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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 26.06.2001
Aktenzeichen: 4 S 1439/00
Rechtsgebiete: GG, LVerf, LBG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 3
GG Art. 4 Abs. 1
GG Art. 4 Abs. 2
GG Art. 6 Abs. 2 Satz 1
GG Art. 7 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2
GG Art. 33 Abs. 3
GG Art. 140
LVerf Art. 12
LVerf Art. 15
LVerf Art. 16
LBG § 9 Nr. 1
LBG § 11 Abs. 1
LBG § 70 Abs. 1
Die Einschätzung des Dienstherrn, eine Lehramtsbewerberin sei wegen des von ihr aus religiösen Gründen beabsichtigten Tragens eines Kopftuchs im Unterricht für das angestrebte Amt einer Grund- und Hauptschullehrerin im öffentlichen Schuldienst ungeeignet, hält sich innerhalb der Grenzen des dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsspielraums.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

4 S 1439/00

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Einstellung in den Schuldienst

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Riedinger und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Wiegand auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. März 2000 - 15 K 532/99 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, sie als Beamtin auf Probe in den Schuldienst einzustellen.

Die Klägerin wurde im Jahre 1972 in Kabul (Afghanistan) geboren. Sie ist muslimischen Glaubens. Mit Einbürgerungsurkunde vom 14.6.1995 erwarb sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Klägerin bestand im Jahre 1996 die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes bestand sie am 29.7.1998 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Ihren daraufhin gestellten Antrag auf Einstellung in den Schuldienst an den Grund- und Hauptschulen des Beklagten lehnte das Oberschulamt Stuttgart mit Bescheid vom 10.07.1998 ab. Zur Begründung führte das Oberschulamt aus: Die Klägerin sei für den Schuldienst nicht geeignet, da sie bei dem Einstellungsgespräch am 09.07.1998 erklärt habe, auf das Tragen eines Kopftuchs während des Unterrichts nicht verzichten zu wollen. Das Tragen des Kopftuchs gelte innerhalb der islamischen Diskussion nicht nur als religiöses Symbol, sondern auch als Zeichen für kulturelle Abgrenzung und damit auch als politisches Symbol. Die Klägerin habe zwar ausgeführt, dass das Kopftuch nicht ein Zeichen ihres Glaubens, sondern Merkmal ihrer Persönlichkeit sei. Davon sei die objektive Wirkung aber nicht abhängig. Das Tragen des Kopftuchs habe eine Signalwirkung, die sich mit dem Neutralitätsgebot der Schule nicht vereinbaren lasse. Als Lehrerin an einer öffentlichen Schule sei die Klägerin sowohl erzieherisches Vorbild als auch Repräsentantin des Staates für die Werte und Normen der Grundordnung, wozu an entscheidender Stelle das Gebot der Toleranz gehöre. Die Wahrung der Religionsfreiheit setze voraus, dass die Mitglieder der verschiedenen Religionsgemeinschaften mit dazu beitrügen, Religion vor politischer Vereinnahmung zu schützen, religiöse Vielfalt zu wahren und die kulturelle Integration zu fördern.

Gegen den Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass das Tragen des Kopftuchs nicht nur Merkmal ihrer Persönlichkeit, sondern auch Ausdruck ihrer inneren religiösen Überzeugung sei. Gemäß den Vorschriften des Islam gehört das Tragen eines Kopftuchs zu ihrer islamischen Identität. Das Kopftuch dürfe nicht als Symbol missverstanden werden. Es diene nicht in erster Linie dazu, den Glauben nach Außen zu dokumentieren, sondern sei ein Schutzinstrument zur Einhaltung der religiösen Gebote. Die ablehnende Entscheidung verletze ihr aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG herrührendes Grundrecht auf Religionsfreiheit. Auch dürfe gemäß Art. 33 Abs. 3 Satz 2 GG ihr aus ihrer Zugehörigkeit zu einem Bekenntnis kein Nachteil entstehen. Die vom Oberschulamt angeführten Schwierigkeiten beruhten auf Vorurteilen gegenüber islamischen Frauen. Es sei ein Gebot der Toleranz, dass das Tragen des Kopftuchs durch eine Lehrerin von der Öffentlichkeit hingenommen werde. Sie solle einer Schule zugewiesen werden, an der sich die Eltern und Lehrer entsprechend tolerant verhielten. Die Schüler würden durch das Tragen des Kopftuchs nicht in unzulässiger Weise beeinflusst werden. Sie sei sich bewusst, dass sie die weltanschauliche Freiheit der Schüler zu respektieren habe und werde sich dementsprechend zurückhalten. Während ihrer Tätigkeit als Referendarin habe es keine Schwierigkeiten gegeben.

Das Oberschulamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.1999 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, Art. 33 Abs. 3 GG verbiete zwar die Ablehnung eines Bewerbers allein wegen seines religiösen Bekenntnisses, schließe es aber nicht aus, im öffentlichen Dienst an eine damit verbundene mangelnde Eignung anzuknüpfen. Das Tragen eines Kopftuchs aus den von der Klägerin nunmehr klargestellten Glaubensgründen sei zwar vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG umfasst. Der Glaubensfreiheit der Klägerin stehe jedoch die Neutralitätspflicht des Staates in Fragen des Glaubens und der Religion gegenüber. Diese Neutralitätspflicht schütze das Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG und das Grundrecht der Schüler auf negative Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Deshalb müssten Lehrkräfte ihren Erziehungsauftrag in Glaubens- und Weltanschauungsfragen neutral wahrnehmen. Das Grundrecht der Lehrer auf Religionsfreiheit werde durch diese entgegenstehenden Rechte der Eltern und Schüler sowie das Neutralitätsgebot eingeschränkt. Nach Abwägung der kollidierenden Rechte und bei Berücksichtigung der staatlichen Neutralitätspflicht ergebe sich, dass das Tragen eines religiös motivierten Kopftuchs durch die Klägerin im Unterricht unzulässig sei. Die Klägerin sei deshalb für den öffentlichen Schuldienst ungeeignet.

Die Klägerin hat am 02.02.1999 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zuletzt beantragt, die Bescheide des Oberschulamts Stuttgart vom 10.07.1998 und vom 03.02.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie als Beamtin in den Schuldienst einzustellen; hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Zur Begründung hat sie ergänzend vorgetragen, das Tragen des Kopftuchs gehöre zu ihrer islamischen Glaubensidentität und sei für sie in der Öffentlichkeit verbindlich. Eine Trennung zwischen innerdienstlichem und außerdienstlichem Verhalten sei ihr deshalb insoweit nicht möglich. Deshalb müsse auch bei einer Lehrerin ein Mindestmaß an religiöser Identität und Individualität respektiert werden. Dass das Kopftuch auch als Symbol eines politischen Machtkampfes missbraucht werden könnte, berühre ihre allein religiös motivierten persönlichen Vorstellungen nicht. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verpflichte den Staat, den Gläubigen einen Betätigungsraum zu sichern; das beamtenrechtliche Neutralitätsgebot könne daher nicht ohne weiteres dem religionsgeleiteten Verhalten eines Beamten während seiner Dienstausübung entgegengehalten werden. Dementsprechend sei es wegen der ihr aus Art. 4 und Art. 33 Abs. 3 GG zustehenden Grundrechtspositionen nicht möglich, ihr lediglich unter Berufung auf die Neutralitätspflicht des Staates die Religionsausübung zu verbieten und die beamtenrechtliche Eignung abzusprechen. Dies gelte jedenfalls insoweit, als es um persönliche Glaubensgewohnheiten gehe. Daher sei das Kopftuch mit dem christlichen Kreuz (Kruzifix) nicht vergleichbar. Den Grundrechten der Schüler und der Eltern komme ebenfalls kein Vorrang gegenüber ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit und freie Religionsausübung zu. In Konfliktfällen könne sie notfalls umgesetzt und mit dem Unterricht in anderen Klassen oder in anderen Schulen betraut werden. Auch wäre die Umsetzung von Schülern in andere Klassen denkbar. Der Beklagte gehe von einem distanzierenden Neutralitätsbegriff aus, der im Schulbereich nicht angemessen sei. Nach der Landesverfassung sei der Charakter der Schule nicht distanzierend, sondern positiv auf christliche Bildungs- und Kulturwerte bezogen. Zum heutigen Verständnis der christlichen Kirchen gehöre aber auch die Achtung fremder Bekenntnisse. Die Anerkennung des anderen gehöre ausdrücklich zu den in der Landesverfassung verankerten Erziehungszielen. Die Kruzifixentscheidung des Bundesverfassungsgerichts könne auf ihren Fall nicht übertragen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sei von einer respektierenden, vorsorgenden Neutralität des Staates auszugehen. Der Staat habe vorsorglich darauf zu achten, dass die friedliche Koexistenz gegensätzlicher religiöser Überzeugungen gewährleistet bleibe. Er dürfe deshalb den religiösen Frieden nicht von sich aus gefährden und Andersgläubige nicht ausgrenzen. Der Beklagte verlange im Sinne des Laizismus eine vollständige Trennung privater religiöser Anschauungen einerseits und staatlichem Handeln andererseits. Ein strenger Laizismus bestehe jedoch nach deutschem Verfassungsrecht nicht. Das Neutralitätsgebot gebe daher Raum für religiöse Äußerungen der an Schulen tätigen Personen, ohne dass sich der Staat damit identifiziere.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Begründungen der ablehnenden Bescheide wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass nicht davon ausgegangen werde, die Klägerin wolle als Lehrerin die Schüler missionieren. Die Klägerin betrachte allerdings nur die Einschränkung ihres Grundrechts auf Religionsfreiheit; sie berücksichtige dabei nicht hinreichend die Abwägungsproblematik zwischen dem ihr zustehenden Grundrecht einerseits und den Grundrechten der Eltern und Schüler andererseits. Die Schüler hätten keine zumutbare Ausweichmöglichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Grundrechtsbeeinträchtigung der Eltern und Schüler sei nicht davon abhängig, ob es zu Konflikten komme. Schüler an Grund- und Hauptschulen würden nicht von einer Vielzahl von Lehrern unterrichtet; vielmehr stehe nur eine Lehrkraft im Vordergrund, die einen wesentlichen Einfluss auf die Schüler habe. Für den begrenzten Bereich des Schuldienstes könne verlangt werden, dass die Klägerin den Rechten der Schüler und Eltern den Vorrang vor ihren eigenen Rechten einräume.

