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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: 6 S 2368/06
Rechtsgebiete: IHKG, AO


Vorschriften:

IHKG § 3 Abs. 3 Satz 5
IHKG § 3 Abs. 8
AO § 175 Abs. 1 Nr. 1
AO § 171 Abs. 10
Die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids durch das Finanzamt berechtigt die Industrie- und Handelskammer nicht, die Beitragsveranlagung des Kammerzugehörigen in vollem Umfang erneut aufzurollen.

Eine Änderung des (bestandskräftigen) Beitragsbescheids durch die IHK ist im Zusammenhang mit der Änderung des Gewerbesteuermessbescheids nur soweit zulässig, als es zur Anpassung des Beitragsbescheids an den geänderten Steuermessbescheid geboten ist.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

6 S 2368/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen IHK-Beitrag 1998

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 11. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 04. September 2006 - 7 K 934/05 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 1.390,81 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000, VBlBW 2000, 392), dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32). Dies leistet die Antragsbegründung indessen nicht.

Das Verwaltungsgericht hatte im angefochtenen Urteil die (erneute) Veranlagung der Klägerin durch Bescheid vom 24.02.2005 zu einer Umlage für das Rechnungsjahr 1998 in Höhe von 1.390,81 EUR mit der Begründung aufgehoben, dass die Beklagte im Widerspruchsverfahren gegen eine frühere Veranlagung für dasselbe Beitragsjahr (Bescheid vom 26.02.2003) wegen der verspäteten Mitteilung des Steuermessbetrags durch das Finanzamt auf eine Beitragserhebung in der seinerzeit festgesetzten Höhe (1.391,47 EUR) wirksam verzichtet habe. Die spätere Mitteilung eines geänderten Gewerbeertrags durch das Finanzamt, der zudem niedriger sei als der dem früheren Beitragsbescheid zugrunde gelegte Gewerbeertrag, berechtige die Beklagte nicht zu einer erneuten Beitragserhebung für denselben Veranlagungszeitraum. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte auch darauf, dass im Beitragsrecht grundsätzlich sogar verjährte Forderungen neu veranlagt werden könnten. Diese Fallgestaltung sei mit der vorliegenden insoweit nicht vergleichbar, als die Beklagte hier in Kenntnis eines aus ihrer Sicht bestehenden unverjährten Beitragsanspruchs auf diesen ausdrücklich verzichtet habe. Falls kein Beitragsverzicht der Beklagten vorliege, sei jedenfalls von einer Verwirkung des Beitragsanspruchs bis zur Höhe des ursprünglich geforderten Betrags auszugehen. Diese Feststellungen werden durch das Vorbringen in der Antragsschrift nicht ernstlich in Frage gestellt.

Soweit die Beklagte darauf abhebt, dass sich der ausgesprochene Verzicht - für die Klägerin erkennbar - nicht auf einen bestimmten Betrag, sondern auf einen bestimmten Bescheid bezogen habe, und der Grund des Verzichts - auch insoweit für die Klägerin erkennbar - allein in der übermäßig langen Zeitspanne zwischen der Übermittlung der für die Beitragserhebung erforderlichen Daten von der Finanzverwaltung an die Beklagte und dem maßgeblichen Beitragsjahr (1998) gelegen und sich dieser Verzichtsgrund auch nur im damaligen Beitragsbescheid manifestiert habe, wird nicht ernstlich in Zweifel gezogen, dass die Beklagte durch ihre Äußerungen gegenüber der Klägerin - im Schreiben vom 11.06.2003 war die Veranlagung für 1998 unter Hinweis auf die Vermittlungszeitspanne "storniert" worden - und die Herabsetzung des Beitrags auf Null in einem gleichzeitig erlassenen Bescheid auf einen Beitragsanspruch in der geltend gemachten Höhe endgültig verzichtet habe. Dass der Grund des Verzichts im damaligen Veranlagungsvorgang lag, wie die Antragsschrift nunmehr vorträgt, gab der Klägerin keinen Anlass, von einem nur zeitlich beschränkten Verzicht auf die Durchsetzung der Beitragsforderung auszugehen, zumal auch die Beklagte selbst im Widerspruchsbescheid vom 07.04.2005 davon ausgegangen war, dass der Beitrag im früheren Verfahren "aus Kulanz als verjährt betrachtet und deshalb erlassen worden" sei. Weshalb der Verzicht unter diesen Umständen gleichwohl nicht endgültig erfolgt sein und zu einem späteren Zeitpunkt eine erneute Veranlagung des zuvor - wenngleich aus "Kulanz" - als verjährt betrachteten Beitrags möglich sein sollte, wird in der Antragschrift insoweit nicht schlüssig dargelegt.

