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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.01.2003
Aktenzeichen: 1 ZB 01.891
Rechtsgebiete: BayBO, FeuV, GaV
Vorschriften:
BayBO Art. 7 Abs. 4 | |
BayBO Art. 41 Abs. 1 | |
BayBO Art. 56 | |
BayBO Art. 62 | |
BayBO Art. 63 Abs. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b | |
FeuV § 4 Abs. 1 Nr. 3 | |
GaV § 15 Abs. 1 a.F. |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen
Baugenehmigung für Grundstück Fl.Nr. 35 Gemarkung K********;
hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 6. Dezember 2000,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Waltinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Vonnahme ohne mündliche Verhandlung am 29. Januar 2003
folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 1.022,58 Euro (= 2.000 DM) festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Landwirt. Auf seinem Hofgrundstück (Fl.Nr. 35 Gemarkung K********) steht an der Grenze zum Grundstück Fl.Nr. 35/2 eine Garage. In deren Keller hat der Kläger eine Feuerstätte (Ölheizung mit einer Nennwärmeleistung von 10 kW) installiert. Im Februar 1998 beantragte der Kläger nachträglich die Baugenehmigung für die Errichtung eines Stahlkamins an der nordöstlichen Garagenwand.
Das Landratsamt München lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 7. Oktober 1998 ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 16.11.1999) erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 6. Dezember 2000 ab. Das Gericht bestätigte die Auffassung der Behörden, dass mit der Errichtung des Kamins die abstandsflächenrechtliche Privilegierung der Grenzgarage entfalle. Der Zulassung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften stünden nachbarliche Interessen entgegen. Im Übrigen fehle das Sachbescheidungsinteresse für den Bauantrag, weil die Feuerstätte, für die der Kamin gedacht sei, in einer Garage ohnehin nicht zulässig sei.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil zuzulassen.
Er macht geltend, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung bestünden und dass die Sache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweise sowie grundsätzliche Bedeutung habe.
Der Beklagte beantragt, den Zulassungsantrag abzulehnen.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat schon deswegen keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung des Kamins, weil der zu Grunde liegende Bauantrag den Gegenstand des Vorhabens (Art. 62 BayBO) nicht zutreffend bestimmt und aus diesem Grund unzulässig ist. Der Kläger hätte neben dem Kamin auch die Garage mit der Feuerstätte zum Gegenstand des Bauantrags machen müssen. Die Errichtung eines Kamins (und der Einbau einer Feuerstätte) berühren die abstandsflächenrechtliche Privilegierung der Garage gemäß Art. 7 Abs. 4 BayBO. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Zulässigkeit des Kamins (im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 73 BayBO) muss deshalb auch die Zulässigkeit der Garage geprüft werden. Zwar steht es dem Bauherrn grundsätzlich frei, im Rahmen seiner Verantwortlichkeit (Art. 56 BayBO) zu bestimmen, welche Baumaßnahme Gegenstand der Prüfung in einem Genehmigungsverfahren sein soll. Bei einer genehmigungspflichtigen Änderung einer vorhandenen baulichen Anlage, durch die deren Vereinbarkeit mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Frage gestellt wird, muss jedoch auch die bestehende Anlage Gegenstand des Bauantrags sein.
Wenn in einer Grenzgarage (Art. 7 Abs. 4 BayBO) eine Feuerstätte eingebaut wurde und für diese ein Kamin errichtet werden soll (so dass eine Feuerungsanlage im Sinn von Art. 41 Abs. 1 BayBO entsteht), entfällt die abstandsflächenrechtliche Privilegierung des Gebäudes. Denn die Einschränkung "ohne Feuerstätte", die sich nach dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO nur auf Nebengebäude bezieht, gilt auch für Garagen. Dieser Auslegung (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 7 RdNr. 292) hat sich der Senat angeschlossen (Beschluss vom 5.12.2002 - 1 CS 02.1290). Sie entspricht nicht nur dem Zweck, sondern auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
Die Einschränkung "ohne Feuerstätten" beruht auf § 1 Nr. 7 Buchst. e des vierten Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung vom 21. Juni 1982 (GVBl S. 313). Sie wurde auf Wunsch des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in den Gesetzentwurf aufgenommen (vgl. Bayerischer Landtag Drs. 9/9872 vom 3.11.1981 Nr. 3 Buchst. d). Mit dieser Regelung will Art. 7 Abs. 4 BayBO die Nachbarschaft vor den Immissionen einer Feuerstätte schützen. Die Vorschrift geht davon aus, dass die generelle Befreiung von den Abstandsflächenregeln nur dann gerechtfertigt ist, wenn nicht zu befürchten ist, dass Nachbarn durch Heizabgase belästigt bzw. durch unzulässige Aufenthaltsräume in beheizbaren Grenzgebäuden gestört werden. Dieser Regelungszweck lässt sich ohne weiteres auf Garagen übertragen. Für den Gesetzgeber bestand damals keine Veranlassung, die Einschränkung "ohne Feuerstätten" ausdrücklich auf Garagen zu beziehen, weil Garagen nach der Garagenverordnung vom 12. Oktober 1973 (GVBl S. 585) keine Feuerstätten enthalten durften (§ 15 Abs. 1 GaV a.F.).
Mit der abstandsflächenrechtlichen Privilegierung entfällt auch die Ausnahme von der Genehmigungspflicht gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO, die auf § 1 Nr. 47 des zweiten Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung baurechtlicher Verfahren vom 26. Juli 1997 (BGBl I S. 323) beruht und die gemäß § 8 Abs. 2 dieses Gesetzes am 1. August 1997 in Kraft getreten ist. Wenn die Garage unter Geltung dieser Vorschrift genehmigungsfrei errichtet wurde, muss Gegenstand des Bauantrags des Klägers somit neben der nach Art. 62 BayBO genehmigungspflichtige Errichtung des Kamins auch die - nunmehr genehmigungspflichtige - Errichtung des Garagengebäudes sein. Die Feuerstätte (Ölheizung) muss nicht nur - wie geschehen - gemäß § 9 Abs. 1 BauVorlV in der Baubeschreibung erwähnt werden; sie muss auch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c BauVorlV im Grundriss des Kellergeschosses dargestellt werden. Wenn das Gebäude zu einem Zeitpunkt errichtet wurde, zu dem Grenzgaragen gemäß Art. 7 Abs. 4 BayBO noch nicht von der Genehmigungspflicht ausgenommen waren, und die erforderliche Genehmigung vorliegt, muss Gegenstand des Bauantrags auch die Änderung der Nutzung des Grenzgebäudes durch die Errichtung des Kamins (und das Aufstellen der Feuerstätte) sein. Diese Nutzungsänderung ist gemäß Art. 62 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtig, weil die Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 BayBO) für ein Grenzgebäude mit einer Feuerungsanlage uneingeschränkt anzuwenden sind.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass das Aufstellen einer mit Öl betriebenen Feuerstätte in einer Garage nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Feuerungsverordnung (FeuV) vom 6. März 1998 (GVBl S. 112, BayRS 2122-1-3-I) verboten ist.
2. Die Sache weist weder die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf noch hat sie die behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO). Dass der Bauantrag des Klägers nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, lässt sich ohne Schwierigkeiten feststellen; hierfür bedarf es keines Berufungsverfahrens. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich außerdem, dass die als grundsätzlich bezeichnete Frage, ob die Einschränkung "ohne Feuerstätten" in Art. 7 Abs. 4 BayBO auch für Garagen gilt, geklärt ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil sie sich im Zulassungsverfahren nicht beteiligt hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Ende der Entscheidung
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