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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 06.03.2008
Aktenzeichen: 10 B 06.2961
Rechtsgebiete: AufenthG, AsylVfG, EMRK
Vorschriften:
AufenthG § 10 Abs. 3 | |
AufenthG § 25 Abs. 5 | |
AsylVfG § 30 Abs. 3 Nr. 1 | |
EMRK Art. 8 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Aufenthaltserlaubnis;
hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. September 2006,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Simmon, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Häußler
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2008
am 6. März 2008
folgendes Urteil:
Tenor:
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, dessen Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen.
Der 1976 geborene pakistanische Staatsangehörige reiste nach eigenen Angaben im Oktober 2002 zusammen mit seiner weißrussischen Lebensgefährtin in das Bundesgebiet ein. Er habe seit 1996 in Weißrussland studiert. Dort habe er im August 2001 seine Lebensgefährtin, eine weißrussische Staatsangehörige, nach islamischem Ritus geheiratet. Aufgrund von Problemen mit der dortigen Regierung sei er 2001 zusammen mit ihr nach Pakistan zurückgekehrt. Mit Hilfe eines Schleusers, dem sie ihre Pässe ausgehändigt hätten, sei er zusammen mit seiner Lebensgefährtin nach Deutschland gelangt, wo 2003 und 2006 seine beiden Kinder geboren wurden, deren Staatsangehörigkeit ungeklärt ist.
Sein Asylbegehren lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 24. Februar 2003 als offensichtlich unbegründet ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen. Auch das Vorliegen von Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG wurde verneint. Aus der Begründung geht hervor, dass der die Verfolgungsfurcht stützende Sachvortrag des Klägers, ihm drohe als Sympathisant der MQM die politische Verfolgung, in wesentlichen Punkten für unsubstantiiert gehalten wurde. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12.9.2003 M 23 K 03.50492, rechtskräftig seit 5.11.2003). Dabei wurde auch eine asylrelevante Verfolgung im Hinblick auf eine Ehe mit einer christlichen Europäerin verneint. Auch die Asylanträge seiner Lebensgefährtin und der beiden Kinder blieben erfolglos.
Dem Kläger, der ebenso wie seine Lebensgefährtin im Gaststättengewerbe beschäftigt ist und den eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familie sicherstellt, wurden seit dem 23. Dezember 2003 Duldungen erteilt, die jeweils verlängert wurden. Auf seinen Antrag vom 24. Oktober 2005, ihm eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen, teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass der Erteilung der Erlaubnis der fehlende Reisepass entgegenstehe und von der Passpflicht auch nicht abgesehen werden könne.
Zur Begründung der im Januar 2006 erhobenen Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen hat der Kläger vorgetragen, dass er sich 2004 und 2006 bei der pakistanischen Botschaft um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht habe. Die Botschaft habe die Erteilung abgelehnt, weil er einen Asylantrag in Deutschland gestellt habe. Da seine Kinder nicht ehelich geboren seien, könnten sie die pakistanische Staatsangehörigkeit nicht erhalten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. September 2006 abgewiesen. Dem Kläger könne nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Sein Asylantrag sei als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden und die Entscheidung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels stehe im Ermessen der Ausländerbehörde. Ob der Kläger unverschuldet an der Ausreise gehindert sei, sei ebenso wenig entscheidungserheblich wie die Frage, ob die Familiengemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern zur rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise führe.
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung begründet der Kläger im wesentlichen damit, dass ihm ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG zustehe. Bei der Ablehnung seines Asylbegehrens habe das Bundesamt nicht auf § 30 Abs. 3 AsylVfG Bezug genommen, so dass § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG keine Anwendung finde. Im Übrigen entfalte die Ablehnung des Asylantrags nach § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG keine Sperrwirkung, weil ihm wegen einer Ermessensreduzierung ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG zustehe.
