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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 1 CS 07.801
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 7
VwGO § 80 a Abs. 3
VwGO § 130 Abs. 1
VwGO § 130 Abs. 2
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5 Abs. 1
BauNVO § 15 Abs. 1 Satz 2
Ein Bauherr, der sein Vorhaben im Hinblick auf einen im gerichtlichen Eilverfahren festgestellten Nachbarrechtsverstoß in einer "die Identität des Vorhabens" wahrenden Weise geändert und für die Änderung eine vom Nachbarn wiederum angefochtene Tekturgenehmigung erhalten hat, muss gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Änderung der Eilentscheidung beantragen, wenn er von der Genehmigung in der Fassung des Tekturbescheids Gebrauch machen will (wie BayVGH [25. Senat] vom 14.9.2006 - 25 CS 06.1474 - Juris; vom 21.2.2007 [15. Senat] - 15 CS 07.162 - Juris; anderer Ansicht BayVGH [26. Senat] vom 22.4.1998 - 26 CS 98.338 - Juris)

Ziel des Änderungsantrags ist die Feststellung, dass die Genehmigung in der Fassung des Tekturbescheids vollziehbar ist.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 CS 07.801

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anfechtung einer Baugenehmigung für den Umbau einer Bergehalle in ein Stallgebäude (Fl.Nr. ** Gemarkung ********)

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs;

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. März 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

ohne mündliche Verhandlung am 2. August 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. II Satz 2 der Entscheidungsformel des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ******* vom 9. März 2007 wie folgt gefasst wird: Es wird festgestellt, dass der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Ebersberg vom 18. April 2006 in der Fassung des "Nachtragsbescheids" vom 27. November 2006 vollziehbar ist.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ein Bauvorhaben des Beigeladenen.

1. Die Antragstellerin ist Miteigentümerin des mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebauten Grundstücks Fl.Nr. ** Gemarkung ********. Der Beigeladene ist Eigentümer des westlich angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. **. Auf dem östlichen Teil dieses (großen) Grundstücks befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Beigeladenen. Zu dieser gehören neben dem Wohnhaus und kleineren Wirtschaftsgebäuden eine in Ost-West-Richtung angeordnete Bergehalle, ein an diese auf der Südseite angebauter Rinderstall sowie ein auf der Nordseite angebauter Jungviehstall.

Mit Bescheid vom 18. April 2006 erteilte das Landratsamt ********* dem Beigeladenen die Baugenehmigung für einen Umbau der Bergehalle in eine "Liegehalle" für Milchkühe sowie für die Errichtung eines Melkstandes. Nach den genehmigten Bauvorlagen soll das bisher als Bergehalle genutzte Gebäude im Zuge des Umbaus auf der Ostseite um knapp 5 m gekürzt und auf der Westseite um rund 6 m verlängert werden. Durch die Verkürzung auf der Ostseite vergrößert sich der Abstand dieses Gebäudes von der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin auf knapp 8 m. Auf der Ostseite des an den westlichen Teil der Bergehalle angebauten Rinderstalls soll ein Melkstand mit "Warteraum" errichtet werden, den die Tiere über einen auf der Südseite der früheren Bergehalle geplanten Laufgang erreichen. Die Baugenehmigung enthält unter anderem folgende Nebenbestimmungen:

" 4. An den Süd- und Nordseiten des an der östlichen Giebelwand entlang führenden Futtertisches (betrifft auch das nördliche Tor zum Futtertisch des Jungviehstalles) sind Sektionaltore anzubringen.

5. Die Tore zu dem an der östlichen Giebelwand entlang führenden Futtertisch (betrifft auch das nördliche Tor zum Futtertisch des Jungviehstalles) sind nur für Ein, Aus- und Durchfahrten zu öffnen. Die übrige Zeit sind die Tore geschlossen zu halten. Eine Automatikregelung hat dafür Sorge zu tragen.

6. Bei nicht ausreichender Be- und Entlüftung ist eine mechanische Lüftungsanlage vorzusehen. Vor Einbau der Lüftungsanlage ist diese mit dem Landratsamt abzustimmen.

7. Fenster und Tore dürfen erst in einem Abstand von mehr als 20 m bis zur östlichen Grundstücksgrenze zum Lüften verwendet werden (betrifft auch die östlichen Tore des Jungviehstalles). ..." Eine frühere Baugenehmigung vom 6. August 2003, die (u. a.) die Nutzung der Bergehalle als Liegehalle ohne Verkürzung des Gebäudes auf der Ostseite sowie die Errichtung eines "Laufhofs" östlich des Rinderstalles und südlich der Bergehalle vorsah, hat das Verwaltungsgericht ******* auf Klage des Sohns der Antragstellerin mit Urteil vom 1. Juni 2003 wegen eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften aufgehoben.

Die Antragstellerin legte gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2006 Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das Verwaltungsgericht entsprach dem Antrag mit Beschluss vom 14. August 2006. Die Frage, ob das Wohnhaus der Antragstellerin infolge der Baumaßnahme einer unzumutbaren Geruchsbelästigung ausgesetzt sein werde, sei offen. Je nachdem, welcher Berechnungsmethode zu folgen sei, werde zudem die vor einem Teil der neuen östlichen Giebelwand anfallende Abstandsfläche nicht auf dem Baugrundstück eingehalten. Die bei offenen Erfolgsaussichten erforderliche Interessenabwägung falle in Anbetracht der Gefahr, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, zugunsten der Antragstellerin aus.

