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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 14.09.2001
Aktenzeichen: 5 S 2869/99
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, BImSchG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 5 Satz 1
BauGB § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1
BauGB § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7
BauGB § 1a Abs. 1
BauGB § 1a Abs. 3
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 11
BauNVO § 4
BImSchG § 41
BImSchG § 50
1. Auch bei der Straßenplanung durch Bebauungsplan gehören Trassenvarianten, die sich auf Grund der örtlichen Verhältnisse von selbst anbieten, während des Planverfahrens vorgeschlagen werden und sonst ernsthaft in Betracht kommen, zum Abwägungsmaterial. Sie sind mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzubeziehen. Insoweit gelten die für die straßenrechtliche Planfeststellung entwickelten Maßstäbe entsprechend.

2. Das Städtebaurecht, insbesondere § 1 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BauGB sowie § 4 BauNVO, schließt die bauleitplanerische Zulassung von Pkw- und Lkw-Durchgangsverkehr auf einer durch ein allgemeines Wohngebiet führenden Hauptsammelstraße nicht absolut aus.

3. Sind in Ortsrandlage gewerblich und zu Wohnzwecken genutzte Flächen - geplant - nebeneinander entstanden, war die Anbindung der Gewerbegebiete an das überörtliche Straßennetz über eine durch ein allgemeines Wohngebiet verlaufende breite Hauptsammelstraße von vornherein beabsichtigt, ist sie durch den plangemäßen Ausbau dieser Straße bereits vorbereitet und fehlt nur noch der "Lückenschluss" - hier in Gestalt einer Brücke -, hat eine solche Trasse in der Variantenprüfung bei der Planung einer örtlichen Umgehungsstraße selbst dann größeres Gewicht, wenn dieser Zustand aus Planungsfehlern resultieren sollte. Wird dieses Gewicht noch durch den Ausbauzustand der Hauptsammelstraße, das Bodenschutzgebot nach § 1 a Abs. 1 BauGB und durch erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft, die mit der festgesetzten Trasse verbunden wären, verstärkt, darf die Hauptsammelstraße nicht allein mit allgemeinen städtebaulichen Ordnungsvorstellungen ohne intensivere Überprüfung ihrer Vor- und Nachteile im Vergleich zur festgesetzten Trasse zu Lasten einer Beeinträchtigung umweltschützender Belange von erheblichem Gewicht verworfen werden.

4. Zum Verkehrslärmschutz bei der Straßenplanung durch Bebauungsplan.

5. Sollen dauerhafte Eingriffe in Natur und Landschaft durch Maßnahmen "auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen" i. S. des § 1a Abs. 3 Satz 3 BauGB ausgeglichen werden, muss die Gemeinde beim Satzungsbeschluss Eigentümerin der betreffenden Flächen sein oder es muss in sonstiger Weise zumindest ein zeitlich unbefristetes Verfügungsrecht der Gemeinde über diese Flächen gesichert sein (wie VGH Bad.-Württ., NK-Urt. v. 17.05.2001 - 8 S 2603/00 -).


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

5 S 2869/99

Verkündet am 14.09.2001

In der Normenkontrollsache

wegen

Gültigkeit des Bebauungsplans "Nordumgehung Söllingen" vom 29.06.1999

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Lutz und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik, Harms, Schenk und Rieger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bebauungsplan "Nordumgehung Söllingen" der Gemeinde Pfinztal vom 29. Juni 1999 wird für nichtig erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des angegriffenen Bebauungsplans ist der Neubau einer Umgehungsstraße am Nordrand des Ortsteils Söllingen der Antragsgegnerin.

Söllingen liegt im Pfinztal, südlich des Ortsteils Berghausen der Antragsgegnerin. Es wird im Westen von der B 10, im Osten von der Bahn- und Stadtbahnlinie Karlsruhe-Pforzheim und dazwischen vom Gewässerbett der Pfinz von Nord nach Süd durchschnitten. Die Siedlungsflächen östlich der Pfinz, in denen auch Gewerbegebiete liegen, sind an das überörtliche Straßennetz nur über die Bahnhofstraße angebunden, die im Ortsetter auf der einzigen Straßenbrücke die Pfinz überquert und in die B 10 einmündet. Dabei führt der Verkehr von den Straßen östlich der Bahnlinie, zu dem auch Durchgangsverkehr vom und zum Ortsteil Wöschbach gehört, gebündelt über einen schienengleichen Bahnübergang auf die Bahnhofstraße. Nördlich dieses Übergangs gibt es in der Straße Im Bahnwinkel, welche die östlich der Bahnlinie gelegene Wesebachstraße mit der Reetzstraße westlich der Bahnlinie verbindet, noch eine ca. 4 m breite Bahnunterführung, die aber wegen ihrer geringen lichten Höhe von ca. 3 m für Lkw nicht nutzbar ist. Der Verkehr zwischen Pfinz und Bahnlinie fließt über die Reetzstraße zur Bahnhofstraße. Die Reetzstraße führt aus Gewerbegebieten im Norden Söllingens durch Wohnbebauung im Gewann Wiesenäcker zur Bahnhofstraße, in die sie beim Bahnübergang einmündet. Verkehrszählungen im April 1998 ergaben folgende Querschnittsbelastungen in Kfz/24h: Am Bahnübergang 4.880, in der Bahnhofstraße 6.200 bis 6.600, in der Reetzstraße 2.140 bis 2.460 und in der Straße Im Bahnwinkel 780; der Lkw-Anteil betrug in der Bahnhofstraße ca. 4,4% und in der Reetzstraße ca. 12,2%.

Die Gewerbegebiete an der Reetzstraße wurden mit den Bebauungsplänen "Hochwiesen" vom 24.01.1969 und "Hochwiesen Gewerbegebiet II" vom 15.12.1972 ausgewiesen. Der Bebauungsplan "Hochwiesen" setzt im Süden ein allgemeines Wohngebiet, im Norden ein Gewerbegebiet und auf einem dazwischen liegenden freien Streifen teilweise Dauerkleingärten fest. Außerdem weist er eine bislang nicht verwirklichte Verlängerung der Straße Im Bahnwinkel mit einer Fahrbahnbreite von 7 m in Richtung Pfinzufer aus. Im Anschluss an diese Verlängerung ist außerhalb des Plangebiets eine Brücke über die Pfinz eingezeichnet; dort ist bisher ein Fußgängersteg angelegt. Auf der gegenüberliegenden Uferseite endet die im Bebauungsplan "Salzwiesen" vom 01.06.1971 ausgewiesene Salzwiesenstraße. Sie führt auf einer Strecke von etwa 310 m mit einer Fahrbahnbreite von 7,5 m und beidseitig angelegten, 1,5 m breiten Gehwegen von der B 10 durch ein allgemeines Wohngebiet bis kurz vor die Pfinz, an der sie ohne Wendehammer abbricht; sie ist mit einer Mitteltrenninsel an die B 10 angebunden. Aus den Akten der Bebauungsplanverfahren "Salzwiesen" und "Hochwiesen" geht die Absicht hervor, den Verkehr auf der Reetzstraße über die Verlängerung der Straße Im Bahnwinkel, eine anschließende Brücke - "Salzwiesenbrücke" - und die Salzwiesenstraße zur B 10 zu leiten. Der Bebauungsplan "Hochwiesen Gewerbegebiet II" erweiterte das Gewerbegebiet nach Norden in Richtung Berghausen. Er sieht den Anschluss der Reetzstraße an eine im Süden von Berghausen geplante neue Trasse der B 293 - Umgehung Berghausen/Jöhlingen (B 293 neu) - vor. Die Antragsgegnerin plant, das Baugebiet "Heilbrunn/Klupperter Bäum" östlich der Bahnlinie, in dem auch ein Gewerbegebiet liegt und das in einem zweiten Abschnitt nach Norden erweitert werden soll, ebenfalls an die B 293 neu anzuschließen. Die B 293 neu ist seit langem geplant. Ein 1989 eingeleitetes Planfeststellungsverfahren wurde im August 2001 eingestellt. In einem neuen Planfeststellungsverfahren findet derzeit die öffentliche Auslegung statt.

Die Antragsgegnerin möchte den Söllinger Ortsetter vom Verkehr entlasten und den Bahnübergang beseitigen. Ein Ingenieurbüro untersuchte für sie in einer Studie vom Februar 1994 Varianten für "Pkw-fähige und fußläufige Unterführungen im Bereich des derzeitigen Übergangs" und "vollverkehrsfähige Varianten". Die Untersuchungen der "vollverkehrsfähigen Varianten" führten zu zwei Lösungen: Die Lösung "Salzwiesenstraße" sah eine Verbindung von der Wesebachstraße zur B 10 über die Straße Im Bahnwinkel und die vom Gutachter wegen ihres Ausbaugrades und der Knotenausbildung an der B 10 als Hauptsammelstraße eingestufte Salzwiesenstraße vor. Die Lösung "Nordumgehung" bestand in einer von der Wesebachstraße zur B 10 führenden neuen Umgehungsstraße, die in der Talaue der Pfinz einen nach § 24a NatSchG geschützten Biotop und das mit Verordnung des Landratsamts Karlsruhe vom 07.11.1991 unter Schutz gestellte Landschaftsschutzgebiet "Pfinzgau" durchquert. Der Gutachter sprach sich für die Lösung "Salzwiesenstraße" aus und schlug vor, eine höhere Verkehrslärmbelastung im Wohngebiet "Salzwiesen" durch Schallschutzmaßnahmen zu vermeiden. Im April 1995 entschied sich der Gemeinderat für die Lösung "Nordumgehung". Der Regionalverband Mittlerer Oberrhein beurteilte dieses Vorhaben in einem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 23.05.1995 "aufgrund der naturschutzrechtlichen Vorgaben (LSG Pfinzgau) und der neuerlichen Durchschneidung der Pfinzaue sehr kritisch". Er empfahl die nochmalige Überprüfung der Lösung "Salzwiesenstraße", da diese Straße einen großzügigen Querschnitt habe, beidseitig von sogenanntem Verkehrsgrün begleitet werde und ihre Einmündung in die B 10 großzügig gestaltet sei. Sollte das nicht möglich sein, werde empfohlen, den geplanten Anschluss der Reetzstraße an die B 293 neu vorzuziehen, indem die Gemeinde ein Teilstück der B 293 neu für den Baulastträger Bund vorzeitig herstelle. Das Landratsamt Karlsruhe teilte mit Schreiben vom 05.07.1995 mit, dass die für die Nordumgehung erforderliche Befreiung vom Landschaftsschutz und eine Ausnahme nach § 24a NatSchG nicht in Aussicht gestellt werden könnten. Zur Begründung verwies es auf die hohe ökologische Wertigkeit der Flächen und die Lösung "Salzwiesenstraße". Die Antragsgegnerin hielt an der Nordumgehung fest. Der angegriffene Bebauungsplan soll die planungsrechtlichen Voraussetzungen für ihren Bau schaffen.