Mit Urteil vom 24.03.2000 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin erfülle nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 LBG zwar die fachlichen, nicht aber die persönlichen Voraussetzungen für eine Einstellung als Beamtin in den Schuldienst, weil sie im Dienst ein religiös motiviertes Kopftuch tragen wolle und dadurch gegen ihre Dienstpflichten verstoßen würde. Zwar stehe das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 GG und aus Art. 9 EMRK ungeachtet des religiösen Bekenntnisses auch einem Lehrer zu. Es werde aber durch ihm dem Staat gegenüber obliegende Dienstpflichten und damit durch die von ihm in der Schule zu beachtende staatliche Neutralitätspflicht eingeschränkt. Das Tragen des Kopftuchs sei ein Teil des durch Art. 4 GG geschützten religiösen Bekenntnisses der Klägerin. Dies ergebe sich aus ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Dieses religiöse Bekenntnis sei im Schulunterricht unzulässig. Der Religionsfreiheit der Klägerin stünden nämlich insoweit überwiegende Pflichten des Staates und Rechte der Schüler und ihrer Eltern gegenüber, so dass ein Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht gegeben wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien im Schulbereich demonstrative religiöse Bekenntnisse nur bei strikter Einhaltung des Prinzips der Freiwilligkeit und bei zumutbaren Ausweichmöglichkeiten zulässig. Beim Tragen eines Kopftuchs durch die Klägerin handele es sich um ein demonstratives religiöses Bekenntnis im Sinne dieser Rechtsprechung. Demgegenüber bestünden wegen der allgemeinen Schulpflicht keine Ausweichmöglichkeiten der Schüler und ihrer Eltern. Die Schüler könnten, anders als im Fall eines an der Wand angebrachten Kruzifixes, der Wahrnehmung des von der Klägerin getragenen religiösen Symbols im Unterricht nicht ausweichen. Es könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bei einer Einstellung der Klägerin als Lehrerin damit begründete Proteste von Eltern und Schülern ausblieben. Dies verhindere die universelle Einsetzbarkeit der Klägerin und begründe deshalb einen Eignungsmangel im Sinne von § 11 Abs. 1 LBG. Im Übrigen sei das Grundschulalter eine wichtige Prägephase für Charakter und Wertvorstellungen. Grundschüler seien kaum in der Lage, die religiöse Motivation für das Kopftuchtragen intellektuell zu verarbeiten und sich bewusst für Toleranz oder Kritik zu entscheiden. Daraus ergebe sich die Gefahr einer unzulässigen Beeinflussung der Schüler. Mit der Annahme der mangelnden Eignung werde das Grundrecht der Klägerin aus Art. 4 GG und Art. 9 EMRK nicht verletzt. Aus der Straßburger Spruchpraxis zu Art. 9 EMRK lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten. Die Klage bliebe auch erfolglos, wenn das Neutralitätsgebot als übergreifende, offene und respektierende Neutralität in dem Sinne zu verstehen wäre, dass es auch innerhalb des staatlichen Handelns Raum für religiöse Verhaltensweisen der tätigen Personen gebe, ohne dass sich der Staat damit identifiziere. Auch bei einem so verstandenen Neutralitätsgebot bestehe die im Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichts beschriebene Grenze. Ferner seien die auf das Christentum bezogenen Wertentscheidungen des Grundgesetzes und der Landesverfassung zu beachten. Daraus ergebe sich, ohne dass dies weiterer Vertiefung bedürfe, dass für Lehrer, die nichtchristlichen Religionen anhingen, ihre Religionsausübung im Dienst wohl nur unter engeren Voraussetzungen möglich sei als für Lehrer, die christlichen Religionen verbunden seien. Die Berufung der Klägerin auf Art. 17 Abs. 1 LVerf gehe fehl, da die darin als Erziehungsziel festgeschriebene Toleranz nicht den Zwang zur Preisgabe eigener aus der Verfassung herrührender Rechte der Schüler und ihrer Eltern bedeute. Das von der Klägerin vorgeschlagene Modell zur Lösung etwaiger Konflikte sei kein taugliches Mittel, da es dazu führen würde, dass während des laufenden Schuljahres entweder sie selbst oder die betreffenden Schüler die Klasse wechseln müssten. Dies würde zu erheblichen schulorganisatorischen Schwierigkeiten führen, die kontinuierliche Vermittlung des Lehrstoffs beeinträchtigen und den Schülern die durch den jeweiligen Lehrer dargestellte Bezugsperson nehmen. Mögliche Konflikte ließen sich auch nicht dadurch verhindern, dass bereits vor der Klasseneinteilung zu Beginn des Schuljahres die Einstellung der Eltern und Schüler erfragt werde. Auch wenn es Lehrerinnen gebe, die religiös motivierte Kopftücher im Unterricht trügen, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage der persönlichen Eignung nach § 11 Abs. 1 LBG beantworte sich nämlich allein nach den persönlichen Verhältnissen der Klägerin. Für den Referendardienst ergebe sich eine andere Sach- und Rechtslage, die mit dem auf Dauer angelegten Begehren auf Einstellung nicht vergleichbar sei. Im Übrigen sei die Handhabung in anderen Bundesländern unerheblich, da sie Rechtswirkungen zu Gunsten der Klägerin nicht entfalten könne. Den hilfsweise gestellten Beweisanträgen müsse nicht entsprochen werden, da es weiterer tatsächlicher Ermittlungen nicht bedürfe.

Gegen dieses ihr am 07.04.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.05.2000, einem Montag, Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (Az.: 4 S 1110/00). Mit Beschluss vom 05.07.2000 hat der erkennende Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Die Klägerin hat am 14.09.200 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist die Berufung begründet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.03.2000 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide des Oberschulamts Stuttgart vom 10.07.1998 und vom 03.02.1999 den Beklagten zu verpflichten, sie als Beamtin auf Probe in den Schuldienst einzustellen.

