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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 07.12.2001
Aktenzeichen: 3 S 2657/00
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 14
BauGB § 144 Abs. 1
BauGB § 145 Abs. 2
1. Kann ein Sanierungsziel ohne rechtskräftigen Bebauungsplan nicht durchgesetzt und erreicht werden, gehört zu der für das Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 145 Abs. 2 BauGB erforderlichen zunehmenden Konkretisierung der Sanierungsziele auch die Durch- und Fortführung des Bebauungsplanverfahrens.

2. Sind seit Ergehen des Aufstellungsbeschlusses 15 Jahre vergangen, ohne dass das Bebauungsplanverfahren fortgeführt worden ist, so kann ein Sanierungsziel, das nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans durchgesetzt werden kann, einem Vorhaben nicht mehr entgegen gehalten werden.


3 S 2657/00

Verkündet am 07.12.2001

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

sanierungsrechtlicher Genehmigung

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Fricke und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schieber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. Juli 2000 - 5 K 4240/97 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist seit 1984 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. 542 (XXXXXXXX X) auf Gemarkung der Beklagten. Seit dieser Zeit ist er bestrebt, das Wohnhaus zu sanieren und modernisieren. Das Grundstück liegt im räumlichen Geltungsbereich der Satzung der Beklagten über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Altstadt Bad Wimpfen (II. Abschnitt) vom 19.6.1986. Am 19.2.1987 beschloss der Gemeinderat der Beklagten für die Neugestaltung des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes "Altstadt Bad Wimpfen" (II. Abschnitt) die Aufstellung eines Bebauungsplans. Im Mai 1987 wurde ein Rahmenplan für das Sanierungsgebiet "Altstadt II" aufgestellt. In seiner Sitzung vom 23.6.1988 wurde dem Gemeinderat der Entwurf des Bebauungsplans, in dem das Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. 542 als zu beseitigendes Gebäude gekennzeichnet ist und im Bereich des Gevierts Marktplatz/Marktgäßchen/Apothekergasse/Marktrain Baugrenzen vorgesehen sind, vorgestellt und erläutert. Der Entwurf sieht in Nr. 7 der textlichen Festsetzungen anstelle von bauordnungsrechtlichen Festsetzungen die Übernahme der Gesamtanlagenschutzverordnung "Altstadt Bad Wimpfen, Stadtteil Wimpfen am Berg" vom 23.4.1981 vor. Nach der Begründung des Bebauungsplans (Sanierungsplan) besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Erhaltung und Sicherung des historischen Stadtbildes von Bad Wimpfen, die wesentliche Zielsetzung des Bebauungsplans liege in der baulichen Bestanderhaltung. Als dringende Aufgaben seien die Neuordnung der Verkehrsverhältnisse, die Sicherung von Nutzungsfestsetzungen, die Verhinderung ortsfremder Bebauungsformen, die zielgerichtete Sanierung von Einzelgebäuden und die Gestaltung des öffentlichen Raums anzusehen.

Auf den mit Schreiben vom 29.1.1996 gestellten Bauantrag für den Umbau und die Modernisierung des bestehenden Wohnhauses auf dem genannten Grundstück sowie einen Treppenanbau teilte das Landratsamt Heilbronn dem Kläger mit, die von ihm beabsichtigten Maßnahmen seien baugenehmigungsfrei, er bedürfe aber nach der Altstadtsatzung der Beklagten für die Erneuerung der Haustür und der Fenster sowie den Farbanstrich, die Dachdeckung und den Treppenhausanbau einer Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde und eine sanierungsrechtliche Genehmigung der Beklagten. Auf Bitten des Klägers übersandte das Landratsamt Heilbronn seine Unterlagen wegen der sanierungsrechtlichen Genehmigung an die Beklagte, wo sie am 19.6.1996 eingingen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.7.1996 den Antrag des Klägers ab. Die vom Kläger beabsichtigten baulichen Maßnahmen zur Modernisierung des Hauses erschwerten die Durchführung der Sanierung, da die dadurch bewirkte Wertsteigerung das Planungsziel der Blockentkernung zur Verbesserung der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse und damit des Wohnumfelds durch wesentliche Anhebung der zu zahlenden Entschädigungssumme hemme. Ferner laufe das Vorhaben dem Sanierungsziel des Abbruchs erkennbar zuwider. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 8.8.1996 Widerspruch ein und führte aus, der Bebauungsplan für das Sanierungsgebiet Altstadt II existiere trotz des Zeitablaufs von nahezu 10 Jahren immer noch nicht, sondern liege nur im Entwurf vor. Dieser Entwurf sei durch Zeitablauf unwirksam geworden. Zwar verfolge die Beklagte mit der vorgesehenen Blockentkernung ein legitimes Ziel, der Abbruch des Hauses und die ersatzlose Freilegung des Grundstücks seien aber unverhältnismäßig. Von einer objektiv vorliegenden Baufälligkeit könne nicht die Rede sein. Das Verhalten der Beklagten sei als treuwidrig anzusehen.

