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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 24.11.2000
Aktenzeichen: A 6 S 150/99
Rechtsgebiete: GG, AuslG


Vorschriften:

GG Art. 16 a Abs. 1
AuslG § 51 Abs. 1
Angehörige der Lahore-Gruppe der Ahmadiyya haben in Pakistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

A 6 S 150/99

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Anerkennung als Asylberechtigter u.a.

hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schwäble und die Richterinnen am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schmitt-Siebert und Fricke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 1997 - A 8 K 13069/97 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten, die dieser auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge am 12.12.1977 geboren, pakistanischer Staatsangehöriger und Mitglied der Lahore-Gruppe der Ahmadis. Er reiste am 21.3.1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 7.4.1997 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 7.4.1997 gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe schon in der Schulzeit mit der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit Probleme wegen seiner Religionszugehörigkeit gehabt. Die Schwierigkeiten hätten sich auch später, als er ein eigenes Taxiunternehmen betrieben habe, fortgesetzt. Am 29.12.1996 habe man sogar versucht, ihn zu töten. Er habe gesehen, dass vier mit Revolvern und einem Gewehr bewaffnete Moslems an seine Haustür geklopft hätten. Weil es mit ihnen schon vorher Schlägereien gegeben habe, habe er angenommen, sie seien gekommen, um ihn zu töten, wie sie schon früher angedroht hätten. Er sei deshalb durch einen Sprung aus einem Seitenfenster geflohen. Die Polizei seiner Heimatstadt habe seine Anzeige nicht entgegen genommen und ihm ebenso wie später die Polizei in Lahore, wohin er dann gegangen sei, Hilfe verweigert. Aus Angst, von seinen Feinden in Lahore aufgespürt zu werden, habe er sein Taxi verkauft und sei nach Deutschland geflohen. Alle Ahmadis in seiner Heimatstadt müssten mit der Furcht vor Angriffen der Moslems leben. Dort sei zuletzt 1994 ein Ahmadi ermordet worden. Zwar seien auch einige Sunniten getötet worden. Ihre Religionszugehörigkeit sei aber nicht der Grund dafür gewesen.

Mit Bescheid vom 16.6.1997, zugestellt am 1.7.1997, lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter als unbegründet ab (Ziff. 1), stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (Ziff. 2) sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (Ziff. 3) nicht vorliegen und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Pakistan an (Ziff. 4).

Hiergegen hat der Kläger am 8.7.1997 Klage erhoben, zu deren Begründung er sich auf eine Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 28.1.1997 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen bezogen hat, nach der Ahmadis kaum mit effektivem Schutz durch die Gerichtsbarkeit rechnen könnten und in Pakistan auch im Ausland begangene Straftaten, wie sie ihre Religionsausübung in Deutschland darstelle, verfolgt werden könnten. Das Auswärtige Amt habe eine derartige Verfolgung zwar noch nicht festgestellt. Mit ihr müsse wegen des insoweit geltenden Legalitätsprinzips aber gerechnet werden. Der Kläger berief sich außerdem auf Aktivitäten der Khatm-e-Nabuwwat in der Bundesrepublik Deutschland, die die Ahmadis ausspähe und sie wegen ihrer mit pakistanischem Recht unvereinbaren Religionsausübung in Pakistan denunziere. Auch sei die bei Rückkehr nach Pakistan notwendige Einschränkung der in der Bundesrepublik Deutschland möglichen Religionsausübung unzumutbar.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 16.10.1997 hat der Kläger Angaben zu seiner Ausreise gemacht, die er mit Hilfe eines vom Schlepper bereit gestellten gefälschten Reisepasses durchgeführt habe. Weiter hat er von Schwierigkeiten während der Schulzeit und des Besuchs des Colleges berichtet, wo ihn die anderen Studenten immer hätten schlagen wollen. Nach Verlassen des Colleges im Februar 1996 habe er mit einem von seinem Vater angeschafften Taxi ein Unternehmen in seiner Heimatstadt betrieben. Nachdem er dabei Probleme gehabt habe, habe er sein Unternehmen in Lahore fortgeführt, sei dort aber auf die gleichen Schwierigkeiten wie zuvor gestoßen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bestehen. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage durch das angefochtene Urteil vom 16.10.1997 - A 8 K 13069/97 -, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger, der sich in seiner Heimat nicht politisch engagiert habe, sei dort weder politischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen noch habe ihm dem pakistanischen Staat zurechenbare Verfolgung durch orthodoxe Moslems unmittelbar gedroht. Nach November 1974 habe es keine landesweiten Pogrome mehr gegen Ahmadis gegeben. Die Gefahr der Einleitung von Strafverfahren gegen Ahmadis wegen Verstößen gegen sec. 298 A bis C und 295 PPC habe für ihn lediglich theoretisch bestanden und falle damit asylrechtlich nicht ins Gewicht. Dem Kläger drohe auch bei Rückkehr nach Pakistan weder derzeit noch in absehbarer Zukunft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine staatliche oder dem Staat zurechenbare politische Verfolgung aus religiösen Gründen. Weder die Maßnahmen staatlicher Verfolgung der Ahmadis noch die Zahl der Übergriffe orthodoxer Moslems hätten sich wesentlich erhöht. Die Rechtsprechung der Obergerichte in Pakistan lasse keine qualitative Verschärfung im asylrelevanten Bereich erkennen.

