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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 08.04.2003
Aktenzeichen: 9 S 2628/02
Rechtsgebiete: BRAGO, GKG, SGB VIII


Vorschriften:

BRAGO § 10
GKG § 13 Abs. 1
GKG § 20 Abs. 3
SGB VIII § 27
SGB VIII § 34
Der Gegenstandswert für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der dem Jugendhilfeträger die vorläufige Übernahme von Kosten der Heimerziehung aufgegeben werden soll, beträgt ein Viertel der zu übernehmenden Kosten für ein halbes Jahr, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung nicht einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich- oder nahekommt.
9 S 2628/02

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Jugendhilfe (Übernahme von Schulkosten) hier: Antrag nach § 123 VwGO

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schwan und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Rennert und Gaber

am 08. April 2003

beschlossen:

Tenor:

Der Gegenstandswert für den zweiten Rechtszug wird auf 4.222,59 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Gegenstandswertfestsetzung beruht auf § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 BRAGO, § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Hiernach ist der Gegenstandswert nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin bietet der Sach- und Streitstand hierfür genügend Anhaltspunkte, so dass ein Rückgriff auf den Auffangwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG ausscheidet. Die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Wert des geltend gemachten Hilfeanspruchs im Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. § 15 GKG) und dem Umstand, dass - entsprechend dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes - lediglich die Verpflichtung zu vorläufiger Kostenübernahme begehrt war.

Der Wert des geltend gemachten Hilfeanspruchs setzt sich aus den Kostenfaktoren Pflegesatz, Schulgeld und Nebenkosten zusammen, wovon der Eigenanteil abzuziehen ist. Der Pflegesatz beträgt 97 Euro pro Tag. Anzusetzen sind nicht sämtliche 181 Tage des streitbefangenen Sechs-Monats-Zeitraums (15.09.2002 bis 14.03.2003), sondern lediglich 167 Tage; abzuziehen sind nämlich 14 Tage für die Weihnachtsferien, in denen die Schule geschlossen war und Pflegesatzkosten daher nicht anfallen dürften. Für die Pflegekosten errechnen sich damit 16.199 Euro. Das Schulgeld beträgt 153,39 Euro pro Monat, für sechs Monate mithin 920,34 Euro. Hinzu kommen an Nebenkosten Taschengeld (37,50 Euro monatlich; spätere Erhöhungen waren im Zeitpunkt der Antragstellung nicht absehbar) und Kleidergeld (46,00 Euro monatlich) von insgesamt 501 Euro sowie eine Aufnahmegebühr von 105 Euro. Das ergibt zusammen 17.725,34 Euro. Hiervon ist eine Kostenbeteiligung (zumindest) in der Höhe der häuslichen Ersparnis abzuziehen (§ 93 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 85 Abs. 1 Nr. 3 BSHG), die der Senat in Ermangelung genauerer Angaben der Antragstellerin (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 20.03.2003) auf 5 Euro pro Tag, bei 167 Tagen also auf 835 Euro schätzt. Die Differenz beträgt 16.890,34 Euro.

Von diesem Betrag ist mit Rücksicht auf den Charakter des vorläufigen Rechtsschutzes ein Viertel, also 4.222,59 Euro, als Gegenstandswert anzusetzen. Nach dem Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ziff. I. 7.; abgedruckt in Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, Anhang 1) beträgt der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei allen auf bezifferte Geldleistungen gerichteten Verwaltungsakten ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts. Diese Wertbemessung ist auf Fälle der vorliegenden Art zu übertragen, in denen es um einen Verwaltungsakt über die Übernahme bezifferter Kosten geht. Sie entspricht auch dem wirtschaftlichen Interesse des jeweiligen Antragstellers an einer Verpflichtung der Behörde zu vorläufiger Kostenübernahme, das sich im wesentlichen auf die Ersparnis einer eigenen Vorfinanzierung des streitigen Betrages richtet (so schon der 7. Senats des erkennenden Gerichtshofs, Beschluss vom 17.07.1998 - 7 S 1337/98 -). Hiervon abzugehen, bestünde nur Anlass, wenn der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich- oder nahekäme; vornehmlich aus diesem Grunde gehen andere Oberverwaltungsgerichte etwa in Sozialhilfesachen von der Hälfte oder von zwei Dritteln des Hauptsachewerts aus (vgl. HessVGH, Beschluss vom 13.05.1991 - 9 TG 699/91 -, JurBüro 1992, 188; BayVGH, Urt. vom 12.11.1992 - 12 C 91.3202 -, JurBüro 1994, 241; OVG Berlin, Beschluss vom 01.12.1997 - 6 L 58.97 - FEVS 48, 370). Von einer derartigen Sachgestaltung kann hier keine Rede sein.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (vgl. § 10 Abs. 2 Sätze 4 und 5 BRAGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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