Zur Begründung vertieft und ergänzt die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Sie trägt insbesondere vor: Das Tragen des Kopftuchs im Unterricht stelle keinen Eignungsmangel im Sinne des § 11 Abs. 1 LBG dar und verstoße nicht gegen die Neutralitätspflicht des Staates. Sie trage das Kopftuch nicht als ein demonstrativ religiöses Bekenntnis. Insbesondere wolle sie damit keine Werbung für den islamischen Glauben betreiben. Die Kruzifixentscheidung des Bundesverfassungsgerichts lasse sich auf ihren Fall nicht pauschal übertragen. Im Unterschied dazu gehe es bei ihr um das Verhalten einer natürlichen Person, die selbst Grundrechtsträgerin sei. Das Bundesverfassungsgericht gehe wie das Bundesverwaltungsgericht von einer respektierenden, vorsorgenden Neutralität des Staates aus, die von Offenheit getragen sei. Der Beklagte praktiziere hingegen einen distanzierenden, abweisenden Neutralitätsbegriff. Das Verwaltungsgericht lege ein laizistisches Staatsverständnis zugrunde, das dem Grundgesetz nicht entspreche. Das Grundgesetz und die Landesverfassung ordneten hingegen nicht eine strikte Trennung, sondern ein Nebeneinander von Staat und Religion an, bei dem der Staat die religiöse Verankerung des Individuums respektiere. Es sei daher möglich, dass die Religionsfreiheit in den Bereich staatlichen Handelns hineinreiche und auch einer Lehrerin im Dienst religiös motivierte Verhaltensweisen erlaube, ohne dass sich der Staat damit identifiziere. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Schule nicht nur ein staatlich organisierter, sondern zugleich ein gesellschaftlicher Lebensbereich sei. Bekleidungsgewohnheiten müssten lediglich mit den Sachanforderungen des Unterrichts vereinbar sein. Diesen Anforderungen entspreche das von ihr beabsichtigte Tragen eines Kopftuchs. Nach der Landesverfassung sei der Charakter der Schule positiv auf "christliche" Bildungs- und Kulturwerte bezogen. Nach dem heutigen Verständnis der beiden christlichen Kirchen gehöre die Achtung fremder Bekenntnisse zum christlichen Kulturwert. Die Erziehung zu Toleranz sei ein in der Landesverfassung verankertes Erziehungsziel. Eine Lehrkraft müsse ihre Persönlichkeit in die pädagogische und damit in die dienstliche Tätigkeit einbringen und auch zu religiösen Fragen Stellung beziehen können. Die Schule dürfe den Schülern die gesellschaftliche Pluralität nicht vorenthalten. Der Beklagte nehme ihr gegenüber eine religiöse Diskriminierung vor, da er die religiös motivierte Bekleidung christlicher oder jüdischer Lehrpersonen, etwa das sichtbare Tragen eines christlichen Kreuzes oder einer jüdischen Kippa, nicht beanstande. Insbesondere sei ein christliches Kreuz im Unterschied zu dem Kopftuch einer Muslimin bereits für sich ein religiöses Symbol. Eine Bevorzugung der Religionsausübung christlicher Lehrer im Dienst gegenüber der entsprechenden religiösen Betätigung nichtchristlicher Lehrkräfte sei verfassungsrechtlich unzulässig. Der Schutzumfang der betroffenen Grundrechte könne nicht nach den Mehrheiten in der Bevölkerung bestimmt werden. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien Grundschüler in der Lage, die religiöse Motivation des Kopftuchtragens ohne Gefahren für ihre Persönlichkeit zu verarbeiten. Es sei möglich, das Kopftuch zu tragen, ohne damit die Schüler religiös zu beeinflussen. Dies folge schon aus der inzwischen erheblichen Zahl muslimischer Schülerinnen, die wie ihre Mütter ein Kopftuch trügen und als normale Erscheinungen angesehen würden. Auch sei sie, die Klägerin, besonders geeignet, Schülerinnen muslimischen Glaubens gegen die Vereinnahmung durch ein patriarchalisches Rollenverständnis beizustehen. Eine Kollision mit den Grundrechten der Schüler und Eltern, denen kein genereller Vorrang zukomme, sei daher nicht gegeben; eventuell auftretende Konflikte könnten gelöst werden. Das Toleranzverständnis des Beklagten und des Verwaltungsgerichts sei unrichtig, da es dem Minderheitenschutz nicht gerecht werde. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei ihre Umsetzung oder die Umsetzung von Schülern in eine andere Klasse ein geeignetes Mittel, wenn ein etwaiger religiöser Konflikt anderweitig nicht lösbar sei. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu den sog. Bhagwan-Fällen, in denen es darum gegangen sei, ob Lehrer während des Unterrichts Kleidung in bhagwan-typischen Rottönen hätten tragen dürfen, sei auf ihren Fall nicht übertragbar. Das Verwaltungsgericht Lüneburg habe in einem vergleichbaren Fall zu Gunsten der dortigen Klägerin entschieden. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts Lüneburg stehe die Rechtslage in Baden-Württemberg nicht entgegen. Die hinsichtlich des Falles einer Schweizer Lehrerin ergangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei auf ihr Begehren nicht übertragbar, da es dort um einen Tschador gegangen sei und im Kanton Genf eine besonders strenge Trennung von Staat und Kirche bestehe.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass die Urteile, die zu der Frage ergangen seien, ob Lehrkräfte im Unterricht Kleidung in den bhagwan-typischen Rottönen tragen dürften, hinsichtlich ihrer rechtlichen Begründung auf den vorliegenden Fall zu übertragen seien. In der Literatur schließe sich die Mehrheit der Autoren der Rechtsauffassung des Oberschulamts und des Verwaltungsgerichts Stuttgart an. Das Bundesgericht der Schweiz habe in einem vergleichbaren Fall die Beschwerde einer muslimischen Lehrerin gegen das Verbot, ein Kopftuch in der Schule zu tragen, zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls zurückgewiesen. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klägerin durch das Tragen des Kopftuchs erkennbar ihren Glauben betätige und deshalb die staatliche Neutralitätspflicht sowie die Dienstpflichten als Lehrerin nicht erfüllen könne. Es habe die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht in seinem sog. Kruzifixurteil aufgestellt habe, fehlerfrei auf den Fall der Klägerin übertragen und sei mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Tragen des Kopftuchs durch die Klägerin ihrer Eignung für die Einstellung entgegenstehe. Aufgrund der in der Schule gebotenen Neutralität sei die Klägerin als Repräsentantin des Staates im Unterricht bei religiösen Verhaltensweisen in ihrer Freiheit beschränkt. Der Staat müsse sich in der Schule die Glaubensbekundungen seiner Bediensteten zurechnen lassen. Es sei dem friedlichen Miteinander der Religionen nicht zuträglich, wenn Lehrkräfte sich durch ihre Kleidung zu einem Glauben bekennten. Es sei durch die Rechtsprechung geklärt, dass religiöse Bezüge in der Unterrichtstätigkeit nicht über die Anerkennung der Religion als Kultur- und Bildungsfaktor hinausgehen dürften. Mit dieser Haltung, die auf einer sorgfältigen Abwägung der betroffenen Grundrechte im Sinne einer praktischen Konkordanz beruhe, verletze das Oberschulamt nicht die Grundrechte der Klägerin. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass die Schüler aufgrund der staatlichen Schulpflicht und der Einteilung in Schulbezirke der Erziehung durch staatliche Lehrkräfte zwangsweise ausgesetzt seien. Die Klägerin habe sich hingegen selbst dafür entschieden, mit einem staatlichen Erziehungsauftrag tätig zu werden. Das Oberschulamt habe seiner Entscheidung kein laizistisches Staatsverständnis, wie es etwa in Frankreich oder in der Türkei vorherrsche, zugrundegelegt. Es sei möglich, dass auch im ostentativen Tragen eines Kreuzes in der Schule eine Glaubensbekundung gesehen werden könne, die dem Fall der Klägerin vergleichbar sei. Völlig untauglich sei der Vorschlag, die Klägerin einzustellen und danach, sollte es Schwierigkeiten geben, an einen anderen Ort zu versetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts (15 K 532/00), des Beklagten sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage mit Recht abgewiesen. Die Ablehnung der begehrten Einstellung der Klägerin in den Schuldienst des Beklagten als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen im Beamtenverhältnis auf Probe ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin bedarf zu der erstrebten Begründung des Beamtenverhältnisses (Einstellung) einer Ernennung (§ 9 Nr. 1 LBG). Nach §§ 11 Abs. 1 LBG, 7 BRRG sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder Beziehungen vorzunehmen. Diese Vorschriften konkretisieren Art. 33 Abs. 2 GG, der bestimmt, dass jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Die Vorschriften begründen nicht nur ein Recht auf Bewerbung, sondern darüber hinaus auf pflichtgemäße und sachgerechte Entscheidung über den gestellten Antrag (vgl. von Münch/Kunig, GG, Bd. II, 3. Aufl. 1995, Art. 33 RdNr. 32; BVerwG, Urteil vom 20.10.1983, BVerwGE 68, 109, 110). Dabei ist zu beachten, dass u.a. die Zulassung zu öffentlichen Ämtern unabhängig von dem religiösen Bekenntnis ist (Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GG) und dass niemandem aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen darf (Art. 33 Abs. 3 Satz 2 GG). Bekenntnis bedeutet dabei nicht lediglich die Zugehörigkeit zu einer organisierten Religionsgemeinschaft, sondern das Bekenntnis, wie es durch die Bekenntnisfreiheit (Religionsfreiheit) des Art. 4 GG geschützt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.04.1972, BVerfGE 33, 23, 28 = NJW 1972, 1183; Beschluss vom 25.10.1988, BVerfGE 79, 69, 75 = NJW 1989, 827).

Wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. Urteile vom 07.05.1981, Buchholz 232 § 8 Nr. 19, und vom 22.02.1990, DVBl. 1990, 867) entschieden hat, liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrundegelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dabei ist zu beachten, dass die Schaffung und Besetzung von Planstellen des öffentlichen Dienstes grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999, NVwZ-RR 2000, 172 = DVBl. 2000, 485).

Nachdem der Beklagte erklärt hat, dass die Klägerin die übrigen Einstellungsvoraussetzungen erfülle, ist zwischen den Beteiligten nur noch die Eignung der Klägerin für das angestrebte Amt einer Lehrerin an Grund- und Hauptschulen streitig. Bei dem Begriff der "Eignung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die - in die Zukunft gerichtete - Prognoseentscheidung über die Eignung erfolgt in der Auslegung und Anwendung dieses Begriffes, wobei dem Dienstherrn der vorstehend umschriebene, gerichtlich nur beschränkt überprüfbare Beurteilungsspielraum als eine normativ eingeräumte Beurteilungsermächtigung zusteht. Unter der erforderlichen "Eignung" ist umfassend die Gesamtheit der Eigenschaften, die das jeweilige Amt von seinem Inhaber fordert, zu verstehen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4.10.1955, BVerfGE 4, 294; Urteil vom 8.7.1997, BVerfGE 96, 152; BVerwG, Urteil vom 29.9.1960, BVerwGE 11, 139, 141). Darunter fällt auch die Erwartung, der Bewerber werde seine Pflichten als Beamter erfüllen (vgl. §§ 70 ff. LBG). Mit der Einschätzung, die Klägerin sei wegen des von ihr aus religiösen Gründen beabsichtigten Tragens eines Kopftuchs im Unterricht für das angestrebte Amt einer Grund- und Hauptschullehrerin im öffentlichen Schuldienst ungeeignet, hat der Beklagte nach Auffassung des erkennenden Senats die Grenzen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht überschritten.

