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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 25.03.2003
Aktenzeichen: 1 N 00.359
Rechtsgebiete: GG, BauGB, PlanzV 90, PostG, Post-Universaldienstleistungsverordnung


Vorschriften:

GG Art. 87 f
BauGB § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 5 Abs. 2 Nr. 2
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 5
PlanzV 90 Anlage Nr. 4.1
PostG § 1
PostG § 2 Abs. 1
PostG § 2 Abs. 2 Nr. 3
PostG § 5 ff.
PostG § 11 ff.
PostG § 51
Post-Universaldienstleistungsverordnung § 1 ff.
1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Postfiliale, in der die zur Grundversorgung erforderlichen Postdienstleistungen (sog. Universaldienst) erbracht werden, kann auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost im Zuge der Postreform II durch Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) mit der Zweckbestimmung "Post" geregelt werden.

2. Auf einer "Gemeinbedarfsfläche Post" ist eine weitere ("postfremde") gewerbliche Nutzung zulässig. Die Postdienstleistungen müssen aber die prägende Nutzung bleiben.


1 N 00.359

Verkündet am 25. März 2003

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

In der Normenkontrollsache

wegen

teilweiser Ungültigkeit des Bebauungsplans "******* *** ********";

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Februar 2003

folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festsetzung "Gemeinbedarf Post" mit dem Zusatz "Postamt" im Bebauungsplan "******* *** ********" der Antragsgegnerin.

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des im Ortszentrum gelegenen Grundstücks Fl.Nr. 603/2 Gemarkung **************. Das auf dem Grundstück stehende Gebäude wird als "Postamt" genutzt. Westlich schließen sich auf dem Grundstück Fl.Nr. 206 das Verkehrsamt und das Rathaus an. Diese Einrichtungen sind von einem öffentlichen Park umgeben, der in südlicher Richtung bis zu dem Kindergarten auf dem Grundstück Fl.Nr. 603/5 reicht.

Am 21. Januar 1998 beschloss die Antragsgegnerin für die Grundstücke Fl.Nrn. 206, 603/2 und 603/5 einen Bebauungsplan aufzustellen, um für diesen Bereich Flächen für Gemeinbedarf festzusetzen. Im Osten, Norden und Westen wird das Plangebiet durch öffentliche Straßen begrenzt (K******* Straße = Bundesstraße **, P*******straße und D*.-Z*****-Straße). Im Süden folgt Wohnbebauung. Nach dem Entwurf für die Begründung des Bebauungsplans sollte Hauptziel der Planung sein, eine "optimale Infrastruktur im Zentrum des Dorfes für die Bürger" zu schaffen und zu erhalten sowie zu verhindern, "dass in diesem zentralen Ortsbereich weitere Wohnbebauung oder störende Gewerbeansiedlungen entstehen."

Im Zuge der ersten Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB äußerte sich die Antragstellerin nicht. Auf Anregung des Landratsamts *** ******************* beschloss die Antragsgegnerin, den mit dem Kindergartengebäude bebauten Teil des Grundstücks Fl.Nr. 603/5 aus dem Geltungsbereich herauszunehmen. Von Ende März bis Ende April 1999 wurde der überarbeitete Entwurf öffentlich ausgelegt (§ 3 Abs. 2 BauGB). Bei der erneuten Anhörung der Träger öffentlicher Belange nahm die Antragstellerin wie folgt Stellung:

"Das frühere Sondervermögen Deutsche Bundespost Postdienst ist aufgrund des Postumwandlungsgesetzes seit dem 1.1.1995 eine Aktiengesellschaft. Somit erfolgt nunmehr die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen durch ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen. Wir halten daher die alte Kennzeichnung mit dem Posthorn (Gemeinbedarfsfläche Post) für nicht mehr zeitgemäß. Bitte ändern Sie die Darstellung im Bebauungsplan in Mischgebiet oder eine andere für unsere Nutzung geeignete Darstellung ab."

