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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 1 CS 07.1704
Rechtsgebiete: VwGO, BayBO
Vorschriften:
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3 | |
BayBO Art. 7 Abs. 1 Satz 1 | |
BayBO Art. 7 Abs. 1 Satz 2 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Anfechtung einer Baugenehmigung für ein Wohn- und Geschäftshaus (Fl.Nr. 148/14 Gemarkung ***********), Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs;
hier: Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. Juli 2007,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Häberlein
ohne mündliche Verhandlung am 17. September 2007
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen zu 1.
1. Der Antragsteller ist Eigentümer des in N******** an der *****straße 20 gelegenen Grundstücks Fl.Nr. 148 Gemarkung U**********, die Beigeladene zu 1 Eigentümerin des westlich angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. 148/14 (*****straße 18). Das Grundstück des Antragstellers ist mit einem dreigeschossigen (E + I + D) Wohn- und Geschäftshaus bebaut. Auf der Westseite befindet sich ein eingeschossiger Anbau mit Flachdach, der bis an die Grenze zum Grundstück der Beigeladenen zu 1 reicht. Dieses Grundstück war im straßennahen Bereich in entsprechender Weise bebaut wie das Grundstück des Antragstellers (dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit eingeschossigem Anbau auf der Ostseite); im rückwärtigen (südlichen) Teil befand sich ein Gewächshaus. Nach Abbruch dieser Bebauung beabsichtigt die Beigeladene zu 1, ihr Grundstück mit einem viergeschossigen Wohn- und Geschäftshaus (E + 2 +D) mit Tiefgarage bebauen. Für dieses Vorhaben erhielt sie mit Bescheid des Landratsamts M****** vom 7. November 2006 die Baugenehmigung. Nach den genehmigten Bauvorlagen wird die rund 17 m lange östliche Außenwand des Gebäudes auf einer Länge von etwa 14,50 m eine Höhe von 9,05 m und im Übrigen eine Höhe von 9,30 m haben; der Abstand der Wand zur Grenze des Grundstücks des Antragstellers soll durchgehend 3 m betragen.
Das Grundstück des Antragstellers und das Grundstück der Beigeladenen zu 1 liegen im Geltungsbereich des im November 2001 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 37 ("*****straße") der Beigeladenen zu 2. Der Bebauungsplan bestimmt die überbaubaren Grundstücksflächen durch Baugrenzen. Für das Grundstück des Antragstellers, das Grundstück der Beigeladenen zu 1 und für das an letzteres westlich grenzende Grundstück Fl.Nr. 148/13 (*****straße 16) ist ein "Bauraum" mit seitlichem Grenzabstand auf der Ostseite (Grundstück des Antragstellers) und der Westseite (Grundstücks Fl.Nr. 148/13) sowie "durchgezogen" Baugrenzen im Bereich des Grundstücks der Beigeladenen zu 1 festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung ist für diese Grundstücke u.a. durch eine Festsetzung der Zahl der zulässigen Vollgeschosse ("III") begrenzt. Unter Nr. 2.3 enthält der Textteil des Bebauungsplans folgende Regelung:
" Soweit innerhalb der Bauräume keine Kommunbebauung zustande kommt, sind unabhängig von der Bautiefe lediglich die Mindestabstandsflächen von 3 m an den seitlichen Grundstücksgrenzen einzuhalten."
Unter Nr. 3.1 ist Folgendes geregelt:
"Im Bebauungsplangebiet wird grundsätzlich offene Bauweise festgesetzt, wobei innerhalb der festgesetzten Baugrenzen auch die Bildung von Hausgruppen durch Grenzbebauung mit einheitlicher Geschosszahl und Dachform möglich ist. Dabei sind bei der Längenausnutzung der festgesetzten Bauräume Überschreitungen der 50 m-Grenze bei Einhaltung des zulässigen Maßes der Nutzung, einheitlicher Dachform und Geschosszahl zulässig."