Bei der Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für ein Lehramt ist Art. 7 Abs. 1 GG von Bedeutung, der über Art. 33 Abs. 4 und 5 GG hinaus dem Staat zur bestmöglichen Erfüllung des ihm erteilten Erziehungsauftrags kraft seiner ihm dabei zustehenden Organisationsbefugnis eine weitgehende Gestaltungsfreiheit einräumt. Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht nämlich das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates, d.h. nach den Zuständigkeitsregeln der Art. 73 ff. GG hier des beklagten Landes. Diese verfassungsrechtliche Vorschrift erteilt nach allgemeiner Ansicht dem Staat einen Erziehungsauftrag. Er hat dabei nicht nur das Schulwesen zu organisieren und selbst Schulen zu errichten, sondern darf auch unabhängig von den Eltern die Erziehungsziele und Ausbildungsgänge festlegen. Dabei ist ihm im Rahmen der sonstigen Verfassungsbestimmungen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995, BVerfGE 93, 1, 21, "Kruzifix"). Er ist ferner berechtigt und verpflichtet, die Funktionsfähigkeit der Schulen sicherzustellen. Die Umsetzung des Erziehungsauftrags gegenüber den Schülern erfolgt durch die an den einzelnen Schulen tätigen Lehrkräfte. Diese sind verpflichtet, im Rahmen ihrer pädagogischen Verantwortung die staatlich festgelegten Erziehungsziele zu verwirklichen und dazu beizutragen, dass die Schule den ihr durch Art. 7 Abs. 1 GG erteilten Erziehungsauftrag erfüllen kann. Dies erfordert es, die persönliche Eignung der einzustellenden Lehrer auch danach zu bestimmen, inwieweit sie in der Lage sind, den Erziehungsauftrag funktionsgerecht und bestmöglich zu erfüllen. Bei einer Bewerberin für ein Lehramt kann danach Grund für eine Nichteinstellung wegen fehlender Eignung der Umstand sein, dass sie schon vor der Einstellung ankündigt, die dem Dienstherrn verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen bei ihrem Auftreten im Unterricht aus religiösen Gründen nicht einhalten zu wollen; darin liegt mangels ursächlicher Anknüpfung an die Religionszugehörigkeit kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Art. 33 Abs. 3 GG (vgl. Mückl, Der Staat, 40. Band, 2001, 96, 126; Goerlich, NJW 1999, 2929, 2930).

Die Verwirklichung des staatlichen Erziehungsauftrags führt unvermeidbar auch dazu, dass in der Schule die unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Schüler und ihrer erziehungsberechtigten Eltern, die jeweils durch die Grundrechte des Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt werden, besonders intensiv aufeinander treffen. Der daraus herrührende Konflikt zwischen den verschiedenen Trägern des Grundrechts der Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sowie zwischen diesem Grundrecht und anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern, etwa der durch Art. 7 Abs. 1 GG gewährleisteten staatlichen Schulhoheit, ist, wie noch näher auszuführen sein wird, nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen einseitig bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden, der insoweit gebotenen Neutralität des Staates entsprechenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.12.1975, BVerfGE 41, 29, 50; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 21).

Ein solcher Ausgleich verlangt vom Staat nicht, dass er bei der Erfüllung des von Art. 7 Abs. 1 GG erteilten Erziehungsauftrags auf religiös- weltanschauliche Bezüge in der Schule völlig verzichtet (vgl. auch Art. 7 Abs. 5 GG). Der Staat kann und muss vielmehr bei aller gebotenen Rücksichtnahme auf die unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisse der Schüler und ihrer Eltern die kulturell vermittelten und historisch verwurzelten Wertüberzeugungen aufgreifen, auf denen der gesellschaftliche Zusammenhalt beruht und die für die Erfüllung seiner eigenen Aufgaben maßgebend sind. Der christliche Glaube und die christlichen Kirchen sind dabei, insbesondere durch die Verbreitung der christlichen Ethik, von überragender Prägekraft gewesen. Es obliegt dem für das Schulwesen zuständigen Landesgesetzgeber, das Spannungsverhältnis zwischen der Religionsfreiheit und der christlichen Verwurzelung ausgleichend zu lösen. Der Landesgesetzgeber kann sich bei seiner Regelung davon leiten lassen, dass einerseits Art. 7 GG im Bereich des Schulwesens religiös-weltanschauliche Einflüsse zulässt, andererseits Art. 4 GG gebietet, im Schulunterricht so weit wie möglich religiös-weltanschauliche Zwänge auszuschalten. Die zulässige Bejahung des Christentums bezieht sich deshalb insoweit nur auf dessen Anerkennung als prägender Kultur- und Bildungsfaktor, nicht aber auf bestimmte Glaubenswahrheiten. Zum Christentum als Kulturfaktor gehört insbesondere auch die Toleranz für Andersdenkende (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.12.1975, a.a.O., 50 f.; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 22 f.). Nach diesen Maßstäben hat der Verfassungsgeber des beklagten Landes durch Art. 15 und 16 der Landesverfassung (LVerf) keine "christlichen Gemeinschaftsschulen" im Sinne eines religiösen Bekenntnisses, sondern offene Gemeinschaftsschulen geschaffen, in denen das Christentum nur als prägender Bildungs- und Kulturfaktor wirksam ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.12.1975, a.a.O., 31 ff., 59 ff., zur christlichen Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg; Böckenförde, NJW 2001, 723, 726; insoweit unrichtig VG Lüneburg, Urteil vom 16.10.2000, NJW 2001, 767, 769). In gleicher Weise ist der in Art. 12 LVerf als Erziehungsziel bestimmte "Geist der christlichen Nächstenliebe" zu verstehen (vgl. auch § 1 Abs. 2 SchulG).

Der Klägerin könnte die Eignung für das von ihr angestrebte Lehramt folglich nicht bereits deshalb abgesprochen werden, weil sie als Muslimin nicht in der Lage wäre, den staatlichen Erziehungsauftrag an den - im dargelegten kulturellen Sinne zu verstehenden - christlichen Gemeinschaftsschulen des beklagten Landes bestmöglich zu erfüllen. Eine derartige Auffassung, die der Beklagte auch nicht geäußert hat, würde Art. 15 und 16 LVerf verkennen und deshalb die Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreiten. Die Erwägung des Beklagten, die Klägerin sei wegen des von ihr aus religiösen Gründen beabsichtigten Tragens eines Kopftuchs im Unterricht für das erstrebte Amt einer Lehrerin an Grund- und Hauptschulen ungeeignet, hält sich dagegen im Rahmen des Beurteilungsspielraums.

Bei der Wahrnehmung der dem Dienstherrn zur Feststellung der Eignung eines Bewerbers normativ eingeräumten Beurteilungsermächtigung sind die Grundrechte des Bewerbers zu beachten. Ihre Missachtung würde in Überschreitung der Beurteilungsermächtigung dazu führen, dass der Begriff der Eignung verkannt oder ein allgemein gültiger Wertmaßstab nicht beachtet wäre (vgl. auch VG Lüneburg, Urteil vom 16.10.2000, a.a.O., 768). Die Wahrnehmung der Religions- und Bekenntnisfreiheit, wie sie Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistet, kann deshalb für sich allein gegenüber der Klägerin kein Ausschluss- oder Benachteiligungsgrund sein (vgl. Art. 33 Abs. 3 GG). Die Bewerbung der Klägerin darf allerdings dann abgelehnt werden, wenn aus der von ihr praktizierten Wahrnehmung der Bekenntnisfreiheit ein Eignungsmangel für das erstrebte Amt einer Grund- und Hauptschullehrerin hergeleitet werden kann, sei es, weil die Bekenntnisfreiheit insoweit zulässigerweise eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann, sei es, weil das Amt ein spezifisch bekenntnisgebundenes Amt ist (vgl. Böckenförde, NJW 2001, 723, 724). Das von der Klägerin beabsichtigte Tragen eines religiös motivierten Kopftuchs auch im Unterricht würde gegen das vom Beklagten im Schulbereich zu beachtende, verfassungsrechtlich begründete Neutralitätsgebot und gegen die Grundrechte der Schüler und ihrer Eltern und damit gegen die der Klägerin als Repräsentantin des Beklagten obliegenden Dienstpflichten zur unparteiischen, dem Wohl der Allgemeinheit dienenden Amtsführung (vgl. § 70 Abs. 1 LBG) verstoßen. Durch diese entgegenstehenden Pflichten des Beklagten und Rechte der Schüler und Eltern wird die Bekenntnisfreiheit der Klägerin rechtmäßig eingeschränkt.

