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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 1 BV 04.843
Rechtsgebiete: BauGB, BayBO


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7
BauGB § 36 Abs. 1 Satz 1
BayBO Art. 74 Abs. 1
BayBO Art. 75
Eine Gemeinde wird durch einen positiven Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit in ihren Rechten verletzt, wenn sich wegen Bestimmtheitsmängeln der Bauvorlagen nicht beurteilen lässt, ob das Vorhaben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 BV 04.843

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anfechtung eines Vorbescheids für ein Wohngebäude (Fl.Nr. 1478/5 Gemarkung ********);

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 22. Januar 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Häberlein,

ohne mündliche Verhandlung 10. Dezember 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 22. Januar 2004 wird geändert.

Der Bescheid des Landratsamts ********* vom 24. Juli 2002 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 14. April 2003 werden aufgehoben.

II. Der Beklagte und der Beigeladene tragen je die Hälfte der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und der Beigeladene dürfen eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid.

1. Der Beigeladene beantragte im März 2000 einen Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Wohngebäudes auf dem Grundstück Fl.Nr. 1478/5 Gemarkung ********. Das, soweit ersichtlich, erst während des Verfahrens durch Teilung des in Ost-West-Richtung lang gestreckten Grundstücks Fl.Nr. 1478 alt gebildete Grundstück liegt am südlichen Rand eines bebauten Bereichs ("**********"), der ein (ehemaliges) landwirtschaftliches Anwesen sowie einige Wohngebäude mit Nebengebäuden und Garagen umfasst. Von der zusammenhängenden Bebauung des Gemeindeteils ******** ist dieser Bereich durch die Bundesstraße 2 getrennt. Die Klägerin verweigerte das Einvernehmen. Das Landratsamt ********* lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. April 2001 ab. Das nicht privilegierte Außenbereichsvorhaben widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der im Bereich des Baugrundstücks eine "sonstige Grünfläche" vorsehe, und führe zu einer Verfestigung und Erweiterung der Splittersiedlung.

Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 29.6.2001) erhob der Beigeladene Klage. In der mündlichen Verhandlung am 7. März 2002 erklärte der Beigeladene (als damaliger Kläger), dass der Vorbescheidsantrag und die Klage auf die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Wohngebäudes mit Einliegerwohnung und Garage an dem beantragten Standort beschränkt würden. "Die Ausmaße" würden dem Baugenehmigungsverfahren überlassen. Mit Urteil vom 7. März 2002 verpflichtete das Verwaltungsgericht München den Beklagten, über den Vorbescheidsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (M 11 K 01.3100). Zwar handle es sich um ein nicht privilegiertes Außenbereichsvorhaben; das Wohnhaus beeinträchtige aber keine öffentlichen Belange. Ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans liege nicht vor, weil die Grünflächendarstellung durch die Bebauung und Nutzung auf dem Baugrundstück und in dessen Umgebung überholt sei. Die natürliche Eigenart der Landschaft werde nicht beeinträchtigt, weil das Baugrundstück von der Bebauung und nicht mehr von einer "natürlichen Bodennutzung" geprägt sei. Das in der Nähe gelegene Naturdenkmal "**********", ein mit Orchideen bewachsener Hügel, werde nicht beeinträchtigt. Schädliche Umwelteinwirkungen durch die benachbarte Lackiererei seien nicht zu erwarten, weil eine ausreichende Abluftanlage installiert sei. Schließlich sei auch keine Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten. Das Bauvorhaben, dessen Ausmaße offen gelassen worden seien, ordne sich der vorhandenen Bebauung unter und löse keine Bezugsfälle aus. Unter Berufung auf das geplante Wohnhaus könnten allenfalls Genehmigungen für zwei weitere Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 1479 (westlich und östlich des dort vorhandenen Gebäudes) beantragt werden. Auf dem Baugrundstück selbst entstünden keine weiteren "Baulücken". Ein Anschluss an die Wasserversorgung und die Kanalisation sei möglich. Eine straßenmäßige Erschließung über die Wegegrundstücke Fl.Nrn. 1477/1 (richtig: 1479/1), 1479/2, 1478/3 und 1478/4 sei zwar tatsächlich vorhanden, aber noch nicht rechtlich gesichert. Aus diesem Grund sei die Sache noch nicht spruchreif.