Auf Antrag des Klägers vom 25.11.1997 hat der Senat durch Beschluss vom 13.1.1999 die Berufung wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zugelassen. Zur Begründung dieser Berufung macht der Kläger die Verfolgung der Ahmadis in Pakistan als Gruppe geltend. Er beruft sich auf eine "Talibanisierung" Pakistans nach dem Militärputsch im Oktober 1999, die zu erwartende stringente Anwendung der Anti-Ahmadi-Gesetze und den Verzicht der Regierung auf die vorgesehene Änderung der Handhabung des Blasphemieparagraphen zu Gunsten der Ahmadis.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16.10.1997 - A 8 K 13069/97 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.6.1997 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG festzustellen.

Die Beklagte und der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Dabei gab er religionszugehörigkeitsbedingte Probleme als Ausreisegrund an. Die Schwierigkeiten bestünden fort. Vor zwei Wochen seien Mitglieder seiner Gemeinde getötet worden. Er mache sich auch Sorgen wegen seiner in Pakistan verbliebenen Familie. Vor der Ausreise habe er seine Schulausbildung wegen der genannten Probleme nicht beenden können. Weil er auch Schwierigkeiten als Taxibetreiber gehabt habe, habe er mit dem Schlepper gesprochen und sei nach Deutschland gekommen. Auf Bitten seines Bevollmächtigten um genaue Schilderung des fluchtauslösenden Ereignisses erklärte der Kläger, Gegner hätten nach seinem Leben getrachtet. Obwohl er die Stadt verlassen habe, hätten sie ihn verfolgt. Auf Bitten seines Bevollmächtigten um genauere Angaben hierzu, insbesondere zu den Hintergründen der Flucht, verwies der Kläger auf seine Religionszugehörigkeit, deretwegen er angefeindet werde und auch schon während der Schulzeit Probleme gehabt habe. Weil er die Schule nicht habe abschließen können, sei er selbständig geworden. Auch hierbei sei er verfolgt worden und deshalb ausgereist. Auf Bitten seines Prozessbevollmächtigten um nähere Angaben zu den vier Personen, die etwas von ihm gewollt hätten, gab der Kläger an, es seien vier Personen gewesen, die ihn hätten töten wollen. Wegen dieser vier Personen habe er seine Familie und alles verlassen müssen. Auf Vorhalt des Gerichts, ein Überfall - wie der behauptete - hinterlasse normalerweise genauere Erinnerungen, verwies der Kläger auf seine früheren Angaben. Auf Frage nach seiner Religionszugehörigkeit bezeichnete er sich als Lahori-Ahmadi. Er gab den Namen der Lahoris mit Ahmadiyya-Lahori-Group an. Diese Gruppe habe sich von einer anderen Ahmadi-Gruppe abgespalten. Der 1908 verstorbene Mirza Ghulam Ahmad sei Gründer gewesen. Er habe etwa 80 Schriften publiziert. Eine davon heiße Jamat-Ahmadiyya-Islam. Es sei ihnen von den anderen Gemeinden in Pakistan verboten worden, nach Mekka zu pilgern. Diese anderen Gemeinden hielten sie nicht für richtige Moslems. Deshalb seien ja auch vor kurzem Leute erschossen worden, die in der Moschee gebetet hätten. Auf Frage, an welchen Propheten er glaube, nannte der Kläger Mirza XX Ghulam Ahmad. Auf den Vorhalt, dieser sei nur für die Qadianis ein Prophet, für die Lahoris aber ein Reformer, erklärte der Kläger, Mirza Ali Ghulam Ahmad habe seine Gemeinde gegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Sitzungsniederschrift vom 24.11.2000 verwiesen. Hinsichtlich der Verhältnisse in Pakistan wird auf die Erkenntnisquellen Bezug genommen, die in der Liste vom November 2000 aufgeführt sind. Sämtliche Akten und Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der Beklagten und des Beteiligten über die Berufung verhandeln und entscheiden, da die ihnen rechtzeitig übersandten Ladungen einen entsprechenden Hinweis enthielten (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Asylanerkennung und Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG; Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG kommt gleichfalls nicht in Betracht. Auch die Abschiebungsandrohung erweist sich als rechtmäßig.

Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen durch seinen Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen (z.B. seine Ethnie oder Volkszugehörigkeit), gezielt Rechtsgutverletzungen zugefügt werden, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, E 80, 315 [333 ff.]).

Als derartige Rechtsgutverletzungen kommen zunächst Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beschränkungen der physischen (Bewegungs-)Freiheit in Betracht. Erheblich sind indes auch etwa Beschränkungen des Rechts auf freie Religionsausübung, wenn diese nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen (BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980, E 54, 341 [357]; Beschluss vom 2.7.1987, E 76, 143 [158]), wenn der Gläubige m.a.W. durch die ihm auferlegten Einschränkungen und Verhaltenspflichten als religiös geprägte Persönlichkeit in ähnlich schwerer Weise wie bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit oder die physische Freiheit in Mitleidenschaft gezogen wird (BVerwG, Urteil vom 25.10.1988, E 80, 321 [324] m.w.N.). Das trifft - soweit hier von Belang - regelmäßig für Maßnahmen zu, die darauf gerichtet sind, die Angehörigen einer religiösen Gruppe ihrer religiösen Identität zu berauben, indem ihnen z.B. unter Androhung von Strafen an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit eine Verleugnung oder gar Preisgabe tragender Inhalte ihrer Glaubensüberzeugung zugemutet wird oder sie daran gehindert werden, ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen. Zum asylrechtlich geschützten religiösen Existenzminimum gehört dabei die Religionsausübung im häuslich-privaten Bereich, wie etwa der häusliche Gottesdienst, aber auch die Möglichkeit zum Reden über den eigenen Glauben und zum religiösen Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich, sowie das Gebet und der Gottesdienst abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf. Von einer politischen Verfolgung kann dagegen dann noch nicht die Rede sein, wenn die staatlichen Maßnahmen der Durchsetzung des öffentlichen Friedens unter verschiedenen, in ihrem Verhältnis zueinander möglicherweise aggressiv-intoleranten Glaubensrichtungen dienen und zu diesem Zweck etwa einer religiösen Minderheit mit Rücksicht auf eine religiöse Mehrheit untersagt wird, gewisse Bezeichnungen, Merkmale, Symbole oder Bekenntnisformen in der Öffentlichkeit zu verwenden, obschon sie nicht nur für die Mehrheit, sondern auch für die Minderheit identitätsbestimmend sind (BVerfG, Beschluss vom 1.7.1987, E 76, 143 [158 f.]; BVerwG, Urteile vom 30.10.1990, InfAuslR 1991, 140 [141 f.] = E 87, 52 [hier nur teilweise abgedruckt], vom 3.12.1991 - 9 C 35.90 - und vom 31.3.1992 - 9 C 34.90 -).