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass das in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte Grundrecht auf Bekenntnisfreiheit ungeachtet der Art des jeweiligen religiösen Bekenntnisses auch einem Beamten unbeschadet des bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und damit einem Lehrer zusteht. Auch fällt das von der Klägerin in der Schule beabsichtigte Tragen eines Kopftuchs als Ausdruck ihres muslimischen religiösen Bekenntnisses in den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Dies hat das Verwaltungsgericht im einzelnen ausgeführt; der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (vgl. § 130b Satz 2 VwGO, S. 8 und 9 des amtlichen Urteilsabdrucks); auch das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt dem Senat keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass sie das Kopftuch aus religiösen Gründen trägt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das Grundrecht der Freiheit des Glaubens und des religiösen Bekenntnisses nicht nur die innere Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben schützt, sondern ebenso die Freiheit des kultischen Handelns, des Werbens und der Propaganda (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.10.1968, BVerfGE 24, 236, 245; BVerwG, Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -). Das Recht auf Glaubens- und Religionsfreiheit einschließlich der ungestörten Religionsausübung ist ein Individualgrundrecht. Es steht in enger Beziehung zur Menschenwürde als dem zentralen Wert und Schutzgut der Verfassung (Art. 1 GG), was durch das Fehlen eines ausdrücklichen Gesetzesvorbehalts bekräftigt wird. Als säkulares Freiheitsrecht schützt es die Entfaltung verschiedener Religionen und Bekenntnisse einschließlich des Islam, auch in individuellen Ausprägungen. Es kommt dem Einzelnen daher nicht nur als Mitglied einer Religionsgemeinschaft zugute; vielmehr gestattet Art. 4 Abs. 1 und 2 GG auch Außenseitern die ungestörte Entfaltung ihrer Persönlichkeit gemäß ihren subjektiven Glaubensüberzeugungen. Das Grundrecht erstreckt sich auf den privaten wie den öffentlichen Bereich und schützt sowohl die positive wie auch die negative Bekenntnisfreiheit. Insbesondere ist dem Staat eine Bewertung der sich in Bekleidungsvorschriften offenbarenden religiösen Anschauungen nicht gestattet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.04.1972, a.a.O., 29 ff.). Für das umstrittene Tragen eines Kopftuchs ist es daher mit Blick auf Art. 4 GG ausreichend, wenn die Klägerin das Kopftuch für sich aus individuellen religiösen Gründen als verbindlich ansieht. Das Tragen des Kopftuchs auch während der Tätigkeit als Lehrerin im Unterricht ist, wie bereits das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt hat, Teil des religiösen Bekenntnisses der Klägerin. Es gehört als ein ihr vom Glauben vorgegebenes, verpflichtendes Kleidungsstück zu ihrer islamischen Identität und Überzeugung. Deshalb stellt es eine Einschränkung der individuellen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin dar, wenn der Beklagte von ihr als Voraussetzung der gesetzlich geforderten persönlichen Eignung für den Schuldienst (§ 11 LBG) das Nichttragen des Kopftuchs im Unterricht verlangt.

Diese Einschränkung ist jedoch nach Ansicht des Senats und in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so dass der Beklagte bei der Bestimmung der für die Einstellung der Klägerin in den Schuldienst maßgeblichen Eignungskriterien mit den von ihm angestellten Erwägungen die Grenzen des ihm gesetzlich eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht überschritten hat. Dabei kann offen bleiben, ob das Grundrecht auf Bekenntnisfreiheit einschließlich des Rechts auf ungestörte Religionsausübung trotz des in Art. 4 GG fehlenden Gesetzesvorbehalts durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 WRV unter den Vorbehalt der allgemeinen Gesetze gestellt wird und deshalb durch derartige Gesetze, die nicht speziell die Ausübung der Religionsfreiheit zum Gegenstand haben, also auch durch beamtenrechtliche Eignungsanforderungen, nach Maßgabe einer Güterabwägung, die dem hohen Wert des Rechts auf freie Religionsausübung Rechnung trägt, eingeschränkt werden kann (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 23.11.2000, a.a.O.; Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl. 2000, Art. 136 WRV Nr. 2; von Mangold/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., 1999, Art. 4 RdNr. 80). Denn die Bekenntnisfreiheit einschließlich der Freiheit der Religionsausübung der Klägerin wird auch dann durch das geforderte Ablegen des Kopftuchs im Unterricht nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt, wenn man mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erschwerend davon ausgeht, dass dieses Grundrecht weder durch die allgemeine Rechtsordnung noch durch eine unbestimmte Güterabwägungsklausel relativiert und dadurch eingeschränkt werden kann, weil Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 WRV nach Bedeutung und innerem Gewicht im Zusammenhang der grundgesetzlichen Ordnung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG überlagert wird. Danach unterliegt die Bekenntnis- und Religionsfreiheit als Grundrecht ohne Gesetzesvorbehalt nur Einschränkungen, wenn sie in Widerstreit zu kollidierenden Grundrechten Dritter oder anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern tritt (so BVerfG, Beschluss vom 11.04.1972, a.a.O., 29 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.12.2000, NJW 2001, 1365, 1366). Sie muss bei dieser Sicht zwar mit anderen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen im Einklang stehen, kann aber, um den Freiheitsgehalt des Grundrechts zu verstärken, nicht schon aufgrund einfacher gesetzlicher Regelungen, mögen diese auch nicht willkürlich sein, eingeschränkt werden. Es ist dann Aufgabe des Gesetzgebers, aufgrund einer sachgerechten Güterabwägung die kollidierenden verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter, also die Bekenntnisfreiheit und die ihr entgegenstehenden Grundrechte Dritter oder sonstige verfassungsgeschützte Rechtsgüter, nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz als einer besonderen Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu einem gerechten, gegenseitig möglichst schonenden Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.04.1972, a.a.O., 29 ff.; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 1, 21, "Kruzifix"; Beschluss vom 27.11.1990, BVerfGE 83, 130, 143). Dabei ist auch die durch Art. 7 Abs. 1 GG geschützte Funktionsfähigkeit der Schulen in Fällen der vorliegenden Art angemessen zu berücksichtigen.

Nach diesen Maßstäben steht der Bekenntnisfreiheit einer Lehrperson und damit der Klägerin als eine das Grundrecht während der Erteilung des Unterrichts einschränkende Anforderung die für die Einstellung gesetzlich in § 11 Abs. 1 LBG gebotene Eignung entgegen. Die für die Eignung unerlässlichen Anforderungen des konkreten Amtes und die dienstlichen Pflichten, die der Beamte zu erfüllen hat, können die Ausübung seiner Grundrechte nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit generell einschränken. Dies folgt als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums generell aus Art. 33 Abs. 5 GG und für Lehrer an staatlichen Schulen speziell aus dem durch Art. 7 Abs. 1 GG begründeten staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Zur Eignung für den Schuldienst gehört die Fähigkeit und Bereitschaft der Lehrkraft, die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Dienstpflichten (vgl. § 70 Abs. 1 LBG) unter den konkreten Bedingungen des Schulbetriebs zu erfüllen. Soweit dadurch die Freiheit des religiösen Bekenntnisses einer Lehrkraft nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betroffen ist, kann sich die Einschränkung dieses Grundrechts aus einer Kollision mit dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgut der von der Schule gegenüber den Schülern und deren Eltern zu beachtenden religiös - weltanschaulichen Neutralität ergeben, wenn ein schonender Ausgleich dieser einander entgegenstehenden Rechtsgüter nicht möglich ist. Dabei ist bedeutsam, dass die für die Schule verbindliche Art dieser auf die Grundrechte der Schüler und ihrer Eltern Rücksicht nehmenden Neutralität den an ihr tätigen Lehrern als Dienstpflicht obliegt. Das Fehlen der Fähigkeit oder Bereitschaft, sie nach Abwägung aller verfassungsrechtlich erheblichen Rechtsgüter hinreichend zu wahren, begründet einen Eignungsmangel im Sinne des § 11 Abs. 1 LBG. Zutreffend sind der Beklagte und das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das von der Klägerin im Schulunterricht durch das Tragen des Kopftuchs beabsichtigte religiöse Bekenntnis gegen die ihr als Dienstpflicht obliegende staatliche Neutralitätspflicht verstoßen würde:

Das Grundgesetz legt durch Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3 sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV i.V.m. Art. 140 GG dem Staat als Heimstatt aller Staatsbürger ohne Ansehen der Person weltanschaulich-religiöse Neutralität auf (BVerfG, Urteil vom 14.12.1965, BVerfGE 19, 206, 216). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass dieses Gebot nicht gleichzusetzen ist mit einer strikten Trennung von Staat und Kirche bzw. Religion (so etwa BVerfG, Beschluss vom 16.10.1979, BVerfGE 52, 223, 238 ff.; vgl. auch Heckel, DVBl. 1996, 453, 472). Schon dem Wortlaut des Grundgesetzes lässt sich eindeutig entnehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht als ein laizistischer Staat verfasst ist (vgl. die Präambel des Grundgesetzes, Art. 7 Abs. 3 und 5 GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 und 6 und Art. 141 WRV), wie dies etwa in Frankreich und in der Türkei der Fall ist. Demgemäss bedeutet die Pflicht zur Neutralität des Staates in Fragen der Religion und des Glaubens keine distanzierende, abweisende Neutralität im Sinne der - laizistischen - Nichtidentifikation mit Religionen und Weltanschauungen, sondern eine respektierende, "vorsorgende" Neutralität. Davon geht auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.05.1995 (BVerfGE 93, 1, "Kruzifix") aus, wenn etwa von der Pflicht des Staates die Rede ist, Einzelnen wie auch den Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften einen Betätigungsraum zu sichern, in dem sich die Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet entfalten kann (a.a.O., 16, 17). Insbesondere muss danach der Staat in Erfüllung des ihm durch Art. 7 Abs. 1 GG erteilten Erziehungs- und Bildungsauftrags nicht, wie bereits vorstehend dargelegt, auf religiös-weltanschauliche Bezüge in der Schule verzichten (a.a.O., 22). Der in diesem Sinne vorsorgenden Neutralität durch Zulassung weltanschaulich-religiöser Einflüsse im staatlichen Bereich sind jedoch auch in der Schule allgemeine Grenzen gesetzt. Mit Blick insbesondere auf die Schüler und ihre Eltern und die möglichen Unvereinbarkeiten ihrer unterschiedlichen Überzeugungen hat der Staat vorsorgend darauf zu achten, dass die negative Bekenntnisfreiheit Andersdenkender und die "friedliche Koexistenz" gegensätzlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen gewährleistet bleibt; er darf den religiösen Frieden in einer Gesellschaft und damit auch in der Schule nicht von sich aus gefährden, weder durch eine Privilegierung bestimmter Bekenntnisse noch durch eine Ausgrenzung Andersgläubiger (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 24.04.1999, BVerwGE 109, 40, 46, 47).