2. Im Hinblick auf dieses Urteil erteilte das Landratsamt am 24. Juli 2002 den Vorbescheid unter Ersetzung des von der Klägerin erneut verweigerten Einvernehmens. Unter Nr. I des Bescheids wird festgestellt, dass das als "Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage" bezeichnete Vorhaben "planungsrechtlich als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB zulässig (sei)". Anschließend wird ausgeführt, dass "die eingereichten Planunterlagen und die ggf. dazugehörigen Berechnungen ... nicht Gegenstand des Vorbescheids (seien)". Zur Begründung verwies die Behörde auf das Urteil vom 7. März 2002.

Die Klägerin erhob Widerspruch, den die Regierung mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2003 zurückwies. Eine ausreichende straßenmäßige Erschließung habe der Kläger inzwischen durch einen notariellen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland, Bundesstraßenverwaltung, nachgewiesen. Eine 3 m breite Zufahrt zu dem Grundstück Fl.Nr. 1478/5 sei durch einen Erschließungsanspruch gesichert, der dem Beigeladenen nach dem Vertrag gegenüber der Bundesrepublik zustehe.

Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Januar 2004 ab. Zur Begründung bezog sich das Gericht im Wesentlichen auf sein Urteil vom 7. März 2002. Die straßenmäßige Erschließung sei jedenfalls durch die auf der Ostseite des Grundstücks Fl.Nr. 1478 verlaufende öffentliche Straße "** **********" gesichert.

3. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:

Infolge der im Vorprozess vom Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung, dass die "Ausmaße des Vorhabens dem Baugenehmigungsverfahren überlassen (würden)", sei der Gegenstand des Vorbescheidsantrags und damit auch der Gegenstand des ohne Beteiligung der Klägerin erteilten Bescheids vom 24. Juli 2004 nicht ausreichend bestimmt. Dass das Landratsamt, wie sein Vertreter beim Augenschein des Verwaltungsgerichtshofs erläutert habe, im Hinblick auf diese Erklärung bewusst darauf verzichtet habe, den Vorbescheid auf die vom Beigeladenen eingereichten Bauvorlagen zu beziehen, bestätige diese Bedenken.

Davon abgesehen sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig. Es führe zu einer unerwünschten Verfestigung der Splittersiedlung. Gegenstand des Vorbescheids seien ein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 15,49 m x 9,61 m sowie eine Garage mit einer Grundfläche mit 7,00 m x 7,00 m. Schon wegen dieser Ausmaße handle es sich nicht um ein im Verhältnis zur vorhandenen Bebauung untergeordnetes Vorhaben. Es treffe aber auch nicht zu, dass Bezugsfälle nur auf dem Grundstück Fl.Nr. 1479 in Betracht kämen. Die Prüfung, ob die Verfestigung einer Splittersiedlung ausnahmsweise nicht "unerwünscht" sei, verlange zunächst eine Klärung der Reichweite der Splittersiedlung unter Rückgriff auf die Kriterien zur Bestimmung des Bebauungszusammenhangs im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB. Dieser vom Verwaltungsgericht unterlassene Prüfungsschritt führe zu dem Ergebnis, das die Grundstücke Fl.Nrn. 1477, 1478 alt, 1479, 1483 und 1484 den "Bauzusammenhang" der Splittersiedlung bildeten. Innerhalb dieses Bereichs sei als Folge einer Zulassung des Vorhabens auch mit Bezugsfällen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1484, 1483, 1477 und 1478 alt zu rechnen. Eine Bebauung in diesem Umfang sei nicht mehr untergeordnet; vielmehr habe sie möglicherweise zur Folge, dass aus der Splittersiedlung ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil werde.

Das Vorhaben widerspreche auch den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Die Darstellung des Bereichs als "Grünfläche" sei nicht obsolet geworden. Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans verlören nur dann ihre Bedeutung als öffentlicher Belang, wenn der Plan infolge einer von den Darstellungen abweichenden tatsächlichen Entwicklung seine Funktion nicht mehr erfüllen könne. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Die Bedeutung der Darstellung "Grünfläche" sei durch die vorhandene Bebauung zwar abgeschwächt; in Anbetracht der umfangreichen unbebauten Flächen habe die Darstellung aber nicht ihre Funktion verloren.

