltsstoff, sei er auch in größerer Form unproblematisch, unkalkulierbar gefährlich machen. Wenn andererseits der Sachverständige geäußert hat, dass diejenigen Wissenschaftler, die im Bereich der Nanoproblematik arbeiten, trotzdem nicht so recht glauben, dass die Inhaltsstoffe überhaupt keine Rolle spielen, dann rechtfertigt dies jedenfalls einen Sicherheitszuschlag für das im Einzelnen noch nicht erkennbare Risiko bezüglich der Inhaltsstoffe der Partikel. Auch wenn dem Sachverständigen bezüglich der in der Stoffliste der Beigeladenen aufgeführten Stoffe und Stoffverbindungen keine hohen toxischen Potentiale bekannt sind, erscheint dem Senat ein Sicherheitszuschlag von zwei Zehnerpotenzen als angemessen, da die Stoffliste trotz der inzwischen vorgenommenen Beschränkung immer noch eine große Bandbreite von Stoffen und Stoffverbindungen und damit eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Inhaltsstoffe enthält. Ein Sicherheitszuschlag von zwei Zehnerpotenzen erscheint dem Senat aber auch als ausreichend. Ein solcher Zuschlag ist insbesondere deshalb plausibel, weil das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg auf der Basis neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Inhaltsstoff Nickel, der den anorganischen, metallischen Stoffen angehört, bei denen der Kläger ein besonderes Risiko annimmt, diesen Wert als hinreichend konservativ ansieht. So nimmt etwa auch das Irrelevanzkriterium des LAI eine Risikoabstufung bei zwei Zehnerpotenzen vor. Demgegenüber kann der fachlich beratene Kläger für den von ihm geforderten Zuschlag von vier oder mehr Zehnerpotenzen keine unter dem Gesichtspunkt des Schutzprinzips überzeugenden Gründe anführen.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die vom Kläger im Berufungsverfahren besonders thematisierte Frage der Schädlichkeit gecoateter Nanopartikel geboten. Soweit es um die Funktion des Coating geht, ein frühzeitiges Agglomerieren der Nanopartikel zu verhindern, führt dies ersichtlich nicht zu einer Erhöhung des Risikos von Nanopartikeln, da die immissionsschutzrechtliche Betrachtung gerade davon ausgeht, dass die Partikel in Nanogröße am Immissionsort einwirken. Vielmehr wäre umgekehrt zu fragen, ob Nanopartikel, die nicht so behandelt sind, überhaupt ein spezifisches Nanoproblem am Immissionsort aufwerfen, wenn sie zwischen Emission und Immission agglomerieren. Was die Gefährlichkeit der Stoffe betrifft, die für das Coaten verwendet werden, hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung die Ausführungen des Beklagten und der Beigeladenen bestätigt, dass - soweit es sich um organische Verbindungen handelt - diese durch Verbrennung im Abluftreinigungssystem zerstört werden. Dies konnte der Kläger nicht substantiiert in Frage stellen. Insgesamt erscheint es dem Senat deshalb, auch wenn unter der prognostizierten Immissionszusatzbelastung mit anorganischen Stoffen gecoatete Nanopartikel vorhanden sein sollten, nicht geboten, den Sicherheitszuschlag von zwei Zehnerpotenzen, der gerade derartige Risiken auffangen soll, im Hinblick auf den Schutzgrundsatz zu erhöhen. Eine Erhöhung des Sicherheitszuschlags ist schließlich auch nicht im Hinblick auf multiplikative oder überadditive Wirkungen einzelner Stoffe, wie dies der Kläger geltend macht, gerechtfertigt. Denn nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen spielen derartige Wirkungen bei einer vergleichsweise niedrigen Zusatzbelastung, wie sie hier vorliegt, keine Rolle. Auch insoweit zwingen noch nicht reproduzierbare anderweitige Erfahrungen einzelner Wissenschaftler, auf die sich der fachlich beratene Kläger gegenüber dem Sachverständigen berufen hat, zu keiner abweichenden Bewertung, zumal diese Erfahrungen ersichtlich in anderen Forschungszusammenhängen gewonnen worden sind.

