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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 22.09.2003
Aktenzeichen: 5 S 2550/02
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 1
VwGO § 68 Abs. 1
BauGB § 36 Abs. 1 Satz 1
BauGB § 36 Abs. 2 Satz 2
1. Zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage einer als Baurechtsbehörde zuständigen Gemeinde gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem sie zur Erteilung der beantragten und von ihr - unter Hinweis auf das vom Gemeinderat verweigerte Einvernehmen - abgelehnten Baugenehmigung verpflichtet wird.

2. Lehnt eine Gemeinde (durch ihren Bürgermeister) die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab, weil der Gemeinderat sein Einvernehmen für das nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben verweigert hat, so kann sich die Widerspruchsbehörde darüber nicht mit der Begründung hinwegsetzen, dass bei Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde das formale Einvernehmenserfordernis des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht gelte.

3. Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens ist allerdings dann unbeachtlich, wenn sie vom Gemeinderat erst nach Ablauf der 2-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB erklärt worden ist.

4. Im Anwendungsbereich des § 36 BauGB kann eine Gemeinde nicht über ihre dadurch vermittelten Beteiligungsrechte hinaus unter Berufung auf eine materielle Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit die planungsrechtliche Unzulässigkeit des umstrittenen Bauvorhabens geltend machen.


5 S 2550/02

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Baugenehmigung

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schnebelt und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik und Albers ohne mündliche Verhandlung am 22. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17. Oktober 2002 - 9 K 950/02 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Beigeladene, Eigentümer eines im unbeplanten Innenbereich der Klägerin gelegenen Klosteranwesens, beantragte am 04.07.2000 die Erteilung einer Baugenehmigung zum Anbau eines Außenaufzugs am Klostergebäude und zum Umbau der angrenzenden Bereiche.

Mit Bescheid vom 05.01.2001 lehnte die Klägerin (Baurechts- und Denkmalamt) den - mit dem Landesdenkmalamt abgestimmten - Bauantrag unter Hinweis darauf ab, dass der nach der Hauptsatzung zuständige Technische und Umweltausschuss in seiner Sitzung vom 23.11.2000 das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen verweigert habe und die Baurechtsbehörde sich hierüber nicht hinwegsetzen dürfe.

Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Beigeladene geltend, dass die vom Technischen und Umweltausschuss angeführten Ablehnungsgründe ("Eingriff in die Stadtsilhouette") gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstießen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2002 hob das Regierungspräsidium Freiburg den Ablehnungsbescheid vom 05.01.2001 auf und verpflichtete die Klägerin, die Baugenehmigung antragsgemäß zu erteilen: Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens stehe dem nicht entgegen. Bei Identität von unterer Baurechtsbehörde und Gemeinde - wie hier - komme es auf das formale Erfordernis des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht an. Dessen Zweck sei nur eine qualifizierte Beteiligung der Gemeinde, um deren Planungszuständigkeit zu sichern. Diese Beteiligung sei bei Identität von unterer Baurechtsbehörde und Gemeinde von vornherein gegeben. Bauplanungsrechtlich sei das Vorhaben zulässig; es füge sich in den aus der Umgebung hervorgehenden Rahmen ein.

Gegen den am 02.05.2002 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 27.05.2002 Anfechtungsklage erhoben, der das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 17.10.2002 stattgegeben hat. In den Entscheidungsgründen heißt es im Wesentlichen: Die Beteiligungsregelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB diene der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Gemeinde sei als Trägerin der Planungshoheit befugt, gerade auch in Reaktion auf einen Bauantrag durch eine politische Entscheidung die planungs-rechtlichen Beurteilungsgrundlagen für ein Vorhaben noch zu ändern. Deshalb dürfe die Baurechtsbehörde bei verweigertem Einvernehmen der Gemeinde den Bauantrag nicht positiv bescheiden. Dies gelte auch dann, wenn die Gemeinde zugleich untere Baurechtsbehörde sei, deren Aufgaben als Pflichtaufgaben nach Weisung vom Bürgermeister wahrgenommen würden, und wenn kommunalverfassungsrechtlich der Gemeinderat oder einer seiner beschließenden Ausschüsse, also ein anderes Gemeindeorgan, für die Erteilung des Einvernehmens als einer weisungsfreien Aufgabe zuständig sei. Jedenfalls in dieser Situation sei die Erteilung des Einvernehmens nicht entbehrlich und im Hinblick auf die Planungshoheit der Gemeinde sogar rechtlich geboten. Dies entspreche auch der unter Berücksichtigung der kommunalverfassungsrechtlichen Situation in Baden-Württemberg überwiegend vertretenen Auffassung in der Literatur. Die gegenteilige Meinung des Beklagten reduziere die Beteiligungsregelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Gemeinden mit eigener Baurechtszuständigkeit auf bloße Information und gebe die Entscheidung allein in die Hand des für die Erteilung der Baugenehmigung zuständigen, weisungsgebundenen Gemeindeorgans bzw. der Widerspruchsbehörde. Das Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens werde hier (auch) nicht erst durch die Hauptsatzung der Klägerin begründet, sondern sei nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB der Regelfall. Da das fehlende Einvernehmen der Klägerin auch im Widerspruchsverfahren nicht übergangen werden könne, sei die Klage begründet, ohne dass es auf eine materielle planungsrechtliche Prüfung ankomme.

