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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 14.04.2008
Aktenzeichen: 1 N 05.1068
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB 1998


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB 1998 § 1 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 N 05.1068 In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 41 ("************** **");

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Häberlein den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

ohne mündliche Verhandlung am 14. April 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Bebauungsplan Nr. 41 ("************** **") der Gemeinde ***** ** ********* ist im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 130 Gemarkung ******** - mit Ausnahme der Ausweisung eines allgemeinen Wohngebiets (unter B.1 der Festsetzungen) und der Festsetzung der offenen Bauweise (unter B.3) - unwirksam.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 41 ("************** **") der Antragsgegnerin.

1. Der Antragsteller ist Eigentümer des knapp 2.800 m² großen, im Gemeindeteil ******** südlich der ********straße gelegenen Grundstücks Fl.Nr. 130 Gemarkung ********. Das Grundstück liegt in einem sich beidseits der ********straße erstreckenden Wohngebiet; es ist in seinem nordöstlichen Viertel mit einem Wohnhaus bebaut.

Im Juni 2002 beschloss der Ortsplanungsausschuss der Antragsgegnerin für die östlich des Grundstücks des Antragstellers gelegenen, damals noch unbebauten Grundstücke Fl.Nrn. 128, 128/1, 127 und 126 (jeweils alt) einen Bebauungsplan aufzustellen. Im Februar 2003 wurde beschlossen, das Grundstück des Antragstellers sowie die westlich anschließenden Grundstücke Fl.Nrn. 131, 132 (alt) und 95 in den Geltungsbereich einzubeziehen. Im Zuge der Beteiligung der Öffentlichkeit - gemäß § 3 Abs. 1 BauGB von Ende August bis Ende September 2003 und gemäß § 3 Abs. 2 BauGB von Ende November bis Ende Dezember 2003 - sowie der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ergaben sich keine gravierenden Einwände und Bedenken. Der Antragsteller äußerte sich nicht. Am 9. März 2004 beschloss der Ortsplanungsausschuss den Bebauungsplan, der als Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt, als Satzung. Die Ausfertigung erfolgte am 10. März 2004, die Bekanntmachung am 23. April 2004. Auf dem Grundstück des Antragstellers ist im nordöstlichen Bereich - um einige Meter gegenüber dem bestehenden Wohnhaus versetzt - durch Baugrenzen eine überbaubare Fläche festgesetzt; zwei weitere überbaubare Flächen sind in der südlichen Hälfte vorgesehen. Die Zufahrt zu diesen Parzellen soll als "private Anliegerstraße" entlang der Ostgrenze des Grundstücks Fl.Nr. 130 verlaufen. Nach der Planzeichnung soll die Straße eine Breite von 3,50 m haben.