Weiter ist dem Kläger auch nicht darin zu folgen, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung als sog. "Vielstoffgenehmigung" voraussetze, dass für jeden einzelnen Stoff oder jede einzelne Stoffkombination eine spezifische Abklärung der jeweils bestehenden Risiken vorgenommen werde. Der Senat ist - wie bereits dargelegt - aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen zur Überzeugung gelangt, dass es beim derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand angemessen und auch ausreichend ist, die Gefährlichkeit von Nanopartikeln anhand eines einheitlichen, am Gesichtspunkt der Kleinteiligkeit und nicht der Inhaltsstoffe orientierten Maßstabs zu beurteilen. Den wegen der noch bestehenden Erkenntnislücken verbleibenden Unsicherheiten in Bezug auf die Wirkungen im menschlichen Körper (hier: insbesondere über die Kanzerogenität hinausgehende gesundheitsschädliche Wirkungen durch Übertragung der Partikel über das Blut in verschiedene Körperorgane) und in Bezug auf die Schädlichkeit einzelner Inhaltsstoffe (hier: insbesondere in Bezug auf sog. Übergangsmetalle oder gecoatete Nanopartikel) kann mit einem angemessenen Sicherheitszuschlag (hier: zwei Zehnerpotenzen unter dem LAI-Beurteilungswert für Dieselruß) hinreichend konservativ Rechnung getragen werden. Es kommt hinzu, dass bereits die Genehmigung in ihrer ursprünglichen Fassung besonders gefährliche Stoffe, nämlich Cadmium, Quecksilber, Thallium und Beryllium, sowie Verbindungen dieser Stoffe ausgeschlossen hat, sowie, dass die Beigeladene durch Anzeige von 14.08.2001 eine weitere rechtsverbindliche Beschränkung des Stoffinventars vorgenommen hat.

c) Die Berechnungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Wichmann in der mündlichen Verhandlung haben ergeben, dass die Zusatzbelastung von 0,003 ng/m³ bei einem Beurteilungsleitwert von 1,5 µg/m³ unter Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors von 100 um den Faktor 50 unter dem Irrelevanzkriterium von 1 % des Beurteilungsmaßstabs von dann 15 ng/m³ für Nanopartikel liegt. Dies deckt sich mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die es auf das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Greim gestützt hat, wonach ohne den Sicherheitsfaktor von 100 die Irrelevanzgrenze 5000-fach unterschritten wird. Im übrigen würde selbst eine Überschreitung der Irrelevanzgrenze nicht bedeuten, dass deshalb die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende Immissionsbelastung zusammen mit der Vorbelastung bereits als geeignet anzusehen wäre, Gesundheitsgefahren für den Kläger herbeizuführen. Beklagter und Beigeladene verweisen vielmehr zutreffend darauf, dass angesichts der zahlreichen im Verfahren eingeholten sachverständigen Äußerungen zur Frage der gesundheitlichen Auswirkungen von Nanopartikeln letztlich eine Sonderfallprüfung durchgeführt worden ist. Der Senat teilt bei einer Gesamtwürdigung der im Verfahren vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Berufungsverhandlung, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der angefochtene Genehmigungsbescheid des Beklagten den Schutzgrundsatz nicht zu Lasten des Klägers verletzt.

d) Entgegen der Auffassung des Klägers führt der derzeit noch lückenhafte Kenntnisstand über die Risiken von Nanopartikeln nicht dazu, dass der Umgang mit Nanopartikeln und damit auch die Erteilung einer Genehmigung, die diesen erlaubt, nur unter ausdrücklicher gesetzlicher Zulassung rechtmäßig sein könnte. Das Risiko von Nanopartikeln ist nach derzeitigem Kenntnisstand insbesondere nicht mit dem Risiko aus der Nutzung der Kernenergie zu vergleichen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Wichmann zeigen Untersuchungen, dass zwei Drittel aller ultrafeinen Partikel, wenn man verkehrsnah misst, sogar bis zu 90 % der ultrafeinen Partikel aus dem Kfz-Verkehr stammen. Zwar macht der Kläger geltend, dass es sich bei den von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden gezielt zur wirtschaftlichen Verwendung hergestellten Nanopartikeln um ein völlig neuartiges Gefährdungspotential handele, das mit ubiquitär vorhandenen Nanopartikeln nicht vergleichbar sei; der Sachverständige konnte jedoch ein solch neuartiges Gefährdungspotential - wenn auch unter gewissen Vorbehalten - nicht bestätigen. Der Senat hält deshalb das rechtliche Instrumentarium, das das Bundesimmissionsschutzgesetz und das dieses Gesetz konkretisierende Regelwerk zur Beurteilung herkömmlicher Gefährdungspotentiale und Risiken - auch hier können jederzeit neue Fragestellungen auftauchen - zur Verfügung stellt, für eine hinreichende gesetzliche Grundlage auch für den Umgang mit Nanopartikeln.