Soweit die Antragsschrift bereits aus dem Erlass eines Änderungsbescheids durch das Finanzamt, mit dem der festgesetzte Gewerbeertrag geringfügig reduziert worden war, die Befugnis ableitet, die Klägerin ungeachtet des früheren Veranlagungsvorgangs für dasselbe Beitragsjahr erneut nach den Bestimmungen ihrer Satzung - wenn auch mit dem geringfügig reduzierten Gewerbeertrag - zu veranlagen, sind die hierzu gemachten Ausführungen ebenfalls nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen. Denn die Regelung in § 171 Abs. 10 AO, auf die die Beklagte dabei erkennbar - so ausdrücklich in der Klageerwiderung vom 22.07.2005 - abstellt, rechtfertigt dies nicht. Erst recht lässt § 171 Abs. 8 AO, auf den die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 07.04.2005 zu ihrer Rechtfertigung verwiesen hatte, die hier streitige erneute Veranlagung der Klägerin nicht zu.

Da das Verhältnis zwischen der Festsetzung des Gewerbeertrags im Steuermessbescheid des Finanzamts und der von der Beklagten hiernach bemessenen Umlage (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 5 IHK-G) dem Verhältnis zwischen Grundlagenbescheid (vgl. §§ 184, 171 Abs. 10 AO) und Folgebescheid (§§ 175 Abs. 1, 171 Abs. 10 AO) in der Abgabenordnung entspricht (vgl. hierzu OVG Münster, Urteil vom 08.08.2001, GewArch 2002, 33; Frenzel/Jäckel/Junge, IHK-G, 6. Aufl., § 3 Randnr. 134), beurteilt sich die Rechtmäßigkeit einer erneuten Beitragsveranlagung durch die Beklagte nach geänderter Festsetzung des maßgeblichen Gewerbeertrags durch das Finanzamt - wie hier - nach den dort für die Änderung eines Grundlagenbescheids getroffenen Regelungen (vgl. §§ 175, 171 Abs. 10 AO in Verb. mit § 3 Abs. 8 IHK-G). Auf die im Widerspruchsbescheid der Beklagten angesprochene Vorschrift des § 171 Abs. 8 AO kommt es in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht an, da eine etwaige Ungenauigkeit über die Besteuerungsgrundlage bereits durch Erlass des früheren, der Beklagten im Jahr 2003 mitgeteilten Steuermessbescheids entfallen war.

Nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen bzw. zu ändern, wenn ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für den Steuerbescheid zukommt, - wie hier - erlassen oder geändert wird. Die nachträgliche Änderung des festgesetzten Gewerbeertrags, die zudem mit einer geringfügigen Reduzierung verbunden war, berechtigte die Beklagte hiernach jedoch nicht, die satzungsgemäß anfallende Umlage auf der Grundlage des korrigierten Gewerbeertrags neu - und ungeachtet der früheren Veranlagung und des hiernach erklärten Beitragsverzichts - zu erheben. Denn § 175 AO lässt zwar eine Durchbrechung der Rechtskraft eines früheren Beitragsbescheids zu (vgl. hierzu Möllering/Schwenker, Die Verjährung von IHK-Beiträgen, GewArch 2003, 98, 102; Frenzel/Jäckel/Junge, a.a.O., § 3 Randnr. 135), zielt aber allein darauf ab, die im (geänderten) Grundlagenbescheid getroffenen Regelungen zu verwirklichen (vgl. Klein, AO, 9. Aufl. § 175 Randnr. 23, 24; OVG NW, Urteil vom 05.02.2004 - 14 A 243/02 -). Die Aufgabe, den Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen, rechtfertigt kein Wiederaufrollen der gesamten (Steuer-)Veranlagung (vgl. BFH, Urteil vom 15.02.2001 - IV R 9/00 -; Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 175, Randnr. 185). Die Änderung eines Grundlagenbescheids begründet mithin auch keinen erneuten Beitragsanspruch auf einer selbständigen Rechtsgrundlage, wie die Antragsschrift behauptet, sondern rechtfertigt lediglich solche Veränderungen des Folgebescheids, die ihren Grund in der Änderung des Grundlagenbescheids haben (vgl. BFH, Urteil vom 13.12.2000 - X R 42/96 -, NVwZ 2002, 636). Soweit eine Änderung des Grundlagenbescheids die Aussage des früheren Folgebescheids nicht berührt, wird hierdurch ebenso wenig eine Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ausgelöst (vgl. BFH, Urteil vom 13.12.2000, a.a.O.) wie in dem Fall, dass der Folgebescheid schon vor der Änderung des Grundlagenbescheids unrichtig war (vgl. Klein, a.a.O., § 175, Randnr. 23), bzw. mit diesem schon zuvor nicht im Einklang stand (vgl. OVG NW, a.a.O.). Danach kann, entgegen der Ansicht der Beklagten, der zwischenzeitlich ergangene Änderungsbescheid des Finanzamts eine erneute satzungsgemäße Veranlagung der Klägerin nicht rechtfertigen. Dabei kann dahin stehen, ob der seinerzeit vor der Beklagten ausgesprochene Beitragserlass "aus Kulanz" bzw. der damit verbundene Beitragsverzicht nach der Rechtslage geboten oder auch nur zulässig war. Denn es steht jedenfalls fest, dass der Grund für diese Maßnahme nicht im Zusammenhang mit der Höhe des seinerzeit festgesetzten Gewerbeertrags stand, sondern allein auf dem zeitlichen Abstand zum veranlagten Beitragsjahr beruhte. Damit rechtfertigt die vom Finanzamt vorgenommne Änderung des Gewerbeertrags aber auch nicht, ohne Rücksicht auf den zuvor gewährten Beitragsverzicht von der Klägerin erneut die nach der Beitragssatzung für 1998 geschuldete Umlage zu erheben. Der Hinweis der Antragsschrift auf den zwischenzeitlich ergangenen Abänderungsbescheid des Finanzamts ist deshalb ebenfalls nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit ernstlich in Zweifel zu ziehen.

