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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.10.2007
Aktenzeichen: 1 ZB 06.3059
Rechtsgebiete: BauGB
Vorschriften:
BauGB § 35 Abs. 2 | |
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 | |
BauGB § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau einer Garage zu einem Wohnraum (Fl.Nr. **** Gemarkung *********);
hier: Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2006,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Häberlein
ohne mündliche Verhandlung am 17. Oktober 2007
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau des als Garage genehmigten Teils ihres im Außenbereich auf dem Grundstück Fl.Nr. **** Gemarkung ********* gelegenen (Ferien-)Wohnhauses zu einem "Gästezimmer mit Nasszelle". Die Kläger haben das in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts mit einer Wohnfläche von rund 70 m² errichtete Anwesen Ende des Jahres 2000 mit einer noch dem Rechtsvorgänger erteilten Baugenehmigung vom 25. August 1997 für einen Umbau und eine Erweiterung des Gebäudes auf eine Wohnfläche von rund 130 m² erworben. Nach einer Verlängerung der Baugenehmigung im April 2001 wurde mit Bescheid vom 13. September 2001 eine Tektur genehmigt (Vergrößerung des Treppenhauses mit Wohnnutzung durch Verzicht auf die eine Hälfte der ursprünglich geplanten Doppelgarage). Im Juli 2005 stellte das Landratsamt ********-******** fest, dass die Kläger im Begriff waren, auch die verbliebene Garage zu einem Wohnraum (Schlafzimmer) umzubauen. Mit Bescheid vom 29. September 2005 gab die Behörde den Klägern auf, den mit Bescheid vom 13. September 2001 genehmigten Zustand wiederherzustellen. Die Kläger legten Widerspruch ein und beantragten für ihr inzwischen fertig gestelltes Vorhaben eine Baugenehmigung.
Das Landratsamt lehnte den Bauantrag, zu dem die Beigeladene das Einvernehmen verweigert hatte, mit Bescheid vom 22. Dezember 2005 ab. Der Widerspruch der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung *** ********** vom 8. Februar 2006 zurückgewiesen. Die darauf hin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil des vom 7. September 2006 ab.
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung machen die Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
Der Beklagte beantragt, den Zulassungsantrag abzulehnen.
Die Beigeladene hat sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Aus der den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Begründung des Zulassungsantrags ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Es erscheint nicht fraglich, dass das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Kläger auf Erteilung der Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) zu Recht verneint hat, weil das im Außenbereich geplante, nicht privilegierte ("sonstige") Vorhaben wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange bauplanungsrechtlichen Vorschriften widerspricht (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 BayBO, § 35 Abs. 2, Abs. 3 BauGB).
1. Das Verwaltungsgericht hat das Vorhaben negativ beurteilt, weil es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) und eine Splittersiedlung verfestige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Beruht das angefochtene Urteil auf zwei selbstständig tragenden Gründen (Mehrfachbegründung) darf die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der beiden Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. BVerwG vom 20.2.1998 NVwZ 1998, 850).
Nach diesem Maßstab kann offen bleiben, ob die Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige, fraglich ist. Die vom Verwaltungsgericht hierzu zitierte Entscheidung (VGH BW vom 8.10.1991 UPR 1992, 387) betrifft einen anders gelagerten Fall, nämlich die Neuerrichtung einer Flachdachgarage mit Holzlagerplatz im Außenbereich. Das Vorbringen im Zulassungsantrag ist jedenfalls nicht geeignet, die Richtigkeit der Beurteilung ernstlich in Frage zu stellen, dass durch die Umwandlung eines Nebenraums des Wohngebäudes (Garage) in einen (nach den Angaben der Kläger nur zum gelegentlichen Aufenthalt bestimmten) Wohnraum der Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtigt wird.
Dieser Belang kann von dem Vorhaben berührt sein, obwohl bei einem einzelnen Anwesen nicht von einer Splittersiedlung gesprochen werden kann. Splittersiedlung im Sinne des Gesetzes ist auch ein einzelner "Siedlungssplitter" (vgl. BVerwG vom 25.3.1988 NVwZ 1989, 667 = BayVBl 1989, 218).