2. Ist beim gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand davon auszugehen, dass kanzerogene Wirkungen von Nanopartikeln nicht ausgeschlossen werden können, ist auch dem Minimierungsgebot nach Ziff. 2.2.2.1.5 i.V.m. Ziff. 2.3 TA Luft 1986 Rechnung zu tragen. Diese Bestimmung vermittelt nach der Rechtsprechung des Senats Drittschutz (Urt. v. 28.06.1995 - 10 S 2509/93 -, a.a.O., m.w.N.). Die angefochtene Genehmigung trägt diesem Gebot jedoch hinreichend Rechnung. Dabei kommt es allerdings auf die in Ziff. 2.3 im Einzelnen aufgeführten Massenkonzentrationen im Abgas nicht an, da die speziellen Risiken von Nanopartikeln bei diesen Grenzwerten nicht berücksichtigt werden. Dem Minimierungsgebot kann hier jedoch die Pflicht der Beigeladenen entnommen werden, die Abgase der genehmigten Anlage im Rahmen der Verhältnismäßigkeit so gering wie möglich zu halten (Urt. d. Senats v. 28.06.1995 - 10 S 2509/93 -, a.a.O.). Verstöße hiergegen sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat nämlich der Beigeladenen mit der Genehmigung die Installierung einer mehrstufigen und redundanten Abgasreinigungsanlage aufgegeben. Der Kläger macht nicht substantiiert geltend, dass es zur Minimierung von Nanopartikeln in der Abluft im Rahmen industrieller Erzeugung ein besseres Abgasreinigungssystem derzeit gibt. Er behauptet lediglich, dass das der Beigeladenen aufgegebene Abgasreinigungssystem Nanopartikel, insbesondere im unteren Bereich, nicht hinreichend zurückhält. Dies ist bei Prüfung der Einhaltung des Minimierungsgebots kein erheblicher Einwand. Auch kann der Kläger im Rahmen des Minimierungsgebots nicht verlangen, dass eine andere als die zur Genehmigung gestellte Anlage errichtet wird (vgl. etwa in Bezug auf die geringere Dimensionierung einer Anlage, Urt. d. Senats v. 28.06.1995 - 10 S 2509/93 -, a.a.O.). Er kann deshalb nicht verlangen, dass als Input von vornherein keine krebserregenden Stoffe eingesetzt werden.

3. Hilfsweise stützt der Senat seine Auffassung, dass der Kläger durch die Genehmigung nicht in seinen Rechten verletzt wird, auf folgende Erwägungen:

