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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.02.2001
Aktenzeichen: 7 S 2253/99
Rechtsgebiete: BSHG, RegelsatzVO


Vorschriften:

BSHG § 12 Abs. 1
RegelsatzVO § 3 Abs. 1 Satz 1
Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Kosten der laufenden Nutzung eines Breitbandkabelanschlusses zu den laufenden Kosten der Unterkunft gehören (hier bejaht).
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

7 S 2253/99

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Sozialhilfe

hat der 7. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Gehrlein und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Bader und Ridder

am 16. Februar 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. August 1998 - 12 K 1500/97 - geändert. Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 9. September 1996 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 1997 verpflichtet, die Gebühren für den Breitbandkabelanschluss für Oktober 1996 in Höhe von 12,12 DM im Rahmen der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt zu übernehmen.

Die Klägerin trägt neun Zehntel, der Beklagte ein Zehntel der Kosten des Verfahrens aus dem ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte allein.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Übernahme von Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses in der früher von ihr bewohnten Wohnung in Kernen aus Sozialhilfemitteln.

Die von der Klägerin im Januar 1994 angemietete Wohnung war wie die gesamte Wohnanlage an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Telekom angeschlossen. Die hierfür vom Vermieter zu entrichtende monatliche Grundgebühr hatte die Klägerin gem. § 3 des Mietvertrages als umlagefähige Betriebskosten zu tragen.

Am 27.3.1996 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme der von ihrem Vermieter für das Jahr 1995 geltend gemachten Nebenkostennachzahlung in Höhe von 850,02 DM. Die Nebenkosten für das Abrechnungsjahr 1995 umfassten[!Duden1] dabei auch die Grundgebühr für den Kabelanschluss in Höhe von 109,92 DM.

Mit Bescheid vom 17.4.1996 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf den Nachzahlungsbetrag 740,10 DM; die Erstattung der Kosten für den Kabelanschluss lehnte er hingegen ab.

Hiergegen erhob die Klägerin am 17.5.1996 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, bereits der ursprüngliche Mietvertrag sehe die Übernahme der Kabelgebühr durch den Mieter vor. Sie habe die Wohnung erst angemietet, nachdem der Mietvertrag in dieser Form vom Beklagten akzeptiert worden sei. In der Vergangenheit seien die Kosten für den Kabelanschluss auch anstandslos übernommen worden. Ohne den Kabelanschluss[!Duden2] sei ein Fernsehempfang in ihrer Wohnung nicht möglich.

Mit Bescheid vom 9.9.1996 gewährte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn für den Monat Oktober 1996 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 1.404,34 DM; bei den von der Klägerin zu tragenden Unterkunftskosten blieb dabei die monatliche Grundgebühr für den Kabelanschluss in Höhe von 12,12 DM unberücksichtigt. Am 20.9.1996 erhob die Klägerin auch gegen diesen Bescheid Widerspruch.

Mit Bescheid vom 25.9.1996 half der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin gegen seinen Bescheid vom 17.4.1996 insoweit ab, als er von dem insgesamt begehrten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 850,02 DM weitere 79,92 DM übernahm. Hierbei führte er zur Begründung aus, dass die Nebenkostennachzahlung für das Jahr 1995 in dem Umfang voll übernommen würde, in dem der Vermieter hierauf einen Anspruch habe. Ein Betrag von 30,-- DM sei nicht erstattungsfähig, da er auf einem Abrechnungsfehler des Vermieters beruhe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.2.1997 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen seinen Bescheid vom 9.9.1996 zurück.