Das Plangebiet umfasst die Verkehrsflächen der Nordumgehung und ihrer Anschlüsse an andere Straßen, Randflächen sowie einen Teil der B 10. Die Straßentrasse mit einer 6,5 m breiten Fahrbahn beginnt östlich der Bahnlinie im Anschluss an eine im Bebauungsplan "Heilbrunn/Klupperter Bäum" festgesetzte Fortführung der Wesebachstraße, durchschneidet dort den durch Satzung der Antragsgegnerin vom 29.11.1994 geschützten Grünbestand "Heilbrunn/Klupperter Bäum", schwenkt mit einer neuen Bahnunterführung nach Westen, verläuft dann über den im Bebauungsplan "Hochwiesen" zwischen Gewerbe- und Wohngebiet freigehaltenen Streifen, kreuzt höhengleich die Reetzstraße, überquert unter Inanspruchnahme eines nach § 24a NatSchG geschützten Auengehölzstreifens auf einer neuen Brücke die Pfinz und führt anschließend in der Talaue der Pfinz am nördlichen Rand des Wohngebiets "Salzwiesen" durch einen im Landschaftsschutzgebiet "Pfinzgau" gelegenen Grünzug aus Streuobstbeständen, Kleingärten und Brachflächen zur B 10, wobei im Zuge der Anbindung an die B 10 noch eine nach § 24a NatSchG geschützte Feldhecke berührt wird. Zwischen B 10 und Reetzstraße sind an der Südseite der Nordumgehung Lärmschutzwälle und -wände unterschiedlicher Höhe vorgesehen. Die Einmündung der Salzwiesenstraße in die B 10 soll geschlossen und in einen Wendehammer umgebaut und das Wohngebiet "Salzwiesen" soll mit der - die Salzwiesenstraße querenden - Unteren Dorfstraße an die Nordumgehung angeschlossen werden. Der Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe in der Fassung vom 10.05.1996 stellt die Flächen zwischen B 10 und Pfinz als Fläche für die Landwirtschaft, die Flächen zwischen Pfinz und Bahnlinie als Spielplatz und allgemeines Wohngebiet und die Flächen östlich der Bahnlinie als Mischgebiet und Wohnbaufläche dar. Die Antragsgegnerin hat Ende April 1998 beantragt, die Nordumgehung in die Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2010 aufzunehmen.

Die Begründung zum Bebauungsplan beschreibt die verkehrlichen Missstände im Ortsetter und gibt als Ziel und Zweck der Planung an:

"Die Behebung der angezeigten Missstände ist im Hinblick auf eine gesunde Entwicklung des Ortes dringend angezeigt. Als Lösung hierfür bietet sich der Bau einer neuen Entlastungsstraße außerhalb bzw. am Rand der Wohnbebauung an. Das bereits vorhandene Straßensystem kann für eine innerörtliche Entflechtung nicht herangezogen werden, weil dieses sämtlich durch Wohnzwecken dienende Siedlungsflächen führt und die innerörtliche Verlagerung des Verkehrs mit hohem LKW-Anteil auch dort einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zuwider laufen würde. Die Gemeinde musste sich notgedrungen dazu entschließen, eine neue (Entlastungs-) Straße durch das Gewann "Salzwiesen" zu bauen..."

Der Grünordnungsplan setzt Pflanzbindungen für Strauchgruppen, Bäume und Wiesen, die Errichtung einer Trockenmauer beim Anschluss an die B 10 und die Ausführung von Wirtschaftswegen entlang der Nordumgehung als Gras-Schotterweg fest. Im Erläuterungsbericht werden die Eingriffe in Natur und Landschaft sowie die insoweit erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem "Saarländischen Bilanzierungsmodell" ermittelt. Dabei wird den Biotoptypen ein Faktor aus einer siebenstufigen Skala zugeordnet, der mit der beanspruchten Flächengröße multipliziert wird. Das als Punktwert ausgewiesene Produkt drückt den Ausgleichsbedarf aus, dem der ebenso errechnete Punktwert von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gegenübergestellt wird. Der durch den Bau der Nordumgehung entstehende Ausgleichsbedarf beträgt danach 55.726 Punkte. Die im Plangebiet festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen werden mit 11.730 Punkten bewertet. Zur weiteren Kompensation sind eine Ausgleichsmaßnahme und zwei Ersatzmaßnahmen außerhalb des Plangebiets mit insgesamt 51.139 Punkten vorgesehen.

In einer dem Bebauungsplan "beigelegten" schalltechnischen Untersuchung vom 26.01.1999 stellt der Gutachter fest, dass im Planfall - bezogen auf das Jahr 2010 - alle Gebäude und Außenwohnbereiche "mit ökonomisch vertretbaren baulichen Mitteln" ausreichend gegen Verkehrslärm geschützt würden. An fünf Gebäuden, von denen einige außerhalb des Plangebiets liegen, würden die Immissionsgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV - IGW - überschritten. Dort sei Lärmvorsorge mit passivem Schallschutz zu ergreifen. Nr. 9 der Bebauungsvorschriften setzt im Anschluss daran fest: "Den im Lärmschutzgutachten ... vom Januar 1999 ermittelten Überschreitungen der zulässigen Grenzwerte ist durch Passivmaßnahmen zu begegnen. Im Falle des Einbaus eines lärmmindernden Fahrbahnbelags (Flüsterasphalt) kann - dort, wo nachgewiesenermaßen eine Verbesserung des Geräuschpegels erzielt wird - im Einzelfall bei den im Gutachten ausgeworfenen Objekten auf den passiven Lärmschutz verzichtet werden."

Die Antragsteller zu 1 bis 7 sowie 10 bis 12 sind (Mit-)Eigentümer von Grundstücken in der Talaue der Pfinz, die als Klein- und Freizeitgärten genutzt werden, ganz oder teilweise im Plangebiet liegen und für Verkehrsflächen oder Lärmschutzanlagen in Anspruch genommen würden. Die Antragsteller zu 4 und 5 sind außerdem Eigentümer des mit dem Wohnhaus Reetzstraße 77 bebauten, südlich der geplanten Kreuzung Nordumgehung/Reetzstraße im Plangebiet gelegenen Grundstücks Flst. Nr. 4014, das bislang im Wohngebiet "Hochwiesen" lag. Im Planfall würde der IGW/nachts an der Nordseite ihres Wohnhauses im ersten und zweiten Obergeschoss um 0,1 und 1,7 dB(A) überschritten. Der Antragsteller zu 8 ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks Flst.Nr. 4011/1, das in dem im Bebauungsplan "Hochwiesen" ausgewiesenen Streifen zwischen Gewerbe- und Wohngebiet liegt. Es würde für Verkehrsflächen in Anspruch genommen. Der Antragsteller zu 9 ist Eigentümer des Gartengrundstücks Flst.Nr. 597 östlich der Bahnlinie, das für Verkehrsflächen in Anspruch genommen würde. Die Antragsteller zu 13 und 14 sind Eigentümer der mit dem Wohnhaus Reetzstraße 32 bebauten, südlich der geplanten Kreuzung Nordumgehung/Reetzstraße im Plangebiet gelegenen Grundstücke Flst.Nr. 4021/1, 4022 und 4023, die bislang im Wohngebiet "Hochwiesen" lagen. Im Planfall würden die IGW an der Nordseite ihres Wohnhauses in allen drei Geschossen überschritten, und zwar um 0,4, 1,3 und 1,5 dB(A)/tags sowie um 2,9, 3,7 und 3,9 dB(A)/nachts. Außerdem würde der IGW/nachts an der Ostseite des Wohnhauses im ersten und zweiten OG um 1,2 und 1,6 dB(A) überschritten. Die Antragsteller zu 15 und 16 sind Miteigentümer des mit dem Wohnhaus Untere Dorfstraße 33 bebauten und unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Grundstücks Flst.Nr. 9632 im Wohngebiet "Salzwiesen". Die Fahrbahn der Nordumgehung würde bis auf 7 m an der nördlichen Grenze ihres Grundstücks und bis auf 12 m an ihrem Wohnhaus vorbei führen. Eine 4 m hohe Lärmschutzwand hätte zur nördlichen Grundstücksgrenze 3,5 bis 15 m und zum Wohnhaus 9 bis 13 m Abstand. Im Planfall würde der IGW/nachts an der Nordwestseite ihres Wohnhauses im ersten Obergeschoss um 0,7 dB(A) überschritten. Der Antragsteller zu 17 ist Eigentümer des mit dem Wohnhaus Salzwiesenstraße 31 bebauten und unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Grundstücks Flst.Nr. 9650 im Wohngebiet "Salzwiesen". Die Fahrbahn der Nordumgehung würde etwa 30 m an der nördlichen Grenze seines Grundstücks und 45 m an der Nordseite seines Wohnhauses vorbei führen. Die IGW würden im Planfall an seinem Wohnhaus nicht überschritten.

Dem Erlass des Bebauungsplans liegt folgendes Verfahren zugrunde:

Am 18.06.1997 stellte die Antragsgegnerin beim Landratsamt Karlsruhe einen Antrag auf Erteilung einer Befreiung von der Landschaftsschutzverordnung "Pfinzgau" und von Ausnahmen nach § 24a NatSchG. Der dazu angehörte Landesnaturschutzverband - LNV - lehnte das Vorhaben unter Bezugnahme auf die ablehnende Haltung des Landratsamts in dessen Schreiben vom 05.07.1995 ab und hob hervor, dass die Straße das ökologische Herzstück der Pfinzaue zerstören würde. Die Beseitigung des Bahnübergangs sei nicht notwendig, weil sich nach Aufnahme des Stadtbahnbetriebes die Dauer der Schließvorgänge wesentlich verkürzt und die Verkehrssituation deutlich verbessert hätten. Es gebe auch geeignete Varianten: Variante 1 sei eine auch für Lkw nutzbare Unterführung beim Bahnübergang. Variante 2 sei die Lösung "Salzwiesenstraße" der Studie vom Februar 1994. Variante 3 sei ein Anschluss an die B 293 neu. Variante 4 bestehe in einer verkehrlichen Entlastung des Bahnübergangs durch den Ausbau der Unterführung in der Straße Im Bahnwinkel, die Verbessung des Anschlusses dieser Straße an die Wesebachstraße und den Bau der "Salzwiesenbrücke".