Gegen das am 25.10.2002 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 04.11.2002 die zugelassene Berufung eingelegt mit dem Antrag,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17. Oktober 2002 - 9 K 950/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: Das Regierungspräsidium als höhere Baurechtsbehörde trete in Übereinstimmung mit dem Wirtschaftsministerium als oberster Baurechtsbehörde weiterhin der Auffassung entgegen, dass auch bei Identität von Gemeinde und unterer Baurechtsbehörde die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB jedenfalls dann nicht entbehrlich sei, wenn für diese weisungsfreie Aufgabe ein anderes Gemeindeorgan zuständig sei als der im Rahmen seiner Baurechtszuständigkeit weisungsgebundene (Ober-)Bürgermeister. Auch in der hier gegebenen Konstellation, die durch die Hauptsatzung der Klägerin geregelt sei, erscheine das Festhalten an dem bundesrechtlich normierten Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens im Hinblick auf die Planungshoheit der Klägerin rechtlich nicht geboten. Bei Identität von Gemeinde und unterer Baurechtsbehörde komme es nicht auf das formale Erfordernis des Einvernehmens an, sondern allein auf die materielle planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens. Zweck der Einvernehmensregelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB sei (nur) eine qualifizierte Beteiligung der für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinde durch die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Behörde, um auf diese Weise die Planungszuständigkeit der Gemeinde zu sichern. Diese solle durch die Einvernehmensregelung in die Lage versetzt werden, von dem Vorhaben Kenntnis zu erhalten und von den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zur Sicherung der Bauleitplanung (Veränderungssperre, Zurückstellung des Baugesuchs) Gebrauch zu machen. Dies sei immer dann gegeben, wenn die Gemeinde selbst Baurechtsbehörde sei. Folge sei, dass ein Bauantrag bei Identität von Gemeinde und unterer Baurechtsbehörde nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfe, der Gemeinderat oder - wie im Falle der Klägerin -ein beschließender Ausschuss habe das Einvernehmen versagt. Entgegen der verwaltungsgerichtlichen Auffassung komme es nicht darauf an, wie das Verfahren innerhalb der Gemeinde ausgestaltet sei; das Baugesetzbuch enthalte hierzu keine Regelungen. Das verwaltungsgerichtliche Urteil werde dem Zweck des Einvernehmenserfordernisses des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht gerecht. Es komme hier nicht auf das formale Erfordernis des Einvernehmens, sondern allein auf eine qualifizierte Beteiligung der für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinde durch die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Behörde an. Wenn die Gemeinde aber Baurechtsbehörde sei, sei diese Beteiligung ohne Rücksicht auf sonstige Satzungsregelungen immer gesichert. Eine Differenzierung nach interner Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Gemeinde sei nicht angezeigt. Die Gemeinde sei als Trägerin öffentlicher Verwaltung hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem Baugesetzbuch als Einheit zu sehen. Auch und gerade der Gesichtpunkt einer ökonomischen und zielgerichteten Verwaltung spreche für die mit der Berufung vertretene Auffassung.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Die Einvernehmensregelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erfordere eine Beteiligung der Gemeinde auch dann, wenn diese mit der unteren Baurechtsbehörde identisch sei und der Gemeinderat oder - wie hier nach der Hauptsatzung - einer seiner beschließenden Ausschüsse für die Erteilung des Einvernehmens zuständig sei, während die Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde als Weisungsaufgaben vom (Ober-)Bürgermeister und damit von einem anderen Organ wahrgenommen würden. Sinn und Zweck der Einvernehmensregelung sei die Sicherung der kommunalen Planungshoheit. Diese sei nicht nur in Gefahr, wenn Gemeinde und untere Baurechtsbehörde nicht identisch seien. Die Gefahr einer Einschränkung der kommunalen Planungshoheit bestehe vielmehr auch dann, wenn Gemeinde und untere Baurechtsbehörde identisch seien, aber für die Erteilung des Einvernehmens kommunalverfassungsrechtlich ein anderes Organ zuständig sei als für die Erteilung der Baugenehmigung. Diese Gefahr zeige gerade der vorliegende Fall. Würde auf das Erfordernis des Einvernehmens verzichtet, hätte dies zur Folge, dass die Gemeinde als untere Baurechtsbehörde trotz entgegenstehenden Votums des Gemeinderats oder eines beschließenden Ausschusses von der Aufsichtsbehörde bzw. von der Widerspruchsbehörde angewiesen werden könnte, die Baugenehmigung zu erteilen. Das Erfordernis des Einvernehmens scheide schon rein begrifflich nur dann aus, wenn ausnahmsweise ein und dasselbe Gemeindeorgan für beide Entscheidungen zuständig sei, was hier nicht der Fall sei. Bei einer Gemeinde, die nicht selbst untere Baurechtsbehörde sei, müsse die förmliche Einvernehmenserklärung vorliegen. Ohne diese müsse der Bauantrag durch die untere Baurechtsbehörde bzw. die Widerspruchsbehörde abgelehnt werden. Bei Zugrundelegung der Auffassung des Beklagten sei dies bei einer Gemeinde, die zugleich untere Baurechtsbehörde sei, also in der Regel bei Stadtkreisen und Großen Kreisstädten, nicht der Fall. Ein ablehnendes Votum des Gemeinderats oder eines beschließenden Ausschusses führte dann nicht zwangsläufig zur Ablehnung des Baugesuchs. Die Planungshoheit als wesentlicher Pfeiler der Selbstverwaltungsgarantie gelte aber für alle Gemeinden. Dass der Technische und Umweltausschuss sein Einvernehmen erst nach Ablauf der 2-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB verweigert habe, wirke nicht zu Lasten der Gemeinde. Denn darin liege konkludent ein (zulässiger) Widerruf des fingierten Einvernehmens. Auf jeden Fall könne sie eine materielle Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit geltend machen, da das Vorhaben des Beigeladenen planungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 BauGB - vor allem wegen einer Beeinträchtigung des Ortsbildes - unzulässig sei.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er unterstützt die Haltung des Beklagten und meint: Das verwaltungsgerichtliche Urteil lenke vom Kernproblem des Streits ab; nicht die Klägerin sei in ihren Rechten verletzt, vielmehr verletze die Klägerin ihrerseits durch Missachtung der nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB allein zulässigen Ablehnungsgründe ihn - den Beigeladenen - in seinen Rechten; die Beratungs- und Beschlusspraxis des Technischen und Umweltausschusses des Gemeinderats der Klägerin sei willkürlich und vom Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde zu Recht korrigiert worden.

Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten vor; hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die nach Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Klage abweisen müssen, da der angefochtene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 25.04.2002 die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die auf Aufhebung des genannten Widerspruchsbescheids gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Mit dieser Entscheidung hat das Regierungspräsidium Freiburg als Widerspruchsbehörde zwar nicht selbst dem Beigeladenen - auf dessen Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Klägerin vom 05.01.2001 hin - die am 04.07.2000 beantragte Baugenehmigung zum Anbau eines Außenaufzugs am Klostergebäude erteilt oder das vom Technischen und Umweltausschuss des Gemeinderats der Klägerin am 23.11.2000 versagte Einvernehmen i. S. des § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ersetzt, womit unzweifelhaft eine rechtliche Regelung mit Außenwirkung gegenüber der - in ihrer Planungshoheit betroffenen - Klägerin und damit ein anfechtbarer Verwaltungsakt i. S. des § 35 Satz 1 LVwVfG vorläge. Vielmehr hat das Regierungspräsidium Freiburg als Widerspruchsbehörde die Klägerin unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 05.01.2001 als Baurechtsbehörde verpflichtet, dem Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung zu erteilen (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise BVerwG, Urt. v. 10.12.1970 - VIII C 97.70 - BVerwGE 37, 47). Auch eine solche "verpflichtende" Widerspruchsentscheidung verbleibt unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden materiellen Rechts mit ihren Rechtswirkungen nicht im staatlichen Innenbereich und berührt die Klägerin nicht nur in ihrer erstinstanzlichen Kompetenz als untere Baurechtsbehörde. Vielmehr greift sie auf den rechtlich geschützten Bereich der Klägerin in Selbstverwaltungsangelegenheiten, nämlich in deren Planungshoheit, über (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1988 - 8 C 9.87 - BayVBl. 1989, 247), wie dies auch bei einer auf das gleiche Ziel gerichteten fachaufsichtlichen Weisung des Regierungspräsidiums Freiburg als höherer Baurechtsbehörde (§ 46 Abs. 1 Nr. 2 LBO) gegenüber der Klägerin als unterer Baurechtsbehörde (§ 46 Abs. 1 Nr. 3 LBO, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG, § 131 Abs. 2 GemO) der Fall wäre (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 14.12.1994 - 11 C 4.94 - DVBl. 1995, 744). Durch die ausgesprochene Verpflichtung der Klägerin zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung und die damit einhergehende Bindung an die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens durch die Widerspruchsbehörde wird der Klägerin gerade auch als Trägerin der Planungshoheit verwehrt, im Genehmigungsverfahren über § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB einen abweichenden bauplanungsrechtlichen Standpunkt einzunehmen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.03.2002 - 2 B 00.3129 - BayVBl. 2003, 210).