Auch die straßenmäßige Erschließung sei nicht gesichert. Für eine Erschließung von Westen her fehle eine dingliche Sicherung der Zufahrt über die im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke Fl.Nrn. 1478/3 und 1478/4. Auf der Ostseite grenze das Grundstück Fl.Nr. 1478 zwar an die Straße "**********". In Anbetracht dessen, dass es sich bei dem geplanten Vorhaben um eine "Hinterliegerbebauung" auf einem lang gestreckten Grundstück handele, reiche dies zur Sicherung der Erschließung jedoch nicht aus.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 22. Januar 2004 zu ändern und den Vorbescheid des Landratsamts ********* vom 24. Juli 2002 sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 14. April 2003 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, nach Sach- und Rechtslage zu entscheiden. Bedenken wegen der Bestimmtheit des Vorbescheids bestünden nicht.

Der Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Vorbescheid sei ausreichend bestimmt. Er sei - auch im Hinblick auf die Erläuterungen des Vertreters des Landratsamts beim Augenschein - dahingehend auszulegen, dass sich die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nur auf die Art der Nutzung und die Erschließung beziehe. Diese Frage könnten unabhängig von der ausgeklammerten Frage des Nutzungsmaßes beurteilt werden. Die Ausklammerung habe lediglich zur Folge gehabt, dass die Frage, ob das Vorhaben die Verfestigung einer Splittersiedlung erwarten lasse, im Vorbescheidsverfahren nicht abschließend beurteilt worden sei. Der Vorbescheid bejahe das "Ob" des Vorhabens; das "Wie" sei dem Baugenehmigungsverfahren überlassen worden.

Die Grünflächendarstellung im Flächennutzungsplan von 1974 sei von Anfang an funktionslos und damit unwirksam gewesen, weil sie nur bebaute Grundstücke erfasst habe. Die Annahme der Klägerin, dass die Darstellung zumindest im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 1478 alt nicht ihre Aussagekraft verloren habe, verkenne die Funktion des Flächennutzungsplans als grobmaschiger Plan für die Grundzüge der baulichen Entwicklung der Gemeinde. Außerdem handele es sich um eine unzulässige "Negativdarstellung". Zudem sei die Planung nicht bestimmt genug, weil die Zweckbestimmung der Grünfläche nicht festgelegt worden sei.

Der Vorbescheid bejahe zu Recht, dass die Erschließung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht durch die Anbindung an die Straße "** **********" gesichert sei. Abgesehen davon genüge diese Erschließung auch den bauordnungsrechtlichen Anforderungen. Außerdem sei das Grundstück auch von Westen her erschlossen. Da die Klägerin dem Eigentümer des Nachbargrundstücks Fl.Nr. 1478/2 eine Zufahrt über das Wegegrundstück Fl.Nr. 1478/3 gestatte, dürfe sie dem Beigeladenen eine entsprechende Zufahrt über das anschließende Wegegrundstück Fl.Nr. 1478/6 nicht verwehren.

4. Der Senat hat am 12. Juli 2005 einen Augenschein durchgeführt. Dabei haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden darf, hat Erfolg.

1. Der Senat hat in einem Hinweisschreiben erläutert, weshalb er keine Bedenken hat, trotz des verhältnismäßigen langen Zeitraums, der seit dem Augenschein vergangen ist, und trotz einer auf einer Stelle geänderten Besetzung ohne erneute Beweisaufnahme über die Berufung zu entscheiden. Einwände hiergegen wurden nicht erhoben.

2. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Unrecht abgewiesen; es hätte der Klage stattgeben und die angefochtenen Bescheide aufheben müssen. Der dem Beigeladenen erteilte Vorbescheid vom 24. Juli 2002 und der Widerspruchsbescheid vom 14. April 2003 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihrer Planungshoheit (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin ist nicht gehindert, die Rechtsverletzung geltend zu machen. Eine Bindung an das rechtskräftige, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit weitgehend bejahende Bescheidungsurteil des Verwaltungsgerichts vom 7. März 2002 besteht nicht, weil die Klägerin in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Verwaltungsstreitverfahren unter Verstoß gegen § 65 Abs. 2 VwGO nicht beigeladen worden war, obwohl sie dem Vorhaben von Anfang an das Einvernehmen verweigert hatte.