Am 24.06.1997 beschloss der Gemeinderat die Aufstellung des Bebauungsplans. Anschließend folgten vorgezogene Bürgerbeteiligung und frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Die Antragsteller zu 4, 9, 11 und 12 rügten die Erforderlichkeit der Straße und wandten ein, dass der Lärmschutz unzureichend und dass ihre Gartengrundstücke nicht mehr nutzbar seien. Der Regionalverband Mittlerer Oberrhein stimmte dem Vorhaben mit der Begründung im Grundsatz zu, dass der schienengleiche Bahnübergang vordringlich zu beseitigen sei, und regte an, die Trasse näher an das Wohngebiet "Salzwiesen" heranzurücken; außerdem sei die Notwendigkeit des Straßenanschlusses im Nordosten zu überprüfen. Der Nachbarschaftsverband Karlsruhe begrüßte die Planung, wies jedoch auf Konflikte mit Landschaftsschutz und Freiraumstruktur hin. Er forderte, den Verkehrswert der Trasse und ihre Vor- und Nachteile im Vergleich zur ehemals vorgesehenen Trasse über die Salzwiesenstraße sorgfältig herauszuarbeiten. Die BUND-Ortsgruppe Pfinztal und der LNV lehnten die Planung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des LNV im naturschutzrechtlichen Verfahren ab. Das Straßenbauamt Karlsruhe hielt es für sinnvoller und kostengünstiger, die Salzwiesenstraße zu nutzen.

Im Dezember 1997 vereinbarte die Antragsgegnerin mit der Deutschen Bahn AG und dem Karlsruher Verkehrsverbund, den schienengleichen Bahnübergang zu beseitigen und durch eine Fußgängerunterführung an Ort und Stelle, eine Pkw-Unterführung im Bereich des alten Bahnhofs Söllingen und die Nordumgehung zu ersetzen.

Am 26.01.1999 billigte der Gemeinderat einen geänderten Planentwurf, in dem die Trasse näher an das Wohngebiet "Salzwiesen" herangerückt war. Außerdem beschloss er, die Anregungen und Bedenken entsprechend den Abwägungsempfehlungen der Verwaltung zu behandeln. Zu den Stellungnahmen des Nachbarschaftsverbands, des Straßenbauamts, der BUND-Ortsgruppe Pfinztal und des LNV bezüglich der Trassenvariante "Salzwiesenstraße" wurde beschlossen:

"Naheliegend war zunächst auch für die Gemeinde die Überlegung, die vorhandene Salzwiesenstraße als Teilstück für die benötigte Querverbindung zu benutzen. Bestimmte Gründe, wie Aufwand, Kosten, Eingriff in den Naturraum, und daraus resultierende Konflikte mit anderen Rechtsnormen sprachen zunächst für diese Lösungsmöglichkeit. Eine nähere Prüfung der Auswirkungen eines solchen Handelns ließ aber bereits frühzeitig erkennen, dass praktisch ein halber Ortsteil mit 3.000 Einwohnern sowie 3 Gewerbegebieten nicht durch ein Allgemeines Wohngebiet verkehrstechnisch an eine Bundesfernstraße angebunden werden können. Solches verträgt sich eindeutig nicht mit den Leitzielen des Baugesetzbuches. Denn ein Verkehr in dem zu erwartenden Umfang würde Belastungen für die Anwohner im allgemeinen Wohngebiet - speziell Salzwiesenstraße - in einem solchen Ausmaß mit sich bringen, dass hier gegen Prinzipien des Baugesetzbuchs sowie der Baunutzungsverordnung verstoßen wird und bei Beschreitung des Klageweges durch Dritte die Gemeinde unterliegen würde. Überdies wäre damit der Fehler vergangener Jahre -Gewerbeverkehr auf der Reetzstraße- wiederholt. Es ist jedoch gerade Ziel der Bebauungsplanintention, über Jahre hinweg sich entwickelte Missstände zu beheben. Vorstehende Gründe veranlassten die Verwaltung, dem Gemeinderat eine Alternativtrasse außerhalb der Bebauung vorzuschlagen, welche von diesem Gremium letztlich auch gebilligt wurde und den Leitbildern des Baugesetzbuches entspricht und auch Entwicklungschancen für den Ortsteil Söllingen bietet. Dies besonders vor dem Hintergrund einer Reduzierung der übergebührlichen Verkehrsbelastung des Ortsetters."

Anschließend folgte - nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung - die öffentliche Auslegung. Während der öffentlichen Auslegung machten die Antragsteller zu 1 bis 4 sowie 6 bis 16 geltend, die Straße sei wegen vorhandener Alternativen nicht erforderlich, der Lärmschutz sowie die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien unzureichend, die Planung widerspreche dem Flächennutzungsplan und dem Regionalplan und ihre Grundstücke seien nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nutzbar. Der Regionalverband und der Nachbarschaftsverband stellten ihre Bedenken zurück, regten jedoch die Überprüfung eines Straßenanschlusses östlich der Bahn an. Die BUND-Ortsgruppe Pfinztal und der LNV wiederholten und vertieften ihre Einwände. Das Landratsamt Karlsruhe erteilte mit Bescheid vom 29.06.1999, der noch am selben Tag bei der Antragsgegnerin einging, eine Befreiung von der Landschaftsschutzverordnung "Pfinzgau" und Ausnahmen nach § 24a NatSchG. Der Bescheid enthält folgende Nebenbestimmungen:

"A. Ausgleichsmaßnahmen gem. § 11 Abs. 3 und 4 NatSchG (nicht gesondert anfechtbar):

1. Insgesamt sind Ausgleichsmaßnahmen bis zu einer Punktzahl von 83.162 Punkten zu erbringen (berechnet nach dem sog. "Saarländischen Modell").

2. Die im Grünordnungsplan zum Bebauungsplan "Nordumgehung Söllingen" vorgesehenen Maßnahmen (Plan Nr. G-3, Büro Haller vom 26.02.1999, sowie Erläuterungsbericht vom Februar 1999), sowie in § 3 der Satzung des Bebauungsplanes der Gemeinde beschriebenen Festsetzungen sind verbindlich auszuführen. Diese Maßnahmen erbringen eine Punktzahl von 13.165 Punkten.

3. Für die vorgesehene Maßnahme "Renaturierung des Boxbaches" (S. 31 des Grünordnungsplanes) werden maximal 9.720 Punkte anerkannt. Die Anpflanzung von einzelnen Streuobstbäumen (Streuobstaktion 1998) kann nicht für den Ausgleich herangezogen werden.

4. Für die Deckung des verbleibenden Defizits von 60.277 Punkten sind folgende Maßnahmen verbindlich auszuführen, bis die o.g. Punktzahl erreicht ist. Einzelheiten sind mit dem Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V. und der unteren Naturschutzbehörde abzustimmen. Die endgültige Entscheidung über die Ausführung einer Maßnahme trifft die untere Naturschutzbehörde.

a) Erwerb und Extensivierung von intensiv genutzten Flächen der nördlich an die Eingriffsflächen angrenzenden Gärtnerei und Anlage von Streuobstwiesen.

b) Erwerb und Extensivierung von Ackerflächen im Gewann "Kleinfeldle", Gemarkung Söllingen und Umwandlung der Flächen in Feuchtwiese.

c) Erwerb und Extensivierung von Ackerflächen im Gewann "Rittnert", Gemarkung Söllingen (sog. "Rittnertteich") und Anlage eines weiteren Teiches sowie eines Wiesen- und Gebüsch-Schutzstreifens.

5. Für den Fall, dass die genannten Maßnahmen unter 4. aus rechtlichen Gründen nicht oder nicht vollständig umgesetzt werden können (entsprechende Nachweise hierüber sind vorzulegen), bestimmt die untere Naturschutzbehörde nach Anhörung des Landesnaturschutzverbandes und der Gemeinde weitere geeignete Maßnahmen.

6. Sollte die Maßnahme unter 3. nicht ausgeführt werden, bestimmt die untere Naturschutzbehörde nach Anhörung des Landesnaturschutzverbandes und der Gemeinde weitere geeignete Maßnahmen.

7. Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unter 1. - 6. sind innerhalb eines Jahres ab Baubeginn der geplanten Straße auszuführen (unter Nachweis). Mit den Grundstücksverhandlungen ist sofort nach Beschluss des Bebauungsplanes zu beginnen. Die untere Naturschutzbehörde ist regelmäßig und unaufgefordert über den Fortgang der Verhandlungen zu informieren."

In seiner Sitzung am 29.06.1999 befasste sich der Gemeinderat mit den während der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen und Bedenken, stimmte den Abwägungsempfehlungen der Verwaltung zu und beschloss den Bebauungsplan "Nordumgehung Söllingen" als Satzung. Außerdem beschloss er, dass die Eingriffe in den Naturhaushalt entsprechend den Vorgaben des Landratsamts Karlsruhe auszugleichen seien, wobei die Details hierfür auf Verwaltungsebene mit den Fachbehörden festzulegen seien. In der selben Sitzung entschied der Gemeinderat ferner, dass für die Trasse der Nordumgehung einschließlich ihrer Böschungsflächen eine Befreiung nach § 6 der Satzung über den Geschützten Grünbestand "Heilbrunn/Klupperter Bäum" vom 29.11.1994 erteilt werde. Die am 31.08.1999 ausgefertigte Satzung wurde mit Erlass des Landratsamts Karlsruhe vom 03.11.1999 genehmigt. Die Erteilung der Genehmigung wurde am 25.11.1999 öffentlich bekannt gemacht.

Parallel zum Bebauungsplanverfahren befasste sich die Antragsgegnerin seit Mitte 1997 auch mit einem Bau der "Salzwiesenbrücke". Auf Beschluss ihres Gemeinderats beantragte sie im Oktober 1997 beim Landratsamt Karlsruhe die Erteilung einer wasser- und baurechtlichen Genehmigung zum Bau der Brücke mit einer 3 m breiten Fahrbahn. Zum Anlass der Planung dieses Unternehmens führte die Antragsgegnerin im Erläuterungsbericht aus:

"Die seit langem bestehenden Gewerbegebiete im Bereich der Reetzstraße östlich der Pfinz sind im Moment nur über die Pfinzbrücke in Ortsmitte (Bahnhofstraße) an das übergeordnete Verkehrsnetz (B10) angebunden, was zum einen ein erhöhtes Verkehrsaufkommen in der Ortsmitte verursacht, und zum anderen längere Anfahrtswege über die relativ schmale Reetzstraße für die Gewerbebetriebe bedeutet. Um hier Abhilfe zu schaffen, soll nun eine Straßenverbindung Salzwiesenstraße/Reetzstraße verwirklicht werden."