Aus den Darlegungen zur rechtlichen Außenwirkung des angefochtenen Widerspruchsbescheids vom 25.04.2002 gegenüber der Klägerin (als Trägerin der Planungshoheit) folgt zugleich deren Klagebefugnis i. S. des § 42 Abs. 2 VwGO. Die Klägerin kann - ausnahmsweise - gegenüber der Widerspruchsbehörde geltend machen, durch den sie als Baurechtsbehörde verpflichtenden Widerspruchsbescheid in ihrer Planungshoheit bzw. in ihrem daraus abgeleiteten Beteiligungsrecht nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB verletzt zu sein. Insofern genügt für § 42 Abs. 2 VwGO die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung.

Die Entbehrlichkeit der Durchführung eines (erneuten) Widerspruchsverfahrens folgt aus § 68 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, da der Widerspruchsbescheid vom 25.04.2002 gegenüber der Klägerin erstmalig eine Beschwer enthält.

2. Die danach zulässige Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 25.04.2002 verletzt die Klägerin (im Ergebnis) nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar wird eine Gemeinde grundsätzlich in ihrer Planungshoheit verletzt, wenn sie von der Widerspruchsbehörde zur Erteilung der Baugenehmigung für ein Vorhaben verpflichtet wird, für das sie ihr gemeindliches Einvernehmen verweigert hat (a). Das gilt jedoch dann nicht, wenn die Verweigerung des Einvernehmens nach Ablauf der 2-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB erfolgt ist (b).

a) Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird über die Zulässigkeit von Vorhaben nach §§ 31, 33 bis 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden; gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf das Einvernehmen der Gemeinde nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen verweigert werden. Bei dieser Mitwirkung im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB handelt die Gemeinde in Ausübung ihrer Planungshoheit. Die Mitwirkung dient dazu, die gemeindliche Planungshoheit zu sichern und die Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Planungshoheit - und damit als Trägerin eigener Rechte (Art. 28 Abs. 2 GG) - in das Baugenehmigungsverfahren einzubeziehen. Neben der Forderung nach einer Beteiligung der Gemeinde überhaupt macht § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Erteilung der beantragten Baugenehmigung (darüber hinaus) von der Herstellung des Einvernehmens mit der Gemeinde abhängig. In Ansehung der planungsrechtlichen Beurteilung eines Vorhabens kann sich die Baugenehmigungsbehörde also nicht über den Willen der Gemeinde hinwegsetzen, sondern muss im Falle einer Verweigerung des Einvernehmens das Baugesuch ablehnen, vorbehaltlich der Möglichkeit der Ersetzung eines rechtswidrig verweigerten Einvernehmens nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB oder im Wege der Kommunalaufsicht nach §§ 118 ff. GemO. In planungsrechtlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber mit § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB der Gemeinde also eine (mit-)entscheidende Beteiligung zukommen lassen. Als Trägerin der Planungshoheit ist sie befugt, gerade auch in Reaktion auf einen Bauantrag durch Verweigerung des Einvernehmens die Erteilung der Baugenehmigung zu verhindern und sodann durch eine kommunalpolitische Entscheidung die Grundlagen für die planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens zum Nachteil des Bauwilligen zu ändern und eine so veränderte planungsrechtliche Situation, auch im Rahmen einer nachfolgenden auf Erteilung der Baugenehmigung gerichteten Verpflichtungsklage, dem Vorhaben erfolgreich entgegen zu halten (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 54.87 - Buchholz 406.11 § 21 BBauG Nr. 22). Eine Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens reicht nämlich bis in das (vorgelagerte) Widerspruchsverfahren des Bauwilligen hinein und hindert auch die Widerspruchsbehörde an einer stattgebenden Entscheidung, gleich in welcher Form (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556). Gegen eine gleichwohl ohne ihr Einvernehmen erteilte Baugenehmigung kann die Gemeinde mit Erfolg Anfechtungsklage erheben. Der Verstoß gegen § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB verletzt die Gemeinde per se in ihrer dadurch vermittelten Rechtsposition zur Sicherung der Planungshoheit, unabhängig davon, ob das zur Genehmigung gestellte Vorhaben nach den einschlägigen planungsrechtlichen Vorschriften zulässig ist und die Gemeinde deshalb ihr Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht hätte verweigern dürfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.1975 - IV C 184.65 - BVerwGE 22, 342).