Zwar hat grundsätzlich niemand ein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Hiervon zu unterscheiden ist aber, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, eine vom Staat geschaffene Lage, in der der Einzelne wie der Schüler im Unterricht ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlungen, in denen dieser sich manifestiert, und den Symbolen, in denen er sich darstellt, ausgesetzt ist. Hier wird das aus Art. 4 Abs. 1 GG hergeleitete Gebot staatlicher Neutralität wirksam zum Schutz der - negativen - Bekenntnisfreiheit andersgläubiger Schüler. Schließlich umfasst Art. 4 Abs. 1 GG im Verein mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht garantiert, auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch oder schädlich erscheinen. Der Grundsatz staatlicher Neutralität in religiösen und weltanschaulichen Angelegenheiten dient auch dem Schutz dieses Rechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 17).

Die nach diesen Maßstäben verfassungsrechtlich gebotene Pflicht des Beklagten zur Wahrung der religiösen Neutralität in der Schule schränkt das der Klägerin aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zustehende Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit in zulässiger Weise ein. Die bei der Kollision dieses Grundrechts der Klägerin mit dem Neutralitätsgebot als entgegenstehendem verfassungsrechtlich gewährleistetem Schutzgut erforderliche Abwägung, die das Ziel eines möglichst schonenden Ausgleichs der kollidierenden Verfassungsnormen verfolgt, führt nach Auffassung des Senats im vorliegenden Zusammenhang zu einem Vorrang der Neutralitätspflicht. Das von der Klägerin beabsichtigte Tragen eines religiös motivierten Kopftuchs im Schulunterricht würde gegen die vom Beklagten in der Schule zum Schutz der negativen Bekenntnisfreiheit der Schüler und Eltern zu wahrende Neutralität verstoßen. Der Beklagte hat deshalb ohne Überschreitung des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums angenommen, dass die Klägerin damit die ihr bei ihrer amtlichen Tätigkeit im Unterricht obliegende Dienstpflicht zur Neutralität nicht erfüllen könnte und deshalb für den Schuldienst ungeeignet ist:

Bei dem im Wege der Abwägung gebotenen Ausgleich zwischen den einander entgegenstehenden verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern ist in Fällen der vorliegenden Art zu berücksichtigen, dass die Bekenntnisfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG dort ihre Grenzen findet, wo die Ausübung dieses Grundrechts durch einen Grundrechtsträger auf die kollidierenden Grundrechte andersdenkender Personen trifft. Denn als Teil des grundrechtlichen Wertsystems ist die Bekenntnisfreiheit auf die in Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Würde des Menschen als oberstem Rechtswert bezogen und damit dem Gebot der Toleranz zugeordnet. Überall dort, wo Spannungsverhältnisse zwischen negativer und positiver Bekenntnisfreiheit unvermeidlich auftreten, besonders im Schulwesen angesichts der gemeinsamen Erziehung von Kindern der verschiedensten Weltanschauungs- und Glaubensrichtungen, muss der notwendige Ausgleich unter Berücksichtigung des Toleranzgebots gesucht werden. Soweit die Schule im Rahmen der "vorsorgenden" Neutralität ihren Angehörigen Raum dafür lässt, im Schulbereich Glaubensüberzeugungen zu betätigen, müssen diese vom Prinzip der Freiwilligkeit geprägt sein und Andersdenkenden zumutbare Ausweichmöglichkeiten lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.10.1979, BVerfGE 52, 223, 247; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 22, 24).

Bei der Abwägung der entgegenstehenden Rechtspositionen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG der am Schulleben Beteiligten ist zu Gunsten der Klägerin zu beachten, dass die Schule ein Lebensbereich ist, in dem sich staatlich-pädagogisches Handeln, verschiedenartigste Anschauungen und persönliche Freiheitsrechte - auch solche einer Lehrerin - unmittelbar begegnen. Die Schule ist in besonderer Weise auf einen offenen Austausch unterschiedlicher Meinungen und Empfindungen angewiesen, wobei es immer ein unvermeidliches Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Einstellungen geben wird. Von daher ist es verständlich, dass das Neutralitätsgebot in seiner "vorsorgenden" Dimension nicht ausnahmslos dazu bestimmt ist, Glaubensanschauungen und religiöse Äußerungen von Lehrern im Unterricht gänzlich zu verhindern. Die einzelne Lehrperson ist deshalb ebenso wie der Staat nicht einer "distanzierenden" Neutralität in dem Sinne verpflichtet, dass sie sich in allen wertungsabhängigen religiösen und weltanschaulichen Fragen ohne eigenen Standpunkt zurückzuhalten hätte. Die Schule ist von dem ihr durch Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 2 LVerf erteilten Bildungs- und Erziehungsauftrag her folglich für Bekenntnishandlungen nicht nur der Schüler, sondern auch der Lehrer grundsätzlich offen, allerdings kann das Ausmaß ihrer Wahrnehmung je nach der Möglichkeit des Ausgleichs mit entgegenstehenden Rechtspositionen und der zumutbaren Ausweichmöglichkeiten beschränkt sein. Hinzu kommt, dass die Schule in der heutigen pluralistischen Gesellschaft wertgebundene Anschauungen vermitteln und den Geist der Duldsamkeit und sozialen Ethik bewahren soll (vgl. Art. 12 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 LVerf, § 1 SchulG). Die Darstellung und Vermittlung wertgebundener Lehrinhalte durch die Lehrkraft hat deshalb zwar zurückhaltend und unter Achtung Andersdenkender zu erfolgen, jedoch soll auch bei den Schülern die Toleranz gegenüber anderen Anschauungen und religiösen Bekenntnissen gefördert werden (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 16.10.2000, a.a.O.; Böckenförde, a.a.O., 725, 726). Auch ist zu bedenken, dass es im vorliegenden Fall nicht nur um ein bloßes religiöses Symbol wie das an einer Wand des Klassenzimmer hängende christliche Kreuz (Kruzifix) geht, dessen Anbringung lediglich dem Staat als hoheitliche Institution zuzurechnen ist, sondern zugleich um die Ausübung des Grundrechts der Bekenntnisfreiheit durch die Klägerin im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit. Im Kruzifix-Fall waren allein die positiven und negativen Bekenntnisfreiheiten der Schüler und ihrer Eltern unter dem Blickwinkel der Neutralität ohne Beteiligung eigener Grundrechtspositionen einer Lehrkraft aus Art. 4 GG abzuwägen, während es vorliegend um ein künftig mögliches Spannungsverhältnis zwischen individueller Grundrechtsbetätigung der Klägerin einerseits und positiver wie negativer Bekenntnisfreiheit der Schüler und ihrer Eltern im Lichte der gebotenen Neutralität und Toleranz andererseits geht (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 16.10.2000, a.a.O.). Dies verbietet es, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.05.1995 (a.a.O.) als in jeder Hinsicht vergleichbar und deshalb ohne zusätzliche Erwägungen im Ergebnis zu übernehmen.