Am 12.3.1997 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag Klage erhoben, den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 17.4.1996 bzw. 9.9.1996 und seines Widerspruchsbescheides vom 20.2.1997 zu verpflichten, die Gebühren für den Kabelanschluss für den Zeitraum vom 1.1.1995 bis 31.12.1995 in Höhe von 109,92 DM sowie für Oktober 1996 in Höhe von 12,12 DM zu übernehmen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Übernahme der anteiligen Kabelgebühr sei Bestandteil des mit dem Wohnungseigentümer abgeschlossenen Mietvertrags. Ohne den Kabelanschluss habe sie überhaupt keine Möglichkeit des Fernsehempfangs. Der Beklagte habe die Anmietung der Wohnung auch in Kenntnis der Tatsache akzeptiert, dass sie die Kabelgebühr zu entrichten habe. Ihr Vertrauen darauf, dass der Beklagte die auf ihre Wohnung entfallende Grundgebühr für den Anschluss[!Duden3] an das Kabelnetz weiter übernehme, sei daher schutzwürdig.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Mit Urteil vom 10.8.1998 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit[!Duden4] die Klägerin die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 17.4.1996 und dessen Verpflichtung begehre, die in der Nebenkostenabrechnung 1995 enthaltenen Kabelgebühren in Höhe von 109,92 DM im Wege der Sozialhilfe zu übernehmen. Insoweit bestehe für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis, denn der Beklagte habe mit Bescheid vom 25.9.1996 zusätzlich zu dem mit Bescheid vom 17.4.1996 übernommenen Betrag von 740,10 DM weitere 79,92 DM von der Mietkostennebenabrechnung in Höhe von insgesamt 850,02 DM und damit auch die noch ausstehenden Kabelgebühren übernommen. Der weiterhin noch offene Nachzahlungsbetrag in Höhe von 30,-- DM beruhe auf einer fehlerhaften Berechnung der monatlich tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen auf die Mietnebenkosten. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 17.4.1996 und für die Verpflichtung des Beklagten auf Erstattung der Kabelgebühren für das Jahr 1995 bestehe hiernach nicht. Im Übrigen[!Duden5] sei die Klage zulässig, jedoch nicht begründet. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Übernahme der begehrten Kabelgebühr für den Monat Oktober 1996 zu. § 12 Abs. 1 BSHG bestimme im Einzelnen, was zum notwendigen Lebensunterhalt gehöre und nenne unter anderem die Unterkunft und in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Ausgangspunkt für die Entscheidung darüber, ob der Anschluss[!Duden6] des Fernsehgeräts an ein Kabelnetz zum notwendigen Lebensunterhalt gehöre, sei deshalb nur, welchem Bedarf der Fernsehempfang selbst zuzurechnen sei und ob dieser Bedarf ohne den Kabelanschluss und die damit verbundenen Kosten gedeckt werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Fernsehgerät ein akustisch-visuelles Mittel der Information und Kommunikation, Bildung und Unterhaltung, das dem Einzelnen ermögliche, seine Umwelt zu erfahren und am kulturellen Leben teil zu haben. Dieser Zweck des Fernsehens sei der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zuzuordnen, zu denen auch die Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben gehörten. Um eine Nutzung des Fernsehgerätes für diesen Zweck sicher zu stellen, bedürfe es aber keines Kabelanschlusses. Die Empfangsmöglichkeiten, die ein Kabelanschluss biete, seien eine besondere Annehmlichkeit, die zur Aufrechterhaltung der Beziehung zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben nicht erforderlich seien. Offen