Die Planungshoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) wird in baurechtlichen Genehmigungsverfahren dadurch geschützt, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach den §§ 31 und 33 bis 35 BauGB nur im Einvernehmen mit der Gemeinde bejaht werden darf (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Fehlendes Einvernehmen darf die Baugenehmigungsbehörde nach Art. 74 Abs. 1 BayBO nur ersetzen, wenn es zu Unrecht verweigert wurde, weil das Vorhaben nach den §§ 31 und 33 bis 35 BauGB zulässig ist. Davon unabhängige notwendige Voraussetzung einer positiven Beurteilung ist, dass das Vorhaben in dem zugrundeliegenden Antrag hinsichtlich der Merkmale, die für die beantragte bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsprüfung von Bedeutung sind, ausreichend bestimmt bezeichnet ist. Wird ein Vorbescheid unter Ersetzung des Einvernehmens erteilt, obwohl der Antrag in dieser Hinsicht Mängel aufweist, wird die Gemeinde schon aus diesem Grund in ihren Rechten verletzt. Insofern gilt nichts anderes als für die Frage einer Nachbarrechtsverletzung durch eine auf der Grundlage unvollständiger oder unbestimmter Bauvorlagen erteilte Baugenehmigung. Hier ist anerkannt, dass der Nachbar in seinen Rechten verletzt wird, wenn sich wegen solcher Mängel nicht beurteilen lässt, ob das Vorhaben den zum Genehmigungsmaßstab gehörenden, nachbarschützenden Vorschriften entspricht (VGH BW vom 12.7.2007 BauR 2007, 1399; BayVGH vom 10.4.2006 - 1 ZB 04.3506 - Juris).

Es spricht Vieles dafür, dass die Klägerin schon deswegen durch den unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilten Vorbescheid in ihren Rechten verletzt wird, weil der Gegenstand des Vorbescheids nicht ausreichend bestimmt ist (a). Jedenfalls liegt eine Rechtsverletzung vor, weil das nicht privilegierte Außenbereichsvorhaben wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange bauplanungsrechtlich unzulässig ist (b). Ob zudem Bedenken wegen der straßenmäßigen Erschließung bestehen, weil der für die Bebauung vorgesehene Teil des Grundstücks Fl.Nr. 1478 alt von der Straße "** **********" aus gesehen "in dritter Reihe" liegt und sich die Klägerin eine über ihr Grundstück Fl.Nr. 1478/4 führende Erschließung von Westen her bei einem nicht privilegierten Außenbereichsvorhaben nicht aufdrängen lassen muss (vgl. BVerwG vom 7.2.1986 BVerwGE 74, 19/27 = NVwZ 1986, 917), kann somit offen bleiben.

a) Wegen der im Vorprozess abgegebenen, den Vorbescheidsantrag einschränkenden Erklärung, dass "die Ausmaße" des geplanten Wohnhauses "dem Baugenehmigungsverfahren überlassen" würden, dürfte der Gegenstand des aufgrund des rechtskräftigen Bescheidungsurteils erteilten Vorbescheids nicht ausreichend bestimmt sein.

Die mit dem Vorbescheidsantrag begehrte Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des in den eingereichten Bauvorlagen (Lageplan, Ansichten, Grundrisse, Schnitt) detailliert dargestellten Wohnhauses wirft unter anderem die Frage auf, ob das nicht privilegierte Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtigt, weil es die Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Wie im Folgenden noch näher auszuführen ist, ist eine Verfestigung einer Splittersiedlung dann nicht "zu befürchten", d. h. nicht negativ zu beurteilen, wenn sich das geplante Gebäude dem vorhandenen Gebäudebestand deutlich unterordnet und das Vorhaben nicht aus anderen Gründen einer geordneten Siedlungsstruktur zuwiderläuft (BVerwG vom 3.6.1977 BVerwGE 54, 73 = BayVBl 1978, 215; vom 27.10.2004 BauR 2004, 702). Bei der Vereinbarkeit mit einer geordneten Siedlungsstruktur geht es vor allem um Fragen, die bei einem Vorhaben im unbeplanten Innenbereich durch das Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB geregelt sind. Das Vorhaben muss sich insbesondere hinsichtlich der Nutzungsart und des Nutzungsmaßes in die Eigenart der Splittersiedlung einfügen (vgl. BVerwG vom 22.6.1990 NVwZ 1991, 64 [Rückgriff auf § 34 Abs. 1 BauGB bei der Bestimmung des in einer Splittersiedlung zulässigen Nutzungsmaßes]).