Mit "Nachtragsbescheid" vom 27. November 2006 genehmigte das Landratsamt "Tekturpläne" des Beigeladenen, die im Wesentlichen eine andere Gestaltung der neuen östlichen Giebelwand zum Gegenstand haben. Unter dem 28. November 2006 nahm das für den Immissionsschutz zuständige Sachgebiet der Regierung von Oberbayern im Rahmen der Widerspruchsverfahren der Antragstellerin und weiterer Nachbarn zu dem Vorhaben zusammengefasst wie folgt Stellung: Die Widersprüche seien aus immissionsschutzrechtlicher Sicht unbegründet, weil die Anwesen der Nachbarn durch die Immissionen der Rinderhaltung nicht unzumutbar beeinträchtigt würden.

Die Antragstellerin legte auch gegen den "Nachtragsbescheid" Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht erneut vorläufigen Rechtsschutz. Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragten, den Antrag abzulehnen. Der Beigeladene beantragte ferner, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. August 2006 insoweit aufzuheben, als die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 18. April 2006 angeordnet worden war.

2. Mit Beschluss vom 9. März 2007 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 27. November 2006 ab. Für den Antrag fehle das Rechtsschutzinteresse, weil der Beigeladene aufgrund des Beschlusses vom 14. August 2006 gehindert sei, von der Baugenehmigung Gebrauch zu machen. Der "Nachtragsbescheid" habe hieran nichts geändert, weil es sich bei diesem Bescheid, der nur geringfügige Änderungen zum Gegenstand habe, nicht um eine selbständige Baugenehmigung handele. Dem Antrag des Beigeladenen entsprach das Verwaltungsgericht, indem es den Beschluss vom 14. August 2006 änderte und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18. April 2006 ablehnte. Der Antrag sei statthaft. Durch den "Nachtragsbescheid" sowie die Stellungnahme der Regierung hätten sich veränderte Umstände ergeben. Der Antrag sei auch begründet, weil der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben werde. Bei einer Bauausführung gemäß den Tekturplänen werde die Abstandsfläche der östlichen Giebelwand auf dem Baugrundstück eingehalten. Nach den überzeugenden Ausführungen der Regierung werde das Anwesen der Antragstellerin voraussichtlich auch nicht unzumutbar durch Geruchsimmissionen belastet.

3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht habe entschieden, ohne ihr Gelegenheit gegeben zu haben, sich zu der Stellungnahme der Regierung zu äußern. Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts statthaft, weil es sich bei dem Vorhaben, das Gegenstand des Nachtragsbescheids sei, im Vergleich mit dem ursprünglich genehmigten Vorhaben um ein "aliud" handele. Jedenfalls hätte das Verwaltungsgericht den Antrag als Antrag auf Feststellung, dass die mit Beschluss vom 14. August 2006 angeordnete aufschiebende Wirkung fortbesteht, auslegen müssen. Das Landratsamt hätte den "Nachtragsbescheid" nicht erlassen dürfen, weil die Bedenken des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 14. August 2006 nicht ausgeräumt gewesen seien. Insbesondere könne die Stellungnahme der Regierung nicht die Beweisaufnahme ersetzen, die das Verwaltungsgericht in jenem Beschluss zur endgültigen Klärung der Immissionsbelastung für erforderlich gehalten habe. In der Sache betont die Antragstellerin, dass der Beigeladene mit dem genehmigten Vorhaben seinen Tierbestand vergrößern dürfe. Die Antragstellerin werde durch die Baugenehmigung schon deswegen in ihren Rechten verletzt, weil die Umgebung des Baugrundstücks als allgemeines Wohngebiet einzustufen und Rinderhaltung in einem solchen Gebiet nicht zulässig sei. Jedenfalls aber sei das Rücksichtnahmegebot verletzt, weil die Antragstellerin durch die Immissionen der Rinderhaltung unzumutbar beeinträchtigt werde.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

die Nrn. I und II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ******* vom 9. März 2007 zu ändern und - jeweils unter Zurückweisung des Antrags des Beigeladenen auf Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 14. August 2006 - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2006 in der Fassung des "Nachtragsbescheids" vom 27. November 2006 anzuordnen,

hilfsweise,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den "Nachtragsbescheid" vom 27. November 2006 anzuordnen,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass sich die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. August 2006 angeordnete aufschiebende Wirkung auf den "Nachtragsbescheid" vom 27. November 2006 erstreckt.

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner tritt den Einwänden der Antragstellerin entgegen und betont, dass diese nur die Einhaltung des Schutzniveaus eines Dorfgebiets beanspruchen könne. Nach diesem Maßstab sei keine unzumutbare Belästigung zu erwarten.