Der Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ist beeinträchtigt, weil der von dem Anwesen der Kläger gebildete "Siedlungssplitter" durch eine Ausweitung der nicht privilegierten Wohnnutzung verfestigt wird. Die Kläger weisen zwar zu Recht darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht zum Beleg seiner Auffassung zitierten Urteile andere Vorhaben betreffen. Die Entscheidungen haben jedoch einen - auch für die Beurteilung des Vorhabens der Kläger bedeutsamen - gemeinsamen Nenner, nämlich, dass auch in einer Nutzungsänderung eine im Hinblick auf den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB negativ zu beurteilende, stärkere Inanspruchnahme des Außenbereichs liegen kann. Eine Bestätigung dafür, dass auch eine Ausweitung einer nicht privilegierten Nutzung, die sich innerhalb des vorhandenen Gebäudebestandes hält, eine Splittersiedlung (bzw. einen Siedlungssplitter) verfestigen kann, ist im Übrigen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angemerkt hat, im Vorhandensein der Vorschriften des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 BauGB zu sehen. Denn diese (auch solche Vorhaben erfassenden) Begünstigungstatbestände gingen hinsichtlich der "Ausblendung" des Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ins Leere, wenn dessen Beeinträchtigung bei solchen Vorhaben von vorneherein ausgeschlossen wäre. Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 1988 (a. a. O.) ist darüber hinaus zu entnehmen, dass die negative Beurteilung auch gilt, wenn eine Nutzungsänderung ausnahmsweise nicht "so an § 35 Abs. 2 und 3 BauGB zu messen ist, als würde eine bauliche Anlage mit einer bestimmten beabsichtigten Art von Nutzung erstmals im Außenbereich errichtet" (zu dem Grundsatz, dass eine Nutzungsänderung hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen nicht anders zu beurteilen ist wie die erstmalige Errichtung der Anlage: BVerwG vom 28.10.1983 NVwZ 1984, 510 f.; OVG MV vom 12.12.1996 DÖV 1997, 553 = BRS 59 Nr. 145). Das Vorhaben ist somit auch dann als weitere Verfestigung des "Siedlungssplitters" anzusehen, wenn man es nicht der Errichtung eines Anbaus mit einem weiteren Wohnraum gleichstellt, sondern "nur" als Nutzungsänderung (mit untergeordneten baulichen Änderungen) behandelt.
Der Einwand der Kläger, dass in ihrem Fall kein "selbständiger Wohnraum" (gemeint ist ersichtlich: keine selbständige Wohneinheit) geschaffen werde, ist rechtlich ohne Bedeutung. Eine nach § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB grundsätzlich negativ zu beurteilende Verfestigung einer nicht privilegierten Wohnnutzung liegt auch dann vor, wenn eine vorhandene Wohneinheit durch Ausdehnung der Wohnnutzung auf einen Nebenraum erweitert wird. Auch in diesem Fall werden die Voraussetzungen für eine Intensivierung einer im Außenbereich grundsätzlich unzulässigen Nutzung geschaffen. Erfüllt der Nebenraum, wie hier die Garage, eine der Wohnnutzung dienende notwendige Funktion, kommt hinzu, dass (zumindest durch Errichtung eines Stellplatzes) Ersatz geschaffen werden muss (vgl. Art. 52 Abs. 2 Satz 1, Abs. 9 BayBO); auch hierdurch wird der "Siedlungssplitter" verfestigt. Unerheblich ist schließlich, dass das Gebäude nicht als Dauerwohnsitz genutzt wird, sondern, wie die Kläger im Verwaltungsverfahren selbst angedeutet haben (Schreiben an das Landratsamt vom 28.7.2005 Blatt 59 f. der Bauakten Nr. 11/2001) und was im Zulassungsverfahren nicht in Abrede gestellt wird, als Ferien- bzw. Wochenendhaus. Eine zeitlich begrenzte, nicht privilegierte Wohnnutzung ist im Hinblick auf den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB nicht anders zu beurteilen als eine Dauerwohnnutzung.
2. Nicht ernstlich zweifelhaft ist auch, dass das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Ergebnis zu Recht verneint hat. Auf diese Vorschrift können sich die Kläger schon deswegen nicht berufen, weil sie nur eine Erweiterung eines Dauerwohnhauses, nicht aber die eines als Wochenend- oder Ferienhaus genutzten Gebäudes begünstigt (vgl. BVerwG vom 6.10.1994 NVwZ 1995, 700). Die von den Bevollmächtigten der Kläger zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierte Kommentarstelle, dass das Wohngebäude (bei einem Vorhaben, durch das keine weitere Wohnung geschaffen werden soll), nicht vom Eigentümer selbst genutzt werden muss (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 RdNr. 158), besagt nicht anderes; vielmehr wird in derselben Randnummer an anderer Stelle dargelegt, dass § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht auf Wochenendhäuser angewendet werden kann.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht schon deshalb der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil sie keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrages wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Ende der Entscheidung
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