Der Kläger macht in Bezug auf die Schädlichkeit der Immissionen von Nanopartikeln aus der Anlage der Beigeladenen gesundheitliche Risiken geltend; für deren Bewertung hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. Wichmann im Einklang mit der Einschätzung der im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die wissenschaftliche Datenbasis noch nicht so weitgehend entwickelt ist, um zu den vom Kläger befürchteten gesundheitlichen Risiken, insbesondere soweit sie über kanzerogene Wirkungen hinausgehen, Wahrscheinlichkeitsaussagen zu treffen. Der Gefahrenbegriff setzt aber, soweit in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG der Betreiber einer immissionsschutzrechtlichen Anlage zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist, eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens voraus, die je nach den zu erwartenden Schadensfolgen mehr oder weniger groß sein muss. Eine solche Eintrittswahrscheinlichkeit, die dazu führt, dass eine Gefahreneignung als solche erkannt wird und deshalb - über die geregelten Vorgaben hinaus - Gefahrabwehrmaßnahmen in der Genehmigung sicherzustellen sind, ist nach Auffassung des Senats aufgrund des derzeitigen Standes der Wissenschaft nicht gegeben (vgl. auch BVerwG, Urt. v.17.02.1978 - 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250, 254). Deshalb kann nach Auffassung des Senats in Bezug auf die vom Kläger befürchteten gesundheitlichen Risiken allenfalls ein rechtlich relevantes Risiko im Vorsorgebereich angenommen werden, wenn dieses Risiko nicht sogar lediglich dem Restrisikobereich zuzuordnen sein sollte. Es handelt sich hier um gesundheitliche Risiken, wie sie etwa auch im Gentechnikbereich auftreten (vgl. hierzu das Urt. d. Senats v. 04.05.2001 - 10 S 2786/99 -, DVBl. 2001, 1463 = ESVGH 51, 196). Allerdings braucht in diesem Bereich, weil es dort ebenso wie im Atomrecht auch im Rahmen des Drittschutzes nicht darauf ankommt, von den Behörden und Gerichten in der Regel keine Grenzziehung zwischen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge getroffen zu werden. Auch wenn - wie der Kläger meint - die Geschichte der Toxikologie drastische Beispiele der späteren Senkung von "Vorsorgewerten" aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse kennt, rechtfertigt dies im vorliegenden Fall noch nicht die Annahme einer Gefahreneignung. Dafür, dass gegen die vom Kläger befürchteten Risiken kein Schutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern nur Vorsorge geboten ist, spricht auch, dass der Beklagte und - wegen der vollen gerichtlichen Überprüfung - auch das Verwaltungsgericht und der Senat einen Beurteilungsmaßstab für die Schädlichkeit der Immissionen von Nanopartikeln erst selbst entwickeln mussten. Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang seinerseits, dass der Beklagte unter Zuhilfenahme eines oder auch mehrerer Gutachter das komplexe Verfahren, das zur Festlegung etwa der LAI-Beurteilungsmaßstäbe geführt hat, nicht ersetzen könne. Die Grenze zwischen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge ist nach Auffassung des Senats jedenfalls dann überschritten, wenn es selbst nach einer eingehenden Erörterung der Problematik mit einem kompetenten Sachverständigen wegen noch bestehender wissenschaftlicher Defizite nur schwer möglich ist, einen geeigneten Beurteilungsmaßstab für die gesundheitliche Schädlichkeit von Nanopartikeln zu finden.

Ist sonach bei dem derzeitigen Erkenntnisstand die Frage, ob eine über die in der Genehmigung geregelten Vorgaben hinausgehende Emissions- und Immissionsbegrenzung geboten ist, der Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen, scheidet eine Rechtsverletzung des Klägers deshalb aus, weil diese Vorschrift keine drittschützende Wirkung hat (BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 312).

Sollte entsprechend der Auffassung des Klägers abweichend von der gefestigten Rechtsprechung in Anlehnung an das Atom- und Gentechnikrecht auch ein Drittschutz im Bereich der Vorsorge nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG anzuerkennen sein, dann müsste nach Auffassung des Senats auch im Bereich des Immissionsschutzrechts, soweit es - jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge - um behördliche Prognosen und Bewertungen geht, die technischen oder naturwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, entsprechend den beiden genannten Rechtsgebieten der Behörde ein die gerichtliche Kontrolle begrenzender Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative) bei der Risikoermittlung und -bewertung zukommen (bisher noch zurückhaltend BVerwG, Urt. v. 05.10.1990 - 7 C 55 und 56.89 -, BVerwGE 85, 368, 379 f.). Eine entsprechende Regelung hat § 43 des Kommissionsentwurfs zu einem Umweltgesetzbuch vorgesehen. Dieser Entwurf ist nicht Gesetz geworden; ein solcher Beurteilungsspielraum bedarf jedoch in Fällen, in denen der Gesetzgeber vor besonderen Schwierigkeiten steht, die sich aus der Natur des Regelungsgegenstandes ergeben und in denen vom Gesetz in zulässiger Weise keine hinreichend bestimmten Entscheidungsprogramme geliefert werden, keiner ausdrücklichen normativen Ermächtigung (Sendler, in: Immissionsschutzrecht in der Bewährung, Festschrift für Gerhard Feldhaus, S. 479, 500, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Wäre ein Beurteilungsspielraum anzuerkennen, dann wäre die gerichtliche Kontrolle des Senats auf die Prüfung beschränkt, ob die Risikobewertung der Exekutive aufgrund ausreichender Ermittlungen und willkürfreier Annahmen zustande gekommen ist (BVerwG, Urt. v. 19.01.1989 - 7 C 31.87 -, BVerwGE 81, 185). Nach diesen Maßstäben wären die Risikoermittlung und Risikobeurteilung des Beklagten nicht zu beanstanden. Es sind bereits im Verwaltungsverfahren zahlreiche sachverständige Äußerungen zur Nanoproblematik herangezogen worden. Darüber hinaus hat der Beklagte auch noch im gerichtlichen Verfahren neue wissenschaftliche Erkenntnisse aufgegriffen und fortlaufend überprüft, ob die im Verwaltungsverfahren getroffene Prognose noch Bestand hat. Dass dem so ist, hat der Senat im Rahmen seiner vollen gerichtlichen Überprüfung vorstehend im Einzelnen dargelegt.