Asylrechtlich beachtliche, dem Staat ebenfalls zurechenbare politische Verfolgung kann auch von nichtstaatlicher Seite ausgehen, wenn der Staat einzelne oder Gruppen zu Verfolgungsmaßnahmen anregt oder derartige Handlungen unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt und damit dem Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt, weil er hierzu nicht willens oder in der Lage ist (BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, 357).

Das Grundrecht auf Asyl ist ein Individualgrundrecht. Nur derjenige kann es in Anspruch nehmen, der selbst - in seiner Person - politische Verfolgung erlitten hat; dabei steht der eingetretenen Verfolgung die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich. Die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers kann sich aus gegen den Asylsuchenden selbst gerichteten oder ihm unmittelbar drohenden Maßnahmen des Verfolgers, der ihn bereits im Blick hat, ergeben. Sie kann sich aber auch aus gegen Angehörige einer Gruppe gerichteten Maßnahmen des Verfolgers ergeben, wenn diese Gruppe wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt wird, das der Asylsuchende mit deren Angehörigen teilt, und wenn sich dieser nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit in einer mit ihnen vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von ausgrenzenden Rechtsgutbeeinträchtigungen eher zufällig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991, BVerfGE 83, 216 <231>; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994, BVerwGE 96, 200 <202> m.w.N.). In welchem Maße dies der Fall ist, wird je nach den tatsächlichen Verhältnissen, unter denen sich politische Verfolgung in den Herkunftsländern ereignet, unterschiedlich zu beurteilen sein. Die historische und zeitgeschichtliche Entwicklung lehrt, dass für den Einzelnen die Gefahr, selbst verfolgt zu werden, um so größer und - hinsichtlich ihrer Aktualität - um so unkalkulierbarer ist, je weniger sie von individuellen Umständen abhängt oder geprägt ist und je mehr sie unter Absehung hiervon überwiegend oder ausschließlich an kollektive, dem Einzelnen unverfügbare Merkmale anknüpft. Sieht der Verfolger von individuellen Merkmalen gänzlich ab, weil seine Verfolgung der durch das asylerhebliche Merkmal gekennzeichneten Gruppe als solcher gilt, so kann eine solche Gruppengerichtetheit der Verfolgung dazu führen, dass jedes Mitglied der Gruppe im Verfolgerstaat eigener Verfolgung jederzeit gewärtig sein muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991, a.a.O., <231 f.>). Richtet sich die politische Verfolgung gegen Gruppen von Menschen, die durch gemeinsame Merkmale wie etwa Rasse, Religion oder politische Überzeugung verbunden sind, so ist in aller Regel davon auszugehen, dass sich diese Verfolgung gegen jeden Angehörigen der verfolgten Gruppe richtet. Ob dies der Fall ist, richtet sich letztlich nach dem inhaltlichen Charakter der Verfolgungsmaßnahmen und nach dem äußerlich erkennbaren Verhalten des Verfolgerstaates. Angesichts der Vielgestaltigkeit tatsächlicher Erscheinungsformen politischer Einzel- und Gruppenverfolgung kommt es mithin darauf an, wer bei realitätsgerechter Ermittlung und Bewertung des gesamten Verfolgungsgeschehens zum Kreis der gefährdeten Personen zu rechnen ist. Daher sind grundsätzlich bei der Abgrenzung einer kollektiv gefährdeten Gruppe alle Personen einzubeziehen, gegen die der Verfolgerstaat - objektiv gesehen - seine Verfolgung betreibt oder voraussichtlich betreiben wird. Das können sämtliche Träger des dem Verfolgerstaat missliebigen, ihn zur Verfolgung veranlassenden Persönlichkeitsmerkmals, etwa einer bestimmten Ethnie oder Religion sein. Der Verfolgerstaat kann aber hiervon wiederum bestimmte Untergruppen ausnehmen, etwa wegen bei ihnen zusätzlich vorhandener Merkmale oder Umstände, beispielsweise eines Merkmals, das sie in seinen Augen "rehabilitiert". Welche zusätzlichen Umstände oder Merkmale in diesem Sinne zur Abgrenzung der verfolgten Gruppe im Einzelnen heranzuziehen sind, ist nach der tatsächlichen Reichweite des Verfolgungsgeschehens zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.1996, NVwZ 1996, 1113 <1115> m.w.N.).

Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungsmaßnahmen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Um zu beurteilen, ob die Verfolgungsdichte die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt, müssen Intensität und Anzahl aller Verfolgungshandlungen auch zur Größe der Gruppe in Beziehung gesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994, a.a.O., <203, 206>). Dies gilt gleichermaßen für die mittelbare wie auch für die unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994, a.a.O., <203 f.> m.w.N.). Erhebliche Unterschiede können sich insoweit aber im Hinblick auf die prinzipielle Überlegenheit staatlicher Machtmittel sowie daraus ergeben, dass die Annahme einer unmittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung voraussetzt, dass mit ihr eigene staatliche Ziele durchgesetzt werden sollen und dass diese Ziele - offen oder verdeckt - von eigenen staatlichen Organen oder durch eigens vom Staat dazu berufene oder doch autorisierte Kräfte durchgesetzt werden können. Im Unterschied zur mittelbaren Gruppenverfolgung kann daher eine unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung schon dann anzunehmen sein, wenn zwar "Referenz-" oder Vergleichsfälle durchgeführter Verfolgungsmaßnahmen zum Nachweis einer jedem Gruppenmitglied drohenden "Wiederholungsgefahr" nicht im erforderlichen Umfang oder überhaupt (noch) nicht festgestellt werden können, aber hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht. Das kann etwa der Fall sein, wenn festgestellt werden kann, dass der Heimatstaat ethnische oder religiöse Minderheiten physisch vernichten oder ausrotten oder aus seinem Staatsgebiet vertreiben will. In derartigen extremen Situationen bedarf es nicht erst der Feststellung einzelner Vernichtungs- oder Vertreibungsschläge, um die beachtliche Wahrscheinlichkeit drohender Verfolgung darzutun. Die allgemeinen Anforderungen an eine hinreichend verlässliche Prognose müssen allerdings auch dann erfüllt sein. "Referenzfälle" politischer Verfolgung sowie ein "Klima allgemeiner moralischer, religiöser oder gesellschaftlicher Verachtung" sind auch dabei gewichtige Indizien für eine gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994, a.a.O., <204> m.w.N.).

Das Asylrecht des Art. 16 a Abs. 1 GG beruht auf dem Zufluchtgedanken, mithin auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung - Flucht - Asyl (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.11.1986, BVerfGE 74, 51 <60>). Nach dem hierdurch geprägten normativen Leitbild des Grundrechts ist typischerweise asylberechtigt, wer aufgrund erlittener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung gezwungen ist, aus begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Land zu verlassen und im Ausland Schutz und Zuflucht zu suchen, und deswegen in die Bundesrepublik kommt. Atypisch, wenn auch häufig, ist dagegen der Fall des unverfolgt Eingereisten, der hier gleichwohl Asyl begehrt und dafür auf Umstände verweist, die erst während seines Hierseins entstanden sind oder deren künftiges Entstehen er besorgt (sog. Nachfluchtgründe, vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.11.1986, a.a.O., <64 ff.>). Nach diesem normativen Leitbild des Asylgrundrechts gelten für die Beurteilung, ob ein Asylsuchender politisch Verfolgter ist, unterschiedliche Maßstäbe je nachdem, ob er seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik gekommen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., <344>).