2. Zur Begründung des am 25. April 2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrags macht der Antragsteller geltend: Die Antragsgegnerin habe bei der Abwägung seiner Eigentumsbelange die ohne weiteres zu erkennende, vom Landratsamt ******** bestätigte Tatsache, dass auf dem nordwestlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. 130 ein weiteres Einfamilienhaus oder eine Erweiterung des vorhandenen Gebäudes nach § 34 BauGB zulässig gewesen sei, nicht berücksichtigt. Dementsprechend sei im Rahmen der Abwägung auch nicht bedacht worden, dass der Bebauungsplan nach § 42 Abs. 1, 2 und 3 BauGB einen Entschädigungsanspruch zur Folge habe, weil er ein - seit dem Inkrafttreten der EGW-Satzung der Antragsgegnerin im November 2000 bestehendes - zusätzliches Baurecht entziehe und zudem in die ausgeübte Nutzung eingreife. Weitere wertmindernde Einschränkungen ergäben sich durch eine im November 2004 in Kraft getretene Gestaltungssatzung der Antragsgegnerin. Auch die Festsetzung der Zufahrt zur südlichen Grundstückshälfte beruhe auf einem Abwägungsfehler, weil die Gemeinde außer Acht gelassen habe, dass die tatsächlich vorhandene Zufahrtsfläche nicht, wie festgesetzt, 3,50 m, sondern - wegen des östlichen Dachüberstands der Garage - nur etwa 2,80 m breit sei. Schließlich sei es abwägungsfehlerhaft, dass das Wohnhaus dadurch "auf den Bestandsschutz beschränkt" worden sei, dass der Bauraum im nordöstlichen Grundstücksbereich nicht an der Stelle festgesetzt worden sei, an der das Gebäude stehe. Nach einem Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Grundstückssachverständigen belaufe sich der Planungsschaden auf 460.000 Euro; hiervon entfielen 260.000 Euro auf den Wegfall der baurechtlichen Zulässigkeit des Bestandes und 200.000 Euro auf den Entzug des Baurechts im nordwestlichen Bereich des Grundstücks. Weiterer Schaden in Höhe von rund 560.000 Euro sei dadurch entstanden, dass der Bebauungsplan eine Aufstockung des vorhandenen Gebäudes, die nach § 34 BauGB zulässig gewesen wäre, verhindere und dass die im nordöstlichen Bereich des Grundstücks festgesetzte zulässige Grundfläche um etwa ein Drittel kleiner sei als die Grundfläche des Altbestandes.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 41 ("************** **") der Gemeinde ***** ** ********* unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend: Im Hinblick auf die benachbarte Bebauung, die dadurch geprägt sei, dass auch auf vergleichsweise großen Grundstücken jeweils nur ein Wohngebäude stehe, hätte sich ein weiteres Wohnhaus im nordwestlichen Teil des Grundstücks des Antragstellers nicht im Sinne von § 34 BauGB eingefügt. Entschädigungsfolgen hätten nicht abgewogen werden müssen, weil der Bebauungsplan jedenfalls keine wesentliche Wertminderung des Grundstücks des Antragstellers zur Folge habe. Auch die Festsetzung der Zufahrt zur südlichen Grundstückshälfte und die Anordnung des Bauraums im nordöstlichen Bereich seien nicht zu beanstanden. Die für die Zufahrt festgesetzte Fläche orientiere sich an den festgesetzten Baugrenzen. Im Übrigen habe die Rechtsprechung auch bei längeren Wohnwegen eine nur 2,75 m breite Fläche als ausreichend angesehen. Die Bauraumfestsetzung sei städtebaulich gerechtfertigt; das bestehende Gebäude werde nicht berührt; es habe Bestandsschutz.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses legt eine Stellungnahme des Landratsamts ******** vor, der zufolge sich ein weiterer Baukörper im Nordwesten des Grundstücks des Antragstellers wohl noch im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB eingefügt hätte.

3. Der Senat hat am 4. Mai 2007 mündlich verhandelt. Versuche, unter Vermittlung des Landratsamts eine gütliche Einigung zu erreichen, blieben ohne Erfolg. Auf eine weitere mündliche Verhandlung haben alle Beteiligten verzichtet.

Der Antragsteller hatte bereits im Januar 2000 einen Vorbescheid für die Errichtung von zwei Einfamilienhäusern im rückwärtigen südlichen Teil seines Grundstücks beantragt. Das Vorhaben wurde hinsichtlich des im südöstlichen Bereich geplanten Gebäudes sowohl von der Antragsgegnerin als auch vom Landratsamt negativ beurteilt. Eine förmliche Entscheidung erging nicht. Einem weiteren Vorbescheidsantrag vom November 2000 für ein Doppelhaus im südwestlichen Bereich des Grundstücks entsprach das Landratsamt mit Bescheid vom 28. Mai 2001. Eine Verlängerung des Vorbescheids lehnte die Behörde mit Schreiben vom 14. September 2004 im Hinblick auf entgegenstehende Festsetzungen des inzwischen in Kraft getretenen Bebauungsplans (formlos) ab. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat darf im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

1. Der Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO) ist zulässig und wegen eines Fehlers bei der Abwägung der Eigentumsbelange des Antragstellers weitgehend begründet.