In der Sitzung vom 28. April 1999 fasste der Gemeinderat zu dieser Anregung folgenden Beschluss:

"Die von der Deutschen Post AG angeregte Umwandlung der Kennzeichnung des Postgebäudes durch das Planzeichen mit einem Posthorn soll nach Ansicht des Gemeinderates nicht erfolgen. Da dieses Symbol in der Planzeichenverordnung festgelegt ist, muss es auch in diesem Fall verwendet werden."

In derselben Sitzung wurde der Bebauungsplan als Satzung beschlossen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 7. Mai 1999.

2. Zur Begründung des am 7. Februar 2000 eingegangenen Normenkontrollantrags macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend:

Die Festsetzung "Gemeinbedarf Post - Postamt" sei von Anfang an funktionslos und damit unwirksam. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin könne ein Bebauungsplan nicht nur dadurch funktionslos werden, dass er sich aus tatsächlichen Gründen nachträglich als undurchführbar erweise. Funktionslosigkeit könne auch von vornherein und aus Rechtsgründen gegeben sein. Bei der strittigen Festsetzung sei dies der Fall, weil es seit der Umwandlung der Deutschen Bundespost in die Deutsche Post AG einen öffentlichen Zweck, der Voraussetzung der Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche sei, nicht mehr gebe. Eine Stelle, die Postdienstleistungen als Gemeinbedarf im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erbringe und somit Adressat einer solchen Festsetzung sein könnte, existiere nicht mehr.

Nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a. F. habe es sich bei den Postdienstleistungen um staatliche Verwaltungsaufgaben der Deutschen Bundespost gehandelt. Die Aufgabe sei hoheitlich durch Postbeamte in Postämtern erfüllt worden. Durch die Postreform I (Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost vom 8.6.1989, BGBl I S. 1026) sei die Deutsche Bundespost in die Deutsche Bundespost Postdienst umgewandelt worden. Im Zuge der Postreform II sei die Deutsche Post Aktiengesellschaft gegründet worden (Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation - Postneuordnungsgesetz - vom 14.9.1994, BGBl I S. 2325). Neue verfassungsrechtliche Grundlage des Postsektors sei Art. 87 f Abs. 1 GG. Danach gewährleiste der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation nach Maßgabe eines Bundesgesetzes flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen. In Erfüllung dieses verfassungsmäßigen Auftrags sei das Postgesetz (PostG) vom 22. Dezember 1997 (BGBl I S. 3294) erlassen worden. Auf der Ermächtigung des § 11 Abs. 2 PostG beruhe die Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vom 15. Dezember 1999 (BGBl I S. 2418), die rückwirkend zum 1. Januar 1998 in Kraft getreten sei. Nach § 2 Nr. 1 PUDLV sei die Deutsche Post AG zwar verpflichtet, in der Bundesrepublik 12.000 sog. stationäre Einrichtungen zu unterhalten, von denen 5.000 mit eigenem Personal betrieben werden müssen. Diese Einrichtungen müssten aber keine Postfilialen sein; es könne sich auch um sog. Postagenturen handeln, die von Dritten, etwa Supermärkten, Apotheken oder Tankstellen, betrieben werden. Eine Verknüpfung zwischen Postversorgung und Betrieb eines Postamts bestehe nicht mehr. Die Deutsche Post AG handele ausschließlich gewerbsmäßig und gewinnorientiert. Dasselbe gelte für alle anderen Unternehmen, die Postdienstleistungen erbrächten. Damit gebe es für die Festsetzung "Gemeinbedarf Post - Postamt" keinen Adressaten mehr. Denn der Begriff Gemeinbedarf umfasse nur bauliche Anlagen und Einrichtungen, die öffentlichen Zwecken dienten und in denen mit staatlicher Anerkennung eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen werde, hinter der ein etwaiges privatwirtschaftliches Gewinnstreben eindeutig zurücktrete. Der auf eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft abstellende Begriff "Amt" sei zudem mit der privaten Trägerschaft nicht zu vereinbaren.