Mit der Forderung nach Herstellung eines Einvernehmens macht § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Zulässigkeit der Erteilung der beantragten Baugenehmigung von einer Willensübereinstimmung zwischen Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde abhängig. Die Herstellung des Einvernehmens setzt also ihrem Wesen nach eine Willensübereinstimmung zweier verschiedener Willensträger voraus. Aus der Sicht des Bundesgesetzgebers bestand nur Veranlassung, das der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit dienende Beteiligungsrecht der Gemeinde in seiner (mit-)entscheidenden Wirkung im Verhältnis zur Baugenehmigungsbehörde eines anderen Rechtsträgers zu gewährleisten. Ein Bedürfnis für die Einführung eines Verfahrens zur gemeindeinternen Abstimmung für den Fall, dass die Gemeinde - als Stadtkreis (§ 46 Abs. 1 Nr. 3 LBO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG) oder als Große Kreisstadt (§ 46 Abs. 1 Nr. 3 LBO, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) oder nach § 46 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LBO - untere Baurechts- und damit Genehmigungsbehörde ist, bestand nicht. Demgemäß entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB die dort vorgesehene förmliche Handhabung der Herstellung des Einvernehmens nicht fordert, wenn die Gemeinde selbst für die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist (vgl. Urt. v. 16.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268, Beschl. v. 16.12.1969 - IV B 121.69 - DÖV 1970, 349 u. Urt. v. 21.06.1974 - IV C 17.72 - BVerwGE 45, 207). Das gilt jedenfalls dann, wenn nicht nur die Gemeinde Baugenehmigungsbehörde ist, sondern wenn überdies die an einem Zusammenwirken nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB beteiligten Zuständigkeiten dem gleichen Gemeindeorgan übertragen sind. Dann nämlich scheidet die Herstellung einer Willensüber-einstimmung schon rein tatsächlich aus (vgl. auch Senatsurt. v. 15.03.1995 - 5 S 2000/94 - VBlBW 1996, 28). So liegt es hier indes nicht. Zuständig für die Erteilung der Baugenehmigung ist der (Ober-)Bürgermeister der Klägerin, der innerhalb der Gemeinde die Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde gemäß § 13 Abs. 3 LVG als Pflichtaufgaben nach Weisung erledigt. Er ist jedoch nicht (zugleich) als Träger der kommunalen Planungshoheit zuständig für die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB, da es sich hierbei - unstreitig - nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung i. S. des § 44 Abs. 2 Satz 1 GemO handelt und ihm die Erledigung dieser Angelegenheit auch nicht nach § 44 Abs. 2 GemO durch die Hauptsatzung dauernd übertragen worden ist. Vielmehr ist insoweit nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO der Gemeinderat der Klägerin zuständig, der allerdings - gestützt auf § 39 Abs. 1 GemO - nach §§ 5 und 9 der Hauptsatzung i. V. m. Nr. 26 der Tabelle zu § 5 die Erteilung des Einvernehmens dem Technischen und Umweltausschuss zur ausschließlichen Erledigung übertragen hat. Damit entscheidet dieser Ausschuss gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 GemO selbständig an Stelle des Gemeinderats über die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

Für den Fall, dass folgend aus dem Kommunalverfassungsrecht die Zuständigkeit für die Erteilung der Baugenehmigung, die in Baden-Württemberg immer beim Bürgermeister liegt, und die Zuständigkeit für die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB, die hier beim Technischen und Umweltausschuss des Gemeinderats der Klägerin liegt, auf verschiedene Gemeindeorgane verteilt sind, ist die Herbeiführung einer Willensübereinstimmung durch beiderseitige förmliche Erklärungen ohne weiteres denkbar. Denn mit den beiden Gemeindeorganen Bürgermeister und Gemeinderat (beschließender Ausschuss) gibt es auch zwei verschiedene Willensträger, wie sie von dem in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB normierten Einvernehmen als wesensgemäß vorausgesetzt werden. Gleichwohl hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. die bereits erwähnten Entscheidungen vom 16.12.1969 - IV B 121.69 - a.a.O. u. v. 21.06.1974 - IV C 17.72 - a.a.O.) erkannt, dass § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Herbeiführung einer Willensübereinstimmung durch Abgabe förmlicher Erklärungen in Gestalt einer gemeindeinternen Abstimmung zwischen den beiden Organen nicht erfordert. Das Gesetz untersagt eine solche Handhabung allerdings auch nicht. Sie liegt zudem nahe. Da nämlich das Zusammentreffen von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht zu einer Schmälerung derjenigen Rechtsstellung führen darf, die die Gemeinde sonst hätte, muss in dem einen wie in dem anderen Fall die Verweigerung des Einvernehmens als möglicher Grund für die Versagung der Baugenehmigung durchgreifen. Die Tatsache, dass § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB dort, wo die Gemeinde zugleich Baugenehmigungsbehörde ist, eine förmliche Herstellung des Einvernehmens nicht fordert, schließt nicht aus, dass sich das für die Planung zuständige Gemeindeorgan zu einem Bauvorhaben "aus planerischer Sicht" erklärt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.1969 - IV B 121.69 - a.a.O).

