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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.12.2004
Aktenzeichen: 1 B 03.1830
Rechtsgebiete: VwGO, GKG
Vorschriften:
VwGO § 124 Abs. 1 | |
VwGO § 161 Abs. 2 | |
GKG § 8 Abs. 1 Satz 3 a. F. |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Teilungsgenehmigung;
hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. April 2003,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Waltinger ohne mündliche Verhandlung am 6. Dezember 2004 folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Das Berufungsverfahren wird eingestellt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
Das Berufungsverfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, denn die Beteiligten haben dieses Verfahren durch die am 3. und 9. November 2004 bei Gericht eingegangenen Erklärungen in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Die Berufung hatte nämlich bei Eintritt des erledigenden Ereignisses, der Abschaffung der Teilungsgenehmigung durch Art. 1 Nrn. 18 und 74 des am 20. Juli 2004 in Kraft getretenen Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl I S. 1359), keine Aussichten auf Erfolg. Sie war von Anfang an unzulässig.
Die Berufung war unstatthaft, denn sie war gemäß § 124 Abs. 1 VwGO zulassungsbedürftig, vom Verwaltungsgericht aber nicht zugelassen worden. Das ist in der Entscheidung über die ebenfalls erledigte Beschwerde des Klägers gegen die Berichtigung der Rechtsbehelfsbelehrung des Urteils näher dargestellt (BayVGH vom 6.12.2004 - 1 C 03.2374). Hierauf wird Bezug genommen.
Die Voraussetzungen für die Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unverschuldeter Einlegung eines unzulässigen Rechtsbehelfs gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG a. F., der aufgrund der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 des Gerichtskostengesetzes in der seit 1. Juli 2004 geltenden Fassung des Kostenmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - GKG n. F. - hier anzuwenden ist und mit § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG n. F. übereinstimmt, liegen nicht vor. Nach dieser mit § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG n. F. zwar nicht wortgleichen, aber inhaltsgleichen Vorschrift kann für abweisende Entscheidungen ("Bescheide") sowie bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
Der Kläger hat die unzulässige Berufung nicht in unverschuldeter Weise eingelegt. Das Verwaltungsgericht hat zwar die Sache unrichtig behandelt, als es dem Urteil eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F.). Es kann offen bleiben, ob dieser Fehler oder ob ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers die maßgebliche Ursache dafür war, dass die unstatthafte Berufung erhoben worden ist. Es spricht viel dafür, dass ein Rechtsanwalt, der beauftragt ist, ein für unrichtig gehaltenes Urteil anzufechten, aufgrund der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht gehalten ist, anhand des Gesetzeswortlauts auch zu überprüfen, ob die Rechtsbehelfsbelehrung des Urteils richtig ist. Hauptzweck der Rechtsbehelfsbelehrung ist es, dem nicht rechtskundigen Bürger zu erleichtern, in allen nicht dem Anwaltszwang unterliegenden Verwaltungsstreitsachen seine Interessen selbst und ohne notwendige Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu vertreten (Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, § 58 RdNr. 4 mit weiteren Nachweisen). Ein nicht rechtskundiger Bürger darf auf die Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung vertrauen (vgl. BVerwG vom 26.1.1981 E 37, 126/137; BayVGH vom 25.7.1972 BayVBl 1972, 616/617). Anders ist es aber bei einem Rechtsanwalt (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 155 RdNr. 6). Ein Rechtsanwalt muss bei der Einlegung von Rechtsbehelfen besondere Sorgfalt üben. Zu seinen Sorgfaltspflichten gehört grundsätzlich nicht nur, dass er die dem Urteil beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung zur Kenntnis nimmt, sondern auch, dass er sie überprüft. Ein Rechtsanwalt muss wissen, dass der gegen eine Entscheidung statthafte Rechtsbehelf nicht durch die Rechtsbehelfsbelehrung, sondern durch das Gesetz bestimmt wird. Einem Rechtsanwalt, der der gegenteiligen Auffassung zuneigt, müssen sich bei sorgfältiger Arbeitsweise Zweifel aufdrängen, ob diese Auffassung richtig sein kann. Diese Zweifel müssen ihn veranlassen, seine Auffassung rechtlich zu überprüfen. Ein Blick in Rechtsprechung und Literatur ergibt, dass nach allgemeiner Auffassung eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung keine Zulassung des Rechtsbehelfs darstellt, auf den sie hinweist.
Die Kosten der mangels Zulassung nicht statthaften Berufung sind jedenfalls deshalb nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG a. F. niederzuschlagen, weil die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung des Verwaltungsgerichts nicht in anrechenbarer Weise dafür ursächlich war, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die unzulässige Berufung trotz der Berichtigung der Rechtsbehelfsbelehrung, trotz der Hinweise des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Juli 2003 und 10. März 2004 und trotz der Rüge der Beklagten vom 15. September 2003 bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses aufrecht erhalten hat (vgl. Zeihe, NVwZ 1995, 560/561 unter V.). Der Kläger muss sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 173 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG n. F. und auf § 14 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F. Sie orientiert sich an Nr. II.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Januar 1996 (NVwZ 1996, 553). Diese Fassung des Streitwertkatalogs zieht das Gericht für Streitigkeiten heran, bei denen die alte Fassung des Gerichtskostengesetzes anzuwenden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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