Das Bestehen einer bestimmten Postinfrastruktur liege zwar im allgemeinen Interesse. Es handle sich aber nicht um Gemeinbedarf im bauplanungsrechtlichen Sinn, weil es nicht um eine öffentliche Aufgabe gehe, deren Erfüllung mit Mitteln der Bauleitplanung sichergestellt werden solle. Die Gewährleistung der Infrastruktur, die durch die Postreform II von der auf private Unternehmen übertragenen Verantwortung für die Erbringung der Dienstleistungen getrennt worden sei, liege vielmehr ausschließlich beim Bund. Dies habe zunächst § 1 des Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens (PTRegG) bestimmt. Zuständig sei damals der Regulierungsrat des Ministeriums für Post- und Telekommunikation gewesen. Inzwischen sei für die Postinfrastrukturgewährleistung ausschließlich die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegPT) zuständig (§ 44 PostG in Verbindung mit §§ 71 ff. des Telekommunikationsgesetzes - TKG - vom 25.Jjuli 1996, BGBl I S. 1120). Eine Einflussnahme auf die Postinfrastruktur im Wege der Bauleitplanung kollidiere ferner mit § 2 Nr. 1 PUDLV. In dieser Vorschrift sei abschließend geregelt, in welcher Zahl und in welcher örtlichen Dichte bundesweit stationäre Einrichtungen zur Versorgung mit Universaldienstleistungen einzurichten seien. Zur Beteiligung der Gemeinden bestimme § 2 Nr. 1 Satz 6 PUDLV abschließend, dass bei Veränderungen der stationären Einrichtungen das Benehmen mit der zuständigen kommunalen Gebietskörperschaft herzustellen sei.

Die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche sei außerdem abwägungsfehlerhaft. Die Belange der Antragstellerin als Grundstückseigentümerin und privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen seien in der Abwägung nicht berücksichtigt worden. Die Behandlung im Gemeinderat zeige, dass sich die Antragsgegnerin aufgrund der Planzeichenverordnung für verpflichtet hielt, die Festsetzung "Postamt" zu treffen. Dass sich die Deutsche Post AG seit der Postreform erwerbswirtschaftlich betätige, sei offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen worden. Jedenfalls aber habe die Abwägung nicht zu einem gerechten Ausgleich der Belange geführt. Auch unter Berücksichtigung sämtlicher konkurrierender Interessen sei es der Antragstellerin nämlich nicht zuzumuten, als privatwirtschaftliches Unternehmen ihr Grundeigentum ausschließlich und allein zur Erbringung von Universaldienstleistungen zu nutzen. Ein städtebaulicher Grund für diese Beschränkung sei nicht ersichtlich. Andere in Betracht kommende Tätigkeiten, wie etwa der Verkauf von Waren, würden die Nachbarschaft etwa in derselben Weise berühren wie Postdienstleistungen. Abwägungsfehlerhaft sei es auch, der Antragstellerin die Gestaltungsfreiheit, die ihr nach dem Postgesetz und der Post-Universaldienstleistungsverordnung zukomme, teilweise wieder zu entziehen, indem ihr ein bestimmtes Gebäude zugewiesen werde.

Die Antragstellerin beantragt

festzustellen, dass der Bebauungsplan "******* *** ********" der Gemeinde ************** hinsichtlich der Festsetzung "Gemeinbedarf Post - Postamt" für das Grundstück Fl.Nr. 603/2 Gemarkung ************** nichtig ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend: Von Funktionslosigkeit werde nur gesprochen, wenn Festsetzungen eines Bebauungsplans aufgrund einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr verwirklicht werden könnten. Danach sei die strittige Festsetzung nicht funktionslos; vielmehr werde die seit langem bestehende Nutzung des Gebäudes festgeschrieben. Auch die Anlagen der privatisierten Post dienten einem Gemeinbedarf, weil bei den Postdienstleistungen der öffentliche Zweck weiterhin im Vordergrund stehe. Gewinnerzielungsabsicht und Gemeinbedarf schlössen sich nicht aus. Bei einer der Allgemeinheit dienenden Nutzung komme es nicht darauf an, ob das Gewinnstreben dominiere oder nicht. Die Verwendung des alt hergebrachten Begriffs "Postamt" habe keine besondere Bedeutung. Die Festsetzung schließe nicht aus, dass in dem "Postamt" neben den Postdienstleistungen auch Waren angeboten werden. Die Abwägung sei nicht fehlerhaft. Für die Festsetzung sprächen gewichtige, in der Begründung erläuterte städtebauliche Belange. Im Bebauungsplanverfahren habe die Antragsgegnerin lediglich die alte Kennzeichnung für nicht mehr zeitgemäß gehalten, aber keine über das Bestehende hinausgehenden Nutzungsabsichten geltend gemacht. Die städtebauliche Rechtfertigung der Festsetzung bestehe darin, dass es sich bei der Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen weiterhin um einen Belang der Allgemeinheit handele, der nach § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 BauGB auch städtebaulich zu berücksichtigen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Festsetzung "Gemeinbedarf Post" mit dem Zusatz "Postamt", die der Bebauungsplan für das Grundstück der Antragstellerin trifft, ist wirksam. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Die postrechtlichen Vorschriften hindern die Gemeinde nicht, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen. Die Festsetzung verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB).