Ein in diesem Verfahren von der Antragsgegnerin vorgelegtes Schallgutachten stellte fest, dass bei einem Einbahnverkehr Reetzstraße - B 10 die IGW in den Wohngebieten "Salzwiesen" und "Hochwiesen" eingehalten würden. Bei Gegenverkehr würden sie an 25 Wohngebäuden im Wohngebiet "Salzwiesen" und an 2 Wohngebäuden im Wohngebiet "Hochwiesen" überschritten, und zwar um bis zu 1,6 dB(A)/tags und 2,3 dB(A)/nachts. Mit Bescheid vom 07.10.1998 erteilte das Landratsamt eine bis zum 31.12.2017 befristete wasserrechtliche Genehmigung mit der Auflage, die IGW von 59 dB(A)/tags und 49 dB(A)/nachts einzuhalten und erforderlichenfalls vor Freigabe des Brückenbauwerks aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen zu errichten oder einzubauen. Im Januar 2001 beschloss der Gemeinderat die Ausschreibung der Bauarbeiten.

Die Antragsteller haben am 10.12.1999, am 14.03.2000 und am 27.07.2000 Normenkontrollanträge gestellt, die der Senat zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Sie beantragen,

den Bebauungsplan "Nordumgehung Söllingen" der Gemeinde Pfinztal vom 29. Juni 1999 für nichtig zu erklären.

Zur Begründung tragen sie vor: Soweit sie Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet seien, seien sie in ihrem Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 GG verletzt; das Grundstück der Antragsteller zu 15 und 16 sei im Nordwesten teilweise in das Plangebiet einbezogen. Der Antragsteller zu 17 sei antragsbefugt, da sein Grundstück erheblichen Lärm- und Abgasbelästigungen ausgesetzt werde. Die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans und ihre Bekanntmachung seien fehlerhaft. Der Bebauungsplan verstoße auch gegen das Bestimmtheitsgebot und sei nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Er sei auch nichtig, weil die Landschaftsschutzverordnung "Pfinzgau" nicht teilweise aufgehoben worden sei. Der Bescheid des Landratsamts vom 29.06.1999 sei rechtswidrig und nichtig. Der Bebauungsplan verstoße ferner gegen § 1 Abs. 4 BauGB. Die schalltechnische Untersuchung und eine zugrunde liegende Verkehrsuntersuchung seien fehlerhaft, weil sie von einer anderen Trassenführung ausgingen und den Verkehr aus künftigen Baugebieten nicht berücksichtigten. Die Nordumgehung verursache unzulässige Lärm- und Abgasimmissionen. Die technische Machbarkeit der Variante 1 sei nicht hinreichend untersucht worden. Bei Variante 2 sei nicht näher untersucht worden, ob die Lärm- und Abgasbelastungen mit passivem Schallschutz und Beschränkungen für den Schwerlastverkehr auf ein zumutbares Maß gemindert werden könnten. Nach den Lärmberechnungen der Studie vom Februar 1994 würden die IGW nur um 2 dB(A) überschritten. Bei Variante 3 sei nicht ermittelt worden, wann mit einer Konkretisierung der Planung B 293 neu zu rechnen sei und ob bis dahin Behelfsmaßnahmen realisierbar wären. Bei Variante 4 seien die Ergebnisse einer Verkehrszählung und einer Messung der Schließzeiten des Bahnübergangs durch den BUND vom Oktober 1998 unberücksichtigt geblieben, welche die Notwendigkeit der Beseitigung des Bahnübergangs widerlegt hätten. Das Abwägungsergebnis sei fehlerhaft, weil der Abstand zwischen Lärmschutzwällen und -wänden und der Wohnbebauung zu gering sei. Die Eigentümer der Wohngrundstücke würden teilweise "eingedeicht". Die Gefahr von Erschütterungen und Grundwasserabsetzungen, die zu Rissen in den Gebäuden führten, verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es sei auch nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der Erholungswert der Gartengrundstücke nahezu vollständig ausgehöhlt würde und dass Enteignungen erforderlich würden. Die durch die Verkehrsimmissionen und die Eingriffe in Natur und Landschaft aufgeworfenen Probleme seien nicht angemessen bewältigt. Die Eingriffe in Natur und Landschaft seien angesichts der Planungsvarianten vermeidbar. Der Abwägung sei insoweit auch kein geschlossenes, für den konkreten Fall plausibles Bewertungssystem zu-grunde gelegt worden. Das "Saarländer Modell" sei ungeeignet und nicht konsequent durchgeführt worden. Die Wertigkeitsberechnungen im Erläuterungsbericht des Grünordnungsplans einerseits und im Befreiungsbescheid des Landratsamts andererseits wichen erheblich voneinander ab. Außer der Renaturierung des Boxbachs seien alle im Bescheid des Landratsamts aufgeführten Ersatzmaßnahmen auf nicht im Gemeindebesitz befindlichen privaten Grundstücken angedacht. Die Realisierung dieser Maßnahmen sei unabsehbar.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie erwidert: Die öffentliche Auslegung und ihre Bekanntmachung seien rechtmäßig. Alle Festsetzungen seien hinreichend bestimmt. Ein Verstoß gegen das Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, liege nicht vor, da ein Antrag auf Fortschreibung des Flächennutzungsplanes gestellt worden sei. Die naturschutzrechtliche Befreiung sei ausreichend, da nur ein kleiner Teil des Schutzgebiets betroffen sei. Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB liege nicht vor, da der Regionalverband keine Einwendungen erhoben und die Nordumgehung in seine regionale Verkehrskonzeption vom 13.01.1999 als "geplante Straße mit Bedeutung im funktionalen Straßennetz der Region" aufgenommen habe. Geplante Erweiterungen von Siedlungsflächen und die festgesetzte Trasse seien in den Gutachten berücksichtigt worden. Variante 1 sei wegen Bahntrasse und Pfinz sowie der beengten räumlichen Verhältnisse nicht darstellbar. Variante 2 sei rechtlich ausgeschlossen, weil es den Festsetzungen im Bebauungsplan "Salzwiesen" widerspreche, den gesamten Fahrverkehr eines Gewerbegebietes und der Wohnbebauung durch das allgemeine Wohngebiet "Salzwiesen" zu führen. Die IGW wären insoweit nur bei einem Einbahnverkehr einzuhalten; die Studie vom Februar 1994 enthalte keine Lärmberechnungen. Bei Variante 3 sei die Finanzierung nicht gesichert. Variante 4 widerspreche dem Planungsziel, den Verkehr aus dem Ortsetter herauszuführen. Gesetzliche Regelungen zum Lärmschutz würden beachtet und rechtlich notwendige Grenzabstände würden eingehalten. Lärmschutzwälle und -wände wirkten weder erdrückend noch wie ein "Deich". Erschütterungen infolge des Straßenbaus seien durch Maßnahmen der Fachunternehmer zu vermeiden. Eine Grundwasserabsenkung werde nicht eintreten. Bodenordnende Maßnahmen seien erörtert worden. Die Gemeinde werde Ausgleichsflächen zum Tausch anbieten. Die naturschutzrechtliche Befreiung sei rechtmäßig und die naturschutzrechtlichen Belange seien fehlerfrei abgewogen. Die Eingriffe in Natur und Landschaft seien mangels geeigneter Varianten unvermeidbar. Sie würden durch die im Plangebiet festgesetzten Maßnahmen und durch die im Bescheid des Landratsamts verfügten Nebenbestimmungen rechtlich gesichert ausgeglichen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin und die Akten des Landratsamts Karlsruhe im wasserrechtlichen Verfahren vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Anträge sind zulässig und begründet.

I. Die Normenkontrollanträge sind nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die Antragsteller sind auch nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung i. S. dieser Vorschrift dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es reicht aus, dass hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen werden, die eine Rechtsverletzung als möglich erscheinen lassen (BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO Nr. 48; Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215). Die Antragsbefugnis darf folglich nur verneint werden, wenn die behauptete Rechtsverletzung nach dem Tatsachenvortrag des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.07.1973 - VII C 6.72 -BVerwGE 44, 1 m. w. N.). Das trifft für keinen der Antragsteller zu.

Die Antragsteller zu 1 bis 12 sind schon deshalb antragsbefugt, weil sie sich - auch - gegen Festsetzungen des Bebauungsplans wenden, welche die bisher zulässige bauliche Nutzbarkeit ihrer Grundstücke ändern. Die bisher zulässige landwirtschaftliche, kleingärtnerische oder freizeitmäßige Nutzung ihrer Grundstücke wird durch die Festsetzung von Verkehrsflächen oder Lärmschutzanlagen eingeschränkt oder aufgehoben. Diese Festsetzungen sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums an diesen Grundstücken i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach dem Vortrag der Antragsteller erscheint es möglich, dass diese Festsetzungen rechtswidrig sind. Die Antragsteller zu 1 bis 12 können daher eine Verletzung ihrer Grundrechte nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geltend machen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.08.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ 2000, 1413).

Die Antragsteller zu 13 bis 17 sind jedenfalls deshalb antragsbefugt, weil sie sich als Eigentümer von im Einwirkungsbereich der Nordumgehung gelegenen Wohngrundstücken gegen vom Straßenverkehr ausgehende Immissionen wenden. Sie machen damit sinngemäß eine Verletzung ihrer Rechte nach § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 - BVerwGE 101, 73/84; Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 9.91 - DVBl. 1994, 338/339) und nach § 1 Abs. 6 BauGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1998, a.a.O.) geltend. Die Verletzung dieser Rechte erscheint schon wegen der nach dem Schallgutachten vom Januar 1999 zu erwartenden Überschreitungen der Grenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV an den Wohngebäuden der Antragsteller zu 13 bis 16 und des geringen Abstands der Wohngrundstücke zur Trasse der Nordumgehung nicht ausgeschlossen. Beim Antragsteller zu 17 sind nach dem Schallgutachten zwar keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten. Er hat aber Einwendungen gegen die Richtigkeit des Schallgutachtens erhoben. Außerdem war sein Interesse, als Eigentümer eines unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Wohngrundstücks von verkehrsbedingten Immissionen auch unterhalb der Schwelle gesetzlicher Grenzwerte verschont zu bleiben, abwägungserheblich, weil sein Grundstück insoweit schutzwürdig ist und der Verkehr auf der Nordumgehung die Immissionslage auf diesem Grundstück nicht nur geringfügig und unwesentlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 - 4 CN 1.98 - ZfBR 2000, 199) sowie bei wertender Betrachtung auch spezifisch planbedingt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.09.1998 - 4 CN 1.97 - ZfBR 1999, 41; NK-Urteile des Senats v. 24.09.1999 - 5 S 1985/98 - und - 5 S 2519/98 -, jeweils m. w. N.) berührt. Ob und inwieweit auch hinsichtlich der Antragsteller zu 13 bis 17 eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG möglich erscheint, kann demzufolge offen bleiben.