Da das Bebauungsplanverfahren noch vor dem Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl I. S. 1359) abgeschlossen wurde, war für die Abwägung noch § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BauGB 1998) maßgebend. Nach dieser Vorschrift sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass eine Abwägung stattfindet, dass in sie die Belange eingestellt werden, die nach Lage der Dinge eingestellt werden müssen, dass die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange zutreffend eingeschätzt wird und dass der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem objektiven Gewicht steht (BVerwG vom 12.12.1969 BVerwGE 34, 301; vom 14.2.1975 BVerwGE 48, 56). Maßgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB 1998 = § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) Entspricht die Abwägung diesen Anforderungen nicht, so ist ein Fehler, der nach der (auf das Bebauungsplanverfahren noch nicht anzuwendenden) neuen Verfahrensvorschrift des § 2 Abs. 3 BauGB als Mangel bei der Ermittlung und Bewertung der von der Planung berührten Belange einzustufen wäre, nur beachtlich, wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist (§ 233 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Andere Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich sind und Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatten (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB).

Zu den von der Aufstellung eines Bebauungsplans regelmäßig betroffenen, in "hervorgehobener Weise abwägungserheblichen" privaten Belangen gehört das durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Grundeigentum. (BVerwG vom 1.11.1997 BVerwGE 47, 144 = NJW 1975, 841 = BayVBl 1975, 538). Auf den überplanten Grundstücken bestehendes Baurecht muss die Gemeinde im Rahmen der Abwägung berücksichtigen (BVerfG vom 22.2.1999 NVwZ 1999, 979; BVerwG vom 25.8.1997 NVwZ 1998, 953); sie muss das Interesse des Grundstückseigentümers am Erhalt dieses Rechts sowie die weiteren schutzwürdigen Eigentümerinteressen auf der einen und die mit den neuen Festsetzungen verfolgten Belange auf der anderen Seite unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes im Rahmen der Abwägung in ein ausgewogenes Verhältnis bringen (BVerfG vom 19.12.2002 NVwZ 2003, 727). Um dieser Anforderung zu entsprechen, muss sich die Gemeinde in der Regel klar machen, in welchem Umfang bestehendes Baurecht verändert werden soll. Dies wiederum setzt eine zutreffende Beurteilung des planungsrechtlichen Status der überplanten Grundstücke voraus (vgl. BayVGH vom 2.6.2006 - 1 N 03.1546 - Juris).

Diesen Anforderungen entspricht der Bebauungsplan nicht in vollem Umfang. Die Abwägung der Eigentumsbelange des Antragstellers ist zwar nicht deswegen fehlerhaft, weil im nordwestlichen Bereich des Grundstücks kein viertes "Baufenster" festgesetzt wurde (a). Bei der Festsetzung des Nutzungsmaßes im nordöstlichen Grundstücksbereich ist der Antragsgegnerin aber ein rechtlich erheblicher Fehler unterlaufen (b). Dieser Mangel hat die Unwirksamkeit aller das Grundstück Fl.Nr. 130 betreffenden Festsetzungen mit Ausnahme der Festsetzungen zur Nutzungsart und zur Bauweise zur Folge (c) Ob der Antragsgegnerin auch bei der Festsetzung der Zufahrt ein Fehler unterlaufen ist, kann damit offen bleiben (d).

a) Der Senat hält den Einwand, dass der Bebauungsplan das nach § 34 BauGB bestehende Baurecht deswegen wesentlich einschränke, weil sich zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses auf dem Grundstück Fl.Nr. 130 drei weitere Wohngebäude (eines im nordwestlichen Bereich, zwei im südlichen Bereich) nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, sondern auch nach dem Nutzungsmaß, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung eingefügt hätten (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), nicht für zutreffend. Dieser Beurteilung ist hinsichtlich der Gebäude im südlichen Bereich nicht zu folgen. Nach dem Zulässigkeitskriterium der überbaubaren Grundstücksfläche war dort allenfalls ein Gebäude zulässig.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich hinsichtlich aller vier Zulässigkeitskriterien innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Ein den Rahmen wahrendes Vorhaben ist ausnahmsweise unzulässig, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt. Umgekehrt ist ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise zulässig, wenn es trotz der Überschreitung keine "städtebauliche Spannungen" hervorruft (vgl. BVerwG vom 26.5.1978 BVerwGE 55, 369).