2. Der Antragsteller legte gegen die Baugenehmigung Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht München vorläufigen Rechtsschutz. Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden. Dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gab das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. Juli 2007 statt, weil der Widerspruch voraussichtlich Erfolg haben werde. Das genehmigte Vorhaben verstoße gegen die dem Nachbarschutz dienenden abstandsflächenrechtlichen Vorschriften. Das die Abstandsflächentiefe bestimmende Maß H sei in den genehmigten Bauvorlagen mit 9,30 m angegeben. Bei einem Grenzabstand von 3 m liege es auf der Hand, dass die gesetzliche Abstandsfläche nicht auf dem Baugrundstück eingehalten werden könne. Die Festsetzung eines Abstandsflächenmaßes von 3 m sei unwirksam. Die Festsetzung könne sich nicht auf Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO stützen, weil diese Vorschrift nicht dazu ermächtige, "unmittelbar" ein von Art. 6 Abs. 4 BayBO abweichendes Abstandsflächenmaß zu bestimmen. Auch Art. 91 Abs. 1 Nr. 5 BayBO sei keine geeignete Rechtsgrundlage. Die Vorschrift ermächtige zwar zu von Art. 6 und Art. 7 BayBO abweichenden abstandsflächenrechtlichen Regelungen. Diese dürften aber nur aus Gründen der Bau- oder Ortsbildgestaltung getroffen werden, was nach der Begründung zum Bebauungsplan hier nicht der Fall sei. Davon abgesehen entspreche die Festsetzung unter Nr. 2.3 nicht den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO; möglicherweise verstoße sie auch gegen das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO müssten aus Festsetzungen im Sinn von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO resultierende Abstandsflächen so bemessen sein, dass eine ausreichende Belichtung und Lüftung gewährleistet sei. Dieser Mindestanforderung würde entsprochen, wenn die Einhaltung eines Lichteinfallwinkels von höchstens 45 Grad zur in Höhe der Fensterbrüstung liegenden Waagrechten sichergestellt sei. Dies sei jedoch bei einer bebauungsplankonformen Bebauung sowohl des Baugrundstücks als auch des Grundstücks des Antragstellers nicht gewährleistet. Ein Gebäudeabstand von insgesamt 6 m in der Kombination mit der Festsetzung von drei Vollgeschossen verstoße gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 mit dem sinngemäßen Antrag,
die Nrn. 1 und 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 6. Juli 2007 zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts M****** vom 7. November 2006 abzulehnen.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.
Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 2 haben sich nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie nicht ausreichend begründet ist.
1. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie (zu dieser Einschränkung vgl. BayVGH vom 27.8.2002 BayVBl 2003, 304; vom 10.7.2006 - 1 CS 06.407) maßgebende Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt werden muss. Die Richtigkeit der die Entscheidung tragenden Gründe, dass die Tiefe einer vor der östlichen Außenwand des Bauvorhabens einzuhaltenden Abstandsfläche nach Art. 6 Abs. 4 (und 5) BayBO zu bestimmen sei, dass eine danach berechnete Abstandsfläche nicht auf dem Baugrundstück eingehalten werden könne und dass der Antragsteller hierdurch in seinen Rechten verletzt werde, wird durch die Einwände der Beigeladenen zu 1 schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil diese nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechen.
Nach dieser Vorschrift müssen in der Begründung einer Beschwerde gegen eine in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung die Gründe dargelegt werden, aus denen die Entscheidung nach Auffassung des Rechtsmittelführers abzuändern oder aufzuheben ist; die Begründung muss sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mit dieser Anforderung (und dem gleichfalls durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 [BGBl I S. 3987] eingeführten "Anwaltszwang" für das Beschwerdeverfahren) soll erreicht werden, dass das Beschwerdevorbringen so aufbereitet wird, dass das Beschwerdegericht in einer hohen Richtigkeitsgewähr rasch über das Rechtsmittel entscheiden kann. Eine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erfordert, dass der Bevollmächtigte der beschwerdeführenden Partei die entscheidungstragende Begründung des Verwaltungsgerichts aufgreift, und in nachvollziehbarer Weise aufzeigt, in welchen Punkten und aus welchen Erwägungen heraus er die Begründung und das Ergebnis der Entscheidung für unrichtig hält (BayVGH vom 2.10.2006 - 1 CS 06.2181 - Juris). Dem genügt das Beschwerdevorbringen nicht.
