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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 19.02.2002
Aktenzeichen: DL 17 S 3/02
Rechtsgebiete: LDO


Vorschriften:

LDO § 95
Die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 95 LDO findet grundsätzlich nur in förmlichen Disziplinarverfahren statt.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

DL 17 S 3/02

In der Disziplinarsache

wegen

disziplinarrechtlicher Maßnahme (Verweis) hier: Wiederaufnahme

hat der 17. Senat - Disziplinarsenat - des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schwäble, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Ecker und die Richterin am Verwaltungsgericht Schikora

am 19. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird verworfen.

Die Beamtin trägt die Kosten des gebührenfreien Wiederaufnahmeverfahrens.

Gründe:

Der erneute Antrag der Beamtin, das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren D 17 S 17/01 wiederaufzunehmen, ist gemäß § 100 Abs. 1 LDO durch Beschluss zu verwerfen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Antrags nicht gegeben sind.

Der Wiederaufnahmeantrag ist schon nicht statthaft. Die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 95 LDO findet - ebenso wie nach § 97 Abs. 2 BDO in der bis zum 31.12.2001 maßgeblichen Fassung - nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum grundsätzlich nur in förmlichen Disziplinarverfahren statt (vgl. von Alberti/Gayer/Roskamp, Landesdisziplinarordnung, 1994, Vorbem. vor § 95 Randnr. 1, § 95 Randnr. 2 und 3; Köhler/Ratz, Bundesdisziplinarordnung, 1989, § 97 Randnr. 1 m.w.N.; Claussen/Janzen, Bundesdisziplinarordnung, 8. Aufl. 1996, § 97 Randnr. 1 m.w.N.; Weiß, Das neue Disziplinargesetz, ZBR 2002, S. 17, 27). Dies folgt, worauf von Alberti/Gayer/Roskamp, a.a.O., zutreffend hinweisen, bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (vgl. Überschrift des 4. Teils der LDO). Im vorliegenden Fall geht es jedoch gerade nicht um die Wiederaufnahme eines förmlichen Disziplinarverfahrens. Ein solches wäre nur dann gegeben, wenn es gemäß § 35 Abs. 1 LDO von der Einleitungsbehörde eingeleitet und gemäß den §§ 35 ff., 51 ff., 61 ff. LDO durchgeführt worden wäre. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr wurde vorliegend die Durchführung eines förmlichen Disziplinarverfahrens nicht für erforderlich gehalten; es erging in Ausübung der beschränkten Disziplinargewalt des Dienstvorgesetzten (§ 30 LDO) - lediglich - eine Disziplinarverfügung, mit der gegen die Beamtin ein Verweis verhängt wurde (vgl. § 28 LDO). Die Anwendung der Wiederaufnahme in Verfahren wegen Disziplinarverfügungen ist jedoch ausgeschlossen (vgl. ausdrücklich: Claussen/Janzen, Bundesdisziplinarordnung, 8. Aufl. 1996, § 97 Randnr. 1 m.w.N.).

Bei dieser Sachlage war weder Gewährung von Akteneinsicht noch Verlängerung der unter dem 30.1.2002 eingeräumten Äußerungsfrist geboten. Zunächst umfasst das Recht auf Akteneinsicht grundsätzlich nur die dem Disziplinarsenat vorliegenden Akten und darüber hinaus nur die Akten, die bei der Entscheidung des Senats verwendet werden oder dafür von Bedeutung sein können (Kopp, VwGO, 12.Aufl., § 100, Randnr. 10). Dem Senat liegen neben der vorliegenden Gerichtsakte nur die Akten D 17 S 17/01, D 17 S 18/01 und D 17 S 21/01 vor; der Antrag auf Einsicht in die dem Senat nicht vorliegenden Akten geht von vorne herein ins Leere, zumal zu ihrer Beiziehung bei der dargelegten Sachlage keinerlei Anlass besteht. Hinsichtlich der dem Senat vorliegenden Akten wäre Akteneinsicht nur zu gewähren, wenn sie der Vorbereitung von Anträgen - vorliegend des Wiederaufnahmeantrages - dienen könnte (Kleinknecht/Meyer-Goßner, STPO, 45. Aufl., § 147, Randnr. 11). Daran fehlt es. Dass diese Akten, die zudem keinerlei der Beamtin unbekannte entscheidungserhebliche Umstände enthalten, zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages benötigt werden könnten, ist umso weniger ersichtlich, als es, wie dargelegt, allein um die Rechtsfrage der Statthaftigkeit des Wiederaufnahmeantrages geht. Zu dieser Frage hätte ohne weiteres ohne Einsicht in die Akten Stellung genommen werden können. Die Beamtin wurde durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 30.1.2002 unter ausführlichem Zitat der einschlägigen Kommentare zur Landesdisziplinarordnung und zur Bundesdisziplinarordnung auf die - allein entscheidungserhebliche - Rechtsfrage hingewiesen; der hierfür maßgebliche Sachverhalt - Disziplinarverfügung, durch die ein Verweis verhängt wurde - ist ihr offensichtlich bekannt. Der Beamtin stand mithin für eine Stellungnahme zu der entscheidenden Rechtsfrage alles zur Verfügung, was erforderlich war. Im übrigen hat sie selbst in ihrem Schreiben vom 11.2.2002 nicht dargelegt, weshalb zur Beantwortung dieser Frage Akteneinsicht benötigt werde und weshalb eine Stellungnahme allein zu einer Rechtsfrage, auf die der Senat mit Angabe von Fundstellen hingewiesen hatte, innerhalb von zwei Wochen nicht hätte möglich sein sollen. Insoweit handelt es sich entgegen ihrer Auffassung gerade nicht um einen komplizierten Sachverhalt. Angesichts dieser Sachlage war nach alledem Gewährung von Akteneinsicht und Verlängerung der Äußerungsfrist nicht geboten. Da der Senat die Beamtin auf die Rechtsfrage, die zur Verwerfung ihres Antrags führt, hingewiesen hat und ihr unter Einräumung einer Frist von zwei Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, ist auch das rechtliche Gehör nicht verletzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 112 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 S.1 LDO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 100 Abs. 3, 88 LDO).

Ende der Entscheidung

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