Vor diesem Hintergrund des Verbots einer Schmälerung der gemeindlichen Rechtsposition erscheint fraglich, ob § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB - der Wortlaut steht nicht entgegen - für diesen Fall nicht doch auch förmlich die Herstellung des Einvernehmens fordert. Denn die Gefahr der Einschränkung bzw. Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit besteht nicht nur, wenn Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht identisch sind, sondern auch dann, wenn bei Identität für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB als einer weisungsfreien Angelegenheit kommunalverfassungsrechtlich ein anderes Organ - hier der Gemeinderat (beschließender Ausschuss) - zuständig ist als für die Erteilung der Baugenehmigung (Bürgermeister) als einer nach § 25 LVG der staatlichen Fachaufsicht unterliegender und damit weisungsgebundener Angelegenheit (vgl. Gern in VBlBW 1986, 453). Es besteht also durchaus die Möglichkeit bzw. - aus der Sicht der gemeindlichen Planungshoheit - die Gefahr, dass die planerischen Belange der Gemeinde, die § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB "mit Vorrang" schützen will - gerade auch mit der Möglichkeit, durch Versagung des Einvernehmens ein an sich zulässiges Vorhaben in Interesse einer anderweitig ins Auge gefassten städtebaulichen Entwicklung zu verhindern (vgl. hierzu BVerwG Urt. v. 19.11.1965 - IV C 184.65 - a.a.O.) -, ohne Einräumung eines entsprechenden Mitwirkungsrechts des zuständigen Gemeindeorgans keine Berücksichtigung finden könnten.

Selbst wenn man bei gemeindeinterner Zuständigkeitsverteilung in Einklang mit dem Bundesverwaltungsgericht das förmliche Einvernehmensverfahren nicht als von § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB gefordert ansehen will, bleibt es bei der Beachtlichkeit des sich aus dieser Vorschrift zugleich ergebenden materiellen Einvernehmenserfordernisses. Da - wie dargelegt - die Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht zu einer Schmälerung der für die Gemeinde aus ihrer Planungshoheit folgenden Rechtsposition führen darf, muss auch in diesem Fall die - zulässigerweise erfolgte - Versagung des gemeindlichen Einvernehmens als Grund für die Ablehnung der beantragten Baugenehmigung durchgreifen. So liegt es hier. Der nach der Hauptsatzung der Klägerin hierfür zuständige Technische und Umweltausschuss hat in seiner Sitzung vom 23.11.2000 aus planerischen Erwägungen das Einvernehmen zum Vorhaben des Beigeladenen nicht erteilt. Allein unter Hinweis auf diese Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens und dessen Bindungswirkung hat die Klägerin durch ihren (Ober-)Bürgermeister als Genehmigungsbehörde mit Bescheid vom 05.01.2001 den Bauantrag des Beigeladenen abgelehnt. Dass das Fehlen des gemeindlichen Einvernehmens der tragende Versagungsgrund (gewesen) ist, muss hier nicht erst durch Auslegung des Ablehnungsbescheids der Klägerin vom 05.01.2001 ermittelt werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 11.11.1968 - IV B 55.68 - DÖV 1969, 146); dies ist eindeutig.

Wie die Klägerin durch ihren (Ober-)Bürgermeister als Baugenehmigungsbehörde so hat auch die Widerspruchsbehörde die vom Technischen und Umweltausschuss des Gemeinderats erklärte Versagung des gemeindlichen Einvernehmens als Ablehnungsgrund hinzunehmen. Das Regierungspräsidium Freiburg durfte sich im Widerspruchsbescheid vom 25.04.2002 also nicht über das ausdrücklich verweigerte Einvernehmen der Klägerin als Trägerin der Planungshoheit hinwegsetzen und die Klägerin als Baurechtsbehörde zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung verpflichten, weil es das Vorhaben des Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB für zulässig gehalten hat. Die Widerspruchsbehörde hat den Regelungsgehalt des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB unzulässigerweise dahin eingeschränkt, dass damit "nur eine qualifizierte Beteiligung der für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinde" bezweckt sei und dass "diese Beteiligung von vornherein gegeben" sei, wenn die Gemeinde - wie hier die Klägerin - selbst Baurechtsbehörde sei. Damit hat die Widerspruchsbehörde den dargelegten, aus der gemeindlichen Planungshoheit folgenden materiellen Gehalt der Einvernehmensregelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB verkannt. Eine solche Sichtweise führte auch zu einer unterschiedlichen Gewichtigkeit der kommunalen Planungshoheit. Bei einer (kleinen) Gemeinde, die nicht selbst Baurechtsbehörde ist, hätte das städtebaulich ablehnende Votum des hierfür zuständigen Organs (Gemeinderat) zur Folge, dass die staatliche Genehmigungsbehörde den Bauantrag ablehnen müsste. Bei einer (großen) Gemeinde - wie einem Stadtkreis oder einer Großen Kreisstadt - führte die Verweigerung des planerischen Einvernehmens durch das zuständige Organ (Gemeinderat) nicht zwingend zur Ablehnung des Baugesuchs durch den (Ober-)Bürgermeister. Einen Rechtfertigungsgrund für eine solch unterschiedliche Gewichtigkeit der gemeindlichen Planungshoheit als Bestandteil des verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Selbstverwaltungsrechts, das jeder Gemeinde zusteht, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde, die zur "Ausblendung" des von der Klägerin verweigerten Einvernehmens durch die Widerspruchsbehörde geführt hat, im Widerspruchsverfahren - als einem dem Ausgangsverfahren nachgeschalteten Verwaltungs-verfahren - (gerade) nicht mehr gegeben ist. Durch die Einlegung des Widerspruchs fällt die Sachentscheidungskompetenz in Bezug auf den damit geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung der staatlichen Widerspruchsbehörde zu (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 11. Aufl., RdNrn. 12 und 16 zu § 68). Das Schutzbedürfnis der Gemeinde im Hinblick auf ihre Planungshoheit, dem die Einvernehmensregelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB Rechnung tragen will, würde unterlaufen, wenn nunmehr die staatliche Widerspruchsbehörde (als Behörde eines anderen Rechtsträgers) dem Baugesuch - in welcher Form auch immer - stattgeben könnte, obwohl die Gemeinde aus planerischer Sicht ihr Einvernehmen verweigert hat.