Die Beigeladene zu 1 stellt den Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung, dass es sich bei der Festsetzung unter Nr. 2.3 des Textteils des Bebauungsplans um eine abstandsflächenrechtliche Vorschrift handele, nicht in Frage (obwohl sich die festgesetzte "Mindestabstandsfläche" nicht an den für Abstandsflächen maßgebenden Parametern der Wandhöhe [Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayBO] und der Wandlänge [vgl. Art. 6 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO] orientiert). Die Beigeladene zu 1 wendet sich vielmehr gegen die Rechtsaufassung des Verwaltungsgerichts, dass die auf der Novelle 1994 (Gesetz vom 12. April 1994 - GVBl S. 210) beruhende Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO keine geeignete Rechtsgrundlage für diese Festsetzung sei. Das Beschwerdevorbringen setzt sich aber nicht mit dem Hauptargument des Verwaltungsgerichts auseinander, dass die Festsetzung eines von Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO abweichenden Maßes für die Tiefe der Abstandsfläche angesichts des klaren Wortlauts der Vorschrift nicht unmittelbar auf Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO gestützt werden könne; vielmehr müssten die Außenwände zulassenden oder vorschreibenden (und dadurch die Abstandsfläche bestimmenden) Festsetzungen - nach der ersten Alternative der Vorschrift - in einer städtebaulichen Satzung getroffen werden. Zum maßgebenden Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans Nr. 37 habe ein Maß für die Abstandsfläche nicht festgesetzt werden können, weil die die Festsetzungsmöglichkeiten abschließend regelnde Vorschrift des § 9 Abs. 1 BauGB damals keine Ermächtigung zur Regelung von Abstandsflächen enthalten habe (vgl. jetzt § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB).
Diese Auslegung hat viel für sich. Frühere Fassungen von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO sahen vor, dass "in Bebauungsplänen ... andere Abstandsflächen festgelegt werden (können) als sie sich nach Art. 6 ergeben" (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO 1982). Eine solche Ermächtigung zu einer Regelung, die gemäß § 9 Abs. 4 BBauG/BauGB in den Bebauungsplan als Festsetzung aufgenommen werden konnte, enthält die geltende Fassung von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO nicht. Die Vorschrift knüpft in ihrer ersten Alternative vielmehr an Festsetzungen einer städtebaulichen Satzung an, die Außenwände zulassen oder vorschreiben, und bestimmt, dass Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO - vorbehaltlich einer abweichenden Regelung - keine Anwendung findet, wenn die Satzung solche Festsetzungen enthält. Dies legt es nahe, die Vorschrift mit dem Verwaltungsgericht so auszulegen, dass Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO nicht zur Festsetzung eines von Art. 6 Abs. 4 und 5 abweichenden Abstandsflächenmaßes ermächtigt, sondern abstandsflächenrechtliche Folgen von Regelungen anordnet, die auf einer anderen Rechtsgrundlage (§ 9 Abs. 1 BauGB, Art. 91 BayBO) erlassen wurden. Die einzuhaltende Abstandsfläche ist jeweils so tief wie die Grenzabstände, die sich bei Einhaltung der die Außenwand zulassenden oder vorschreibenden Festsetzungen ergeben (vgl. den vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss des Senats vom 29.12.2005 BayVBl 2006, 670 = NVwZ-RR 2006, 761).
Um sich mit dieser Rechtsauffassung in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise auseinanderzusetzen, genügt es nicht, ohne weitere Ausführungen auf die bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Kommentarstellen (Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 7 RdNr. 10 und 49; Koch/Molodovsky/ Famers, BayBO Art. 7 Anm. 3.1 [zu ergänzen ist: Anm. 3.3.2.3]; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue bayerische Bauordnung, Stand Mai 2006 Art. 7 RdNr. 22) zu verweisen. Denn keiner der zitierten Kommentarstellen legt dar, weshalb es gerechtfertigt sein sollte, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO abweichend vom klaren Wortlaut der Vorschrift auszulegen.
Auch der Hinweis auf einen Satz aus den Gründen des Beschlusses des Senats vom 29. Dezember 2006 (a. a. O.) stellt keine den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss dar. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht feststellt, versteht der Beschluss des Senats vom 29. Dezember 2006 die Ermächtigung des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO so, wie das Verwaltungsgericht die Vorschrift ausgelegt hat. Dies ergibt sich aus den Ausführungen, die dem von der Beigeladenen zu 1 zitierten Satz ("Eine sich ausdrücklich auf Abstandsflächen beziehende Regelung ist nicht erforderlich") vorausgehen; dieser Passus des Beschlusses vom 29. Dezember 2006 hat folgenden Wortlaut:
"Der Änderungsbebauungsplan lässt im Sinn von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO Außenwände zu. Indem er den zulässigen Standort der Gebäude durch Baugrenzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, § 23 Abs. 3 BauNVO) und die zulässige Wandhöhe durch Regelungen über die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 16 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1 BauNVO) sowie über die zulässige Höhe baulicher Anlagen (§ 16 Abs. 2 Nr. 4, § 18 BauNVO) festsetzt, bestimmt er auch die für die Tiefe der Abstandsflächen maßgebliche Lage und Höhe der Außenwände. Dies ist für Festsetzungen im Sinn von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO ausreichend."