bleiben könne deshalb, ob ein Kabelanschluss bereits schon deshalb nicht zum notwendigen Lebensunterhalt gehöre, weil die damit verbundenen Kosten durch Einbau einer Sperrdose vermieden werden könnten. Selbst wenn aufgrund[!Duden7] des Einzelfalls das Vorhalten eines Kabelanschlusses als notwendig anzusehen wäre, würden die Kosten für einen Kabelanschluss, ebenso wie das Fernsehen selbst, dann zur Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens gehören. Soweit[!Duden8] die Anschlussgebühren[!Duden9] vom Vermieter als Nebenkosten zur Miete erhoben würden, seien sie aus diesen Unterkunftskosten herauszurechnen. Die Bedürfnisse des täglichen Lebens seien grundsätzlich aus den Regelsätzen zu decken. Bei der Ermittlung des durch die Regelsätze zu deckenden Bedarfs seien Gebühren für einen Kabelanschluss nicht ausdrücklich berücksichtigt worden. Eingeflossen seien aber diverse Aufwendungen für Bildung, Unterhaltung, Freizeit sowie für den Besuch von Theater-, Kino- und Sportveranstaltungen. Im Bereich des Rundfunk- und Fernsehempfangs seien die Ausgabenpositionen Rundfunk- und Fernsehgebühren als nicht zu berücksichtigen eingeordnet worden mit der Begründung, für Sozialhilfeempfänger bestehe die Möglichkeit der Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung. Kabelanschlussgebühren seien in der der Bedarfsermittlung zugrunde[!Duden10] gelegten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 1983 nicht enthalten, da diese Technik damals noch nicht oder jedenfalls nicht flächendeckend zur Verfügung gestanden habe. Eine generelle Neubemessung der Regelsätze im Hinblick auf die Kabelanschlussgebühren[!Duden11], die heute bei einer Vielzahl von Fernsehteilnehmern anfielen, sei aber schon deshalb nicht geboten, weil sie nur einen relativ geringen Bedarf darstellten, der durch Umschichtung von entfallenden Aufwendungen für andere Bedürfnisse von einem Hilfeempfänger erwirtschaftet werden könne. Jedem Sozialhilfeempfänger sei die Verwendung der Regelsatzleistungen frei gestellt. Er könne z.B. dadurch, dass er weniger ins Kino oder zu Sportveranstaltungen gehe, Mittel für einen kostenaufwendigeren Fernsehempfang frei machen. Auch eine Abweichung von dem Regelsatz komme vorliegend nicht in Betracht. Eine besondere, atypische und eventuell deswegen nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG durch erhöhte Regelsatzleistungen abzugeltende Bedarfslage sei im Fall der Klägerin nicht gegeben. Ihre Situation sei nicht atypisch. Hinzu komme, dass ein in der Besonderheit des Einzelfalls gründender atypischer Bedarf nicht schon dann anzunehmen sei, wenn der Hilfesuchende regelmäßig Aufwendungen für eine bei der Bemessung der Regelsätze nicht berücksichtigte Bedarfsposition habe. Daraus ergebe sich nur dann ein atypischer Bedarf, wenn dieser Bedarf nicht einer der in die statistischen Berechnungen eingeflossenen Bedarfsgruppen gem. § 12 Abs. 1 BSHG zugerechnet werden könne. Der Hilfeempfänger, der für einen von den Regelsatzleistungen erfassten[!Duden12] Bedarf besondere Mittel aufwende, habe diese zunächst durch interne Umschichtung innerhalb der Regelsatzleistungen aufzubringen. Dass es der Klägerin nicht möglich wäre, die Anschlussgebühren[!Duden13] für das Kabelfernsehen aus den Regelsätzen durch interne Umschichtungen zu erwirtschaften, sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe auch keinen durch schutzwürdiges Vertrauen begründeten Anspruch auf weitere Übernahme der Kabelanschlussgebühren durch den Beklagten.

Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 4.10.1998 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor, sie habe die vergleichsweise günstige Wohnung in Kernen nur mit der Maßgabe anmieten können, dass sie im Mietvertrag die Übernahme der Kabelgebühren akzeptiert habe. Der Kabelanschluss sei ihr im Rahmen des Mietvertrags gewissermaßen aufgenötigt worden. Systematisch seien die Kabelanschlusskosten daher den Unterkunftskosten zuzurechnen, die der Beklagte zu tragen habe. Sofern die Kosten für den Kabelanschluss den persönlichen Bedürfnissen zuzurechnen wären, wäre davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen von ihrem Willen unabhängigen und von ihr nicht zu beeinflussenden zusätzlichen Bedarf gehandelt habe, der vom Beklagten in jedem Fall zu decken wäre. Es sei nicht erkennbar, auf welche Weise die Kosten für den ihr aufgedrängten Kabelanschluss durch interne Umschichtungen aus dem Regelsatz zu erwirtschaften seien. Es könne ihr nicht zugemutet werden, dass sie auf andere, ihrem individuellen Bedarf entsprechende Aufwendungen allein deshalb verzichte, weil ihr Vermieter von ihr die Zahlung von bestimmten Gebühren als Bedingung für die Vermietung seiner Wohnung verlange.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.8.1998 - 12 K 1500/97 - zu ändern und den Beklagten unter entsprechender Aufhebung seines Bescheids vom 9.9.1996 und seines Widerspruchsbescheids vom 20.2.1997 zu verpflichten, die Gebühr für den Kabelanschluss für Oktober 1996 in Höhe von 12,12 DM im Rahmen der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, die laufenden Kabelanschlusskosten gehörten nicht zum Unterkunftsbedarf im Sinne des Sozialhilferechts. Wohnungen mittlerer Ausstattung mit Fertigstellungsdatum der Jahre 1961 bis 1968 seien zur Deckung des Unterkunftsbedarfs sozialhilferechtlich gesehen ausreichend. Hieraus werde deutlich, dass laufende Kabelanschlusskosten schon deshalb nicht zu den Kosten der Unterkunft gehören könnten, weil Wohnungen dieses Alters regelmäßig nicht mit Kabelanschluss versehen seien. Werde eine Wohnung oberhalb dieses Standards gemietet, etwa weil die Miete sozialhilferechtlich noch angemessen sei, trage der Mieter das Risiko für die Kosten, die mit dem Mietvertrag verbunden seien, jedoch sozialhilferechtlich keinen Bedarf darstellten, sofern es sich nicht um einen Bedarf handele, der dem Regelsatz zugeordnet werden könne. Die Kabelanschlusskosten seien auch keine Nebenkosten, die zur Aufrechterhaltung der Bewohnbarkeit oder zum Betrieb der Unterkunft zwingend erforderlich seien. Hieran ändere sich auch nichts im Hinblick darauf, dass im Einzelfall, wie bei der Klägerin, eine mietvertragliche Verpflichtung zur Übernahme der Kabelanschlusskosten bestehe. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht diese Kosten daher gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens zugeordnet. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht entstünden diese Kosten auch nicht zwangsläufig. Die Klägerin sei keineswegs gezwungen gewesen, ihre Wohnung unter der konkreten Bedingung der Übernahme dieser Kosten anzumieten. Die Zahlungspflicht entspringe vielmehr dem aufgrund[!Duden14] der Vertragsfreiheit mit dem damaligen Vermieter abgeschlossenen Mietvertrag. Es sei der Klägerin bei dem Vertragsabschluss auch auf den Fernsehempfang angekommen; der Wille, sich auf die Kabelkosten einzulassen, sei dem Wunsch nach einem entsprechenden Fernsehempfang entsprungen. Dies werde auch aus dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Brief der Klägerin an ihren Prozessbevollmächtigten vom 13.3.1997 deutlich. Die Klägerin habe ihre persönlichen Bedürfnisse durchaus bewusst gestaltet und die Kosten für den Kabelanschluss nicht lediglich notgedrungen akzeptiert. Damit seien die laufenden Kosten für den Kabelanschluss von der Klägerin aus dem Regelsatz aufzubringen. Komme man hingegen zu dem Ergebnis, dass Kabelgebühren auch nicht den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens zuzuordnen seien, so finde sich für die Übernahme dieser Kosten im Rahmen der Sozialhilfe keine Anspruchsgrundlage im Bundessozialhilfegesetz.