b) Die - danach auch die Widerspruchsbehörde grundsätzlich bindende -Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens seitens der Klägerin ist hier allerdings deshalb unbeachtlich, weil sie erst nach Ablauf der in § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB enthaltenen Frist erklärt worden ist. Nach dieser Vorschrift gilt das Einvernehmen der Gemeinde als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird (1. Halbsatz); dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist (2. Halbsatz). Letzteres ist hier der Fall. Nach § 52 Abs. 1 LBO ist der schriftliche Bauantrag (nebst Bauvorlagen) bei der Gemeinde einzureichen. Das ist hier am 04.07.2000 bei der Klägerin geschehen. Die 2-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB für eine Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens ist danach am 04.09.2000 abgelaufen. Das ablehnende Votum des zuständigen Technischen und Umweltausschusses des Gemeinderats der Klägerin stammt demgegenüber erst vom 23.11.2000. Eine Fristverlängerung ist nicht möglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 - 4 C 24.95 - NVwZ 1997, 900 = DÖV 1997, 550 = DVBl. 1997, 827), übrigens auch nicht beantragt worden.

Die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist auch dann anwendbar, wenn - wie hier - die Gemeinde mit der Genehmigungsbehörde identisch ist. Der gegenteiligen Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urt. v. 13.03.2002 - 2 B 00.3129 - a.a.O.) zur Unanwendbarkeit der Fiktionsregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, weil bei Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde das Einvernehmenserfordernis nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht bestehe, vermag der Senat nicht zu folgen. Wie im Baugenehmigungsverfahren die gemeindliche Planungshoheit in materieller Hinsicht bei einem ablehnenden städtebaulichen Votum des zuständigen Gemeindeorgans nicht deshalb "unter den Tisch fallen" kann, weil die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist, kann die Gemeinde in diesem Fall aber auch keine Besserstellung gegenüber einer Kommune erfahren, die nicht selbst als Baurechtsbehörde fungiert. Das aber wäre der Fall, wenn § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB vorliegend nicht zur Anwendung käme. Zwar fordert - wie dargelegt - § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde nicht das förmliche Einvernehmensverfahren, die Vorschrift schließt es aber auch nicht aus und lässt das materielle Einvernehmenserfordernis unberührt. Es ist nun kein Grund dafür ersichtlich, weshalb das nicht als Baugenehmigungsbehörde fungierende Gemeindeorgan (Gemeinderat/beschließender Ausschuss), dem die Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens obliegt, die hierbei auf die planerische Zulässigkeit des Vorhabens beschränkte Prüfung (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB) nicht innerhalb der 2-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB soll vornehmen können und müssen. Aus der Sicht des zuständigen Gemeindeorgans (Gemeinderat/beschließender Ausschuss) macht es keinen Unterschied, ob der Bürgermeister der Gemeinde oder eine staatliche Behörde die (Außen-)Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung trifft. In beiden Fällen hat die Baugenehmigungsbehörde das gleiche Interesse, fristgerecht zu erfahren, ob das gemeindliche Einvernehmen aus planerischer Sicht verweigert wird und sie schon deshalb zur Ablehnung des Baugesuchs verpflichtet ist. Auch der Bauwillige, dem das Beschleunigungsinteresse in erster Linie zugute kommt, kann in beiden Fällen gleichermaßen darauf vertrauen, dass über eine Teilfrage des Baugenehmigungsverfahrens - nämlich über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens - innerhalb der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB Klarheit geschaffen wird (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 - 4 C 24.95 - a.a.O.). Dem Argument des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Gemeinde, die selbst über die Erteilung der Baugenehmigung zu entscheiden habe, anders als die Gemeinde, die nicht selbst Genehmigungsbehörde sei, einer Verpflichtungsklage des Bauwerbers in Form der Untätigkeitsklage ausgesetzt sei und dass die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ihre innere Rechtfertigung daraus beziehe, dass der Bauwerber gegenüber der nach außen nicht in Erscheinung tretenden Gemeinde keine Rechtsschutzmöglichkeit habe, um auf eine Beschleunigung hinzuwirken, vermag der Senat nicht zu folgen. Auf die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann - mangels (rechtlicher) Außenwirkung - nie selbständig geklagt werden, und die aus Beschleunigungsgründen eröffnete Rechtsschutzmöglichkeit der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO ist unabhängig vom Rechtsträger der Baugenehmigungsbehörde, die die abschließende (Außen-) Entscheidung trifft. Wird danach die Gemeinde mit einer Untätigkeitsklage überzogen, dann geschieht dies deshalb, weil der als Baurechtsbehörde fungierende Bürgermeister - aus der Sicht des Bauwilligen unzulässigerweise - noch keine (abschließende) Entscheidung über das Baugesuch getroffen hat. Bei einer solchen Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage, die regelmäßig erst nach drei Monaten erhoben werden kann, spielt die Frage einer fristgerechten Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ebenso wenig eine Rolle wie bei einer entsprechenden Verpflichtungsklage gegen den Rechtsträger der untätig gebliebenen staatlichen Baurechtsbehörde. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall um die Rechtsposition der Klägerin als Trägerin der gemeindlichen Planungshoheit im Hinblick auf das von ihr versagte Einvernehmen für das Vorhaben des Beigeladenen. Die sich bei nicht fristgerechter Verweigerung nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB für die Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit nachteilig auswirkende Einvernehmensfiktion entfällt nicht deshalb, weil sie zudem durch ihren Bürgermeister weitergehend und nach außen abschließend über den Bauantrag zu entscheiden hat.