Dem gegenüber ist, wie der Beklagte mit Recht angenommen hat, zu Gunsten der durch das Neutralitätsgebot geschützten Grundrechte der Schüler und deren Eltern auf Wahrung ihrer negativen Bekenntnisfreiheit in der Schule zu beachten, dass das Tragen des Kopftuchs im Unterricht durch die Klägerin zu einer religiösen Beeinflussung der Schüler und zu Konflikten innerhalb der jeweiligen Schulklasse führen kann. Zwar hat die Klägerin glaubhaft vorgetragen, sie werde im Unterricht nicht für ihre religiöse Überzeugung werben und deshalb die Schüler nicht missionarisch beeinflussen. Entscheidend ist aber, welche Wirkung allein der Anblick des von ihr getragenen Kopftuchs bei den einzelnen Schülern entfaltet, insbesondere welche Empfindungen es bei Andersdenkenden auslösen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.07.1973, BVerfGE 35, 366; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 20; abweichende Meinung der Richter Seidel, Söllner und Haas, 32). In Übereinstimmung mit dem Beklagten und dem Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass das islamisch motivierte Kopftuch der Klägerin nicht nur als Kleidungsstück, sondern als ein deutlich sichtbares religiöses Symbol, dem sich der Betrachter nicht entziehen kann, auf die Schüler wirkt (vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht, II. öffentlich-rechtliche Abteilung, Urteil vom 12.11.1997, BGE 123 I, 296; danach ist das Kopftuch ein "starkes religiöses Symbol"). Da hinsichtlich der Wirkung des Kopftuchs auf den Empfängerhorizont abzustellen ist, kommt es auf einen gegenläufigen Vorbehalt der Klägerin, diesen Erfolg nicht zu wollen, nicht an. Wenn die Klägerin mithin in unübersehbarer Weise ihren Schülern, die dieser Beeinflussung nicht ausweichen können, ständig deutlich macht, dass sie bestimmten religiösen Überzeugungen folgt, wie es auch noch in ihrem Berufungsvorbringen hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, so veranlasst sie sie, sich mit diesen Überzeugungen zu beschäftigen. Dabei ist zu bedenken, dass eine Lehrerin, wenn sie ihre Erziehungsaufgabe erfüllt, gegenüber ihren Schülern regelmäßig als Vorbild wirkt. Es liegt daher nahe, dass die Schüler die mit dem Kopftuch verbundenen religiösen Vorstellungen der Klägerin auf Grund der gegebenen Neigung zur Nachahmung von Vorbildern für sich aufgreifen und möglicherweise unüberlegt zu Eigen machen. Diese Möglichkeit wird durch den Umstand verstärkt, dass die Klägerin in Schulklassen unterrichten würde, deren Schüler sich in einem Alter zwischen 6 und 14 Jahren befinden. Es würde sich daher ganz überwiegend um Schüler handeln, die auf Grund ihres kindlichen oder frühen jugendlichen Alters, wie die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, einfacher zu beeinflussen sind als ältere Schüler. Solche Schüler sind in ihren Anschauungen noch nicht gefestigt; sie sollen ihr Kritikvermögen und die Ausbildung eigener Standpunkte erst erkennen und sind deshalb einer mentalen Beeinflussung besonders leicht zugänglich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.10.1979, a.a.O., 249; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 20; ebenso EGMR, Beschluss vom 15.02.2001, Beschwerde Nr. 42398/98). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Lüneburg (vgl. Urteil vom 16.10.2000, a.a.O.) ist der erkennende Senat der Überzeugung, dass die psychische Auswirkung des Kopftuchs auf die jüngeren Schüler und Schülerinnen nicht nur von geringem Gewicht ist und dass eine "möglicherweise bestehende Suggestivkraft" des Kopftuchs in religiöser Hinsicht nicht lediglich gering zu bewerten ist. Zwar wirkt die Klägerin im Unterricht mit ihrer gesamten Persönlichkeit, so dass ihre Wirkung nicht auf das Tragen des Kopftuchs reduziert ist. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Klägerin die Kinder nicht religiös missionieren, sondern sich in Glaubensäußerungen zurückhalten wird, ist die von dem Kopftuch ausgehende Signalwirkung aber gerade bei einer als Vorbild von den Kindern akzeptierten Lehrerin nicht zu vernachlässigen. Denn das Tragen des Kopftuchs bewegt sich nicht in der Weise im Rahmen des sozial Üblichen, dass es von den Schülern in erster Linie als Kleidungsstück ohne wesentlichen religiösen Bezug wahrgenommen würde. Vielmehr sind, wie das Verwaltungsgericht mit Recht hervorhebt, besonders Grundschüler kaum in der Lage, die religiöse Motivation für das Kopftuchtragen intellektuell zu verarbeiten und sich bewusst für Toleranz oder Kritik zu entscheiden. Die darin liegende Gefahr der religiösen Beeinflussung ist nach Ansicht des Senats daher ungeachtet von dokumentierten Einzelfällen mit dem gebotenen Schutz der negativen Bekenntnisfreiheit der Schüler und ihrer Eltern nicht mehr zu vereinbaren und steht im Gegensatz zum Gebot der Neutralität der Schule auf dem Gebiet der Religion und des Glaubens (vgl. zur Möglichkeit der Beeinflussung von Schülern infolge des religiös motivierten Tragens auffälliger Kleidung durch einen Lehrer - bhagwan-typische Rottöne - BVerwG, Beschluss vom 8.3.1988, NVwZ 1988, 937, 938; BayVGH, Beschluss vom 09.09.1985, NVwZ 1986, 405; OVG Hamburg, Beschluss vom 26.11.1984, NVwZ 1986, 406 = DVBl. 1985, 456).

Hinzu kommt - was der Beklagte in Übereinstimmung mit der ihm erteilten Beurteilungsermächtigung auch angeführt hat und wovon nach Auffassung des Senats weiterhin auszugehen ist - die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass das beabsichtigte Tragen eines Kopftuchs durch die Klägerin im Unterricht die "friedliche Koexistenz" unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen in der Schule beeinträchtigen und daher die aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG herzuleitende Pflicht des Beklagten zu deren Gewährleistung verletzen würde. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer Einstellung der Klägerin als Lehrerin Proteste von Eltern und Schülern, die auf ernsthaften Gründen einer befürchteten ungewollten religiösen Beeinflussung beruhten, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausblieben. Dies wird schon dadurch deutlich, dass es erforderlich wurde, der Klägerin zur Ableistung ihres Referendardienstes eine Schule zu suchen, die Bedenken wegen des etwaigen Auftretens von Konflikten zurückgestellt hat, um der Klägerin ihre Ausbildung zu ermöglichen. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die anhaltende kontroverse öffentliche Diskussion gerade auch des vorliegenden Falles. Die Klägerin räumt die Möglichkeit von Konflikten selbst ein. Mit dem Verwaltungsgericht sieht auch der Senat in der Gefahr von innerschulischen Konflikten ein Hindernis für die umfassende Einsetzbarkeit der Klägerin im Schuldienst des Beklagten; die Einschätzung des Beklagten, darin liege ein Eignungsmangel im Sinne von § 11 Abs. 1 LBG, kann der Senat deshalb nicht beanstanden. Die Bewahrung des religiösen Friedens in der Schule ist eine dem Staat durch Art. 7 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 4 GG eingeräumte - und ihm zugleich auferlegte - Befugnis, die er nach seinem weiten Gestaltungsermessen zur Sicherung angemessener Lernbedingungen ausüben kann. Die bereits vorbeugende Verhinderung religiös bedingter Konflikte in der Schule, wie sie hier nach der Lebenserfahrung hinreichend absehbar sind, stellt ein durch Art. 7 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 4 GG legitimiertes Ziel staatlicher Schulgestaltung und damit ein verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut dar. Die Bewahrung des religiösen Friedens im Schulwesen kann folglich auch Eingriffe in andere Grundrechte wie hier die Bekenntnisfreiheit der Klägerin rechtfertigen. Die insoweit gebotene Abwägung dieses Schutzguts mit der Bedeutung der der Klägerin zustehenden Bekenntnisfreiheit ergibt, dass der Beklagte verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, die angestrebte Vermeidung religiöser Konflikte der Freiheit der religiösen Betätigung der Klägerin im Schulunterricht unterzuordnen. Denn der Erhaltung des religiösen Friedens auch und gerade in der Schule kommt eine gesteigerte Bedeutung zu. Sie ist angesichts der leidvollen historischen Erfahrungen jahrhundertelanger religiöser Auseinandersetzungen eine unerlässliche Voraussetzung des friedlichen Zusammenlebens in der Gesellschaft und deshalb im Schulbereich ein wesentliches Erziehungsziel, das im Rahmen des durch Art. 7 Abs. 1 GG begründeten staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags im Einklang mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verfolgt werden muss. Insbesondere dient die staatliche Gewährleistung des religiösen Friedens dem ungestörten Zusammenleben der Angehörigen der verschiedenen Bekenntnisse und Religionsgemeinschaften, auch und gerade der Minderheiten, und damit zugleich dem Schutz der Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Senats, der Sicherung der "friedlichen Koexistenz" der unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen in der Schule den Vorrang vor der dadurch eingeschränkten Freiheit der Betätigung des religiösen Bekenntnisses der Klägerin einzuräumen, zumal da die Klägerin als beamtete Lehrerin zugleich Vertreterin gerade des Staates wäre, der durch seine Lehrkräfte zur Bewahrung des religiösen Friedens berechtigt und verpflichtet ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine zumutbare Lösung des Konflikts, die sowohl dem Bestreben der Klägerin nach Verwirklichung ihrer Bekenntnisfreiheit als auch den entgegenstehenden berechtigten Belangen der Schüler, ihrer Eltern und des beklagten Landes im Wege des möglichst schonenden Ausgleichs der kollidierenden Grundrechtspositionen Rechnung trägt, nicht möglich. Dem Prinzip der vorsorgenden Neutralität am nächsten kommen zwar Lösungen, die schon zu einer Konfliktvermeidung beitragen, etwa indem sie Konflikten von vornherein die Grundlage entziehen oder für die Betroffenen von vornherein eine Garantie der Freiwilligkeit enthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.10.1979, a.a.O., 241, 242; Beschluss vom 16.05.1995, a.a.O., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.04.1999, a.a.O., 48 ff.). Eine Konfliktvermeidung ist aber - ungeachtet ihrer rechtlichen Ausgestaltung - im vorliegenden Zusammenhang nicht erreichbar. Mit Recht hat der Beklagte dazu vorgetragen und das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das von der Klägerin vorgeschlagene Konfliktlösungsmodell dafür nicht geeignet ist. Es würde dazu führen, dass während des laufenden Schuljahres entweder sie selbst oder die sich durch das Tragen des Kopftuchs beeinträchtigt fühlenden Schüler zur Herbeiführung eines Ausgleichs die Klasse wechseln müssten. Dies würde offensichtlich erhebliche schulorganisatorische Schwierigkeiten hervorrufen, die dem Beklagten bei der auf Optimierung der Unterrichtsbedingungen zielenden Handhabung der ihm verfassungsrechtlich eingeräumten Schulhoheit (Art. 7 Abs. 1 GG) auch bei Würdigung der der Klägerin zustehenden Bekenntnisfreiheit nicht zumutbar sind. Es würde bei dem an Grund- und Hauptschulen vorherrschenden Klassenlehrerprinzip auch bedeuten, dass wegen der durch die Klägerin veranlassten Wechsel der Schüler bzw. ihrer Person in andere Klassen der für die Prägung des Unterrichts im Vordergrund stehende Klassenlehrer während des Schuljahres häufig neue Schüler zugeordnet bekäme, denen gegenüber eine pädagogische Beziehung erst aufgebaut werden müsste. Ferner könnte dadurch, wie bereits die allgemeine Lebenserfahrung nahe legt, die kontinuierliche Vermittlung des Lehrstoffs zum Nachteil der betroffenen Schüler beeinträchtigt werden. Wie das Verwaltungsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, könnte eine Konfliktvermeidung auch nicht dadurch hinreichend zuverlässig erreicht werden, dass bereits vor der Klasseneinteilung für ein bestimmtes Schuljahr die Einstellung der Schüler und Eltern erfragt wird. Denn mit einer derartigen Erhebung könnten, abgesehen von dem mit ihr verbundenen organisatorischen Aufwand, im Einzelfall bisher nicht vorhandene oder nicht aktuelle Konflikte geweckt und gerade dadurch in den Schulbetrieb hineingetragen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.1999, a.a.O., 49, 50). Ferner kann es dem beklagten Land wegen der ihm aus Art. 7 Abs. 1 GG bei der Gestaltung des Schulwesens zustehenden weiten organisatorischen Gestaltungsfreiheit nicht angesonnen werden, der Klägerin über die Ableistung des Referendariats hinaus durch die Auswahl mutmaßlich "konfliktfreier" Schulen bei der Verwirklichung ihrer Bekenntnisfreiheit als Lehrerin behilflich zu sein. Denn nach Überzeugung des Senats besteht an zahlreichen Schulen des beklagten Landes nach den vorstehenden Ausführungen die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Auftretens der von den Behörden und vom Verwaltungsgericht befürchteten religiösen Konflikte zumindest mit einzelnen Schülern und deren Eltern. Im Falle der Einstellung der Klägerin müsste in allen diesen möglichen Konfliktsituationen zur Wahrung der negativen Bekenntnisfreiheit der betroffenen Schüler und Eltern, die ohne Rücksicht auf die Mehrheitsverhältnisse in den jeweiligen Schulklassen dem Charakter des Grundrechts entsprechend als Minderheitenschutz beachtet werden müsste, für die Klägerin eine besondere Lösung, etwa auch an anderen Schulen, gefunden werden. Da Konflikte an zahlreichen Schulen zu erwarten wären, würde die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gebotene Suche nach einem schonenden Ausgleich in diese Richtung die Schulverwaltung in einer dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Erfüllung ihrer Aufgaben zuwiderlaufenden Weise belasten. Dabei ist zu bedenken, dass sich bei einer derartigen Handhabung in der Person der Klägerin ein Präzedenzfall ergeben könnte, auf den sich weitere muslimische Lehrerinnen, die im Unterricht ein religiös motiviertes Kopftuch tragen wollen, bei ihrem Begehren auf Einstellung berufen könnten. Dies würde der Schulverwaltung in einem Ausmaß organisatorische Schwierigkeiten bereiten, zu deren Bewältigung sie angesichts der ihr durch Art. 7 Abs. 1 GG eingeräumten, mit einer weiten Gestaltungsfreiheit versehenen Schulhoheit auch im Interesse einer Optimierung der Unterrichtsbedingungen nicht verpflichtet werden kann. Der Senat teilt daher nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts Lüneburg (a.a.O., 770, 771; ebenso Böckenförde, a.a.O., 728), wonach es wegen der von ihm angenommenen Unsicherheit der Prognosen zur tatsächlichen Entwicklung für die die Einstellung erstrebende Klägerin unzumutbar wäre, von Anfang an auf das Tragen des Kopftuchs verzichten zu müssen, um eingestellt zu werden, und wonach später etwa auftretende Konflikte mit Schülern und Eltern dann durch organisatorische Maßnahmen des Staates gelöst werden müssten.