1. Die Festsetzung "Gemeinbedarf Post" mit dem Zusatz "Postamt" ist durch die Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gedeckt.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB können im Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen die "Flächen für den Gemeinbedarf" festgesetzt werden. Der Zweck der Gemeinbedarfsfläche ist im Bebauungsplan näher zu bestimmen (BVerwG vom 20.1.1995 NVwZ 1995, 692).

Der Begriff "bauliche Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs", für die Gemeinbedarfsflächen festgesetzt werden können, wird in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erläutert. Diese Begriffsbestimmung ist auch für § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und die übrigen bauplanungsrechtlichen Vorschriften, in denen der Begriff verwendet wird (§ 32 Satz 1, § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB), maßgeblich (BVerwG vom 18.5.1994 NVwZ 1994, 1004). Kennzeichen von Gemeinbedarfsanlagen ist danach, dass sie "der Allgemeinheit dienen". Als Beispiele werden Schulen und Kirchen sowie sonstige kirchlichen oder sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen genannt. § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ist weiter zu entnehmen, dass die Anlagen des Gemeinbedarfs zu den Infrastruktureinrichtungen gehören, mit denen das Gemeindegebiet zur Versorgung der Bürger mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs ausgestattet sein muss. Eine Anlage dient somit dann im Sinn dieser Begriffsbestimmung der Allgemeinheit, wenn sie als Infrastruktureinrichtung für die Nutzung durch einen nicht genau festgelegten, wechselnden Teil der Bevölkerung bestimmt ist (BVerwG vom 23.12.1997 NVwZ-RR 1998, 538).

Nicht erforderlich ist, dass die Aufgabe von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfüllt wird. Träger kann auch eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts sein (BVerwG vom 6.12.2000 NVwZ-RR 2001, 217). Aus der Bindung an das Allgemeinwohl folgt aber auch bei einer privaten Trägerschaft, dass es sich um eine "dem bloßen privatwirtschaftlichen Gewinnstreben entzogene" Aufgabe zu handeln hat (BVerwG vom 18.5.1994 NVwZ 1994, 1004). Die unternehmerische Freiheit des Trägers ist insoweit eingeschränkt.

Einen diesen Vorgaben entsprechenden "Gemeinbedarf Post" gibt es auch noch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost im Zuge der Postreform II (Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation - Postneuordnungsgesetz - vom 14.9.1994, BGBl I S. 2325). Durch die zur Grundversorgung erforderlichen Postdienstleistungen (sog. Universaldienst) wird noch eine Aufgabe des Gemeinbedarfs erfüllt. Bei einer Postfiliale, in der diese Postdienstleistungen erbracht werden, handelt es sich weiterhin um eine der Allgemeinheit dienende Einrichtung. Ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit kann somit noch durch Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) mit der Zweckbestimmung "Post" geregelt werden. Das hierfür vorgesehene, von der Antragstellerin verwendete Planzeichen (Nr. 4.1 der Anlage zur Planzeichenverordnung 1990 - PlanzV 90) ist nicht "funktionslos" geworden.