Der Senat lässt dahinstehen, inwieweit es unter diesen Umständen noch eines näheren Eingehens auf die gegen die Annahme einer Verwirkung der Beitragsschuld gerichteten Einwendungen der Beklagten bedarf. Da die Entscheidung des Verwaltungsgerichts selbstständig tragend sowohl auf einen ausdrücklichen Beitragsverzicht der Beklagten wie auf eine Verwirkung der Beitragsforderung gestützt ist, käme eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Bedenken gegen die Richtigkeit der Entscheidung nur in Betracht, wenn hinsichtlich beider, jeweils selbstständig tragender Gründe der Zulassungsgrund tatsächlich vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.07.2002 - 7 B 41.02 -, vom 23.01.1996 - 11 B 150.95 -).

Durch das Vorbringen der Antragsschrift wird jedenfalls auch die vom Verwaltungsgericht bejahte Verwirkung der Beitragsforderung nicht schlüssig in Frage gestellt.

Die im Urteil des Verwaltungsgerichts zutreffend benannten Voraussetzungen einer Verwirkung werden in der Antragsschrift nicht beanstandet. Bemängelt wird lediglich, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf eine künftige Veranlagung gestützt habe. Dies trifft indessen nicht zu. Denn soweit das Verwaltungsgericht auf das "dargestellte Verhalten der Beklagten" abhebt, bezieht es sich ersichtlich auf die Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 11.06.2003 und den Erlass eines mit "Korrektur" bezeichneten Bescheids der Beklagten, in dem der Beitrag für das Rechnungsjahr 1998 mit 0,00 EUR beziffert wurde. Bei der Feststellung einer Verwirkung legt das Verwaltungsgericht damit erkennbar ausdrückliche Erklärungen der Beklagten und nicht etwa allein den Umstand zu Grunde, dass sich die Beklagte eine spätere erneute Veranlagung nicht ausdrücklich vorbehalten hatte. Der Einwand der Beklagten, ein derartiger Vorbehalt sei zur Vermeidung einer Verwirkung nicht erforderlich, ist danach vorliegend insoweit unerheblich, als das Verwaltungsgericht auf das Fehlen dieses Vorbehalts nicht abgestellt hatte.

Ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergeben sich auch nicht daraus, dass, wie die Beklagte in der Antragsschrift vorträgt, selbst eine bereits eingetretene Verjährung der Beitragsschuld die erneute Veranlagung der Klägerin auf der Grundlage des korrigierten Gewerbeertrags nicht gehindert hätte und dies mithin erst recht im Falle der vom Verwaltungsgericht bejahten "Verwirkung" gelten müsse. Hierbei nimmt die Antragsschrift ergänzend auf eine Entscheidung des beschließenden Gerichtshofs vom 21.03.2002 (GewArch 2002, 480) Bezug, in der diese Rechtsansicht bestätigt worden sei. Es trifft jedoch weder zu, dass der Erlass eines neuen Grundlagenbescheids selbst bei bereits eingetretener Verjährung die erneute Beitragsveranlagung nicht hindere, noch kann der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs entnommen werden, dass dies darin vertreten worden sei.