Auch der Beigeladene setzt sich Punkt für Punkt mit den seines Erachtens unzutreffenden Einwänden der Antragstellerin auseinander.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der gerügte Verfahrensfehler würde nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen (1.). Die mit der Beschwerde weiterverfolgten bzw. neu gestellten Sachanträge der Antragstellerin sind unzulässig (2.). Dem Antrag des Beigeladenen gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hat das Verwaltungsgericht zu Recht entsprochen; es ist lediglich der dem Abänderungsantrag stattgebende Teil der Entscheidungsformel des angefochtenen Beschlusses neu zu fassen (3.).

1. Der Beschwerde ist nicht wegen eines Mangels des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht stattzugeben.

Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht aus den mit der Beschwerde geltend gemachten Gründen den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht kämen auch bei einem solchen Verstoß nicht in Betracht. Zwar litte das verwaltungsgerichtliche Verfahren in diesem Fall an einem wesentlichen Mangel. Die Befugnis zur Aufhebung und Zurückverweisung besteht aber nur, wenn der Verfahrensmangel eine umfangreiche Beweisaufnahme, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in aller Regel ohnehin nicht in Betracht kommt, erforderlich macht; außerdem muss die Zurückverweisung von einem Beteiligten beantragt werden (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in entsprechender Anwendung). Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Senat müsste somit auch zur Sache entscheiden, wenn ein Verfahrensfehler vorläge (§ 130 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung). Die Rechte der Antragstellerin werden dadurch gewahrt, dass der weitere Sachvortrag zur Stellungnahme der Regierung von Oberbayern, den das Verwaltungsgericht der Antragstellerin nach deren Auffassung abgeschnitten hat, im Beschwerdeverfahren erfolgen konnte (und erfolgt ist).

2. Der mit Beschwerde weiterverfolgte Hauptantrag (a) sowie die im Beschwerdeverfahren neu gestellten Hilfsanträge (b) der Antragstellerin sind unzulässig.

a) Für den im Beschwerdeverfahren in erster Linie gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2006 in der Fassung des "Nachtragsbescheids" vom 27. November 2006 besteht kein Rechtsschutzinteresse. Die Rechte der Antragstellerin sind dadurch vorläufig geschützt, dass der Beigeladene infolge der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Genehmigungsbescheid vom 18. April 2006 (Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.8.2006) auch von der Baugenehmigung in der Fassung des "Nachtragsbescheids" vorläufig keinen Gebrauch machen durfte. In dem auf Antrag des Beigeladenen eingeleiteten Verfahren gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 VwGO kann die Antragstellerin diese Rechtsposition verteidigen.

Die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Bauherr sein Vorhaben im Hinblick darauf, dass in einem gerichtlichen Eilverfahren ein Nachbarrechtsverstoß vorläufig festgestellt wurde, geändert und für die Änderung eine Genehmigung erhalten hat, wird nicht einheitlich beantwortet. Mit der vorstehenden Beurteilung folgt der Senat - mit einer die Entscheidungsformel betreffenden Einschränkung (hierzu unter 3.) - der in jüngeren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss des 25. Senats vom 14.9.2006 - 25 CS 06.1474 - Juris; Beschluss des 15. Senats vom 21.2.2007 - 15 CS 07.162 - Juris) vertretenen Ansicht, der die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen entspricht, und nicht der gegenteiligen Meinung einer früheren Entscheidung (Beschluss des 26. Senats vom 22.4.1998 - 26 CS 98.338).

Ausschlaggebend für die Beantwortung der Frage ist die Beurteilung des Verhältnisses des "Nachtragsbescheids" zur ursprünglichen Genehmigung. Hierfür ist unerheblich, ob die Bezeichnung des Bescheids vom 27. November 2006 als "Nachtragsbescheid" sachgerecht ist. Für Bescheide, durch die eine Baugenehmigung geändert wird, gibt es keine allgemein anerkannte einheitliche Terminologie. Folgt man der - wohl überwiegenden - Auffassung, dass eine Tekturgenehmigung für eine Änderung erteilt wird, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren durchgeführt wird und die nicht so wesentlich ist, dass ein "aliud" entsteht, während Gegenstand einer Nachtragsgenehmigung die nachträgliche Legalisierung eines ohne oder abweichend von der Baugenehmigung fertig gestellten Vorhabens ist (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 72 RdNr. 105 ff.; zum Teil anders: Kerkemann/ Sattler, BauR 2005, 47), dann handelt es sich bei dem "Nachtragsbescheid" um einen Tekturbescheid.