Dem Senat liegen die Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten und die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO).

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht ihre Klage insgesamt abgewiesen. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Übernahme der nunmehr von ihr nur noch geltend gemachten Kosten für den Breibandkabelanschluss für Oktober 1996 zu.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG wird Hilfe zum Lebensunterhalt dem gewährt, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln beschaffen kann. § 12 Abs. 1 BSHG bestimmt im Einzelnen, was zum "notwendigen Lebensunterhalt" gehört und nennt unter anderem die Unterkunft und "in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben".

Das Verwaltungsgericht hat die laufenden Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses im Fall der Klägerin der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zugeordnet. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Diese Kosten gehören im konkreten Fall vielmehr zu den grundsätzlich vom Sozialhilfeträger zu übernehmenden laufenden Unterhaltskosten. Folgende Erwägungen sind dabei für den Senat maßgebend:

Da es sich bei den Kosten der Unterkunft um laufende Kosten, auf Seiten des Trägers der Sozialhilfe um laufende Leistungen handelt, werden sie, wie § 22 Abs. 1 BSHG bestimmt, nach § 3 RegelsatzVO aufgebracht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO werden laufende Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Was unter tatsächlichen Aufwendungen zu verstehen ist, wird weder im Gesetz noch in der Regelsatzverordnung näher erläutert. In diesem Zusammenhang kann nicht auf § 7 der Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG vom 28.11.1962 (BGBl I S. 692), geändert durch Verordnung vom 23.11.1976 (BGBl I S. 3234), verwiesen werden; denn diese Vorschrift befasst sich mit der näheren Bestimmung des Einkommens des Hilfesuchenden, nicht jedoch mit dem Aufwand für die Unterkunft, der in § 3 RegelsatzVO erfasst werden soll. Ebensowenig hilft ein Rückgriff auf § 79 BSHG weiter; denn der dort verwendete Begriff der Kosten der Unterkunft ist ebenfalls nicht erläutert, ganz abgesehen davon, dass sich diese Vorschrift nicht mit dem tatsächlichen Unterkunftsbedarf des Hilfesuchenden, sondern mit der Einkommensgrenze beschäftigt.

Der Begriff der tatsächlichen Aufwendungen muss unter den gegebenen Umständen mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze des Sozialhilferechts ausgelegt werden. Die Sozialhilfe knüpft regelmäßig an die tatsächlich bestehende Notlage an. Aus diesem Grunde sind auch die Hilfen des Gesetzes so eingerichtet, dass der tatsächlich bestehenden Notlage des Hilfesuchenden begegnet werden kann. Von maßgeblicher Bedeutung für die Beantwortung der Frage, welche Kosten im Einzelfall zu den tatsächlichen Aufwendungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO zu rechnen sind, ist daher allein die sozialhilferechtliche Notwendigkeit der mit der Unterkunft verbundenen Aufwendungen. Hieraus ergibt sich: Sind die Aufwendungen erforderlich, um dem Hilfesuchenden eine sozialhilferechtlich angemessene Wohnung zu beschaffen, zu erhalten bzw. deren Nutzung zu ermöglichen, so fallen sie grundsätzlich unter den Begriff der tatsächlichen Aufwendungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1995 - 5 C 28.93 -, BVerwGE 100, 136 = NDV-RD 1996, 21).

Ausgehend hiervon gehören zu den Kosten der Unterkunft unstreitig nicht nur die sogenannte Kaltmiete, sondern auch die üblichen mit der Unterkunft verbundenen Mietnebenkosten, zu deren Übernahme sich der Mieter regelmäßig durch Vertrag verpflichtet (vgl. die amtliche Begründung zum Entwurf der RegelsatzVO - zu § 3 -, BR-Drucks. 159/62). Im Wesentlichen sind das Aufwendungen für die nach § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) auf den Mieter umlagefähigen Betriebskosten wie Müllabfuhr- und Entwässerungsgebühren, Kosten für die Gemeinschaftsbeleuchtung, die Gemeinschaftsantenne, die Gebäude-, Fußweg- und Schornsteinreinigung, Zuschläge für Einbaumöbel, Umlagen für Hausverwaltung, Zählergebühren etc..