Vor diesem Hintergrund kann dem zitierten Satz nicht entnommen werden, dass Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO nach Auffassung des Senats dazu ermächtigt, in einer städtebaulichen Satzung unmittelbar ein von Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO abweichendes Maß für die Abstandsflächen festzusetzen. Vielmehr stellt der Satz lediglich klar, dass die kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO, nämlich dass die Tiefe der Abstandsflächen durch die Grenzabstände bestimmt wird, die sich bei Einhaltung der Außenwände zulassenden oder vorschreibenden Festsetzungen ergeben, nicht (noch einmal) in der städtebauliche Satzung geregelt werden muss.
Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass Art. 91 Abs. 1 Nr. 5 BayBO als Rechtsgrundlage ausscheide, weil die Festsetzung Nr. 2.3 städtebaulichen Zwecken diene, wendet sich die Beschwerde nicht.
Die Ausführungen zu Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO, mit denen das Verwaltungsgericht seine Beurteilung, dass die Festsetzung Nr. 2.3 unwirksam sei, in zweiter Linie begründet hat, greift die Beschwerde zwar an. Auch insoweit fehlt aber eine den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Beschwerde greift nur die vom Verwaltungsgericht am Rande angesprochene Frage eines ausreichenden "Sozialabstandes" auf. Aus welchen Gründen die eingehend begründeten Ausführungen des Verwaltungsgericht dazu, dass die fragliche Festsetzung nicht geeignet sei, im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO eine ausreichende Belichtung und Lüftung zu gewährleisten, unzutreffend sein sollte, wird nicht dargelegt. Vielmehr geht die Beschwerdebegründung in diesem Punkt an den Gründen des angefochtenen Beschlusses vorbei, weil sie das "konkrete Vorhaben" (Seite 4 des Schriftsatzes vom 5.8.2007) im Auge hat, während sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf den Bebauungsplan beziehen. Davon abgesehen genügt es entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1 nicht, wenn "günstige Winde oder ein Belichtungssystem durch Spiegel" eine ausreichende Belichtung und Lüftung gewährleisten. Die Außenwände zulassenden oder vorschreibenden Festsetzungen müssen so getroffen werden, dass den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO auch ohne solche "Hilfsmittel" entsprochen wird.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Auch wenn Nr. 2.3 der Festsetzung des Bebauungsplans mangels Rechtsgrundlage unwirksam sein und die Wirksamkeit der übrigen Festsetzungen hiervon nicht berührt werden sollte, wäre Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BayBO nicht einschlägig, weil der Bebauungsplan im Bereich des Baugrundstücks keine Festsetzungen trifft, die Außenwände zulassen oder vorschreiben. Zwar ist mit der Festsetzung der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 16 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 BauNVO) mittelbar die zulässige Wandhöhe bestimmt; wegen der im Bereich des Baugrundstücks "durchgezogenen" Baugrenzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, § 23 Abs. 1 und 3 BauNVO) fehlt dort jedoch eine Festsetzung, die den Standort der Außenwände bestimmt (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue bayerische Bauordnung, Stand Mai 2006 Art. 7, RdNr. 24).
Entgegen dem vom Verwaltungsgericht erweckten Eindruck (Seite 15 des Entscheidungsabdrucks) hat der Senat im bereits erwähnten Beschluss vom 29. Dezember 2005 nicht entschieden, dass den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO nicht entsprochen werde, wenn Festsetzungen nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO so getroffen wurden, dass vor den Fenstern von Aufenthaltsräumen nicht einmal ein Lichteinfallswinkel von höchstens 45° zur in Höhe der Fensterbrüstung liegenden Waagrechten eingehalten wird (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO in der Fassung vom 21.8.1969 [GVBl S. 263]). Festgestellt wurde lediglich, dass die Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO grundsätzlich gewahrt sind, wenn der genannte Lichteinfallswinkel eingehalten wird.
3. Die Beigeladene zu 1 hat die Kosten zu tragen, weil ihre Beschwerde keinen Erfolg hat (§ 154 Satz 2 VwGO). Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Zwar ist das Interesse der Beigeladenen zu 1 an der Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung an sich höher zu bewerten, als das Nachbarinteresse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung; die Höhe des Streitwerts des Beschwerdeverfahrens wird jedoch durch den Streitwert des Verfahrens erster Instanz begrenzt.
Ende der Entscheidung
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