Die im Beschluss vom 22. April 1998 vertretene Ansicht (im Ergebnis übereinstimmend OVG NW [11. Senat] vom 3.6.1996 NVwZ-RR 1997, 447 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung dieses Senats) sieht in einer Änderung des Vorhabens, durch die eine gerichtlich beanstandete Nachbarrechtsverletzung ausgeräumt werden soll, stets eine wesentliche, die Identität des Vorhabens berührende Änderung. Dementsprechend handelt es sich nach dieser Ansicht bei einem für eine solche Änderung erteilten Genehmigungsbescheid um eine neue vollwertige, wiederum gemäß § 212 a BauGB kraft Gesetzes vollziehbare Baugenehmigung, welche die von der Änderung nicht berührten Regelungen der ursprünglichen Genehmigung (durch Bezugnahme) in sich aufnimmt. Dementsprechend muss der Nachbar nach dieser Ansicht nicht nur in der Hauptsache Widerspruch gegen den neuen Genehmigungsbescheid einlegen (dass er dies muss, ist nicht strittig); der Nachbar ist auch auf der Ebene des vorläufigen Rechtsschutzes am Zug und muss zur vorläufigen Sicherung seiner Rechte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsbescheids beantragen. Der gegen die ursprüngliche Genehmigung gerichtete Eilantrag des Nachbarn erledigt sich; eine hierzu ergangene Entscheidung wird wirkungslos (vgl. BVerwG vom 20.12.1991 - 4 C 25.90 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4). Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Bauherr die Möglichkeit offen hält, sein Vorhaben auch gemäß der ursprünglichen Genehmigung auszuführen, also die neue Genehmigung die ursprüngliche Genehmigung nicht ersetzt, sondern neben sie tritt.

Die in den neueren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Ansicht, die in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte weit überwiegt (Nachweise in den beiden Entscheidungen), grenzt eine Neuerteilung der Genehmigung nicht danach von einer unselbständigen Änderung ab, ob die Änderung möglicherweise geeignet ist, einen gerichtlich festgestellten Rechtsverstoß auszuräumen, sondern nach dem Umfang, in dem das Vorhaben geändert wurde. Sie sieht in der Genehmigung einer Änderung dann keine vollwertige, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Prüfungsmaßstab des Genehmigungsverfahrens in vollem Umfang neu feststellende Baugenehmigung, wenn die "Identität des Vorhabens" trotz der Änderung im Wesentlichen gewahrt bleibt, also kein "aliud" genehmigt wurde. Da eine solche Tekturgenehmigung nicht für sich alleine, sondern nur in Verbindung mit der ursprünglichen Genehmigung "vollzogen" werden kann, von letzterer aber wegen der vorangegangenen Anordnung der aufschiebenden Wirkung kein Gebrauch gemacht werden darf, sind die Rechte des Nachbarn noch vorläufig gewahrt. Wenn der Bauherr von der Genehmigung in der Fassung des Tekturbescheids Gebrauch machen möchte, muss er die Änderung der für ihn negativen Eilentscheidung beantragen. Der Antrag ist statthaft, weil in der Änderung der ursprünglichen Genehmigung durch den Tekturbescheid ein veränderter Umstand im Sinn von § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu sehen ist (BayVGH vom 21.2.2007 - 15 CS 07.162 - Juris).

Für diese Auffassung spricht nach Ansicht des Senats vor allem, dass es für die Beteiligten wohl einleuchtender ist, wenn auf der Ebene des vorläufigen Rechtsschutzes der (zunächst) unterlegene Bauherr die Initiative ergreifen muss, um den Bau wieder vorläufig "frei" zu bekommen. Allerdings hat die Auffassung zur Folge, dass der beigeladene Bauherr mit seinem Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO den Streitgegenstand des Eilverfahrens insofern verändert, als im Abänderungsverfahren die Baugenehmigung in der Fassung des Tekturbescheids zum Gegenstand der Prüfung einer möglichen Rechtsverletzung des Nachbarn wird (vgl. BayVGH vom 21.2.2007 - 15 CS 07.162 - Juris). Diese Einschränkung des Grundsatzes, dass der Streitgegenstand des Verfahrens gemäß § 80 Abs. 7 VwGO mit dem des vorangegangenen Eilverfahrens identisch ist (allgemeine Ansicht; vgl. etwa Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 RdNr. 373), muss - als zwangsläufige Folge dieser Auffassung - hingenommen werden.

Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht über den im Beschwerdeverfahren in erster Linie gestellten Antrag der Antragstellerin richtig entschieden. Deren Rechte waren durch den vorangegangenen Beschluss vom 14. August 2006 vorläufig geschützt. Denn mit dem Bescheid vom 27. November 2006, der nur eine - gemessen an dem gesamten Vorhaben - geringfügige Änderung der Bauausführung im Bereich des Daches bzw. des östlichen Giebels des Stallgebäudes zum Gegenstand hat, wurde nicht eine neue vollwertige Baugenehmigung erteilt, sondern eine für sich alleine nicht "vollzugsfähige" Tekturgenehmigung. Dies wird in der angefochtenen Entscheidung überzeugend dargelegt; hierauf wird Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die hierzu erhobenen Einwände der Antragstellerin (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) sind, soweit sie sich nicht ohnehin nur mit der strittigen Rechtsfrage, wie bei dieser Fallgestaltung vorzugehen ist, befassen, nicht geeignet, die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

b) Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit die Antragstellerin - jeweils erstmals im Beschwerdeverfahren - hilfsweise die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den "Nachtragsbescheid" vom 27. November 2006 und, weiter hilfsweise, sinngemäß die Feststellung begehrt, dass sich die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. August 2006 angeordnete aufschiebende Wirkung auf den Bescheid vom 27. November 2006 erstreckt. Der Senat lässt offen, ob dies schon daraus folgt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Beschwerdeinstanz eine Antragserweiterung, wie sie die Antragstellerin mit ihren Hilfsanträgen vorgenommen hat, im Hinblick auf die von § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO bezweckte Konzentration des Rechtsstreits in der Beschwerdeinstanz auf den Prozessstoff der ersten Instanz generell (OVG NW vom 25.7.2002 NVwZ-RR 2003, 72; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand September 2004, § 146 RdNr. 13 c mit weiteren Nachweisen) oder jedenfalls dann unzulässig ist, wenn die Beschwerde - wie hier - hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht behandelten Begehrens (= Hauptantrag der Antragstellerin) keinen Erfolg hat bzw. nicht zu einer umfassenden eigenen Sachprüfung durch das Beschwerdegericht führt (HambOVG vom 22.08.2003 NVwZ-RR 2004, 621).

An dem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn man eine der raschen Klärung der Sache dienende Änderung eines Antrags gemäß § 80 Abs. 5, § 80 a und § 123 VwGO auch in der Beschwerdeinstanz nicht für ausgeschlossen hält (Eyermann/ Happ, VwGO, 12. Aufl., § 146 RdNr. 25; in dieselbe Richtung gehend: Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 146 RdNr. 92 f.; vgl. auch BayVGH vom 10.7.2006 - 1 CS 06.983 - Juris [zur Anpassung des Antrags an eine während des Beschwerdeverfahrens erfolgte Änderung der angefochtenen Genehmigung]). Denn die Antragserweiterung ist unzulässig. Weder hat ihr der Antragsgegner zugestimmt, noch ist die Antragserweiterung sachdienlich (§ 91 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung). Die Sachdienlichkeit fehlt, weil auch die neu gestellten Anträge mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig sind (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl., § 91 RdNr. 31). Für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den "Nachtragsbescheid" vom 27. November 2006 fehlt das Rechtsschutzinteresse, weil dieser Bescheid, wie dargelegt wurde, für sich gesehen keine vollzugsfähigen Regelungen enthält. Für den Feststellungsantrag besteht kein Rechtsschutzinteresse, weil die Frage, ob die Rechte der Antragstellerin weiterhin vorläufig durch den Beschluss vom 14. August 2006 geschützt sind, in dem Verfahren gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO geklärt wird.

3. Die Beschwerde ist auch unbegründet, soweit sich die Antragstellerin gegen die Änderung des Beschlusses vom 14. August 2006 wendet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Beigeladenen gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 VwGO zu Recht entsprochen.

a) Allerdings wird das Ziel eines Abänderungsantrags des im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zunächst unterlegenen Bauherrn nicht sachgerecht erfasst (§ 86 Abs. 3, § 88 VwGO), wenn man, wie das Verwaltungsgericht (Nr. II Satz 2 der Entscheidungsformel des angefochtenen Beschlusses), annimmt, dass es in dem Verfahren gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 VwGO um eine erneute Entscheidung über den ursprünglich gestellten Eilantrag gehe. Dem Verwaltungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass sich eine einem Abänderungsantrag stattgebende Entscheidung auch bei der hier vorliegenden Fallgestaltung nicht darauf beschränken darf, die vorangegangene Gerichtsentscheidung aufzuheben oder zu ändern (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 80 RdNr. 202 mit weiteren Nachweisen; Eyermann/Jörg Schmidt, VwGO, 12. Aufl., § 80 RdNr. 108). Die Ablehnung des Nachbarantrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die ursprüngliche Fassung der Baugenehmigung als Ziel des Änderungsantrags des zunächst unterlegenen Bauherrn und damit als Gegenstand einer stattgegebenden Entscheidung anzusehen, ist jedoch nicht sachgerecht. Für einen auf dieses Ziel gerichteten Abänderungsantrag des Bauherrn würde schon das Rechtsschutzinteresse fehlen, weil sich der Eilantrag des Nachbarn gegen die ursprüngliche Genehmigung mit Erlass eines Tekturbescheides erledigt hat (vgl. BVerwG vom 11.12.2003 BVerwGE 119, 329 = NVwZ 2004, 610). Eine - den Eintritt der Erledigung ausschließende - Einbeziehung des neuen Bescheids durch eine entsprechende Änderung des Nachbareilantrags kommt nicht in Betracht, wenn die Änderung des ursprünglichen Bescheids - wie hier - erst nach Ergehen der Eilentscheidung erfolgt ist. Ebenso wenig sachgerecht wäre es, anzunehmen, dass der Bauherr bei der hier vorliegenden Fallgestaltung mit seinem Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 VwGO die Ablehnung eines Nachbarantrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Tekturbescheids erreichen will. Diese Auslegung verbietet sich schon deswegen, weil ein solcher Antrag nach der dargestellten herrschenden Meinung bei dieser Konstellation nicht gestellt werden muss. Denn der Nachbar ist nach dieser Auffassung durch die vorangegangene Eilentscheidung ausreichend geschützt; ein gleichwohl gestellter Eilantrag gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Tekturbescheids wäre - mangels Rechtsschutzbedürfnis - unzulässig (siehe oben unter 2. b).