Ist der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates unzumutbar, so ist er asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Dabei ist für die Zukunftsprognose das jeweilige Staatsgebiet in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen. Ist dieses - bezogen auf den vom Asylsuchenden geltend gemachten Verfolgungsgrund - frei von politischer Verfolgung, so scheidet ein Asylanspruch aus, auch wenn in bestimmten Landesteilen Bürgerkrieg herrscht oder dort nur ein Leben unter dem Existenzminimum möglich ist. Lässt sich indessen - nach dem geltend gemachten Verfolgungsgrund - in einem Teil des Staatsgebietes die Gefahr erneuter politischer Verfolgung nicht hinreichend sicher ausschließen - wobei es ohne Bedeutung ist, ob die politische Verfolgung in dem Gebiet, in dem der Ausländer vor seiner Ausreise gelebt hat, oder außerhalb dieses Gebietes stattfindet - so erweist sich der Heimatstaat als ein Verfolgerstaat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.2.1993, a.a.O., <4>). Dies bedeutet, dass die Anforderungen für die Anerkennung in diesen Fällen herabzustufen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung sind wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen der schon einmal erlittenen Verfolgung und der Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten, Pogrome sogar typischerweise, in gleicher oder doch ähnlicher Form wiederholen, hohe Anforderungen zu stellen. Es muss mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Asylsuchende im Heimatstaat vor politischer Verfolgung sicher ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169 <170 f.> m.w.N.). Droht die Gefahr politischer Verfolgung nur in einem Teil des Heimatstaates, so kann der Betroffene auf eine inländische Fluchtalternative verwiesen werden. Dies setzt voraus, dass der vor Verfolgung Geflohene in diesen anderen Landesteilen nicht nur vor politischer Verfolgung, sondern auch vor denjenigen Nachteilen und Gefahren hinreichend sicher ist, die ihm im Zeitpunkt seiner Flucht ein Ausweichen unzumutbar machten, und dass ihm auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren drohen, durch die er in eine ausweglose Lage geriete (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., <345>).

Es ist Sache des Asylsuchenden, seine Gründe für eine politische Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm für den Fall der Rückkehr in den Heimatstaat politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.10.1989, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 212 [30 f.]).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Der Kläger hat sein Heimatland nicht vorverfolgt verlassen. Seine Angaben zu der behaupteten individuellen Verfolgung gegenüber dem Bundesamt waren von Anfang an äußerst vage und unsubstantiiert. Er hat lediglich pauschal behauptet, nicht aber im Einzelnen dargestellt, dass und warum vier Moslems versucht hätten ihn wegen seiner Religionszugehörigkeit zu töten. Einzelheiten zu den Schlägereien, an denen diese Moslems und der Kläger früher beteiligt gewesen sein sollen, wurden nicht mitgeteilt, Gründe für die ihnen zugeschriebene Todesdrohung nicht genannt. Auch die Berufung auf spätere durch seine Religionszugehörigkeit bedingte Probleme beim Betreiben seines Taxiunternehmens hat der Kläger nicht durch die Angabe von Einzelheiten konkretisiert. Eine weitere Gefährdung in Lahore ist ebenfalls lediglich pauschal behauptet, nicht aber substantiiert worden. Trotz mehrfacher Hinweise des Senats und trotz Bitten seines Bevollmächtigten war der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht zu weiteren Angaben bereit oder im Stande. Das Vorbringen des Klägers vermag mithin nicht entfernt den Schluss zu rechtfertigen, er sei vor seiner Ausreise aus Pakistan religionsbedingt dem pakistanischen Staat zuzurechnender individueller Verfolgung ausgesetzt gewesen.