II. Die Anträge sind auch begründet. Der Bebauungsplan "Nordumgehung Söllingen" der Antragsgegnerin vom 29.06.1999 ist nichtig. Zwar dürfte seine Aufstellung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB grundsätzlich erforderlich sein (1.). Jedoch verstößt die seinen Festsetzungen zugrunde liegende Abwägung der von den möglichen Trassenvarianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange gegen § 1 Abs. 6 BauGB. Denn der Gemeinderat hat die objektive Bedeutung der Trassenvariante "Salzwiesenstraße" verkannt und infolgedessen den Sachverhalt nicht so aufgeklärt, wie es für eine sachgerechte Trassenwahl erforderlich gewesen wäre (2.). Dieser Mangel im Abwägungsvorgang ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlich und kann nicht i. S. des § 215 Abs. 1 BauGB durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden (3.). Ob der Bebauungsplan im Übrigen mit höherrangigem - formellen oder materiellen - Recht vereinbar ist, kann daher offen bleiben. Für ein eventuelles neues Bebauungsplanverfahren wird aber auf Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit § 41 BImSchG und mit § 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB hingewiesen (4.).

1. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Gemeinde muss hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen können, welche die konkrete Bauleitplanung nach Maßgabe der vom Baugesetzbuch allgemein verfolgten Ziele "vernünftigerweise gebieten" (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214/232 f.). Was in diesem Sinne erforderlich ist, hängt von der konkreten Situation, in die hinein geplant wird, und von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, im Rahmen der Selbstverwaltung das Festsetzungsinstrumentarium des § 9 BauGB für eine eigene "Städtebaupolitik" zu nutzen (BVerwG, Urt. v. 29.04.1964 - 1 C 30.62 - BVerwGE 18, 247/252; Urt. v. 07.05.1971 - 4 C 76.68 - DVBl. 1971, 759; Beschl. v. 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urt. v. 25.11.1999 - 4 CN 17.98 - ZfBR 2000, 191). Das schließt eine "kommunale Verkehrspolitik" auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB ein (BVerwG, Beschl. v. 22.04.1997 - 4 BN 1.97 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 91). Nicht erforderlich sind Bauleitpläne, die einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren (BVerwG, Urt. v. 14.07.1972 - IV C 8.70 - BVerwGE 40, 258; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111). Das trifft etwa für einen Bebauungsplan zu, der auf unabsehbare Zeit aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.1997 - 4 NB 12.97 - NVwZ-RR 1998, 162).

Gemessen daran dürfte die Aufstellung des Bebauungsplans als solche - nach Anlass und Zeitpunkt - erforderlich sein. Die Straßenplanung der Antragsgegnerin beruht nach der Begründung zum Bebauungsplan auf einer an den Zielen des Baugesetzbuchs ausgerichteten Konzeption. Sie bezweckt eine Reduzierung des Verkehrs im Söllinger Ortsetter, um damit verbundene Gefahren für Verkehrsteilnehmer und Belastungen für Anwohner zu mindern und den Verkehrsabfluss auf das überörtliche Straßennetz zu verbessern; außerdem soll eine Voraussetzung für die Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs geschaffen werden. Der Bebauungsplan soll daher i. S. des § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB zu einer menschenwürdigen Umwelt beitragen, auf gesunde Wohnverhältnisse i. S. des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB hinwirken und die Belange des Verkehrs i. S. des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB berücksichtigen. Die Planrechtfertigung dürfte auch nicht daran scheitern, dass die Straßenplanung auf unabsehbare Zeit aus rechtlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung hätte, weil naturschutzrechtliche Hindernisse dem Bau der Straße dauerhaft entgegenstünden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.1997, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., NK-Urt. v. 02.02.2001 - 3 S 1000/99 -). Denn bezüglich der dem Bau der Straße entgegenstehenden Veränderungsverbote nach § 4 der Landschaftsschutzverordnung "Pfinzgau" und nach § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG hat das zuständige Landratsamt Karlsruhe in seinem Bescheid vom 29.06.1999 vor Satzungsbeschluss Befreiung und Ausnahmen erteilt. Es ist zwar zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin alle in diesem Bescheid verfügten Auflagen zum Ausgleich der Eingriffe in Natur und Landschaft in absehbarer Zeit erfüllen kann (siehe nachfolgend 4.b). Das stellte jedoch schon deshalb kein unüberwindbares Hindernis für die Realisierung der Straßenplanung dar, weil mit dem Straßenbau - wie aus Nr. A.7 der Nebenbestimmungen des Bescheids vom 29.06.1999 folgt - schon vor Erfüllung dieser Auflagen begonnen werden darf. Das genügt unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB. Ob die entsprechenden Verwaltungsakte rechtmäßig sind, ist grundsätzlich unerheblich, da es für die Beseitigung der dem Vollzug der Planung entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Hindernisse nur auf die Wirksamkeit der Befreiung und Ausnahmen ankommt. Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn Rechtsmängel auch zur Nichtigkeit dieser Verwaltungsakte führten. Dafür ist nichts erkennbar. Insbesondere dürfte die Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzverordnung "Pfinzgau" nicht schon deshalb rechtswidrig und nichtig sein, weil der Straßenbau den Schutzweck dieser Verordnung großflächig beeinträchtigt mit der Folge, dass es einer (Teil-) Aufhebung der Landschaftsschutzverordnung bedürfte (vgl. VGH Bad.-Württ., NK-Urt. v. 05.04.1990 - 8 S 2303/89 - NVwZ-RR 1990, 464, und NK-Urteil v. 09.05.1997 - 8 S 2357/96 - NVwZ-RR 1998, 422). Die Planung beansprucht nur eine vergleichsweise kleine Fläche am Rand des großen Landschaftsschutzgebiets "Pfinzgau" für ein konkretes Straßenbauvorhaben. § 5 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung sieht eine Erlaubnispflicht vor für die Anlage oder Veränderung von Straßen, Wegen, Plätzen und anderen Verkehrswegen und dokumentiert damit selbst, dass diese Handlungen ohne teilweise Aufhebung der Verordnung zugelassen werden können. Dann ist auch die Erteilung einer Befreiung nach § 7 der Verordnung nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn eine Erlaubnis deshalb nicht in Betracht kommen sollte, weil Wirkungen im Sinne der Verbotsbestimmung des § 4 der Verordnung tatsächlich zu erwarten sind (vgl. NK-Urt. des Senats. v. 08.02.2001 - 5 S 2589/99 - BauR 2001, 1230). Etwas anderes könnte allerdings für die dem Vollzug des Bebauungsplans ebenfalls entgegenstehenden Veränderungsverbote in § 3 der Satzung über den Geschützten Grünbestand "Heilbrunn/Klupperter Bäum" vom 29.11.1994 gelten. Denn die vom Gemeinderat am 29.06.1999 erteilte Befreiung könnte nichtig sein, weil die Trasse der Nordumgehung den Geschützten Grünbestand in zwei räumlich getrennte Teile zerschnitte und weil darin ein großflächiger Eingriff in den Schutzzweck nach § 1 der Satzung gesehen werden könnte, der den Rahmen einer Befreiung übersteigt. Ob wegen dieses Gesichtspunkts die Planrechtfertigung ausgeschlossen ist oder die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans im Übrigen rechtlichen Bedenken unterliegt (vgl. zum Flächennutzungsplan: BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 - 4 C 1.99 - BVerwGE 109, 371), kann jedoch wegen des zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führenden Verstoßes gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB offen bleiben.

2. Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bauleitplans die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dabei ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Das Abwägungsgebot erfordert zum einen, dass eine sachgerechte Abwägung überhaupt stattfindet. Zum anderen verlangt es für den Vorgang wie das Ergebnis der Abwägung, dass an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, dass die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange erkannt und dass der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der ihrer objektiven Gewichtigkeit entspricht. Innerhalb des so gezogenen rechtlichen Rahmens darf die Gemeinde sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheiden (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301/309 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 1; Urt. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309/315 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 3). Die gerichtliche Kontrolle der Abwägung beschränkt sich auf die Überprüfung, ob der rechtliche Rahmen eingehalten ist (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 und v. 05.07.1974, a.a.O.).

Geht es - wie hier - um die Planung einer Straße, gehören auch Trassenvarianten zum Abwägungsmaterial, die sich entweder aufgrund der örtlichen Verhältnisse von selbst anbieten, während des Planverfahrens vorgeschlagen werden und sonst ernsthaft in Betracht kommen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 - 4 B 211.88 - NVwZ-RR 1989, 458; Senatsurt. v. 21.10.1988 - 5 S 1088/88 - VBlBW 1989, 295; und v. 06.02.1992 - 5 S 1311/91 - VBlBW 1992, 379; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.06.1997 - 8 S 2799/96 - VBlBW 1998, 64). Sie sind mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzubeziehen. Dies erfordert im Abwägungsvorgang, dass der Sachverhalt so weit aufgeklärt wird, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Dabei müssen allerdings nicht alle zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend untersucht und die Variantenentscheidung muss nicht bis zuletzt offen gehalten werden. Eine Alternative, die auf der Grundlage einer fehlerfrei erstellten Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, darf schon in einem frühen Verfahrensstadium ausgeschieden werden. Wird in dieser Weise verfahren, ist das Abwägungsergebnis nicht schon fehlerhaft, wenn sich herausstellt, dass die verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann, wenn sich diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen. Diese für die straßenrechtliche Planfeststellung entwickelten Maßstäbe (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238/249 f.; Urt. v. 18.06.1997 - 4 C 3.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 - LKV 1999, 26; Urt. v. 26.02.1999 - 4 A 47.96 - NVwZ 2000, 560) gelten bei der Straßenplanung durch Bebauungsplan entsprechend.

Gemessen daran ist die Abwägung der Antragsgegnerin fehlerhaft, weil der Gemeinderat bei seiner vergleichenden Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange die objektive Bedeutung der Trassenvariante "Salzwiesenstraße" verkannt und infolgedessen den Sachverhalt nicht so intensiv aufgeklärt hat, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl erforderlich gewesen wäre. Ob die Variantenprüfung aus den von den Antragstellern vorgebrachten Gründen auch hinsichtlich anderer Trassenvarianten abwägungsfehlerhaft ist, kann folglich dahinstehen. Der Senat weist aber darauf hin, dass in einem eventuellen neuen Bebauungsplanverfahren gegebenenfalls auch andere Trassenvarianten entsprechend den nachfolgend dargelegten Gründen intensiver als bisher zu überprüfen wären. Dies könnte im Blick auf die zwischenzeitlich konkretisierte Planung für die B 293 neu insbesondere für die vor allem hinsichtlich einer Verlagerung des Lkw-Verkehrs bedeutsame Variante eines Anschlusses von Reetzstraße und Baugebiet "Heilbrunn/Klupperter Bäum" an die B 293 neu in Betracht kommen, wie dies auch bereits in der Studie vom Februar 1994 angedeutet wird.