Wenn man annimmt, dass der Bauherr bei der vorliegenden Fallgestaltung auf der Ebene des vorläufigen Rechtsschutzes die Initiative ergreifen muss, dann erscheint es vielmehr sachgerecht, als Ziel des Abänderungsantrags des Bauherrn die gerichtliche Feststellung, dass die Baugenehmigung in der Fassung des Tekturbescheids (wieder) vollziehbar ist, anzusehen. Mit dieser Auslegung wird dem vom Bauherrn verfolgten Ziel entsprochen. Eine solche Feststellung ist dem gerichtlichen Verfahren gemäß § 80 a Abs. 3 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO auch nicht fremd. Es ist anerkannt, dass ein Dritter, der einen an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt mit aufschiebender Wirkung angefochten hat, in entsprechender Anwendung von § 80 a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Feststellung, dass sein Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, beanspruchen kann, wenn dies von den übrigen Beteiligten bestritten wird (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 RdNr. 56 mit weiteren Nachweisen). Bei einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung, bei dem die aufschiebende Wirkung eines Drittwiderspruchs kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, wird ein entsprechendes Feststellungsbegehren - dahingehend, dass der Verwaltungsakt trotz eines eingelegten Widerspruchs vollziehbar ist - zurecht als statthaft angesehen, wenn die Behörde fälschlich annimmt, dass die aufschiebende Wirkung eingetreten sei (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 80 RdNr. 17a).

b) Der Abänderungsantrag, mit dem somit die Feststellung, dass der Baugenehmigungsbescheid vom 18. April 2006 in der Fassung des "Nachtragsbescheids" vom 27. November 2006 vollziehbar ist, erreicht werden soll, ist zulässig.

Veränderte Umstände im Sinne dieser Vorschrift liegen sowohl wegen des "Nachtragsbescheids" als auch im Hinblick auf die im Widerspruchsverfahren abgegebene Stellungnahme der Regierung vom 28. November 2006 vor. Ersteres ergibt sich aus dem unter 2. Ausgeführten. Letzteres ist anzunehmen, weil die Stellungnahme neue, für die Beurteilung der Immissionsbelastung des Anwesens der Antragstellerin erhebliche Erkenntnisse enthält (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 80 RdNr. 197).

c) Der Abänderungsantrag ist auch begründet. Nach summarischer Prüfung verstößt das Vorhaben nicht mehr gegen Vorschriften des Genehmigungsmaßstabs, die Rechte der Antragstellerin schützen (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Verfahren gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 7 VwGO fällt damit die Abwägung zwischen dem Interesse des Beigeladenen, von der trotz der Nachbarwidersprüche vollziehbaren Baugenehmigung (§ 212 a BauGB) sofort Gebrauch machen zu können, und dem Interesse der Antragstellerin, dass vor einer abschließenden Entscheidung über ihren Rechtsbehelf keine zu ihren Lasten gehenden vollendeten Tatsachen geschaffen werden, zugunsten der Beigeladenen zu 2 aus.

aa) Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die im Beschluss vom 14. August 2006 beanstandeten abstandsflächenrechtlichen Mängel durch die Nachtragsgenehmigung ausgeräumt seien, hat die Antragstellerin keine Einwände erhoben. Wie bereits in den beiden Hinweisschreiben des Senats erwähnt wurde, ist die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens damit im Beschwerdeverfahren nicht mehr im Streit (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

bb) Hinsichtlich der Immissionsbelastung führen weder die Beschwerdegründe noch eine diese ergänzende Prüfung vom Amts wegen (vgl. BayVGH vom 14.6.2007 - 1 CS 07.265) zu einer anderen Beurteilung als in der angefochtenen Entscheidung.

Nach Auffassung der Antragstellerin hätte das Verwaltungsgericht dem Abänderungsantrag schon deswegen nicht stattgeben dürfen, weil die Stellungnahme des für Immissionsschutz zuständigen Sachgebiets der Regierung die Beweisaufnahme, die das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 14. August 2006 zur Klärung der Immissionsbelastung für erforderlich gehalten hat, nicht ersetzen könne. Bei diesem Einwand übersieht die Antragstellerin, dass sich die von ihr aufgegriffene Feststellung des Verwaltungsgerichts auf die endgültige Klärung im Hauptsacheverfahren bezieht. Im Verfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO wird hingegen - wie im vorangegangenen Eilverfahren - aufgrund einer summarischen Prüfung entschieden. Im Rahmen dieser Prüfung kann selbstverständlich auch eine neue Stellungnahme einer Fachstelle (Fachbehörde) berücksichtigt werden.

Die Einwände der Antragstellerin gegen die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens greifen nicht durch. Maßstab für die Zulässigkeitsprüfung aus nachbarrechtlicher Sicht dürfte § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 5 und § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sein. Die Umgebung des Baugrundstücks ist mit großer Wahrscheinlichkeit als faktisches Dorfgebiet einzustufen (1). Nach summarischer Prüfung ist nicht anzunehmen, dass das Anwesen der Antragstellerin von Belästigungen oder Störungen betroffen sein wird, die in einem Dorfgebiet unzumutbar sind (2).