Das Landratsamt Heilbronn wies den Widerspruch des Klägers mit am 25.6.1997 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 23.6.1997 zurück. Es ist der Auffassung, die Sanierung des Gebäudes des Klägers laufe dem Sanierungsziel "Abbruch des Gebäudes" zuwider und erschwere die Durchführung der Sanierung. Es sei vorliegend gerechtfertigt, einen zeitlich größeren Rahmen für die Durchführung einer zügigen Sanierung im Sinne von § 136 Abs. 1 BauGB einzuräumen. Bei der Altstadt der Beklagten handele es sich um einen historisch gewachsenen Bereich, in dem viele denkmalgeschützte Gebäude vorhanden seien. Deshalb gestalteten sich Sanierungsvorhaben als zeitaufwendig und träten wegen der Denkmaleigenschaft der Gebäude komplexe Fragestellungen auf, die nur in langwierigen Verfahren geklärt werden könnten.

Am 25.7.1997 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der ergangenen Bescheide und die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung begehrt. Er hat vorgetragen, da sich die Sanierung länger als objektiv notwendig und über einen zur Verwirklichung der Sanierungsziele nicht mehr angemessenen Zeitraum hingezogen habe, habe er einen Anspruch auf Genehmigung seines Vorhabens. Die Sanierungsziele seien seit über 10 Jahre nicht durch Aufstellung eines Bebauungsplans konkretisiert worden. Die Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse im durch die umgebende Bebauung gebildeten Innenhof würden durch sein Haus nicht wesentlich eingeschränkt. Der Abbruch des Gebäudes sei zur Erreichung einer Wohnumfeldverbesserung nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Das Gebäude sei zwar sanierungsbedürftig, aber keineswegs stark baufällig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, der Sanierungsplan sehe die Entkernung des Bereichs um das Grundstück des Klägers vor. Dieses Grundstück sei ein Hinterliegergrundstück, das nicht über einen öffentlich-rechtlich gesicherten Zugang verfüge, und mit einem vom Kläger selbst als sanierungsbedürftig bezeichneten Gebäude bebaut. Der Sanierungsplan sehe künftig keine Bebauung auf diesem Grundstück mehr vor. Die Sanierungsplanung sei auch nicht unverhältnismäßig. Es liege im Rahmen ihrer Planungshoheit, Wohnumfeldverbesserungen durch Blockentkernung zu betreiben. Außerdem erhalte der Kläger einen Ausgleich durch das Instrument der Übernahme. Einen zeitlichen Rahmen für die Durchführung der Sanierung sehe das Gesetz nicht vor. Im Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums sei ein Bewilligungszeitraum bis vorerst 31.12.2001 genannt worden. Bislang seien ca. 56 private Modernisierungsmaßnahmen, 2 öffentliche Baumaßnahmen, 12 Maßnahmen der Straßengestaltung, 5 Ordnungsmaßnahmen und ca. 8 Grunderwerbe durchgeführt worden, ca. 40 Einzelmaßnahmen seien noch zu erwarten. Bei dem Gebäude des Klägers handele es sich nicht um ein Kulturdenkmal. Auch wenn das Landesdenkmalamt keine Veranlassung sehe, den Abbruch zu forcieren, so sei der Schluss nicht gerechtfertigt, es stimme einem Abbruch nicht zu.