Durch Art. 2 Nr. 7 d der Verordnung zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 5.4.1984 (BGBl I S. 546) wurden auch die Kosten des Betriebs der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen Verteilanlage, zu denen die hier in Rede stehenden monatlichen Grundgebühren für die Nutzung von Breitbandanschlüssen gehören, in den Kreis der umlagefähigen Betriebskosten aufgenommen (vgl. Nr. 15 b der Anlage 3 zu § 27 II.BV). Entgegen der offenbar von Großmann/Richter in Buchsbaum/Heise, WoGG, § 32 RdNr. 5, vertretenen Ansicht rechtfertigte dies allein jedoch noch nicht, die Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses zu den tatsächlichen Aufwendungen i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO zu zählen. Richtig ist zwar, dass es schon seit den achtziger Jahren im Geschosswohnungsbau zunehmend üblich geworden ist, Wohnungen mit kostenpflichtigen Kabelfernsehanschlüssen auszustatten. Statistisch waren bundesweit im Jahre 1997 auch bereits zwischen 58 und 75 % der Haushalte an das Kabelnetz angeschlossen (vgl. das Statistische Jahrbuch 1998 für die BRD, S. 329). Zu bedenken ist jedoch, dass es technisch möglich ist, den Breitbandkabelanschluss einer Wohnung an das Kabelnetz durch den Einbau einer Filter- oder Sperrdose zu blockieren. Auch schließen es die Vertragsbedingungen der Telekom für die Überlassung von Kabelanschlüssen nicht aus, aus einer Vielzahl angemeldeter Wohnungen (Wohneinheiten) einzelne abzumelden. Die Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses können nach alledem nur unter der Voraussetzung zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO gerechnet werden, dass es dem um Sozialhilfe Nachsuchenden nicht möglich ist, die Übernahme dieser Betriebsnebenkosten vertraglich auszuschließen und er ohne Übernahme dieser Betriebsnebenkosten die bei Berücksichtigung sämtlicher Kosten als sozialhilferechtlich angemessen anzusehende Wohnung auch nicht anmieten bzw. weiter bewohnen kann (so auch Wenzel in Fichtner, BSHG, § 12 RdNr. 23).

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es dem um Sozialhilfe Nachsuchenden ja frei stehe, auch eine kostenangemessene Wohnung ohne Breitbandkabelanschluss zu mieten. Für Sozialhilfeempfänger ist es schon schwer genug, auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt eine geeignete, nicht zu teure Unterkunft zu finden; wegen der ihnen zur Verfügung stehenden beschränkten Mittel stehen sie oftmals vor kaum überwindlichen Schwierigkeiten. In Anbetracht dieser Situation und auch im Hinblick darauf, dass die Zahl der an das Kabelnetz angeschlossenen Wohnungen in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist und noch weiter zunimmt, erwiese es sich für die Wohnungssuche von Sozialhilfeempfängern jedoch als unzumutbar erschwerend, wenn man sie letztlich faktisch dadurch auf das doch begrenzte Wohnungsmarktsegment der Wohnungen ohne Breitbandkabelanschluss verwiese, dass man ihnen die Übernahme der hierfür aufgrund des Mietvertrags entstehenden Kosten auch für den Fall verweigerte, dass die Wohnung insgesamt, d.h. auch unter Berücksichtigung dieser Nebenkosten, sozialhilferechtlich gesehen angemessen ist. Dadurch errichtete man eine zusätzliche, den Zielen des Sozialhilferechts nicht dienliche Schranke.

Es muss nach alledem entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht davon ausgegangen werden, dass die mit der Nutzung des Breitbandkabelanschlusses verbundenen Kosten im Fall der Klägerin zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO gehören; denn die Klägerin konnte, wie der Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, die Wohnung in Kernen, deren sozialhilferechtliche Angemessenheit auch bei Berücksichtigung sämtlicher Nebenkosten außer Frage steht, nur unter der Bedingung anmieten, dass sie auch die laufenden Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses übernimmt, und sie war auch in der Folgezeit nicht in der Lage, die Herausnahme der von ihr bewohnten Unterkunft aus der Verteilung der Breitbandkabelnutzungskosten gegen den Vermieter zu erwirken. Den Beklagten trifft hiernach die Verpflichtung, die von der Klägerin noch geltend gemachten Breitbandkabelnutzungskosten für Oktober 1996 zu übernehmen.

Der Berufung der Klägerin war hiernach stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.

Die Revision ist zuzulassen, weil höchstrichterlich bislang nicht geklärt ist, ob und unter welchen Voraussetzungen Breitbandkabelnutzungskosten zu den Kosten der Unterkunft zu rechnen sind.

Ende der Entscheidung

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