(1) Nach Lage der Akten deutet alles darauf hin, dass das Grundstück der Antragstellerin zur Umgebung gehört, weil sich der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen auf dieses Grundstück und die dort vorhandene Wohnbebauung auf das Betriebsgrundstück auswirken (vgl. BVerwG vom 26.5.1978 BVerwGE 55, 369 = DVBl 1978, 815). Naheliegend ist ferner, dass die Eigenart der Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung einem Dorfgebiet entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB, § 5 BauNVO). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO dient ein Dorfgebiet der Unterbringung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen sowie der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben und der Versorgung des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Die landwirtschaftliche Komponente trägt der Betrieb des Beigeladenen bei (vgl. die vom Beklagten genannten Urteile des Senats vom 12.1.2007 - 1 N 06.2319 und 1 N 06.2486, in denen deutlich kleineren [Nebenerwerbs]betrieben eine prägende Wirkung für ein größeres Baugebiet beigemessen wird). Dass Wohngebäude (u. a. das Haus der Antragstellerin) vorhanden sind, ist nicht strittig. Schließlich ist dem Schreiben des Landratsamts vom 8. Mai 2007 (Seite 5 = Blatt 100 der Akten des Verwaltungsgerichtshofs) zu entnehmen, dass sich in dem nach summarischer Prüfung als Umgebung des Baugrundstücks anzusehenden Bereich gewerbliche und handwerkliche Nutzungen befinden und somit auch die gewerbliche Komponente eines Dorfgebiets vertreten ist. Letzteres stellt auch die Antragstellerin nicht in Abrede. Ob es sich bei einem der genannten Betriebe um eine Kfz-Werkstatt (so das Landratsamt) oder früher um eine Schmiede und jetzt um ein Lager (so die Antragstellerin) handelt, ist unerheblich. Das Vorhandensein dieser gewerblichen Nutzungen widerlegt im Übrigen selbst dann den Einwand der Antragstellerin, ihr Grundstück befinde sich in einem (reinen) Wohngebiet, wenn man, was nach Aktenlage auszuschießen ist, annehmen wollte, dass das Grundstück der Antragstellerin nicht zur Umgebung des Baugrundstücks im Sinn von § 34 Abs. 1 und 2 BauGB gehört. Der Einstufung der Umgebung als faktisches Dorfgebiet steht schließlich nicht entgegen, dass sich nördlich des Betriebsgrundstücks offenbar ein durch Bebauungsplan festgesetztes allgemeines Wohngebiet befindet; denn bei der Einstufung ist vom Baugrundstück auszugehen. Durch das Vorhandensein dieses Wohngebiets erhöht sich auch nicht die Schutzwürdigkeit des außerhalb des Geltungsbereichs dieses Bebauungsplans liegenden Anwesens der Antragstellerin.

(2) Handelt es sich aber um ein Dorfgebiet und liegt das Grundstück der Antragstellerin in diesem Gebiet, dann muss die Antragstellerin auch landwirtschaftliche Immissionen in dem in einem solchen Gebiet zumutbaren Umfang hinnehmen. Soweit sich dies derzeit abschätzen lässt, wird diese Grenze nicht überschritten.

Zur (vorläufigen) Beantwortung der Frage, ob von dem Vorhaben Belästigungen oder Störungen ausgehen werden, die nach der Eigenart des Baugebiets dem Anwesen der Antragstellerin nicht zuzumuten sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO), kann die "Abstandsregelung Rinderhaltung" des Arbeitskreises "Immissionsschutz in der Landwirtschaft" (www.bayern.de/lfu/publikationen) herangezogen werden. Diese Beurteilungshilfe baut, wie das Landratsamt in seinem Schreiben vom 8. Mai 2007 noch einmal ausführlich erläutert hat, unter anderem auf den im "Gelben Heft 52" und im "Gelben Heft 63" der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik zusammengefassten, in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als geeignete Beurteilungshilfe angesehenen Untersuchungsergebnissen auf. Schon aus diesem Grund bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Bedenken gegen die Sachgerechtigkeit der Empfehlungen (zu den "Gelben Heften" als Beurteilungshilfe vgl. beispielsweise BayVGH vom 23.11.2004 - 25 B 00.366 - Juris mit weiteren Nachweisen). Die Einwände der Antragstellerin überzeugen nicht.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt darin, dass die "Gelben Hefte" auf den Abstand des Immissionsortes von der nächstgelegenen Stallwand bzw. -ecke abstellen, während dieses Maß nach der "Abstandsregelung Rinderhaltung" nur bei "Außenklimaställen" ("Offenställen"), bei herkömmlichen Ställen ("Warmställen") hingegen der Abstand vom Emissionschwerpunkt maßgebend ist, kein zur Unanwendbarkeit der "Abstandsregelung" führender "Systembruch". Die Kritik der Antragstellerin lässt außer Acht, dass der "Abstandsregelung" insofern insgesamt ein anderes System zugrunde liegt, als sie auch die Größe des Tierbestandes berücksichtigt, die nach den "Gelben Heften" grundsätzlich keine Rolle spielt.