Mit Urteil vom 12.7.2000 - 5 K 4240/97 - hob das Verwaltungsgericht Stuttgart die angefochtenen Bescheide auf und verpflichtete die Beklagte zur Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung. Die Voraussetzungen für die Versagung der Genehmigung seien nicht gegeben. Zwar sei die Sanierungssatzung rechtlich nicht zu beanstanden und auch nicht funktionslos geworden. Auch könne sich der Kläger nicht mit Erfolg allein darauf berufen, dass der Bebauungsplanentwurf (immer noch) nicht rechtsverbindlich geworden sei. Gleichwohl habe der Kläger Erfolg, da bei Abwägung aller erkennbarer Einzelumstände die vorhandene Interessenlage die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung erfordere.

Mit Beschluss vom 4.12.2000 - 3 S 1967/00 - hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, sie verfolge ihr sanierungsrechtliches Ziel der Blockentkernung und Wohnumfeldverbesserung, das sie in Ausübung ihrer Planungshoheit unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie rechtsfehlerfrei entwickelt habe, weiter. Dieses Ziel könne nur dadurch erreicht werden, dass das klägerische Grundstück nicht mehr bebaut werde. Das Sanierungsverfahren sei von vornherein auf ein zeitlich gestrecktes Verfahren angelegt, für das zeitliche Vorgaben nicht vorgesehen seien und im Übrigen nur hinderlich wären. Den Gemeinden müsse für die Verwirklichung ihrer Sanierungsziele bis hin zur Aufstellung eines Sanierungsbebauungsplans hinreichende Zeit zur Verfügung stehen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken, dass sie ihr Sanierungsziel rechtswirksam durchsetzen könne. Es bleibe ihr unbenommen, den Sanierungsbebauungsplan zur Rechtskraft zu bringen.

Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.7.2000 - 5 K 4240/97 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, als ihm das Haus zum Kauf angeboten worden sei, habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie auf ihr Vorkaufsrecht verzichte, wenn er sich verpflichte, das Gebäude zu sanieren und zu modernisieren. Vor diesem Hindergrund habe er im Jahre 1984 das Haus erworben. Zur Durchführung der geplanten Modernisierungsarbeiten habe er sich mit den Mietern auseinandersetzen und sogar auf Räumung klagen müssen. Zwischenzeitlich habe sich die Beklagte zur Durchführung einer Altstadtsanierung entschlossen gehabt. Das Sanierungskonzept der Beklagten habe die erforderliche Konkretisierung nicht erfahren. Insbesondere habe die Beklagte selbst nach nahezu 15 Jahren noch keine Vorstellung, wie das freizulegende klägerische Grundstück danach gestaltet werden solle. Die Bausubstanz seines Gebäudes rechtfertige noch heute die Bestanderhaltung. Der Zugang zum voll erschlossenen Grundstück führe vom Marktplatz her weitgehend über öffentliche Flächen und teilweise über privaten Grund. Insoweit werde seit unvordenklichen Zeiten das bestehende Wegerecht unbeanstandet ausgeübt. In Anbetracht des Alters des als Hölle bezeichneten Gebäudes und der heimatgeschichtlichen Bedeutung des zweitältesten Hauses in Bad Wimpfen, das in der unverfälscht gebliebenen Fachwerkbauweise und mit der einzigartigen Winkelsituation erhalten sei, sprächen denkmalschutzrechtliche Gründe gegen einen Abbruch.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten und des Landratsamts Heilbronn verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Diese ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Heilbronn sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Bei den vom Kläger beabsichtigten Maßnahmen handelt es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet bedürfen die in § 14 Abs. 1 BauGB bezeichneten Vorhaben und sonstigen Maßnahmen der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). In § 14 Abs. 1 BauGB sind als Vorhaben solche im Sinne des § 29 BauGB genannt, das heißt u.a. Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB), und erhebliche oder wesentliche wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Es kann offen bleiben, ob es sich bei den vom Kläger beabsichtigten Maßnahmen um die Änderung einer baulichen Anlage im Sinne von § 29 BauGB handelt. Jedenfalls handelt es sich um eine erhebliche oder wesentliche wertsteigernde Veränderung der auf dem Grundstück vorhandenen bauliche Anlage und nicht nur um Unterhaltungsarbeiten, die nach § 144 Abs. 4 Nr. 3 BauGB genehmigungsfrei sind. Unterhaltungsarbeiten in diesem Sinne dienen der Erhaltung des bisherigen Zustandes, d.h. der Vorsorge gegen einen Verfall (Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: April 2000, § 144 RdNr. 63). Das Vorhaben des Klägers geht über bloße Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen hinaus. Es umfasst die Erneuerung von Dach, Fenstern und Türe, den Anbau eines Treppenhauses sowie die Modernisierung im Innern. Bei diesem Vorhaben steht nicht die bloße Unterhaltung der bisherigen Substanz, sondern deren Modernisierung und Erweiterung im Vordergrund. Damit handelt es sich um Maßnahmen, die nach Sinn und Zweck des § 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 3 BauGB - auch im Hinblick auf die damit verbundene Wertsteigerung - von der Genehmigungspflicht umfasst sein sollen. Im Übrigen ist dies unstreitig und bedarf deshalb keiner weiteren Begründung.