Nach diesen rechtlichen Maßstäben fügt sich ein weiteres Gebäude im nordwestlichen Bereich des Grundstücks auch nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Das versteht sich hinsichtlich der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche von selbst, ist aber auch hinsichtlich des Nutzungsmaßes nicht fraglich. Dass das Vorhaben zu einer gewissen Verdichtung der Bebauung entlang der ********straße führen würde, ist im Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kein Ablehnungsgrund. Ist eine solche Veränderung aus städtebaulichen Gründen nicht erwünscht, muss ihr mit den Mitteln der Bauleitplanung begegnet werden. Wie die Einbeziehung der Grundstücke Fl.Nrn. 130, 131, 132 und 95 in das Plangebiet zeigt, hat die Antragsgegnerin dies auch erkannt.

Anders verhält es sich bei den Vorhaben "in zweiter Reihe". Zwar besteht im Hinblick auf die südlich anschließende Bebauung beidseits des ********wegs kein Zweifel, dass auch die südliche Hälfte des Grundstücks Fl.Nr. 130 sowie die entsprechenden Flächen der westlich anschließenden Grundstücke (Fl.Nrn. 131, 132) zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses Teil des Innenbereichs waren. Die den Rahmen für die Zulässigkeitsprüfung bildenden vorhandenen Gebäude standen auf diesen Grundstücken jedoch ausschließlich auf den straßennahen nördlichen Hälften. Eine entsprechende Situation besteht im Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 95 (bebaut) und 95/1 (unbebaut). Nach dem einer Beurteilung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zugrundezulegenden Maßstab der vorhandenen Bebauung bestand somit - auch im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 130 - eine klare Trennung zwischen der nördlichen und der südlichen Hälfte. Erstere war überbaubar; letztere war es nicht. Hieraus folgt, dass eine Bebauung in zweiter Reihe jedenfalls hinsichtlich des Zulässigkeitskriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche den durch die vorhandene Bebauung gezogenen Rahmen überschritt. Die Errichtung von Gebäuden im Bereich der auf den südlichen Grundstücksteilen festgesetzten "Baufenster" war nach dem Maßstab von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB somit nur zulässig, wenn trotz Überschreitung des Rahmens keine städtebaulichen Spannungen hervorgerufen wurden. Letzteres haben die Antragsgegnerin und das Landratsamt in den erwähnten Vorbescheidsverfahren für das südwestliche Gebäude angenommen. Auch auf den Grundstücken Fl.Nrn. 131 und 132 wurden offenbar bei Errichtung je eines Gebäudes "in zweiter Reihe" keine städtebaulichen Spannungen befürchtet. Ein zweites Gebäude im südöstlichen Bereich des Grundstücks des Antragstellers wurde jedoch (ohne förmliche Entscheidung) abgelehnt, weil es die "Gesamtsituation" beeinträchtige (Schreiben des Landratsamts an den Antragsteller vom 5.5.2000). Diese - vom Antragsteller damals anscheinend akzeptierte - negative Beurteilung war jedenfalls im Hinblick darauf, dass die Errichtung von zwei Gebäuden im rückwärtigen Bereich wegen der Frage der straßenmäßigen Erschließung städtebauliche Spannungen im Sinne der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung hervorgerufen hätte, zutreffend. Im Übrigen wäre es wohl zu vertreten gewesen, eine Bebauung "in zweiter Reihe" im diesem Bereich (Grundstücke Fl.Nrn. 130, 131 und 132) wegen der Erschließungsfrage (insbesondere wegen der anzustrebenden und im Bebauungsplan auch vorgesehenen Zusammenfassung der Zufahrten) insgesamt von der Aufstellung eines Bebauungsplans abhängig zu machen. Waren somit aber auf dem Grundstück Fl.Nr. 130 allenfalls drei Wohngebäude zulässig, nämlich zwei in "erster" und eines in "zweiter" Reihe, und nicht, wie der Antragsteller meint, vier, dann beinhalten die Festsetzungen des Bebauungsplans, der ein Gebäude in "erster" und zwei in "zweiter" Reihe zulässt, insoweit keine Einschränkung des nach § 34 BauGB bestehenden Baurechts, sondern dessen andere Verteilung auf dem Grundstück. Diese ist städtebaulich gerechtfertigt. Entlang der Südseite der ********straße soll die das Orts- und Straßenbild bestimmende, durch etwas größere seitliche Gebäudeabstände geprägte Bebauungsstruktur beibehalten werden. Zum Ausgleich hierfür stehen die Gebäude in zweiter Reihe etwas dichter. Diese städtebauliche Ordnung erscheint auch im Hinblick darauf, dass sich südlich - beidseits des ********wegs - eine engere Bebauung anschließt, gerechtfertigt.

b) Fehlerhaft sind jedoch die Festsetzungen für den Bereich des vorhandenen Gebäudes.