Soweit die Antragstellerin einwendet, dass nach den "Gelben Heften" bei einer Rinderhaltung ab einer Entfernung von weniger als 30 m mit unzumutbaren Geruchsbelästigungen zu rechnen sei, muss sie sich in erster Linie entgegenhalten lassen, dass es nicht sachgerecht wäre, Beurteilungskriterien der "Gelben Hefte" und der Abstandsregelung" miteinander zu vermischen; hierauf weist das Landratsamt zurecht hin. Davon abgesehen gibt die Antragstellerin die Untersuchungsergebnisse der "Gelben Hefte" und die hierzu ergangene, von ihr zitierte Rechtsprechung nicht richtig wieder. Das Maß von 30 m begrenzt nach den "Gelben Heften" nicht den Bereich, innerhalb dessen grundsätzlich mit einer unzumutbaren Belästigung zu rechnen ist, sondern den Bereich, innerhalb dessen Stallgeruch aus konventionellen Rinderställen gerade noch schwach wahrnehmbar ist. Die "Geruchsschwellenentfernung" für deutlich wahrnehmbaren Geruch liegt bei etwa 10 m (vgl. im Einzelnen BayVGH vom 1.4.2004 - 25 B 98.3300 u. a.). Davon abgesehen ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Geruchsimmissionen unter Zugrundelegung der "Gelben Hefte" als unzumutbar zu bewerten wären.

Unter Berücksichtigung der auf der "Abstandsregelung Rinderhaltung" beruhenden Stellungnahme der Regierung von Oberbayern vom 28. November 2006 erscheint die Annahme, dass eine unzumutbare Geruchsbelästigung nicht zu erwarten ist, gerechtfertigt. Die Stellungnahme geht von einem Bestand von 94 Großvieheinheiten aus. Dieses Maß stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Ob die Baumaßnahme zu einer Erhöhung des Viehbestandes führt, ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil die Zumutbarkeit der Immissionen aus Anlass des Vorhabens auch dann neu zu prüfen wäre, wenn der Viehbestand gleich bleibt. Der nach dem Abstandsdiagramm der "Abstandsregelung" bei einem "Warmstall" für 94 Großvieheinheiten erforderliche Mindestabstand von rund 20 m zwischen dem Wohnhaus (Immissionsort) und dem Emissionsschwerpunkt der Anlage ist gewahrt. Die Stellungnahme der Regierung liegt bei dieser Beurteilung in zweifacher Hinsicht auf der "sicheren Seite". Zum einen deswegen, weil sie den Emissionsschwerpunkt nicht in der Mitte der umgebauten Bergehalle annimmt, sondern auf den nächstgelegenen zu öffnenden Teil des "Lichtfirstes" der Halle abstellt. Zum anderen deswegen, weil der Abstand von dieser Stelle aus rund 25 m beträgt (nach dem Diagramm der "Abstandsregelung" reicht dieser Abstand bei einem "Warmstall" für etwa 135 Großvieheinheiten).

Es ist nicht anzunehmen, dass die Regierung das neue Stallgebäude wie einen "Offenstall" hätte beurteilen müssen, für den nach der "Abstandsregelung" die obere Abstandskurve des Diagramms maßgebend wäre und der Abstand bei 94 Großvieheinheiten knapp 40 m betragen würde. Denn durch den Umbau entsteht kein auf einer Seite (zu einem Laufhof hin) offener Stall, sondern ein auf allen Seiten durch Wände abgeschlossenes Stallgebäude. Die Wände weisen zwar Öffnungen auf. Die vorhandenen bzw. geplanten Fenster und Tore - auch die östlichen Fenster des Jungviehstalles - dürfen nach den Nebenbestimmungen zum Bescheid vom 18. April 2006 aber erst in einem Abstand von mehr als 20 m von der östlichen Grundstücksgrenze zum Lüften verwendet werden. Außerdem darf das vom Wohnhaus der Antragstellerin rund 18 m entfernte (und durch Nebengebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin teilweise abgeschirmte) Tor "zu dem an der östlichen Giebelwand entlang führenden Futtertisch" nur für Ein-, Aus- und Durchfahrten geöffnet werden. Jedenfalls im Hinblick auf diese Regelungen trifft die Gesamtbewertung der Regierung, dass der Widerspruch der Antragstellerin aus der Sicht des Immissionsschutzes nicht begründet ist, nach summarischer Prüfung zu. Ist aber die Antragstellerin durch die (auch) zu ihrem Schutz erlassenen Nebenbestimmungen voraussichtlich ausreichend geschützt, dann fällt es nicht ins Gewicht, dass das Verwaltungsgericht die Bedeutung der Nebenstimmung Nr. 6 der Baugenehmigung wohl missverstanden hat. Wie die Antragstellerin zurecht geltend macht, dient der Vorbehalt, dass bei nicht ausreichender Be- und Entlüftung eine mechanische Lüftungsanlage vorzusehen ist, wohl nicht dem Nachbarschutz, sondern dem Tierschutz.

4. Die Antragstellerin trägt die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde (§ 154 Abs. 2 VwGO). Da der Beigeladene auch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und somit das Risiko, Kosten auferlegt zu bekommen, übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), erscheint es billig, dass seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig erklärt werden (§ 162 Abs. 3 Alternative 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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