Das Grundstück liegt auch im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet. Bedenken gegen die Gültigkeit der Sanierungssatzung bestehen nicht. Insbesondere brauchen die Ziele und Zwecke der Sanierung nicht in die Satzung aufgenommen zu werden und muss insbesondere nicht bereits unmittelbar nach Inkrafttreten der Sanierungssatzung erkennbar sein, wie das Sanierungsgebiet im einzelnen genutzt werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.3.1999 - 4 C 8.98 -, NVwZ 1999, 1336 und Beschluss vom 27.5.1997 - 4 B 98.96 -, Buchholz 406.11 § 145 BauGB Nr. 5 = NVwZ-RR 1998, 216 jeweils m.w.N.).

Die Satzung ist auch nicht wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu den Vorschriften des Städtebauförderungsgesetzes entschieden hat (Beschluss vom 20.10.1978 - IV C 48.76 -, BauR 1979, 139 = DÖV 1979, 217 = DVBl. 1979, 153), sieht das Gesetz - anders als etwa § 17 BauGB - eine Frist für die zulässige Geltung von Sanierungssatzungen nicht vor. Die Annahme eines Außerkrafttretens wegen Zeitablaufs oder wegen Verzögerung lasse sich - anders als das Außerkrafttreten wegen entgegenstehenden Gewohnheitsrechts oder wegen Funktionslosigkeit (vgl. dazu Urteil vom 29.4.1977 - IV C 39.75 -, Buchholz 406.11 § 10 BBauG Nr. 7) - nicht auf einen anerkannten allgemeinen Rechtsgrund zurückführen. Sie ließe sich überdies mit den Bedürfnissen nach Rechtssicherheit nicht vereinbaren. Dies verdeutlichten bereits die unüberwindbaren Schwierigkeiten, ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung den Zeitpunkt des Außerkrafttretens auch nur einigermaßen präzis festzulegen. Angesichts dessen ließe sich ein automatisches Außerkrafttreten wegen Zeitablaufs oder wegen verzögerlicher Handhabung allenfalls dann in Erwägung ziehen, wenn darin der einzige Weg läge, den Eintritt einer dem Eigentum unzumutbaren "Sperre" zu verhindern. Dies sei aber nicht der Fall. § 15 Abs. 3 StBauFG (= § 145 Abs. 2 BauGB) biete eine ausreichende Handhabe, die es unter Prüfung der konkreten Umstände gestattet, der jeweiligen Interessenlage gerecht zu werden, ohne dass ein weder zeitlich noch in seiner Tragweite genau bestimmbares Außerkrafttreten der Sanierungssatzung in Kauf genommen werden muss. Dem schließt sich der Senat an. Hieran hat sich nichts geändert.

Nach § 145 Abs. 2 BauGB darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass das Vorhaben, der Rechtsvorgang einschließlich der Teilung eines Grundstücks oder die damit erkennbar bezweckte Nutzung die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde. Liegen die dargelegten Versagungsgründe nicht vor, besteht mithin nach § 145 Abs. 2 BauGB ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung (so - zu § 15 Abs. 3 StBauFG - bereits BVerwG, Urteil vom 20.10.1978 - IV C 48.76 -, a.a.O.; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.O., § 145 RdNr. 22).