(1) Allerdings ist es nicht von vorneherein zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die überbaubare Grundstücksfläche in diesem Bereich so festgesetzt hat, dass das vorhandene Gebäude teilweise außerhalb der Baugrenzen liegt.

Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch bestehende private Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die im Plangebiet vorhandene Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie hinsichtlich ihres Standortes im Fall einer Überplanung zulässig bleiben muss, gibt es nicht. Einschränkungen und Veränderungen der zulässigen baulichen Nutzung müssen aber durch hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche Belange gerechtfertigt sein. Diese Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans in die Privatnützigkeit von Grundstücken eingreifen (vgl. BVerwG vom 31.08.2000 BVerwGE 112, 41 = NVwZ 2001, 560).

Nach diesem Maßstab war der es Antragsgegnerin nicht von vorneherein verwehrt, das im nordöstlichen Grundstücksbereich vorgesehene "Baufenster" so festzusetzen, dass das bestehende Gebäude nicht vollständig erfasst wird. Diese "Verschiebung" erscheint deswegen grundsätzlich gerechtfertigt, weil der Standort des vorhandenen Gebäudes nicht in vollem Umfang der mit dem Bebauungsplan langfristig angestreb-ten städtebaulichen Ordnung für die nördlichen Hälften der Grundstücke südlich der Mühltalstraße entspricht. Die Einschränkungen, die sich hierdurch ergeben, sind bei weitem nicht so gravierend, wie sie vom Antragsteller dargestellt werden. Vor allem kann nicht davon die Rede sein, dass das vorhandene Gebäude infolge der Verschiebung des "Baufensters" seinen Wert verliert. Das, soweit ersichtlich, nicht nur materiell, sondern auch formell legale Gebäude ist in seinem Bestand geschützt und behält somit seinen Wert. Auch die - nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wohl zulässige - Errichtung eines zweiten Vollgeschosses müsste wohl nicht an den Festsetzungen des Bebauungsplans scheitern. Hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) entspräche das Vorhaben dem Bebauungsplan. Ob sich die Zulässigkeitsprüfung einer Aufstockung auf die Kriterien der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) und der Größe der Grundfläche (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 BauNVO) erstrecken müsste, wenn der Standort und die Größe der Grundfläche nicht verändert werden, ist fraglich (vgl. BVerwG vom 4.2.2000 NVwZ 2000, 1047). Jedenfalls wäre nicht von vorneherein auszuschließen, dass insoweit eine Befreiung erteilt werden kann (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Im Übrigen erscheint es widersprüchlich, wenn der Antragsteller das bestehende Gebäude einerseits als "abgerundetes Ensemble" bezeichnet, bei dem schon eine Veränderung an der Garage einen "tiefen Eingriff in die bauliche Substanz" darstellen würde (Seite 3 des Schriftsatzes vom 10.4.2007), andererseits aber geltend macht, dass eine Aufstockung "ohne Probleme möglich" sei (Seite 2 des Schriftsatzes vom 1.10.2007).