Die Trassenvariante "Salzwiesenstraße" gehörte zum Abwägungsmaterial. Sie bot sich schon auf Grund der planungsrechtlichen Vorgeschichte der Bebauungspläne "Hochwiesen" und "Salzwiesen" und ihres tatsächlichen Ausbauzustandes von selbst an. Außerdem war sie in der Studie vom Februar 1994 ausdrücklich empfohlen sowie im Bebauungsplanverfahren von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden. Dementsprechend hat sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin zu Recht mit dieser Variante befasst. Er hat jedoch ihre objektive Bedeutung fehlerhaft gewichtet.

Der Gemeinderat hat die Trassenvariante "Salzwiesenstraße" zum einen aus Rechtsgründen verworfen. Er war der Ansicht, das Städtebaurecht schließe es prinzipiell aus, den Ziel- und Quellverkehr eines Ortsteils, insbesondere Lkw-Verkehr, durch ein bestehendes allgemeines Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO auf das überörtliche Straßennetz zu führen. Das trifft nicht zu. Ein so verstandenes striktes Verbot lässt sich dem Städtebaurecht nicht entnehmen. Die infolge einer solchen Verkehrsführung möglicherweise beeinträchtigten öffentlichen und privaten Belange, insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB oder die Belange der Eigentümer von Grundstücken im allgemeinen Wohngebiet, haben nach dem Gesetz keinen absoluten Vorrang vor sonstigen Belangen, insbesondere jenen, die bei einer anderen Verkehrsführung beeinträchtigt würden, wie z.B. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder des Bodenschutzes (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7, § 1a Abs. 1 BauGB). Alle in § 1 Abs. 5 BauGB benannten Belange haben in ihrer Zusammenstellung grundsätzlich weder in sich oder noch gegenüber privaten Belangen einen bestimmten Vorrang (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.11.1974 - 4 C 38.71 - BVerwGE 47, 144/148). Aus diesem Grund lässt sich ein auch nur relativer Vorrang des einen benannten Belangs gegenüber einem anderen auch nicht abstrakt festlegen (BVerwG, Beschl. v. 05.04.1993 - 4 NB 3.91 - BVerwGE 92, 231). Vor- und Nachrang der berührten Belange werden erst in der konkreten Planungssituation durch Gewichtung und Abwägung bestimmt. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber einzelne Belange besonders hervorhebt, indem er den Gemeinden aufgibt, im Rahmen der Bauleitplanung zu ihrer Sicherung, ihrem Schutz oder ihrer Entwicklung beizutragen. Dazu gehören eine menschenwürdige Umwelt, die natürlichen Lebensgrundlagen, Grund und Boden oder die Wohnnutzung (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 und 3, § 1a Abs. 1 BauGB). In vergleichbarer Weise verpflichtet § 50 BImSchG öffentliche Planungsträger, die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie sonstige schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden. Auch aus diesen Vorschriften folgt aber kein absoluter Vorrang der jeweiligen Belange. Es handelt sich nur um Abwägungsdirektiven, die im jeweiligen Einzelfall einer weiteren abwägenden Konkretisierung und Ausformung zugänglich sind und im Konflikt mit anderen städtebaulichen Zielen zurücktreten, also durch Abwägung überwunden werden können (vgl. zu § 50 BImSchG: BVerwG, Beschl. v. 02.03.1985 - 4 C 73.82 - BVerwGE 71, 163; Beschl. v. 20.01.1992 - 4 B 71.90 - NVwZ 1992, 663; Urt. v. 28.01.1999 - 4 CN 5.98 - BVerwGE 108, 248). Auch das den Eigentümern von Grundstücken im Geltungsbereich eines allgemeinen Wohngebiets nach § 4 BauNVO zustehende Recht auf Wahrung der Gebietsart (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151) schließt die bauleitplanerische Zulassung von Pkw- und Lkw-Durchgangsverkehr auf einer durch ein solches Gebiet führenden Hauptsammelstraße nicht absolut aus. Es wäre durch die städtebauliche Planung eines solchen Verkehrs schon nicht berührt, weil es in seinem sachlichen Anwendungsbereich auf die Zulassung einzelner Vorhaben i. S. der §§ 29, 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO beschränkt ist. Die Festsetzung der Gebietsart Allgemeines Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO prägt allerdings Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener privater Belange, insbesondere gegenüber schädlichen Umwelteinwirkungen (vgl. §§ 41, 42, 50 BImSchG, § 2 der 16. BImSchV), und gibt ihnen in der bauleitplanerischen Abwägung ein entsprechendes Gewicht. Ob und inwieweit diese Belange die von der Antragsgegnerin verfolgten Ziele - Entlastung des Ortsetters, Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs - und entsprechend gewichtige, für die Trassenvariante "Salzwiesenstraße" sprechende Belange überwiegen, lässt sich nicht abstrakt, sondern nur anhand der konkreten Planungssituation beurteilen. Gerade daran hat sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin aber aus Rechtsgründen gehindert gesehen.

Aber selbst wenn die weiteren Erwägungen des Gemeinderats, dass Fehler vergangener Jahre - Lkw-Verkehr durch Wohngebiete - nicht wiederholt werden sollten und dass eine Nutzung der Salzwiesenstraße für Durchgangsverkehr einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zuwiderliefe, dahin zu verstehen sein sollten, dass die Trassenvariante "Salzwiesenstraße" nicht aus Rechtsgründen, sondern im Wege der Abwägung aus überwiegenden Gründen städtebaulicher Entwicklung und Ordnung zu Gunsten der im angegriffenen Bebauungsplan festgesetzten Trasse der Nordumgehung ausgeschieden werden sollte, wäre die Trassenvariante "Salzwiesenstraße" in ihrer objektiven Bedeutung fehlerhaft gewichtet. Richtig ist zwar, dass es allgemeinen städtebaulichen Grundsätzen für die Planung innerörtlicher Verkehrswege (vgl. dazu Nr. 1 der Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen, Ausgabe 1985 in der Fassung von 1995 - EAE 85/95) und § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB und § 50 BImSchG zuwiderliefe, gebietsfremden innerörtlichen Kraftfahrzeugverkehr, insbesondere aus Gewerbegebieten, durch ein allgemeines Wohngebiet an das überörtliche Straßennetz anzubinden. Auch wäre eine Bauleitplanung, die städtebauliche Missstände (vgl. § 136 Abs. 2 Satz 2 BauGB) bewirkte, schon nicht i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich. Das alles gilt aber in erster Linie nur für die Bauleitplanung bisher unbebauter Flächen, nicht dagegen ohne weiteres auch im Falle der Überplanung vorhandener Strukturen und Gemengelagen, in denen auch die Abwägungsdirektive der Trennung von Wohnen und Gewerbe nach § 50 BImSchG nicht ausnahmslos gilt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.01.1992, a. a. O.; Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 7. Auflage, § 1 Rn. 111 m. w. Nachw.). Sind - wie hier - in Ortsrandlage im Laufe der Jahre gewerblich und zu Wohnzwecken genutzte Flächen - geplant - nebeneinander entstanden, war die Anbindung der Gewerbegebiete an das überörtliche Straßennetz über eine durch ein Wohngebiet verlaufende breite Hauptsammelstraße von vornherein beabsichtigt, ist sie durch den plangemäßen Ausbau dieser Straße bereits vorbereitet und fehlt nur noch der "Lückenschluss" - hier in Gestalt der "Salzwiesenbrücke" -, hat eine solche Trasse in der Variantenprüfung selbst dann größeres Gewicht, wenn dieser heute vorgefundene Zustand aus Planungsfehlern resultieren sollte. Dieses Gewicht wird angesichts des Ausbauzustands der Salzwiesenstraße nach der Art einer angebauten Hauptsammelstraße (vgl. zu deren Funktion, insbesondere bei Wohngebieten in Ortsrandlage Tabellen 8 und 17 sowie Nr. 5.3.5 der EAE 85/95), die eine 1 m breitere Fahrbahn als die geplante Nordumgehung besitzt, und der nicht unerheblichen zusätzlichen Bodenversiegelung durch die Nordumgehung zudem durch das Gebot, mit Grund und Boden sparsam umzugehen (§ 1 a Abs. 1 BauGB), sowie durch die mit der Nordumgehung verbundenen erheblichen Eingriffe in Natur und Landschaft verstärkt. In einer solchen Lage darf eine besondere Trassenvariante wie die "Salzwiesenstraße" nicht allein mit allgemeinen städtebaulichen Ordnungsvorstellungen ohne intensivere Überprüfung ihrer Vor- und Nachteile im Vergleich zur festgesetzten Trasse zu Lasten einer Beeinträchtigung umweltschützender Belange von erheblichem Gewicht (vgl. §§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7, 1a Abs. 1 BauGB) verworfen werden. Erforderlich ist vielmehr, dass das bei ihr derzeit vorhandene und im Planfall zu erwartende Verkehrsaufkommen - nach Art und Umfang - und die damit einhergehenden schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Beeinträchtigungen öffentlicher oder privater Belange ermittelt werden, dass zumindest überschlägig untersucht wird, ob und wie diese Wirkungen, insbesondere durch Maßnahmen des aktiven oder passiven Lärmschutzes (§ 41 f. BImSchG), vermieden werden können, und dass die danach voraussichtlich verbleibenden Beeinträchtigungen öffentlicher und privater Belange mit den Beeinträchtigungen öffentlicher und privater Belange durch die im Bebauungsplan festgesetzte Trasse - Nordumgehung - unter Berücksichtigung einschlägiger Abwägungsdirektiven (§§ 1 Abs. 5 Satz 1, 1a Abs. 1 BauGB, § 50 BImSchG) vergleichend bewertet werden. Denn erst auf der Grundlage dieses Tatsachenmaterials lässt sich im Rahmen der Variantenprüfung fehlerfrei abwägen, ob die Bevorzugung der Nordumgehung und die damit einhergehende erhebliche Beeinträchtigung von Belangen des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7, 1a Abs. 1 BauGB) städtebaulich zu rechtfertigen sind.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die danach erforderliche intensivere Variantenprüfung unterlassen, obwohl sie sich ihm schon auf Grund des Ergebnisses der Studie vom Februar 1994 hätte aufdrängen müssen. Denn darin wird die Variante "Salzwiesenstraße" selbst unter Berücksichtigung der Lärmschutzproblematik als vorzugswürdig empfohlen. Die vom Gemeinderat im Bebauungsplanverfahren beschlossenen Abwägungsempfehlungen äußern sich dazu nicht. Die Antragsgegnerin muss sich insoweit auch als widersprüchlich entgegenhalten lassen, dass sie die im Bebauungsplanverfahren als städtebaulich ungeeignet verworfene Straßenverbindung Reetzstraße - Salzwiesenstraße im Erläuterungsbericht zum Genehmigungsantrag für den Bau der "Salzwiesenbrücke" im parallel betriebenen wasserrechtlichen Verfahren als "Abhilfe" für die innerörtlichen Verkehrsprobleme bezeichnet. Nicht zuletzt die Tatsache, dass sie mit dem forciert betriebenen Bau der "Salzwiesenbrücke" selbst aktiv die Voraussetzungen für eine - wenn auch eingeschränkte - Verkehrsführung über die Salzwiesenstraße zur B 10 betreibt, bestätigt die Notwendigkeit einer sorgfältigeren Variantenprüfung, und zwar auf der Grundlage einer Netzkonzeption, die für den Planfall auch andere konkrete Straßenplanungen der Antragsgegnerin - wie z. B. den Bau der "Salzwiesenbrücke" - einzubeziehen hat, was bislang offenbar nicht geschehen ist (vgl. Abbildungen 31 und 33 in der Verkehrsuntersuchung der Fa. MODUS PLAN vom Juli 1998, in denen die Querschnittsbelastungen 2010 im Planungs-Nullfall und im Planfall ohne eine Verkehrsbeziehung von der Reetzstraße zur Salzwiesenstraße über die "Salzwiesenbrücke" berechnet werden). Soweit die Antragsgegnerin einwendet, sie habe - im wasserrechtlichen Verfahren betreffend den Bau der "Salzwiesenbrücke" - für die Variante "Salzwiesenstraße" den Verkehrslärm berechnen lassen und danach seien die Kriterien der 16. BImSchV nur bei einem Einbahnverkehr einzuhalten, ist ihr entgegenzuhalten, dass dies in den vom Gemeinderat im Bebauungsplanverfahren beschlossenen Abwägungsempfehlungen keinen Niederschlag gefunden hat. Außerdem wurde bei diesen Berechnungen nur untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Immissionsgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV ohne aktiven oder passiven Lärmschutz einzuhalten sind. Ein sachgerechter Vergleich mit den Vor- und Nachteilen der Nordumgehung, für die aktiver und passiver Lärmschutz festgesetzt worden sind, erfordert aber die Einbeziehung auch solcher Maßnahmen. Im Übrigen waren die im wasserrechtlichen Verfahren von der Antragsgegnerin festgestellten Überschreitungen der Grenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV im Falle eines Verkehrs in beide Richtungen zwar zahlreicher, aber nicht sehr erheblich und in Bezug auf die Nachtwerte sogar geringer als im Falle der Nordumgehung beim Wohngebäude der Antragsteller zu 13 und 14.