Für Gruppenverfolgung ist gleichfalls nichts ersichtlich, wobei auf sich beruhen kann, ob der Kläger den Ahmadis überhaupt angehört. Immerhin bestehen insoweit in mehrfacher Hinsicht Zweifel. Schon indem sich der Kläger zur Begründung seiner Furcht vor religionsbedingter politischer Verfolgung ausdrücklich auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf einen Überfall auf betende Qadiani-Ahmadis berief, erweckte er Zweifel an seinem Willen und seiner Fähigkeit, ordnungsgemäße Angaben zum Schicksal der Lahore-Gruppe zu machen. Auch erscheint schlechterdings nicht vorstellbar, dass ein Mitglied der Lahori-Ahmadis nicht zwischen der Eigenschaft Ahmads als Reformer bzw. als Prophet zu unterscheiden weiß, ihn vielmehr - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - zunächst als Prophet und auf Vorhalt, dies glaubten nur die Qadianis, als Gründer seiner Gemeinde bezeichnet. Im Ergebnis kann dies jedoch offen bleiben, denn jedenfalls ist weder aus den dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln erkennbar, dass Lahori-Ahmadis in Pakistan als Gruppe zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers politisch verfolgt wurden, noch ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers Anhaltspunkte hierfür.

Das Auswärtige Amt hat in seinem Lagebericht vom 7.11.1994 berichtet: "Mit Ausnahme von wenigen, viele Jahre zurückliegenden Vorfällen, bei denen der Lahore-Gruppe die Nutzung ihrer örtlichen Moschee verboten wurde und die Moschee dann in den Besitz orthodoxer Muslims überging, sind dem Auswärtigen Amt keine Fälle von Verfolgung von Mitgliedern der Lahore-Gruppe bekannt. Seit Erklärung der Ahmadis zu Nichtmuslimen im Jahre 1974 und seit Erlass der Anti-Ahmadi-Gesetze im Jahre 1984 hat es nach Angaben von Führern der Lahore-Gruppe weder Übergriffe auf einzelne Mitglieder der Gemeinschaft noch Strafverfahren aufgrund der Anti-Ahmadi-Gesetze gegeben. Alle bisher bekannt gewordenen Übergriffe und Strafverfahren betreffen Mitglieder der Qadian-Gruppe. Die Lahore-Gruppe hat sich in den Augen orthodoxer Muslime nicht so weit vom Kernbestand der muslimischen Glaubenslehre entfernt wie die Qadian-Gruppe. Während die Mitglieder der Qadian-Gruppe den Gründer der Ahmadiyya-Gemeinschaft, Mirza Ghulam Ahmed, als einen eigenständigen Propheten betrachten, sehen die Mitglieder der Lahore-Gruppe in ihm nur einen religiösen Reformer. Die in den Augen orthodoxer Muslime eher gemäßigte Glaubenslehre der Lahore-Gruppe sowie die Tatsache, dass die Mitglieder der Lahore-Gruppe meistens der oberen Mittelschicht und gelegentlich der Oberschicht in Pakistan angehören, geben ihnen mehr Sicherheit vor willkürlicher strafrechtlicher Verfolgung und Übergriffen". Im gleichen Sinne hat das Auswärtige Amt in den Lageberichten vom 8.1.1996, 11.9.1996 und 12.5.1997 berichtet. Laut Lagebericht vom 8.1.1996 hat der Imam der muslimischen Mission der Ahmadiyya-Najuaman Lahore in Deutschland mitgeteilt, die Mitglieder der Lahore-Gruppe würden nicht nur von den Sunniten, sondern auch den Qadianis diskriminiert; in späteren Lageberichten wurde die Gruppe der Lahori gar nicht mehr erwähnt. Sie ist auch sonst nicht Gegenstand gutachtlicher Stellungnahmen geworden. Dieser Zusammenhang lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass der Kläger - seine Zugehörigkeit zur Lahori-Gruppe unterstellt - im Zeitpunkt seiner Ausreise aus Pakistan (März 1997) asylrechtlich erheblicher Gruppenverfolgung ausgesetzt gewesen sein könnte.