Die Klägerin kann ferner nicht mit Erfolg einwenden, dass in der ausdrücklichen Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach Ablauf der 2-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB konkludent der Widerruf eines nach dieser Vorschrift "fingierten" Einvernehmens liegt. Denn die Erteilung des Einvernehmens oder das erteilt geltende Einvernehmen können nicht widerrufen werden, da dies den Sinn der Regelung, innerhalb der Frist klare Verhältnisse über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen, leer laufen ließe (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 - 4 C 24.95 - a.a.O.).

Schließlich kann die Klägerin nicht damit durchdringen, dass es ihr trotz "fingierten" Einvernehmens unbenommen sei, wegen materieller Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit Klage gegen die (im Widerspruchsbescheid ausgesprochene Verpflichtung zur) Erteilung der Baugenehmigung zu erheben. Zwar trifft es zu, dass das Regierungspräsidium Freiburg die Unbeachtlichkeit des von der Klägerin versagten Einvernehmens unzulässigerweise allein damit begründet hat, dass dieses wegen der gegebenen (qualifizierten) Beteiligung der Klägerin als zuständiger Baugenehmigungsbehörde verfahrensrechtlich nicht erforderlich gewesen sei. Das ändert aber nichts daran, dass die Widerspruchsbehörde das versagte Einvernehmen der Klägerin wegen der Fiktionswirkung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB im Ergebnis zu Recht nicht als bindenden Versagungsgrund für die Erteilung der beantragten Baugenehmigung angesehen hat. Im Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann sich die Klägerin aber nicht über ihre dadurch vermittelten Beteiligungsrechte hinaus auf eine materielle Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit als solche berufen und gegenüber dem Vorhaben des Beigeladenen einwenden, dass es nach § 34 Abs. 1 BauGB unzulässig sei, weil es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und überdies das Ortsbild beeinträchtige. Hieran ist die Gemeinde auch durch ein nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt geltendes Einvernehmen gehindert (vgl. BayVGH, Urt. v. 26.03.1999 - 26 ZS 99.507 - NVwZ-RR 2000, 84 = BauR 1999, 1015). Bei Eintritt der Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bleibt es der Gemeinde unbenommen, ihre planungsrechtlichen Bedenken gegen das Vorhaben der Genehmigungsbehörde mitzuteilen, um so auf eine Ablehnung des Baugesuchs hinzuwirken (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 - 4 C 24.95 - a.a.O.). Eine auf die materielle Planungshoheit gestützte Rechtsschutzmöglichkeit steht der Gemeinde im Fall einer (gleichwohl erfolgten) Erteilung der Baugenehmigung jedoch nicht zu. Gleiches gilt für die vorliegende Konstellation der Verpflichtung der Gemeinde zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung durch die staatliche Widerspruchsbehörde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist zuzulassen, da die Frage der Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde und divergierender gemeindeinterner Zuständigkeiten von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 4.000,-- EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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