Hält man sich diesen Prüfungsmaßstab vor Augen, dann versteht sich von selbst, dass das Nutzungsmaß des geplanten Wohnhauses nicht vollständig aus der Vorbescheidsfrage ausgeklammert werden darf; denn die für eine positive Beurteilung mitentscheidende Frage der deutlichen Unterordnung des Geplanten unter das Vorhandene lässt sich nicht beantworten, wenn völlig offen bleibt, welche "Ausmaße" das Gebäude haben soll. Eine Auslegung des eingeschränkten Vorbescheidsantrags dahingehend, dass nur die Nutzungsart und die Erschließung Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung sein sollten (so der Beigeladene), verbietet sich damit. In Betracht käme allenfalls, die im Vorprozess zu Protokoll gegebene Erklärung so zu verstehen, dass mit den "Ausmaßen", deren Prüfung dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten werden sollte, die "genauen Ausmaße" in dem Sinn gemeint sind, dass die das "Ob" betreffende Frage, ob sich ein Wohnhaus an der geplanten Stelle "deutlich unterordnen" würde, geprüft werden, die das "Wie" betreffende Frage, ob sich das in den Bauvorlagen dargestellte Nutzungsmaß in die Eigenart der Splittersiedlung einfügen würde, hingegen ausgeklammert sein soll. Auch diese Auslegung begegnet jedoch Bedenken, weil sich eine solche Trennung zwischen dem "Ob" und dem "Wie" wohl nicht durchführen lässt. Somit spricht Überwiegendes dafür, dass das Verwaltungsgericht den Beklagten in dem Vorprozess schon deswegen nicht zur erneuten Entscheidung über den Vorbescheidsantrag hätte verpflichten dürfen, weil der Gegenstand dieses Antrags nach der in der damaligen mündlichen Verhandlung erklärten Einschränkung nicht mehr ausreichend genau bezeichnet war. Dieser Mangel setzt sich in dem streitgegenständlichen Vorbescheid fort.

b) Jedenfalls verletzt der Vorbescheid die Rechte der Klägerin, weil das nicht privilegierte Außenbereichsvorhaben wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Das Vorhaben lässt eine Verfestigung der Splittersiedlung "**********" befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Alternative 2 BauGB). Ob es auch den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), bleibt offen.

(1) Eine Splittersiedlung wird verfestigt, wenn innerhalb der vorhandenen Bebauung eine "Baulücke" aufgefüllt wird. Dies ist bei dem Vorhaben der Fall. Die Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 1478 alt, auf der gebaut werden soll, kann (noch) als "Baulücke" zwischen dem auf diesem Grundstück "in zweiter Reihe" stehenden Gebäude und dem Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. 1478/2 angesehen werden.

Zu "befürchten" ist eine Verfestigung im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, wenn sie einer geordneten Siedlungsstruktur zuwiderläuft und damit städtebaulich unerwünscht ist (BVerwG vom 3.6.1977 a. a. O.), wenn, mit anderen Worten, in der Ausführung des Bauvorhabens ein Vorgang der Zersiedlung zu sehen ist (BVerwG vom 18.5.2000 NVwZ 2001, 1282/1283 = BauR 2001, 1560/1561). Das ist im Regelfall anzunehmen. Das Hinzutreten weiterer Gebäude zu einer Splittersiedlung stellt aber nicht stets eine weitere Zersiedlung dar (BVerwG vom 12.12.1972 BRS 25 Nr. 76). Ausnahmsweise ist die Verfestigung nicht negativ zu beurteilen, wenn die Splittersiedlung ein gewisses Gewicht hat und sich das Vorhaben sowie weitere gleich gelagerte Vorhaben der vorhandenen Bebauung deutlich unterordnen und deshalb keine weitergehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken (vgl. BVerwG vom 27.8.1998 NVwZ-RR 1999, 295/296).

Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls sind nicht erfüllt. Auch wenn man - mit dem Verwaltungsgericht - annehmen wollte, dass als Bezugsfälle nur zwei weitere Wohngebäude auf dem nördlichen angrenzenden Grundstück Fl.Nr. 1479 (ein kleineres im Osten und ein etwas größeres im Westen) zu erwarten wären, kann nach Auffassung des Senats nicht von einer deutlichen Unterordnung des Hinzukommenden (insgesamt drei Wohngebäude) unter das Vorhandene (fünf Wohngebäude und ein landwirtschaftliches Anwesen) gesprochen werden. Außerdem ist mit weiteren Bezugsfällen zu rechnen. Der Senat teilt nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass bei dem (ehemaligen) landwirtschaftlichen Anwesen auf dem Grundstück Fl.Nr. 1483 keine Bezugsfälle zu erwarten seien, weil dieses "zum unbebauten Außenbereich hin ausgerichtet ist". Die Grenzen des Bebauungszusammenhangs einer Splittersiedlung (BVerwG vom 3.6.1977 a. a. O.) sind analog den Grenzen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zu bestimmen. Nach diesem Maßstab liegen die der Bebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. 1483 westlich vorgelagerte unbebaute Fläche und das nördlich anschließende, dreiecksförmige unbebaute Grundstück Fl.Nr. 1484 noch innerhalb des Bebauungszusammenhangs; denn die - auf Höhe des zuletzt genannten Grundstücks in einer Mulde verlaufende - Straße "** **********" bildet eine Grenze, welche diese unbebauten Flächen noch als Teil des Bebauungszusammenhangs der Splittersiedlung erscheinen lässt (vgl. BVerwG vom 18.6.1997 NVwZ-RR 1998, 157). Wegen dieser Besonderheit, die auch auf dem vom Beklagten beim Augenschein des Senats übergebenen Luftbild (Blatt 61 der Akten des Verwaltungsgerichtshofs) deutlich zu erkennen ist, ist es nicht möglich, Wünsche für eine weitere Bebauung im Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1483 und 1484 überzeugend von dem Vorhaben des Beigeladenen und den auch vom Verwaltungsgericht gesehenen Bezugsfällen abzugrenzen.

(2) Der Senat lässt offen, ob das Vorhaben auch den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Er weist aber darauf hin, dass sich das Verwaltungsgericht bei seiner Feststellung, die Darstellung des Bereichs "**********" als "sonstige Grünfläche" sei wegen der vorhandenen Bebauung "überholt", nicht mit der "negativen" Funktion befasst hat, die die Darstellung einer Grünfläche bei einer mit einzelnen, nicht privilegierten Gebäuden bebauten Außenbereichsfläche haben kann. Diese Funktion könnte in der - nicht "überholten" - Aussage liegen, dass auf den von der Darstellung erfassten Flächen eine nicht privilegierte Bebauung ausgeschlossen sein soll.

3. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Beklagte sowie der Beigeladene je zur Hälfte (§ 154 Abs. 1 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO). Dem Beigeladenen dürfen Kosten auferlegt werden, weil er jeweils einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, ist schon deswegen billig (§ 162 Abs. 3 Satz 1 VwGO), weil er unterlegen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss:

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und für das Berufungsverfahren wird jeweils auf 10.000 Euro festgesetzt; der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Januar 2002 wird insoweit geändert.

Gründe:

Die Festsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG, § 14 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG a. F.. Der Senat bewertet eine von einer Gemeinde zur Verteidigung ihrer Planungshoheit und der damit verbundenen Mitwirkungsrechte (§ 36 Abs. 1 BauGB) erhobene Klage gegen eine Baugenehmigung oder einen Vorbescheid im Allgemeinen mit 10.000 Euro. Dieser Betrag erscheint auch in diesem Fall angemessen. Die Befugnis zur Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a. F..

Ende der Entscheidung

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