Zwar werden die Dienstleistungen im Bereich des Postwesens (und der Telekommunikation) nach dem durch Gesetz vom 30. August 1994 (BGBl I S. 2245) in das Grundgesetz eingefügten Art. 87 f Abs. 2 Satz 1 GG als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Das Postwesen wurde im Zuge dieser Privatisierung aber nicht vollständig dem nur durch die allgemeinen Gesetze geregelten "freien Spiel der Kräfte" überlassen. Vielmehr muss der Staat in diesem Bereich von Verfassungs wegen weiterhin mit hoheitlichen Mitteln für die Sicherung der Infrastruktur sorgen. Nach Art. 87 f Abs. 1 GG gewährleistet der Bund nämlich nach Maßgabe eines Bundesgesetzes im Bereich des Postwesens (und der Telekommunikation) flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.

Hierzu enthalten das Postgesetz (PostG) vom 22. Dezember 1997 und die auf § 11 Abs. 2 PostG beruhende Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vom 15. Dezember 1999 (BGBl I S. 2418) im Wesentlichen folgende Vorschriften: § 1 PostG wiederholt als Zweck der staatlichen Regulierung des Postwesens die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Nach § 2 Abs. 1 PostG ist die Regulierung eine hoheitliche Aufgabe des Bundes, die unter anderem eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen zu erschwinglichen Preisen (Universaldienst) sicherstellen soll (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 PostG). Die §§ 5 ff. PostG normieren für das gewerbsmäßige Befördern von Briefen mit einem Einzelgewicht von nicht mehr als 1000 Gramm eine Lizenzpflicht. Für die in § 1 PUDLV näher bestimmte Grundversorgung gelten die Vorschriften über den Universaldienst (§§ 11 ff. PostG). Die Anforderungen sind durch Qualitätsmerkmale für die einzelnen Leistungen (§§ 2 ff. PUDLV) festgelegt. Für den Vollzug wurde auf der Grundlage der §§ 71 ff. des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 25.Juli 1996 (BGBl I S. 1120) die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegPT) geschaffen. Die §§ 12 ff. PostG bestimmen die Instrumentarien, mit denen die Regulierungsbehörde in den liberalisierten Markt eingreift, wenn eine Universaldienstleistung nicht ausreichend oder nicht angemessen erbracht wird. Wegen dieser Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortung (Gersdorf in von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz III, Art. 87 f, RdNr. 21) des Bundes haben die Belange des Postwesens (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB) im Bereich des Universaldienstes noch einen Allgemeinwohlbezug, der die Darstellung und Festsetzung von Flächen für einen entsprechend konkretisierten Gemeinbedarf rechtfertigt (so auch Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 1 RdNr. 71; Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 9 RdNr. 26 und das Arbeitspapier "Bahn und Post im Städtebaurecht" der "Fachkommission Städtebau" der ARGEBAU vom 25.2.1999, S. 14). Die auf dem Gebiet des Postwesens tätigen Unternehmen handeln zwar privatwirtschaftlich, d.h. gewinnorientiert. Ihre Tätigkeit ist aber insofern dem "bloßen Gewinnstreben entzogen", als sie ihre Dienstleistungen nach Maßgabe der genannten, ihre unternehmerische Freiheit einschränkenden postrechtlichen Vorschriften anbieten müssen. Für die Antragstellerin gilt dies in besonderem Maße, denn ihr steht gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG das ausschließliche Recht zur Beförderung bestimmter Briefsendungen und adressierter Kataloge zu (sog. befristete gesetzliche Exklusivlizenz, die durch Gesetz vom 2.9.2001, BGBl I S. 2271, bis zum 31.12.2007 verlängert wurde).

Auch der auslegungsbedürftige Zusatz "Postamt" in der Planzeichnung ist von § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gedeckt. Auch bei diesem Zusatz handelt es sich um eine Festsetzung und nicht nur um einen Hinweis auf die Funktion des Gebäudes. Der Zusatz schränkt die auf der Gemeinbedarfsfläche zulässigen "Postnutzungen" ein. Andere Posteinrichtungen, etwa ein Verteilungszentrum (Zustellstützpunkt), sollen nicht zulässig sein. In der Verwendung des durch die Privatisierung überholten Begriffs "Amt" sieht der Senat eine unschädliche Falschbezeichnung.