Die Versagung der Genehmigung nach § 145 Abs. 2 BauGB setzt voraus, dass ein Mindestmass an Konkretisierung der Sanierungsziele erkennbar ist; nur dann kann beurteilt werden, ob Grund zu der Annahme besteht, dass ein Vorhaben die Durchführung der Sanierung unmöglich macht, wesentlich erschwert oder dem Sanierungszweck zuwiderläuft. Freilich muss nicht bereits unmittelbar nach Inkrafttreten der Sanierungssatzung erkennbar sein, wie das Sanierungsgebiet im einzelnen genutzt werden soll. Die Sanierungsziele erlangen aber bei anstehenden Genehmigungen nach § 145 BauGB Bedeutung; sie müssen sich im Hinblick auf den Versagungstatbestand des § 145 Abs. 2 BauGB im Laufe des Sanierungsverfahrens zunehmend verdichten und konkreter werden (BVerwG, Beschluss vom 27.5.1997 - 4 B 98.96 -, NVwZ-RR 1998, 216 und Urteile vom 4.3.1999 - 4 C 8.98 -, a.a.O. und vom 7.9.1984 - 4 C 20.81 -, BVerwGE 70, 83 = NVwZ 1985, 109). Die Sperrwirkung der Sanierungssatzung und die mit ihrem Erlass verbundene Genehmigungspflicht sollen dazu dienen, den Gemeinden einen angemessenen Zeitraum für die Verwirklichung ihrer Sanierungsziele einzuräumen. Aus der anfänglich umfassenderen Sperrwirkung - in diesem Stadium mit der Wirkung einer Veränderungssperre vergleichbar - wird mit zunehmender Verdichtung der Sanierungsziele ein Rechtsinstitut, mit dessen Hilfe nur noch diejenigen Rechtsvorgänge und Vorhaben abgewehrt werden können, die den nunmehr detaillierten Planungsvorstellungen widersprechen. In den Fällen, in denen eine Sanierungssatzung vor längerer Zeit erlassen wurde, ohne dass seither das Sanierungsverfahren vorangetrieben worden ist und ohne dass die Sanierungsziele - bis hin zur Aufstellung eines Sanierungsbebauungsplans - zunehmend konkreter geworden sind, kann sich dies dergestalt auswirken, dass dann gegebenenfalls eine Genehmigung nach § 15 StBauFG bzw. § 145 Abs. 2 BauGB erteilt werden muss (BVerwG, Urteile vom 7.9.1984, a.a.O. und vom 20.10.1978, a.a.O.).