Der Senat sieht sich mit diesen Erwägungen im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dieser hat mit Entscheidung vom 15.02.2001 (Beschwerde Nr. 42393/98) die mit der Verletzung ihrer Religionsfreiheit begründete Beschwerde einer Schweizer Staatsangehörigen, die als Lehrerin im Schuldienst des Kantons Genf vom Katholizismus zum Islam konvertiert war und danach, wie aus den vorliegenden Sachverhaltsdarstellungen hervorgeht, im Unterricht ein religiös motiviertes, den Hals und die Haare bedeckendes Kopftuch ("foulard islamique") trug, das sie auf Anordnung der Schulverwaltung ablegen sollte, gegen das abweisende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 12.11.1997 (a.a.O.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat der EGMR im Wesentlichen ausgeführt, das Schweizerische Bundesgericht habe nach den Maßstäben des Schweizer Rechts den Schutz der Neutralität staatlicher Schulen und den Schutz der Religionsausübungsfreiheit im Einklang mit der durch Art. 9 EMRK garantierten Religionsfreiheit zu Gunsten des Neutralitätsgebots abgewogen. Die Genfer Behörden hätten den ihnen zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten; die getroffene Maßnahme sei in Anbetracht der Umstände und vor allem des niedrigen Alters der von der Beschwerdeführerin unterrichteten Kinder mithin nicht unverhältnismäßig gewesen. Der erkennende Senat hält den dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt insoweit mit dem vorliegenden Fall für vergleichbar, als dem Gebot der religiösen Neutralität der Schule zum Schutz der negativen Bekenntnisfreiheit jüngerer Schüler, insbesondere solcher im Grundschulalter, und ihrer Eltern der Vorrang vor der Freiheit der Beschwerdeführerin, ihre Religion deutlich sichtbar mit dem Tragen eines Kopftuchs auszuüben, zuerkannt wurde. Dabei ist es entgegen dem Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Fall unerheblich, ob im Kanton Genf eine Trennung von Staat und Religion im Sinne eines strengen Laizismus besteht. Denn das Ausmaß der Trennung von Staat und Religion ist unter dem Blickwinkel des Art. 9 EMRK unerheblich. Auch bei der in der Bundesrepublik Deutschland verfassungsrechtlich vorgegebenen, lediglich "vorsorgenden" religiösen Neutralität des Staates bedeutet eine dadurch begründete angemessene Einschränkung der Bekenntnisfreiheit einer Lehrperson im Schulunterricht keine Verletzung gerade der durch Art. 9 EMRK geschützten Religionsfreiheit. Diese Einschränkung kann nämlich, wie der EGMR ausgeführt hat, in einer demokratischen Gesellschaft, wo mehrere Religionen nebeneinander bestehen, notwendig werden, um den Respekt und die Interessen aller Anschauungen zum Ausgleich zu bringen.

Der erkennende Senat lässt offen, ob die Klägerin auf Grund des von ihr beabsichtigten Tragens des Kopftuches im Unterricht noch in der Lage wäre, den Grundsatz der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) und den staatlichen Auftrag, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG; vgl. EGMR, Entscheidung vom 15.02.2001, a.a.O.; VG Lüneburg, Urteil vom 16.10.2000, a.a.O.; Bader, VBlBW 1998, 361; Langenfeld, Religionsfreiheit zwischen individueller Selbstbestimmung, Minderheitenschutz und Staatskirchenrecht - Völker- und verfassungsrechtliche Perspektiven, Heidelberg, 2001, S. 353), zu erfüllen. Dabei kann, wie auch der Eindruck in der mündlichen Verhandlung des Senats ergeben hat, zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass es sich bei ihr um eine selbständige und selbstbewusste Frau handelt, die sich auch im Berufsleben bewähren will und die durch die Rechts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland eröffneten Möglichkeiten wahrnehmen möchte. Unbeschadet dessen kann es nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Klägerin durch das Tragen des Kopftuchs im Unterricht den von ihr zu unterrichtenden Schülern gleichwohl den dem Gleichberechtigungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) und dem Gleichstellungsauftrag (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) widersprechenden Eindruck einer sich den Männern untergeordnet fühlenden, gesellschaftlich nicht emanzipierten Frau vermitteln würde, weil sie im Unterschied zu Männern sich gehalten sähe, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen. Diese Frage mag aber auf sich beruhen, da es auf ihre Beantwortung nicht entscheidend ankommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Beschluss vom 26. Juni 2001

Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen gemäß § 13 Abs. 4 Buchstabe b GKG i.V.m. § 15 GKG auf je 41.202,52 DM festgesetzt. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist der Familienzuschlag, da er keine ruhegehaltsfähige Zulage darstellt, nicht zu berücksichtigen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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