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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 12.02.2003
Aktenzeichen: 8 S 2828/02
Rechtsgebiete: VwGO, WG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
WG § 18
1. Neue oder bisher nicht erkannte bzw. nicht geltend gemachte Umstände können geeignet sein, Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu zerstreuen (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 5.3.2002 - 8 S 156/02 - VBlBW 2002, 528).

2. Die in § 18 Abs. 1 WG vorgegebene Reihenfolge der bei einer Vorrangentscheidung zu prüfenden Kriterien begründet keine Rangfolge. Deshalb kann allein die wirtschaftliche Stabilität den Ausschlag für die Entscheidung geben, ohne dass die im Gesetz voranstehend aufgeführten Prüfpunkte "abgearbeitet" werden müssten.


8 S 2828/02

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

wasserrechtlicher Vorrangentscheidung und Planfeststellung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk und Rieger

am 12. Februar 2003

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. November 2001 - 18 K 4056/99 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf EUR 50.000,-- festgesetzt.

Gründe:

Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg; an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen im Ergebnis keine Zweifel. Denn für die vorliegend streitige Vorrangentscheidung nach § 18 Abs. 1 WG ist auch "die größere Sicherheit, welche die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers für Ausführung und den Fortbestand des Unternehmens bieten, maßgebend". Dieser Gesichtspunkt wird zwar in dem in dieser Vorschrift aufgestellten Kriterienkatalog als letzter genannt, es gibt aber keinen Grund für die Annahme, die Frage der wirtschaftlichen Stabilität eines Bewerbers um eine wasserrechtlichen Gestattung dürfe nur dann entscheidend berücksichtigt werden, wenn alle vorangehend aufgeführten Prüfpunkte "abgearbeitet" sind. Deren durch den Gesetzeswortlaut vorgegebene Reihenfolge begründet keine Rangfolge (Bulling/Finkenbeiner, WG, 2. Aufl., § 18 RdNr. 5). Denn es wäre offensichtlich sinnwidrig, wenn etwa die Frage der stärkeren Ortsgebundenheit oder des Belästigungsgrades für andere mit großem Aufwand geklärt werden müsste, obwohl ersichtlich ist, dass der Konkurrent aufgrund seiner Leistungsschwäche das Vorhaben nicht realisieren kann.

Der Klägerin fehlt die danach erforderliche wirtschaftliche Stabilität, weil über ihr Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung am 1.5.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Dieser Umstand ist zwar - ebenso wie Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters am 19.2.2002 - erst nach der Zustellung des angefochtenen Urteils eingetreten, er kann aber dennoch im vorliegenden Zulassungsverfahren berücksichtigt werden. Denn ebenso wie solche "nachgewachsenen" entscheidungserheblichen Tatsachen Zweifel an der Richtigkeit einer erstinstanzlichen Entscheidung begründen können (BVerwG, Beschluss vom 14.6.2002 - 7 AV 1.02 - DÖV 2003, 124; Beschluss des Senats vom 5.3.2002 - 8 S 156/02 - VBlBW 2002, 528 m.w.N.), sind sie auch geeignet, eine solche Entscheidung im Ergebnis zu bestätigen. So liegt es hier, weil aufgrund des gegen sie eröffneten Insolvenzverfahrens kaum anzunehmen ist, dass die Klägerin die umstrittene Wasserkraftanlage errichten und betreiben kann. Sie macht selbst geltend, im Falle ihres Obsiegens die ihr dann zu erteilende wasserrechtliche Genehmigung auf einen Dritten übertragen zu wollen. Damit wird die ihr fehlende wirtschaftliche Stabilität aber nicht kompensiert. Denn wer dieser Dritte sein wird, steht nicht fest, weshalb seine Bonität nicht überprüft werden kann. Im Übrigen gehen die Ausführungen der Klägerin zur Rechtsnachfolgefähigkeit wasserrechtlicher Gestattungen im Zuge einer Eigentumsübertragung fehl. Denn sie hat kein Eigentum an dem Abschnitt der Fils, in dem die Wasserkraftanlage errichtet und betrieben werden soll, und kann folglich auch nichts an einen Rechtsnachfolger übertragen.

Der Antrag, die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, ist deshalb mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzulehnen. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen - ähnlich wie in baurechtlichen Nachbarstreitigkeiten (vgl. den Beschluss des Senats vom 1.9.1997 - 8 S 1958/97 - VBlBW 1998, 57 m. w. N.) - der Klägerin aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 25 Abs. 2, 14 Abs. 3, 13 Abs. 1 S. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 S. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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