3. Der bezeichnete Mangel im Abwägungsvorgang ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, und er kann nicht i. S. des § 215 Abs. 1 BauGB durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden.

Der Mangel im Abwägungsvorgang ist i. S. des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB offensichtlich, weil konkrete Umstände positiv und klar auf ihn hindeuten. Abzustellen ist insoweit auf die "äußere Seite" des Abwägungsvorgangs, also alles, was auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruht. Dazu gehören auch Fehler und Irrtümer, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials betreffen, wenn sie sich aus den Planungsunterlagen ergeben (BVerwG, Beschl. v. 07.11.1997 - 4 NB 48.96 - NVwZ 1998, 956 m. w. N. = PBauE § 215 Abs. 3 BauGB Nr. 8). Das ist hier der Fall. Schon auf Grund des Ergebnisses der Studie vom Februar 1994, die die Variante "Salzwiesenstraße" auch unter Berücksichtigung der Lärmschutzproblematik als vorzugswürdig empfohlen hatte, drängte sich eine intensivere Variantenprüfung auf. Der Mangel ist auch i.S. des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Hierfür genügt, dass sich anhand der Planunterlagen und anderer erkennbarer Umstände die konkrete Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein kann (BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 = PBauE § 214 Abs. 3 BauGB Nr. 1; Beschl. v. 29.01.1992 - 4 NB 22.90 - NVwZ 1992, 662 = PBauE § 214 Abs. 3 BauGB Nr. 3). Das trifft hier schon wegen der Planungen der Antragsgegnerin für den Bau der "Salzwiesenbrücke" zu, weil die Antragsgegnerin die damit einhergehende Nutzung der Salzwiesenstraße durch den Verkehr von der Reetzstraße als Abhilfe für die innerörtlichen Verkehrsprobleme bezeichnet. Dieses Vorgehen belegt zumindest die konkrete Möglichkeit, dass die Planung ohne den Abwägungsmangel anders ausgefallen wäre.

Der Abwägungsmangel kann nicht i. S. des § 215a Abs. 1 BauGB in einem ergänzenden Verfahren behoben werden, weil er die Variantenprüfung betrifft. Denn er berührt damit die Grundzüge der vorliegenden Straßenplanung (vgl. BVerwG, Urt.v. 08.10.1998 - 4 CN 7.97 - NVwZ 1999, 414) und wiegt so schwer, dass er den Kern der Abwägung betrifft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1998 - 4 BN 45.898 - NVwZ 1999, 420).

4. Ob der Bebauungsplan im Übrigen mit höherrangigem - formellen oder materiellen - Recht vereinbar ist, braucht nach alledem nicht entschieden zu werden; insoweit wird auf die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung verwiesen. Für ein eventuelles neues Bebauungsplanverfahren weist der Senat aber auf folgende Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit § 41 BImSchG und mit § 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB hin:

a) Bei der Festsetzung von Straßen durch Bebauungspläne (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB) gehört der Verkehrslärmschutz grundsätzlich nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 und 7 BauGB zum Kreis der abwägungsrelevanten Belange. Die Gemeinde hat sich unter diesem Blickwinkel Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Ausmaß das Straßenbauvorhaben Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes nach sich zieht. Das folgt aus § 41 und § 50 BImSchG, die bereits bei der Aufstellung eines Bebauungsplans zu beachten sind. Durch den Bau von Straßen dürfen keine Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden, die als schädliche Umwelteinwirkungen zu qualifizieren sind. Die Gemeinde hat sich bei der Abwägung unter dem Gesichtspunkt der Abwehr von Verkehrslärmbeeinträchtigungen am Schutzmodell des Bundesimmissionsschutzgesetzes auszurichten, das in der Bauleitplanung als striktes Recht zu beachten ist (BVerwG, Beschl. v. 14.11.2000 - 4 BN 44.00 - NVwZ 2001, 433; Beschl. v. 17.05.1995 - 4 NB 30.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 82, S. 17/21 = PBauE § 9 Abs. 1 (Nr. 24) BBauG Nr. 9; NK-Urt. des Senats v. 22.07.1997 - 5 S 3391/94 - VBlBW 1998, 177). Insoweit kommt zunächst auf einer ersten Stufe dem Trennungsgebot nach § 50 BImSchG die Funktion einer Abwägungsdirektive zu. § 41 BImSchG bezeichnet sodann die zweite Stufe, auf der erhebliche Lärmbelästigungen durch aktive Schallschutzvorkehrungen abgewehrt werden; insoweit können nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB Festsetzungen getroffen werden. Als erheblich sind die Einwirkungen anzusehen, welche die Grenzen des Zumutbaren überschreiten. Die maßgebliche Zumutbarkeitsschwelle wird durch die in § 2 der 16. BImSchV bestimmten Immissionsgrenzwerte normiert, wobei der Beurteilungspegel nach § 3 der 16. BImSchV anhand der in der Anlage 1 genannten Kriterien zu berechnen ist. Die durch § 41 Abs. 1 BImSchG begründete gesetzliche Pflicht zu Maßnahmen des aktiven Schallschutzes gilt nach § 41 Abs. 2 BImSchG nur dann nicht, wenn die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck stünden. In diesem Fall gewährt § 42 BImSchG auf einer dritten Stufe dem Eigentümer einer betroffenen baulichen Anlage einen Anspruch auf angemessene Geldentschädigung, die nach Maßgabe der 24. BImSchV für Schallschutzmaßnahmen an den baulichen Anlagen in Höhe der erbrachten notwendigen Aufwendungen zu leisten ist; der Geldausgleichsanspruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG bleibt davon unberührt. Maßnahmen des passiven Schallschutzes können ebenfalls nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festgesetzt werden. Die Gemeinde ist dazu im Regelfall indes nicht verpflichtet, weil Lärmbetroffene sichergehen können, dass sie den Schutz, den ihnen Vorkehrungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB gewährleisten würden, auf dem durch § 42 BImSchG vorgezeichneten Weg erlangen. Denn die Entscheidung über die Höhe eines Erstattungs- oder Ausgleichsbetrags wird durch den Bebauungsplan nicht präjudiziert (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 28.01.1999 - 4 CN 5.98 - BVerwGE 108, 248 m. w. N.).

Gemessen daran erscheint fraglich, ob das Verkehrslärmschutzkonzept der Antragsgegnerin mit § 41 BImSchG vereinbar ist. Denn nach den Berechnungen ihres Schallgutachters werden die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV trotz der festgesetzten Maßnahmen zum aktiven Schallschutz an einigen Gebäuden innerhalb und außerhalb des Plangebiets im Planfall nicht eingehalten. Davon werden etwa die Antragsteller zu 4 und 5 sowie 13 bis 16 - unterschiedlich - betroffen. Da nichts dafür ersichtlich ist, dass ein weitergehender aktiver Schallschutz nach § 41 Abs. 1 BImSchG technisch nicht möglich wäre, könnte auf ihn nach § 41 Abs. 2 BImSchG nur verzichtet werden, wenn die entsprechenden Kosten außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stünden. In den vom Gemeinderat beschlossenen Abwägungsempfehlungen wird dazu nichts ausgeführt. Aus Nr. 7.3 der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich lediglich, dass sich der Gemeinderat im Ergebnis der Einschätzung des Schallgutachters angeschlossen hat, dass ein weitergehender aktiver Schallschutz "ökonomisch nicht vertretbar" wäre. Auch im Schallgutachten wird dies jedoch nicht näher erläutert. Es bedarf insoweit einer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichteten konkreten Kosten-Nutzen-Analyse (vgl. zu den dabei zu berücksichtigenden Kriterien BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370; Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 31.97 - NVwZ 2001, 79; Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 46.97 - NVwZ 2001, 81). Insbesondere für die Wohngebäude im Bereich der Nordumgehung östlich der Reetzstraße, bei denen - wie beim Gebäude der Antragsteller zu 13 und 14 - die Immissionsgrenzwerte überschritten würden, ist diese Begründung für den Verzicht auf Maßnahmen des aktiven Schallschutzes nicht ohne weiteres nachvollziehbar, zumal dort im Gegensatz zum Abschnitt der Nordumgehung zwischen B 10 und Reetzstraße überhaupt kein aktiver Lärmschutz festgesetzt ist.

