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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.03.2007
Aktenzeichen: 1 C 07.532
Rechtsgebiete: VwGO, BayVwVfG


Vorschriften:

VwGO § 65 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2
VwGO § 146 Abs. 1
BayVwVfG Art. 80 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 C 07.532

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anfechtung der Kostenentscheidung in einem Widerspruchsbescheid; Antrag der Firma ******** **********, *** *****, auf Beiladung;

hier: Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Februar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

ohne mündliche Verhandlung am 22. März 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Firma P******* Immobilien, Inhaber T***** W******, P****str. *, ***** B** S****, trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Die Firma P******* Immobilien begehrt, zu einem Rechtsstreit über eine Kostenentscheidung (Kostenlast und Kostenfestsetzung) in einem Widerspruchsbescheid beigeladen zu werden.

Mit Bescheid vom 20. September 2004 erteilte das Landratsamt M******* (Amt für Wasser-, Abfall- und Bodenschutzrecht) der Klägerin die wasserrechtliche Plangenehmigung zur Verlegung zweier Wildbäche (Gewässer III. Ordnung), um die geplante Bebauung der Grundstücke Fl.Nrn. ***** und ***** Gemarkung T******** zu ermöglichen; die Plangenehmigung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass bestimmte Stabilitätsnachweise für die Böschungen und das Geschiebeablagerungsbecken erbracht werden. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2004 erteilte das Landratsamt (Staatliches Bauamt) der Klägerin die Baugenehmigung für die Errichtung von fünf Einzelhäusern mit Tiefgarage und Garagen auf den genannten Grundstücken. Mit Bescheid vom 5. Januar 2006 ergänzte das Landratsamt die Baugenehmigung um die aufschiebende Bedingung, dass vor Beginn der Bauarbeiten der Nachweis zu erbringen sei, dass die über die Baugrundstücke verlaufenden öffentlichen Gewässer verlegt werden könnten; dies bedeute, dass die in der wasserrechtlichen Plangenehmigung enthaltene aufschiebende Bedingung erfüllt sein müsse. Gegen diesen Änderungsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch, den sie unter Verwahrung gegen die Kosten für erledigt erklärte, nachdem sie die geforderten Stabilitätsnachweise inzwischen beigebracht hatte. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 stellte die Regierung von O********* daraufhin die Erledigung des Widerspruchs in der Hauptsache fest, legte der Klägerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf und setzte für den Widerspruchsbescheid eine Gebühr von 300,00 Euro und Auslagen in Höhe von 5,60 Euro fest.

Mit der Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München beantragt die Klägerin, die Kostenlastentscheidung und die Festsetzung der Kosten in dem Widerspruchsbescheid aufzuheben.

Unter dem 30. November 2006 beantragte die Firma P******* die Beiladung zu dem Rechtsstreit. Sie habe mit der Klägerin (bzw. deren Rechtsvorgängerin) einen Vertriebsvertrag geschlossen, in dessen Rahmen der Zeitpunkt der Erteilung einer zur Bauausführung berechtigenden Baugenehmigung eine entscheidende Rolle spiele.

Die Klägerin hielt die Beiladung nicht für sachdienlich und den entsprechenden Antrag für unbegründet.

Mit Beschluss vom 13. Februar 2007 lehnte das Verwaltungsgericht die Beiladung der Firma P******* ab, weil der Verwaltungsrechtsstreit über die Kosten des Widerspruchsverfahrens deren rechtlichen Interessen nicht berühre.

Mit der Beschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 7.3.2007), macht die Firma P******* geltend, dass die Fragen, welchen Umfang die Baugenehmigung vom 1. Oktober 2004 habe und ob die nachträgliche Verknüpfung mit der wasserrechtlichen Plangenehmigung vom 20. September 2004 rechtmäßig sei, von entscheidungserheblicher Bedeutung für eine zivilrechtliche Streitigkeit zwischen ihr und der Klägerin seien. Die Firma P******* habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung durch das Verwaltungsgericht, dass die nachträgliche Ergänzung der Baugenehmigung um eine Nebenbestimmung rechtmäßig war. Mit dieser - zu erwartenden - Entscheidung des Verwaltungsgerichts werde zugleich festgestellt, dass die Baugenehmigung anfänglich rechtswidrig gewesen sei und materiell nicht habe vollzogen werden können.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) sind nicht erfüllt. Die Entscheidung über die Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 kann der Firma P******* gegenüber nicht im Sinne von § 65 Abs. 2 VwGO nur einheitlich ergehen; denn die Firma P******* ist weder Adressatin dieses Bescheides noch wurde mit diesem Bescheid über Rechte entschieden, die ihr als Dritte zustehen.

2. Die Firma P******* kann auch nicht beanspruchen, auf der Grundlage von § 65 Abs. 1 VwGO (einfach) zu dem beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahren beigeladen zu werden. Ihre rechtlichen Interessen werden durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht oder jedenfalls nicht in einer Weise berührt, dass sie in Ausübung des durch § 65 Abs. 1 VwGO - im Beschwerdeverfahren dem Beschwerdegericht (BayVGH vom 8.11.1976 NJW 1977, 1308; vom 2.3.2000 Az. 4 C 99.2108 - juris) - eingeräumten Ermessens beigeladen werden müsste.

a) Ein rechtliches Interesse der Firma ist nicht schon deswegen zu verneinen, weil Gegenstand des Klageverfahrens nur eine Kostenentscheidung ist.