Richtig ist zwar, dass nach dem insoweit entsprechend anwendbaren (vgl. § 3 Abs. 8 IHK-G) § 171 Abs. 10 AO bei Erlass eines Grundlagenbescheids die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides endet. Diese Regelung ändert indessen nichts daran, dass der Grundlagenbescheid zumindest noch vor Ablauf der regulären Verjährungsfrist (§§ 170 Abs. 1, 169 Abs. 2, Nr. 2 AO i.V.m. § 3 Abs. 8 IHK-G) ergehen muss, da er andernfalls rechtswidrig wäre (vgl. BFH, Urteil vom 07.06.2006 - II B 129/05 -). Nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist jede Änderung oder Berichtigung einer bereits bestehenden Steuerfestsetzung ausgeschlossen (vgl. Klein, a.a.O., § 169, Randnr. 14). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Einhaltung der Festsetzungsfrist Voraussetzung für den Erlass eines Grundlagen-Änderungsbescheids wie für den des Folgebescheids; § 171 Abs. 10 AO 1977 bewirkt insoweit nicht, dass eine zunächst abgelaufene Festsetzungsfrist durch den Erlass eines Grundlagenbescheides im Umfang der von diesem ausgehenden Bindungswirkung wieder in Lauf gesetzt würde (vgl. BFH, Urteil vom 30.11.1999 - XI R 41/97 -, BStBl II 2000, 173). Vielmehr ist der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuer gehemmt, soweit und solange "in offener Frist" ein Grundlagenbescheid noch ergehen kann, der für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist (BFH, a.a.O.). Der Einwand der Beklagten, die für die eingetretene Verjährung geltende Rechtslage sei erst recht im Falle des von ihr aus Kulanz erklärten Vollstreckungsverzichts anwendbar, beruht deshalb bereits auf einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt.

Der Beklagten ist auch nicht darin zu folgen, dass der Verwaltungsgerichtshof im angeführten Urteil vom 21.03.2002 - 14 S 2450/01 - abweichend entschieden und die Rechtsansicht der Beklagten bestätigt hätte. In dieser Entscheidung wird nämlich ausdrücklich darauf abgestellt, dass der angefochtene Bescheid die Zweijahresfrist des § 171 Abs. 10 AO einhalte und auch keine genügenden Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Grundlagenbescheid des Finanzamts nicht zulässigerweise ergangen wäre. Der in diesem Zusammenhang erörterte "Ablauf der Festsetzungsverjährung" wird ausdrücklich mit der Erwägung verneint, dass wegen einer stattgefundenen steuerlichen Außenprüfung die Verjährung der Grundlagensteuer gemäß § 171 Abs. 4 AO steuerlich gehemmt gewesen sei. Von der Zulässigkeit einer steuerlichen Veranlagung nach Erlass eines geänderten Grundlagenbescheids trotz bereits eingetretener Verjährung kann hiernach keine Rede sein.

Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) eröffnet die angestrebte Berufung ebenfalls nicht.

Soweit die Beklagte die Rechtsansicht äußert, dass sie "im Wege der Gleichbehandlung zur Neuveranlagung verpflichtet sei, wenn sich die Grundlagen ändern und dadurch die Voraussetzungen für einen Verzicht entfallen sind", ist bereits fraglich, ob der Zulassungsantrag insoweit den Darlegungsanforderungen genügt, als keine Frage benannt wird, der die behauptete grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Der Zulassungsantrag der Beklagten hätte jedenfalls auch dann keinen Erfolg, wenn man die angesprochene Problematik als Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung deuten würde. Denn soweit die Fragestellung darauf aufbaut, dass "dadurch" die Voraussetzungen für einen Verzicht entfallen seien, dass sich die Grundlagen geändert hätten, trifft dies bereits nicht zu. Da die angefochtene erneute Veranlagung der Klägerin für das Rechnungsjahr 1998, wie dargelegt, nicht im inneren Zusammenhang mit der Verminderung des maßgeblichen (vgl. hierzu § 3 Abs. 3 Satz 5 IHK-G) Gewerbeertrags im geänderten Steuermessbescheid steht, fehlt es bereits an der mit der Fragestellung behaupteten Ursächlichkeit zwischen der Änderung der Grundlagen der Besteuerung und dem früheren Beitragsverzicht. Ein weitergehender Klärungsbedarf wird deshalb insoweit nicht aufgeworfen.

Auch hinsichtlich der weiteren Fragestellung, ob die Möglichkeit zur Neuveranlagung dem Beitragspflichtigen im Voraus ausdrücklich mitgeteilt werden müsse und dies Voraussetzung für eine rechtmäßige Neuveranlagung sei, ist ein Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Die Frage bezieht sich ersichtlich auf die vom Verwaltungsgericht bejahte Verwirkung des Beitragsanspruchs, stellte sich dem Gericht jedoch, wie dargelegt, wegen der vom Gericht unabhängig hiervon gewürdigten Umstände in dieser Form nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus§ 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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