III. 1. Der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25.02.2002 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Soweit dieser Schriftsatz, der noch innerhalb der mit dem 25.02.2002 ablaufenden nachgelassenen Schriftsatzfrist eingegangen und deshalb zu berücksichtigen ist, die Sachkunde des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Wichmann in Zweifel zieht, hat der Senat bereits ausgeführt, dass er diese Zweifel nicht teilt. Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass die eingesetzten Messverfahren grundsätzlich falsche Werte bezüglich des hier maßgeblichen Emissionsspektrums angeben, hat der Senat ebenfalls bereits ausgeführt, dass es bei der Beurteilung der Immissionszusatzbelastung hinsichtlich der Emissionsdatenbasis nicht auf die gemessenen, sondern auf die in der Genehmigung zugelassenen Emissionen ankommt. Wenn das Vorbringen des Klägers so zu verstehen sein sollte, dass die Genehmigung deshalb rechtswidrig sei, weil sich aus den von ihm für falsch gehaltenen Messwerten ergebe, dass der für Nanopartikel festgesetzte Emissionsgrenzwert von vornherein nicht eingehalten werden könne, könnte der Senat dem nicht folgen. Gesichtspunkte, die wie hier den Vollzug der Genehmigung betreffen, können - wie oben dargelegt (II 1 a) - auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung nur dann durchschlagen, wenn sie offenkundig sind. Davon kann bezüglich der Messergebnisse nicht ausgegangen werden. Die Emissionsmessungen sind von mehreren sachverständigen Instituten (Institut für Umwelttechnologie und Umweltanalytik - IUTA -, A.M.U. TÜV Bayern, Fraunhofer Institut Toxikologie und Aerosolforschung) mit dem Ergebnis durchgeführt worden, dass die Vorgaben der Genehmigung durch das Abluftreinigungssystem der Beigeladenen eingehalten werden können. Auch aus dem Umstand, dass der Sachverständige Prof. Dr. Dr. Wichmann in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass er im Rahmen seiner wissenschaftlichen Forschungen ein anderes Messverfahren benutze, kann nicht gefolgert werden, dass die von den genannten Instituten bei der industriellen Herstellung von Nanopulvern verwendeten Messverfahren von vornherein ungeeignet sind. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt hat, dass die Situation der Messung im Nanogrößenbereich vor allem dadurch charakterisiert sei, dass man keine guten einheitlichen Standards habe. Dies spricht ebenfalls gegen eine offenkundige Ungeeignetheit der eingesetzten Messverfahren und eine darauf beruhende offenkundige Unrichtigkeit der Messergebnisse. Etwaigen Zweifeln an der Geeignetheit des Messverfahrens wäre deshalb gegebenenfalls in dem der Genehmigungserteilung nachfolgenden aufsichtlichen Verfahren nachzugehen.

2. Der Schriftsatz des Klägers vom 11.03.2002 ist erst nach Ablauf der nachgelassenen Schriftsatzfrist eingegangen. Der Senat macht insoweit von dem ihm nach § 173 VwGO i.V.m. § 283 Satz 2 ZPO eingeräumten Ermessen (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 103 RdNr. 11) dahin Gebrauch, diesen Schriftsatz bei seiner Entscheidung nicht zu berücksichtigen. Der Vorsitzende des Senats hat bereits mit Schreiben vom 05.03.2002 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass der Senat im Interesse der vom Prozessbevollmächtigten angesprochenen Waffengleichheit die Frist mit sechs Wochen ab Zugang der Sitzungsniederschrift schon außergewöhnlich lang bemessen habe. Es komme hinzu, dass die mündliche Verhandlung nahezu einen Monat vor Zugang des Protokolls stattgefunden habe und die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung deshalb dem Prozessbevollmächtigten und der ebenfalls anwesenden, ihn beratenden fachkundigen Frau Dr. D. schon seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen seien. Im übrigen hatten diese beiden Personen bereits in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit wahrgenommen, Fragen an den Sachverständigen zu stellen und ihm aus ihrer Sicht zutreffendere wissenschaftliche Auffassungen vorzuhalten.