(2) Die mit der Standortverschiebung verbundene spürbare Einschränkung des zulässigen Nutzungsmaßes durch die Festsetzung zur zulässigen Größe der Grundfläche ist hingegen nicht durch hinreichend gewichtige städtebauliche Belange gerechtfertigt. Der Senat unterstellt für das Folgende, dass die Festsetzungen zur Größe der Grundfläche so ausgelegt werden können, dass sie den Anforderungen der Baunutzungsverordnung entsprechen (vgl. die Urteile des Senats vom 10.08.2006 NVwZ-RR 2007, 447 und vom 13.4.2006 BayVBl 2007, 627 = NVwZ-RR 2007, 79, denen zufolge die zulässige Grundfläche für alle Anlagen, die bei der Ermittlung der Grundfläche mitzurechnen sind, festgesetzt werden muss. Eine Festsetzung nur für die "Hauptanlagen" - und nicht auch für die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO mitzurechnenden "Nebenanlagen" - ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt). Das vorhandene Hauptgebäude hat nach den von den übrigen Beteiligten nicht in Frage gestellten Angaben des Antragstellers eine Grundfläche von 231 m². Nach den vorliegenden Plänen ist dieses Nutzungsmaß nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zulässig. Da die Grundfläche des Gebäudes auf dem westlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. 131 mindestens genauso groß ist, ist nicht anzunehmen, dass es sich bei dem Gebäude des Antragstellers um einen sogenannten Fremdkörper (vgl. BVerwG vom 26.5.1978 BVerwGE 55, 369) handelt, der bei der Ermittlung des aus der vorhandenen Bebauung abzuleitenden Rahmens für das zulässige Nutzungsmaß außer Betracht zu bleiben hätte. Demgegenüber sieht der Bebauungsplan (für das Hauptgebäude) eine zulässige Grundfläche von 160 m² vor. Zwar ist auch diese Reduzierung nicht schon deswegen zu beanstanden, weil es der Antragsgegnerin generell verwehrt wäre, im Zuge ihres Planungskonzepts auch die Ziele einer Verringerung und Vereinheitlichung der zulässigen Grundfläche der Gebäude auf der Südseite der ********straße zu verfolgen. Da auch eine absolute Obergrenze der zulässigen Grundfläche städtebaulich gerechtfertigt sein kann, muss das neu festgesetzte Nutzungsmaß auch nicht auf allen Grundstücken in derselben Relation zur Grundstücksgröße stehen. Wie bereits erwähnt wurde, muss die Antragsgegnerin jedoch bei einer Umgestaltung vorhandenen Baurechts den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Gleichbehandlungsgebot beachten (BVerfG vom 19.12.2002 a. a. O.). Diese Schranke hat die Antragsgegnerin nicht ausreichend berücksichtigt. Der Bebauungsplan lässt auf der östlich angrenzenden, aus den Grundstücken Fl.Nrn. 128/1, 128/3, 128/4 und 128/5 gebildeten Parzelle ein Hauptgebäude mit einer Grundfläche von 190 m² zu. Ein sachlicher Grund dafür, im Bereich der - größeren - nördlichen Hälfte des Grundstücks des Antragstellers nicht mindestens dasselbe Maß zuzulassen, ist nicht zu ersehen. Insbesondere wird die in der Festsetzung von 160 m² liegende Einschränkung nicht dadurch (zumindest teilweise) ausgeglichen, dass im südlichen Teil des Grundstücks des Antragstellers ein höheres Nutzungsmaß als auf den anderen vergleichbar gelegenen überplanten Grundstücken zugelassen wurde. Dies zeigt die den Beteiligten mit Schreiben des Gerichts vom 2. Mai 2007 mitgeteilte Aufstellung der überschlägig ermittelten Grundflächenzahlen (GRZ). Nach dieser liegt die GRZ auf dem Grundstück des Antragstellers bei 0,15, während sie bei den östlich anschließenden Flächen bzw. Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. 128,128/1 und 127 (jeweils alt), aus denen die Grundstücke Fl.Nrn. 127/1, 127/2, 127/4, 127/7, 128/1, 128/2 sowie das Straßengrundstück Fl.Nr. 127/3 (********** Weg) gebildet wurden, rund 0,16 und bei dem westlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. 131, bei dem die zulässige Grundfläche in nördlichen Bereich gleichfalls auf 160 m² festgesetzt wurde, sogar rund 0,18 beträgt. Die vorläufige Einschätzung im Schreiben vom 2. Mai 2007, dass die Bestandsaufnahme keine aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgebots zu beanstandende Unterschiede ergebe, muss insoweit nach genauerer Prüfung korrigiert werden.