Unabhängig davon dürfte die Festsetzung in Nr. 9 der Bebauungsvorschriften, die unter Bezugnahme auf das Lärmgutachten "Passivmaßnahmen" - gemeint sind wohl passive Schallschutzmaßnahmen - festsetzt, nichtig sein, soweit sie sich auf Gebäude außerhalb des Plangebiets erstreckt. Derartige Schallschutzmaßnahmen können zwar nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festgesetzt werden, da es sich bei ihnen um "sonstige technische Vorkehrungen" im Sinne dieser Vorschrift handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.09.1988 - 4 N 1.87 - BVerwGE 80, 184 = PBauE § 9 Abs. 1 (Nr. 24) BauGB Nr. 2). Allerdings können solche Festsetzungen, wie allgemein Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB, nur für den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 7 BauGB) getroffen werden. Normative Festsetzungen für Bereiche außerhalb des Plangebiets sind rechtlich nicht möglich. Die entsprechende Festsetzung Nr. 9, die insoweit nicht nur als bloßer Hinweis (ohne normativen Charakter) verstanden werden kann, dürfte daher - ungeachtet der in der Verhandlung erörterten Bedenken gegen ihre Bestimmtheit - nichtig sein.

b) Erhebliche Bedenken bestehen auch, ob der Bebauungsplan hinsichtlich der Vermeidung und des Ausgleichs/Ersatzes der auf Grund seiner Festsetzungen zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Das gilt selbst dann, wenn zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt wird, dass der angegriffene Bebauungsplan nicht i. S. des § 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG eine Planfeststellung ersetzt (vgl. zur gleichlautenden Regelung in Nr. 19 der Anlage zu § 3 UVPG auch NK-Urteil des Senats v. 08.02.2001, a.a.O.), so dass sich der rechtliche Maßstab insoweit nach § 8a Abs. 1 BNatSchG allein aus den Vorschriften des Baugesetzbuchs, also insbesondere §§ 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3, 9 Abs. 1a und 200a BauGB, und nicht nach § 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG aus den Vorschriften über die Eingriffsregelung in §§ 10, 11 NatSchG (§ 8 BNatSchG) ergibt.

Nach § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB sind die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt nach Maßgabe des § 1a Abs. 3 BauGB, wobei Darstellungen für Flächen zum Ausgleich und Festsetzungen für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne dieser Vorschrift auch Ersatzmaßnahmen nach den Vorschriften der Landesnaturschutzgesetze umfassen (§ 200a Satz 1 BauGB). Anders als nach §§ 10, 11 NatSchG und § 8 BNatSchG haben die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der bauleitplanerischen Folgenbewältigung keinen abstrakten Vorrang vor anderen Belangen. Sie müssen sich in der planerischen Abwägung mit gegenläufigen Erfordernissen der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung messen lassen, und zwar entsprechend dem ihnen in der konkreten Planungssituation zukommenden Gewicht. Sie haben aber eine herausgehobene Bedeutung, weil sie über das Integritätsinteresse hinaus, falls dieses nicht gewahrt werden kann, auf das Kompensationsinteresse erweitert werden. Die planende Gemeinde ist verpflichtet, diesem Kompensationsinteresse Rechnung zu tragen, indem sie das in § 8 BNatSchG vorgeprägte Entscheidungsprogramm abarbeitet und über ein Folgenbewältigungsprogramm im Sinne eines Ausgleichskonzepts nach Maßgabe des § 1a Abs. 3 i.V.m. § 200a BauGB abwägend entscheidet. Das allgemeine bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot wird insoweit spezifisch fachrechtlich angereichert. Wie das Integritätsinteresse zu bewerten ist und welche Kompensation möglich ist, ergibt sich vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 3 BauGB aus der konkreten Situation. Dabei hat sich die Gemeinde von den normativen Wertungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB und des Art. 20a GG leiten zu lassen (vgl. - zu § 8a BNatSchG a.F. - BVerwG, Urt. v. 31.01.1997 - 4 NV 27.96 - BVerwGE 104, 68/72 f.). Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen (vgl. § 200a BauGB) kommen zudem nur auf aufwertungsbedürftigen und -fähigen Flächen in Betracht, also solchen, die in einen Zustand versetzt werden können, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.09.1998 - 4 A 35.97 - NVwZ 1999, 532; VGH Bad.-Württ., NK-Urt. v. 17.05.2001 - 8 S 2603/00 -).

Es erscheint zweifelhaft, ob die Abwägung des Gemeinderats diesen Anforderungen genügt. Entgegen der Ansicht der Antragsteller kann sich insoweit ein Fehler bei der abwägenden Abarbeitung der ersten Stufe der Eingriffsregelung, dem Vermeidungsgebot (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG), allerdings nicht daraus ergeben, dass die Antragsgegnerin unter mehreren möglichen Planungsalternativen nicht die ökologisch günstigste gewählt hat. Denn das Vermeidungsgebot zielt nur darauf ab, aus dem Kreis der mit dem Eingriff definitionsgemäß verbundenen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft diejenigen zu unterlassen, die vermeidbar sind. Die Entscheidung, dass das (Straßenbau-)Vorhaben an einem bestimmten Standort zulässig ist, steht - auch unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung von Umweltbelangen - bei Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht mehr zur Disposition. Die Standortfrage wird unter dem Aspekt der Alternativenprüfung im Rahmen der allgemeinen bauleitplanerischen Abwägung entschieden (siehe oben 2). Nur das danach zugelassene Vorhaben ist im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG darauf zu untersuchen, ob es an der vorgesehenen Stelle erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft verursacht, die vermieden oder zumindest vermindert werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.1997 - 4 C 10.96 - BVerwGE 104, 144/149f.; Senatsurt. v. 03.09.1993 - 5 S 874/92 - NVwZ-RR 1994, 373).

Es erscheint aber zweifelhaft, ob die vom Gemeinderat beschlossenen Maßnahmen zum Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft mit § 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB vereinbar sind. Dabei kann unterstellt werden, dass das bei der Ermittlung und Bewertung der Eingriffe und ihres Ausgleichs verwendete "Saarländische Modell" im Grundsatz ein fachlich geeignetes standardisiertes Bewertungsverfahren darstellt, dass dieses Modell jedenfalls im Bescheid des Landratsamts vom 29.06.1999 folgerichtig und fachlich zutreffend angewendet worden ist, dass der Gemeinderat seiner Abwägung - abweichend vom Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan - nur diese Feststellungen und Bewertungen des Landratsamts zu Grunde gelegt hat, dass alle im Bescheid des Landratsamts aufgeführten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im erforderlichen Zusammenhang mit den durch die Eingriffe gestörten ökologischen Funktionen stehen, deren Kompensation sie bezwecken, und dass alle Flächen, auf denen sie vorgenommen werden sollen, aufwertungsbedürftig und -fähig sind. Insoweit ist zunächst von Bedeutung, dass die vorgesehenen Maßnahmen ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan - den Forderungen des Landratsamts entsprechend - alles ausgleichen und ersetzen sollten, was naturschutzfachlich ausgleichsbedürftig ist. Denn der Gemeinderat hat nicht beabsichtigt, einen (Rest-)Ausgleichsbedarf "wegzuwägen". Es ist fraglich, ob er dieses Ziel entsprechend § 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB bauplanungsrechtlich hinreichend umgesetzt hat. Denn nur ein sehr kleiner Teil ist durch Festsetzungen im Plangebiet nach § 9 BauGB erfolgt und genügt insoweit den Anforderungen des § 1a Abs. 3 Satz 1 und 2 BauGB. Für den überwiegenden Teil der außerhalb des Plangebiets vorgesehenen Maßnahmen dürfte das jedoch nicht der Fall sein. Insoweit ist weder ein gesonderter Ausgleichsbebauungsplan beschlossen (vgl. § 9 Abs. 1a BauGB) noch ein städtebaulicher Vertrag (§ 11 BauGB) abgeschlossen worden. Es bliebe danach nur die Alternative, dass damit "sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden" (§ 1a Abs. 3 Satz 3 BauGB). Insoweit könnte zwar ausreichend sein, dass alle Maßnahmen im Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 29.06.1999 gegenüber der Antragsgegnerin als Vorhabenträgerin rechtlich verbindlich festgesetzt sind. Denn diese Situation unterscheidet sich damit im Ergebnis nicht wesentlich von der eines städtebaulichen Vertrags mit dem Träger der Naturschutzbehörde, weil die Antragsgegnerin sich mit der widerspruchslosen Hinnahme des Bescheids den Forderungen der Naturschutzbehörde unterworfen hat. Es handelt sich aber ganz überwiegend nicht um Maßnahmen "auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen". Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die betreffenden Flächen bei Satzungsbeschluss im Eigentum der Antragsgegnerin standen oder dass zu diesem Zeitpunkt in sonstiger Weise zumindest ein zeitlich unbefristetes Verfügungsrecht der Gemeinde über diese Flächen gesichert war (vgl. zu diesem Erfordernis bei dauerhaften Eingriffen VGH Bad.-Württ., NK-Urt. v. 17.05.2001, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urt. v. 14.09.2000 - 1 K 5414/98 - ZfBR 2001, 134 = PBauE § 4 BauGB Nr. 3). Das war vielmehr völlig ungeklärt. Dieses Defizit dürfte auch durch die Vorbehalte in Nr. 5 und 6 der Nebenbestimmungen des Bescheids des Landratsamts vom 29.06.1999 nicht behoben sein. Denn diese Regelungen lassen die gebotene Folgenbewältigung für den Fall, dass die konkret bezeichneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht verwirklicht werden können, offen; insbesondere wird auch nicht sozusagen hilfsweise gemäß § 11 Abs. 5 NatSchG gegenüber der Antragsgegnerin als Vorhabenträgerin eine naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe "dem Grunde nach" festgesetzt (vgl. zu dieser Möglichkeit NK-Urteil des Senats v. 22.07.1997, a.a.O.). Welche Maßnahmen auf welchen Flächen ausgeführt werden, ist einer späteren Entscheidung vorbehalten. Es verbleibt damit ein erhebliches Kompensationsdefizit, das die Abwägung im Ergebnis fehlerhaft macht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. § 5 ZPO entsprechend auf 260.000,- DM festgesetzt (Antragsteller zu 1 bis 3, 6 bis 10 und 17 je 20.000,- DM und Antragsteller zu 4 und 5, 11 und 12, 13 und 14 sowie 15 und 16 jeweils als Rechtsgemeinschaft 20.000,- DM).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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