Bei dieser Sachlage könnte der Kläger nur dann als Asylberechtigter anerkannt werden, wenn ihm bei Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohte. Auch dies ist jedoch nicht der Fall. Das Individualvorbringen des Klägers bietet keinerlei Anhaltspunkte, wonach dieser in Pakistan von - wie auch immer geartetem - individuellem asylrechtlich erheblichem Interesse sein könnte; unter dem Aspekt möglicher Gruppenverfolgung enthält keine der dem Senat vorliegenden umfangreichen Erkenntnisquellen auch nur den geringsten Hinweis, dass sich die Lage der Angehörigen der Lahori-Gruppe inzwischen verschlechtert haben könnte. Soweit der Kläger-Vertreter in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, deren Situation entspreche derjenigen der Qadianis, verweist der Senat auf seine ständige Rechtsprechung, wonach derzeit auch für die Angehörigen dieser Gruppe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, von mittelbar staatlicher Gruppenverfolgung betroffen zu werden (vgl. zuletzt Beschluss vom 24.11.2000 - A 6 S 672/99 -).

Hat der Kläger hiernach keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, so gilt dies auch für den von ihm gleichzeitig begehrten Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG. Denn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG stimmen hinsichtlich der Verfolgungshandlung, des geschützten Rechtsguts, des politischen Charakters der Verfolgung und der Verfolgungsgefahr mit den Voraussetzungen des Asylanspruchs nach Art. 16 a Abs. 1 GG überein (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 <3>; BVerwG, Urteil vom 26.10.1993, InfAuslR 1994, 119 <123 f.>). Gegenüber dem Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter kommt dem Antrag auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 AuslG eine selbständige Bedeutung nur zu, wenn ein (asylrechtlich unbeachtlicher) Nachfluchtgrund nachgewiesen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.1.1995, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 175 <41>) oder wenn der Ausländer bereits in einem anderen Staat vor politischer Verfolgung sicher war (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1996, NVwZ 1996, 700 <705>). Da entsprechende Nachfluchtgründe vom Kläger nicht geltend gemacht wurden und für den Senat auch nicht erkennbar sind, scheidet mithin vorliegend auch ein Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG aus.

Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG begehrt. Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 - und - 9 C 54.96 -). Auch im jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung sind Abschiebungshindernisse nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht festzustellen. In Betracht zu ziehen sind vor allem § 53 Abs. 1, 4 und 6 Satz 1 AuslG. Bei der gegebenen Sachlage ist insoweit allenfalls an die Aspekte zu denken, die bereits Gegenstand der Erörterung des Asylanspruchs des Klägers und dessen Anspruchs auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG waren. Wie eingehend dargelegt, kann der Kläger mit diesen Ansprüchen deshalb nicht durchdringen, weil sein Individualvorbringen bis zuletzt äußerst vage und unsubstantiiert blieb und weil es auch an jedem konkreten Hinweis auf Gruppenverfolgung fehlt. Unter diesen Umständen kommt auch beachtliche Wahrscheinlichkeit von Übergriffen der in § 53 AuslG umschriebenen Art nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere auch für § 53 Abs. 4 AuslG. Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift unter Verweis auf Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist im Übrigen grundsätzlich nur bei Bedrohung des unveräußerlichen Kerns der Religionsfreiheit denkbar (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.5.2000 - 9 C 34.99 -).

Schließlich begegnet auch die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 50 Abs. 1 bis 3 AuslG. Danach droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einem Monat bzw. im Falle der Klageerhebung von einem Monat nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens schriftlich an, wenn dieser nicht als Asylberechtigter anerkannt wird und keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt. In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und dieser darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Abschiebungsandrohung entspricht diesen gesetzlichen Voraussetzungen. Das Vorliegen etwaiger Duldungsgründe (§ 55 AuslG) steht der Abschiebungsandrohung nicht entgegen (§ 50 Abs. 3 Satz 1 AuslG).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 2 VwGO, 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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