Anders als verwaltungsgerichtliche Kostenentscheidungen (siehe § 158 Abs. 1 VwGO) sind behördliche Kostenentscheidungen isoliert, das heißt unabhängig von der Entscheidung in der Hauptsache, anfechtbar. Richtet sich die Klage nur gegen die Kostenentscheidung, so erwächst die in dem Bescheid zugleich getroffene, aber nicht angefochtene Sachentscheidung in Bestandskraft. Ein Dritter, der sich darauf beruft, dass seine rechtlichen Interessen durch die Entscheidung in der Sache berührt werden, erfüllt daher in der Regel nicht die Voraussetzungen für eine Beiladung zu der (isolierten) kostenrechtlichen Streitigkeit. Denn soweit die Kostenentscheidung von dem (vollständigen oder teilweisen) Obsiegen oder Unterliegen in der Hauptsache abhängt (Art. 80 Abs 1 Satz 1 bis 3 BayVwVfG), ist die bestandskräftige Sachentscheidung auch hinsichtlich der Verteilung der Kostenlast bindend. Die isolierte Anfechtung der behördlichen Kostenentscheidung wird sich daher mit Aussicht auf Erfolg nur auf Gründe stützen können, die mit der bestandskräftigen Sachentscheidung nicht zusammenhängen, so dass sich die zu erwartende Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der kostenrechtlichen Streitigkeit in der Regel auch nicht auf die rechtlichen Interessen des Dritten auswirken wird.

Von dieser typischen Konstellation unterscheidet sich der vorliegende Fall der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung über einen vom Widerspruchsführer für erledigt erklärten Widerspruch. Der Bescheid enthält hier zum einen keine Sachentscheidung, die in Bestandskraft erwachsen könnte, sondern lediglich die Feststellung der (unstrittigen) Erledigung des Widerspruchs; zum anderen ist über die Kosten des Verfahrens - ähnlich wie nach der entsprechenden Vorschrift des Verwaltungsprozessrechts (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO) - nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstands zu entscheiden (Art. 80 Abs 1 Satz 5 BayVwVfG). Die Kostenentscheidung stellt in diesem Falle daher keinen bloßen Nachvollzug des sich aus der Sachentscheidung ergebenden Obsiegens oder aber Unterliegens des Widerspruchsführers dar. Die Kostenentscheidung muss sich vielmehr selbst - wenn auch nur in summarischer Form und ohne weitere Sachverhaltsaufklärung - zu dem voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache verhalten. Auch wenn die Entscheidung im Tenor also nur zur Kostenlast (und in deren Gefolge möglicherweise - wie hier - zur Kostenfestsetzung) ergeht, spiegelt sich in ihr zwangsläufig auch das Resultat einer Prüfung des dem Widerspruch zugrundeliegenden Streitgegenstands wider. Insofern kann die Kostenentscheidung in diesem Fall mittelbar die rechtlichen Interessen Dritter, die im Zusammenhang mit der für erledigt erklärten Streitigkeit stehen, berühren.

b) Die Interessen der Firma P******* werden durch die der angefochtenen Kostenentscheidung zugrundeliegende Sachprüfung nicht so stark berührt, dass eine Beiladung geboten wäre. Zwar spielen die Baugenehmigung und der Ergänzungsbescheid auch in dem zivilrechtlichen Rechtsstreit eine Rolle, im Hinblick auf den die Firma P******* die Beiladung beantragt. Wegen des unterschiedlichen Ausgangspunktes sind die Berührungspunkte aber nicht so eng, dass eine Beiladung der Firma P******* zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren veranlasst wäre.

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Baugenehmigung von Bedeutung, weil die Kostenlastentscheidung in dem Widerspruchsbescheid hierauf - mittelbar - abstellt. Die Regierung hat der Klägerin die Kosten des erledigten Widerspruchsverfahrens in der ausführlich begründeten Entscheidung nach Art. 80 Abs. 1 Satz 5 BayVwVfG auferlegt, weil ihrer Auffassung nach der Widerspruch gegen Bescheid vom 5. Januar 2006 voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte. Die Ergänzung der Baugenehmigung um eine aufschiebende Bedingung, welche die Einhaltung der nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 BayBO auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden wasserrechtlichen Voraussetzungen sicherstelle, sei als teilweise Zurücknahme der unbedingt erteilten Baugenehmigung vom 1. Oktober 2004 zu werten. Die Teilrücknahme sei rechtmäßig gewesen. Die ursprüngliche Fassung der Baugenehmigung sei rechtswidrig gewesen, weil sie die wasserrechtlichen Anforderungen nicht berücksichtigt habe; das Landratsamt habe auch die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG gewahrt.

In dem zivilrechtlichen Streit, in dem zu entscheiden ist, ab welchem Zeitpunkt die Firma P******* zur Erbringung der aufgrund des mit der Klägerin abgeschlossenen Maklervertrages geschuldeten Leistungen verpflichtet war und durch Nichterbringung der Leistungen die vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt wurde, wird hingegen nicht auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, sondern auf die grundsätzliche Durchführbarkeit des (wirksam) genehmigten Vorhabens abgestellt. Dies ergibt sich aus dem von der Klägerin dem Verwaltungsgericht vorgelegten, für die Firma P******* negativen Prozesskostenhilfebeschluss des OLG Frankfurt am Main vom 11. Juli 2006 (* * *****).

Wegen dieses unterschiedlichen Blickwinkels erscheint es dem Senat - objektiv betrachtet - ausgeschlossen, dass die Firma P******* ihre Rechtsstellung in dem Zivilprozess infolge einer Beteiligung an dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren verbessern könnte. Dass die Firma P******* meint, die Aussichten, das Oberlandesgericht von der ihrer Auffassung nach gegebenen Unrichtigkeit seines rechtlichen Ausgangspunktes zu überzeugen, könnten sich verbessern, genügt nicht.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil eine dem Betrag nach bestimmte Gebühr erhoben wird (Nr. 5502 Kostenverzeichnis zum GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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