Nach ersatzloser Aufhebung des § 10 StBauFG mit Gesetz vom 5.11.1984, der die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Neugestaltung eines förmlich festgelegten Sanierungsgebietes zwingend vorgeschrieben hatte, müssen die Sanierungsziele nicht zwingend im Bebauungsplanverfahren, sondern können auch auf andere Weise konkretisiert werden (SächsOVG, Urteil vom 19.8.1999 - 1 S 555/98 -, SächsVBl. 2000, 57; OVG Lüneburg, Urteil vom 9.4.1986 - 1 OVG A 33/85 -, ZfBR 1986, 246). Der Wegfall des Sanierungsbebauungsplans entbindet die Gemeinde aber nicht von der Verpflichtung zur Aufstellung eines Sanierungskonzeptes, wobei sich die Ordnungs- und Entwicklungsvorstellungen auch aus einem städtebaulichen Rahmenplan ergeben können (vgl. § 140 Nr. 4 BauGB; OVG Lüneburg, Urteil vom 9.4.1986, a.a.O.; Neuhausen in Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Stand Februar 2001, vor § 136-164 RdNr. 49 f.). Allerdings wird häufig die Aufstellung eines Bebauungsplans gemäß § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich sein, z.B. wenn eine Bodenordnung durchzuführen oder eine Erschließungsanlage herzustellen oder in dem Gebiet Art und Maß der baulichen Nutzung geändert werden sollen (Krautzberger in Battis u.a., BauGB, 8. Aufl. 2002, § 140 RdNr. 7). Kann ein Sanierungsziel ohne rechtskräftigen Bebauungsplan nicht durchgesetzt und erreicht werden, gehört zu einer zunehmenden Konkretisierung der Sanierungsziele auch die Durch- und Fortführung des Bebauungsplanverfahrens (vgl. hierzu auch SächsOVG, Urteil vom 19.8.1999, a.a.O.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall liegt ein dem Vorhaben des Klägers entgegenstehender Versagungsgrund des § 145 Abs. 2 BauGB nicht vor. Das Ziel der Blockentkernung und der Freihaltung des Grundstücks des Klägers von Bebauung kann dem Vorhaben des Klägers nicht (mehr) entgegengehalten werden. Die Verwirklichung dieses Ziels setzt den Erlass eines Bebauungsplans voraus, der positive Festsetzungen hinsichtlich des Innern des Blocks trifft und Grundlage für die Verwirklichung des genannten Ziels sein kann. Die Blockentkernung kann nur durch den Abriss des Gebäudes des Klägers erreicht werden. Der Abbruch des Gebäudes kann aber nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans durchgesetzt werden (vgl. § 179 Abs. 1 BauGB). Außerdem kann das Freihalten des Blockinneren planungsrechtlich letztlich nur durch entsprechende Festsetzung in einem Bebauungsplan gesichert werden. Das Bebauungsplanverfahren ist aber nicht fortgeführt worden. Mit Ausnahme der Erarbeitung eines ersten Entwurfs ist in den nunmehr fast 15 Jahren seit dem Aufstellungsbeschluss nichts geschehen, um den Bebauungsplan zur Planreife und zur Rechtskraft zu führen. Weder ist der Entwurf öffentlich ausgelegt worden noch sind die Bürger oder die Träger öffentlicher Belange beteiligt worden (§§ 3 und 4 BauGB). Auch wenn den Gemeinden für die Verwirklichung ihrer Sanierungsziele bis hin zur Aufstellung eines Sanierungsbebauungsplans hinreichende Zeit zur Verfügung stehen muss, so rechtfertigt dies nicht, dass eine Gemeinde einen Zeitraum von 15 Jahren verstreichen lässt, ohne die erforderlichen weiteren Maßnahmen zur Realisierung ihres Sanierungsziels zu ergreifen, und damit letztlich offen zu lassen, ob es zur Realisierung kommt oder nicht.

Das Vorbringen der Beklagten ändert hieran nichts. Soweit sie sich darauf beruft, sie verfolge für das Grundstück des Klägers nach wie vor in Ausübung ihrer sanierungsrechtlichen Planungshoheit die Blockentkernung und Wohnumfeldverbesserung, kann sie hiermit beim derzeitigen Stand des Planverfahrens nicht (mehr) gehört werden. Soweit sie weiter vorträgt, sie habe die Sanierung vorangetrieben, wie sich aus der Zahl der bereits durchgeführten Sanierungsmaßnahmen ergebe, ändert dies nichts daran, dass ihr Sanierungsziel im Bereich des Grundstücks des Klägers nicht - wie erforderlich - weiter konkretisiert und verfestigt bzw. planungsrechtlich gesichert worden ist.

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das allgemeine Ziel einer Blockentkernung und Wohnumfeldverbesserung vom Gemeinderat überhaupt beschlossen und hinreichend konkretisiert worden ist. Hieran bestehen Zweifel. Zwar kann dem in der mündlichen Verhandlung des Senats vorgelegten Rahmenplan Altstadt II vom Mai 1987 und dem Entwurf des Bebauungsplans, der Gegenstand der Erläuterungen in der Gemeinderatssitzung vom 23.6.1988 war, entnommen werden, dass der Blockinnenbereich, zu dem auch das Grundstück des Klägers gehört, unter Wegfall des Gebäudes des Klägers von Bebauung freigehalten werden soll. Weder der Rahmenplan noch der Entwurf des Bebauungsplans waren aber Gegenstand einer Beschlussfassung des Gemeinderates, mit der dieser die darin enthaltenen Ziele förmlich gebilligt hätte. Hinzu kommt, dass von einer Blockentkernung in dem Entwurf der Begründung des Bebauungsplans vom Mai 1988 nichts erwähnt ist. Als wesentliche Ziele der Sanierung sind die Erhaltung und Sicherung des historischen Stadtbildes von Bad Wimpfen sowie die bauliche Bestanderhaltung genannt worden. Von einem Abriss baufälliger oder sanierungsbedürftiger Gebäude und/oder einer Blockentkernung durch Beseitigung von Hinterliegergebäuden ist darin nicht die Rede.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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