Sofern dem Senat in der Frage der Berücksichtigung des verspätet eingereichten Schriftsatzes kein Ermessen zukommen sollte (Eyermann/Geiger, VwGO, § 103 Nr. 18), gibt der Schriftsatz dem Senat ebenfalls keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Der Senat hält es insbesondere für nicht geboten, ein weiteres Obergutachten eines Toxikologen einzuholen. Denn die zum Beweis gestellte Tatsache ist nicht entscheidungserheblich, da der Kläger selbst sie der Vorsorge zuordnet und diese - wie dargelegt - nach gefestigter Rechtsprechung nicht drittschützend ist. Soweit die Vorsorge doch als drittschützend anzusehen wäre, würde dem Beklagten - wie ebenfalls dargelegt - eine Einschätzungsprärogative bei der Risikoermittlung zukommen, wobei ein Ermittlungsdefizit zu einer Aufhebung der Genehmigung, jedoch nicht zu einer Beweisaufnahme im gerichtlichen Verfahren führen könnte. Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, das das Beweisthema einer möglichen Gesundheitsgefährdung des Klägers durch die in der Genehmigung zugelassenen Immissionen auch unter Berücksichtigung der bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten sachverständigen Äußerungen durch das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Greim und die gutachterlichen Darlegungen von Prof. Dr. Dr. Wichmann in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 18.12.2001 ausreichend geklärt ist (vgl. Eyermann/Geiger, a.a.O., § 86 RdNr. 44). Das Verwaltungsverfahren und das gerichtliche Verfahren haben zwar die Aufgabe, den vorhandenen wissenschaftlichen Sachverstand für ihre Entscheidungen heranzuziehen; es kann aber nicht die Aufgabe dieser Verfahren sein, den Stand der Wissenschaft erst noch zu entwickeln.

Der Senat sieht es auch nicht als geboten an, ein Sachverständigengutachten zur Geeignetheit der im Genehmigungsbescheid vorgesehenen Messtechnik einzuholen, weil auch diese unter Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich ist. Der Senat hat bereits dargelegt, dass es - weil für die Beurteilung der Immissionszusatzbelastung die in der Genehmigung festgelegten und nicht die gemessenen Emissionen maßgeblich sind - auf die Geeignetheit der Messtechnik allenfalls im Hinblick auf die Frage ankommen kann, ob der in der Genehmigung festgesetzte Wert von vornherein nicht eingehalten werden kann, und dass dies nach dem Maßstab der Offenkundigkeit zu beurteilen ist. Lässt sich die Geeignetheit des Messverfahrens nur durch ein Sachverständigengutachten klären, dann ist es jedenfalls nicht offenkundig ungeeignet.

Da die Beweisanträge nicht innerhalb der nachgelassenen Schriftsatzfrist gestellt worden sind, musste der Senat nach der in der Sitzungsniederschrift vom 18.12.2001 festgehaltenen Erklärung nicht vorab über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung entscheiden.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2,162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren sind für erstattungsfähig zu erklären, da sie durch ihre Antragstellung am Prozesskostenrisiko teilgenommen hat.

Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diese betrifft die Frage, ob der Beurteilung der von einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage ausgehenden Immissionszusatzbelastung die im Genehmigungsbescheid zugelassenen oder tatsächlich gemessene Emissionswerte zugrunde zu legen sind und ob, wenn die im Genehmigungsbescheid zugelassenen Werte maßgeblich sein sollten, die Frage nach der Einhaltbarkeit dieser Werte im Genehmigungsanfechtungsverfahren gerichtlich nur unter dem Maßstab der Offenkundigkeit zu überprüfen ist.

Beschluss

Vom 19. März 2002

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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