Der in der Festsetzung eines zu niedrigen Nutzungsmaßes liegende Abwägungsfehler ist - unabhängig davon, ob er nach dem jetzt geltenden Recht als Fehler bei der Ermittlung und Bewertung im Sinne von § 2 Abs. 3 BauGB oder als unter § 1 Abs. 7 BauGB fallender Gewichtungsfehler anzusehen wäre - beachtlich, weil er offensichtlich ist und von Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens bzw. der Abwägung war (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB). Offensichtlich ist der Fehler, weil er sich unmittelbar aus den Festsetzungen des Bebauungsplans ergibt. Es besteht auch die "konkrete Möglichkeit" (BVerwG vom 21.8.1981 BVerwGE 64, 33 = NJW 1982, 591 = BayVBl 1982, 118), dass die Planung anders ausgefallen wäre, wenn sich die Antragsgegnerin genauer vor Augen geführt hätte, in welchem Umfang das Baurecht auf dem Grundstück des Antragstellers eingeschränkt wird, und wenn sie diese Einschränkung mit den für die Nachbargrundstücke getroffenen Festsetzungen verglichen hätte.

c) Die Unwirksamkeit der Festsetzung der zulässigen Größe der Grundfläche hat - mit Ausnahme der Ausweisung eines allgemeinen Wohngebiets (B.1 der Festsetzungen) und der Festsetzung der offenen Bauweise (B.3) - die Unwirksamkeit der weiteren für das Grundstück des Antragstellers getroffenen Festsetzungen zur Folge.

Die von dem Abwägungsfehler unmittelbar betroffene Festsetzung ist kraft Gesetzes (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) Voraussetzung für die Wirksamkeit der anderen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung. Mit anderen Festsetzungen steht sie aus sachlichen Gründen in untrennbarem Zusammenhang. Letzteres gilt insbesondere für die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche sowie die Festsetzung der "privaten Anliegerstraße" auf dem Grundstück des Antragstellers. Die weiteren für das Grundstück getroffenen Festsetzungen, gegen die für sich gesehen keine Bedenken bestehen, gehen zum Teil ohne die vorstehend aufgeführten Festsetzungen ins Leere; bei anderen ist anzunehmen, dass sie ohne diese nicht getroffen worden wären. Nur auf die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (allgemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO) und die Festsetzung der Bauweise (offene Bauweise gemäß § 22 Abs. 1 Alternative 1, Abs. 2 BauNVO) wirkt sich die Unwirksamkeit der Festsetzung der zulässigen Größe der Grundfläche zweifelsfrei nicht aus.

In räumlicher Hinsicht kann die Feststellung der Unwirksamkeit auf das Grundstück des Antragstellers beschränkt werden, Ein untrennbarer Zusammenhang mit den übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans besteht nicht. Auch wenn sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im Bereich des Grundstücks des Antragstellers hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche nach § 34 BauGB richtet, kann der Bebauungsplan noch zu einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB) beitragen. Ein "Planungstorso" entsteht nicht. Das gilt nicht nur für den östlichen Teil, auf den sich die Planung ursprünglich beschränken sollte, sondern auch für die nachträglich einbezogenen Flächen, bei denen insbesondere die Festsetzung einer gemeinsamen Zufahrt für die rückwärtige Bebauung der Grundstücke Fl.Nrn. 131 und 132 nicht berührt wird. Aus diesen Gründen ist auch nicht anzunehmen, dass die Antragsgegnerin von der Planung völlig Abstand genommen hätte, wenn sie den Fehler erkannt hätte. d) Damit kann offen bleiben, ob gegen die Wirksamkeit der Festsetzung der privaten Anliegerstaße entlang der Ostgrenze des Grundstücks des Antragstellers für sich gesehen deswegen durchgreifende Bedenken bestehen, weil die vorgesehene Straßenbreite von 3,50 m auf Höhe der vorhandenen Garage nur zu verwirklichen ist, wenn die Garage teilweise beseitigt wird. 4. Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO; dass der Bebauungsplan nicht - wie beantragt - insgesamt für unwirksam zu erklären ist, fällt nicht ins Gewicht, weil die Festsetzungen, durch die sich der Antragsteller vorrangig in seinen Rechten verletzt sieht, von der Feststellung der Unwirksamkeit erfasst werden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 in Verbindung mit Satz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nr. I Satz 1 der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.

Ende der Entscheidung

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