2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin durch die genannten postrechtlichen Vorschriften nicht gehindert, von der Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Gebrauch zu machen. Die postrechtlichen Vorschriften schränken das Recht der Gemeinden, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Einrichtungen der Post, insbesondere deren Standort, zu regeln, nicht ein. Die gemeindliche Mitwirkung bei Veränderungen von stationären Einrichtungen des Postdiensts (§ 2 Nr. 1 Satz 6 PUDLV) berührt das bauplanungsrechtliche Instrumentarium nicht.

3. Die Festsetzung "Gemeinbedarf Post" mit dem Zusatz "Postamt" beruht auch nicht auf einem rechtlich erheblichen Abwägungsfehler (§ 1 Abs. 6, § 214 Abs. 3 BauGB). Das unternehmerische Interesse der Antragsstellerin wurde ausreichend berücksichtigt.

Bei der Überplanung einer bestehenden Postfiliale ist das Interesse der Antragstellerin, als privatwirtschaftlich handelndes Unternehmen ihre Immobilien gewinnbringend zu nutzen, ein wichtiger Belang im Rahmen der Abwägung. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bleibt dieses Interesse aber nicht unberücksichtigt, wenn eine Gemeinbedarfsfläche festgesetzt wird. Die Festsetzung schließt nämlich eine sonstige, über den Gemeinbedarf hinausgehende gewerbliche Nutzung der Einrichtung nicht aus. Beispielsweise dürfen einzelne Räume eines Rathauses für den Einzelhandel genutzt werden, ohne dass das Gebäude seine Eigenschaft als der Allgemeinheit dienende Anlage der öffentlichen Verwaltung verliert (vgl. Grauvogel in Brügelmann, BauGB, § 5 RdNr. 48). Allerdings muss sich eine zusätzliche gewerbliche Nutzung der Gemeinbedarfsnutzung unterordnen. Die Anlage muss von dem Gemeinbedarfszweck, dem sie dient, geprägt bleiben.

Auch auf einer "Gemeinbedarfsfläche Post" ist eine weitere ("postfremde") gewerbliche Nutzung zulässig. In Betracht kommen in erster Linie Nutzungen die, wie etwa der Verkauf von Schreibwaren, als Ergänzung zu den Postdienstleistungen angesehen werden können. Die Postdienstleistungen müssen aber die prägende Nutzung bleiben. Wo die Grenze verläuft, ist im Einzelfall zu entscheiden. Ein Einzelhandelsgeschäft, in dem als Ergänzung zum Warenangebot in einer sog. Postagentur auch Postdienstleistungen angeboten werden, wäre auf einem als Gemeinbedarfsfläche festgesetzten Grundstück nicht zulässig.

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Abwägung nicht zu beanstanden.

Mit der Festsetzung "Gemeinbedarf Post" wurde mit den dargelegten Maßgaben auch eine über den Postdienst hinausgehende gewerbliche Nutzung zugelassen. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass dies auch dem Planungswillen der Antragsgegnerin entspricht.

Eine weiter gehende gewerbliche Nutzung musste die Antragsgegnerin nicht ermöglichen. Die Festsetzung "Gemeinbedarf" wurde getroffen, um eine Wohnnutzung oder eine rein gewerbliche Nutzung auszuschließen. Dadurch möchte die Antragsgegnerin erreichen, dass die Poststelle ihren für die Bürger günstigen Standort im Ortszentrum neben dem Rathaus und dem Verkehrsamt behält. Dieses ortplanerische Ziel hat ausreichend Gewicht, um das Interesse der Antragstellerin, ihre Grundstücke möglichst wirtschaftlich zu nutzen, hintanzustellen. Zu weitergehenden Überlegungen war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, weil die Antragstellerin im Bebauungsplanverfahren andere Nutzungsabsichten nicht konkret geltend gemacht hatte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nach § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO ist die Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, ob für eine Einrichtung, in der die Deutsche Post AG Postdienstleistungen erbringt, auch nach der Privatisierung der Post noch eine Fläche für den Gemeinbedarf festgesetzt werden darf, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.338,76 Euro (= 30.000 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 GKG).



Ende der Entscheidung

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