Er beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. September 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
§ 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG komme auch dann zur Anwendung, wenn das Asylverfahren bereits vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 abgeschlossen gewesen sei. Auch könne die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nur bei einem gebundenen Rechtsanspruch auf einen Aufenthaltstitel, nicht aber bei einem Regelanspruch ("soll") oder im Fall einer Ermessensentscheidung durchbrochen werden. Das ergebe sich bereits aus der im Richtlinien-Umsetzungsgesetz enthaltenen Ergänzung von § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG, wonach die Sperrwirkung auch in den Fällen des § 25 Abs. 3 AufenthG entfällt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.1 Der Kläger hat wegen der Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG. Während § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG bei unanfechtbar abgelehnten Asylanträgen vor der Ausreise ausschließlich die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen zulässt, verbietet Satz 2 der Vorschrift bei einer Ablehnung des Asylantrags nach § 30 Abs. 3 AsylVfG generell die Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Ausreise. Beide Beschränkungen entfallen jedoch, wenn dem Ausländer ein Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels zusteht oder wenn er die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 AufenthG erfüllt (§ 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG). Mit dieser Regelung knüpft das Aufenthaltsgesetz an die frühere Regelung des § 30 Abs. 5 AuslG an, wonach unanfechtbar abgelehnten Asylbewerbern Aufenthaltsbefugnisse nur in eingeschränktem Umfang erteilt werden durften. Über die bisherige Rechtslage hinaus wurde aber nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG die Erteilung von Aufenthaltstiteln ausgeschlossen, sofern Gründe vorliegen, die - wie im Fall der Täuschung - nach § 30 Abs. 3 AsylVfG zur offensichtlichen Unbegründetheit eines Asylantrags führen (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 73). Mit dieser Verschärfung soll dem Missbrauch des Asylverfahrens entgegengewirkt werden. Denn in § 30 Abs. 3 AsylVfG sind - anders als bei den in Absatz 2 umschriebenen Notlagen - Verhaltensweisen des Asylbewerbers enumerativ aufgezählt, die das Asylverfahrensgesetz besonders missbilligt und bei deren Vorliegen das Gesetz entsprechend der verfassungsrechtlichen Regelung in Art. 16 a Abs. 4 GG davon ausgeht, dass ein nach Sachprüfung des Bundesamts für Flüchtlinge und Migration als nicht begründet angesehener Asylantrag offensichtlich unbegründet ist oder als offensichtlich unbegründet gilt.
Da der Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter unanfechtbar als offensichtlich unbegründet im Sinn von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG abgelehnt und zugleich festgestellt worden ist, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) offensichtlich nicht vorliegen, steht § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen. Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt die Ablehnung darauf gestützt, dass die wesentlichen Umstände, auf die sich die Verfolgungsfurcht des Klägers stützt, unsubstantiiert geschildert worden sind. Nach Auffassung des Bundesamts hat der Kläger nicht plausibel machen können, weshalb er sich als originärer pakistanischer Staatsbürger der MQM angeschlossen hat, einer Partei von Muslimen, die im Zusammenhang mit der Teilung des indischen Subkontinents im Jahr 1947 aus Indien nach Pakistan geflohen oder dorthin eingewandert sind. Auch die behaupteten Verhaftungen und anschließenden Freilassungen hat der Kläger nach Auffassung des Bundesamts unsubstantiiert geschildert. Damit wird aus der Begründung des Ablehnungsbescheids auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG eindeutig erkennbar, dass der Kläger das Asylverfahren in einer vom Gesetzgeber missbilligten Art und Weise in Anspruch genommen hat. (vgl. Discher in GK-AufenthG § 10 RdNr. 155; a.A. OVG MV vom 31.1.2007, 2 O 109/06, juris). Denn es gehört zu den Mitwirkungsobliegenheiten des Asylsuchenden, das eigene Verfolgungsschicksal vollständig und wahrheitsgetreu darzulegen. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet wegen des unsubstantiierten Vorbringens hat zur Folge, dass der Kläger der Sanktionsregelung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG unterworfen ist. Einer ausdrücklichen Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG im Ablehnungsbescheid bedarf es auch nicht deshalb, um den Asylbewerber auf die negativen Folgen des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG hinzuweisen, denen er mit einer gegen die Ablehnung nach § 30 Abs. 3 AsylVfG gerichteten Anfechtungsklage begegnen kann. Denn bei der in § 30 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG erfassten unzureichenden Darstellung des individuellen Verfolgungsschicksals sowie bei den ebenfalls in § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG genannten gefälschten Beweismitteln handelt es sich um typische, ohne weiteres für den betroffenen Asylbewerber erkennbare Fallgruppen der offensichtlichen Unbegründetheit, bei denen sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als unglaubwürdig erweist (vgl. BVerfG vom 12.7.1983 BVerfGE 65, 76).
Der Anwendung von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG steht nicht entgegen, dass das Asylverfahren des Klägers schon abgeschlossen war, bevor das Aufenthaltsgesetz (als Teil des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I S. 1950) am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Der weitergehenden Beschränkung für die Fälle der nach § 30 Abs. 3 AsylVfG offensichtlich unbegründeten Asylanträge ist nicht zu entnehmen, dass diese Regelung für Altfälle keine Geltung beanspruchen soll. Mangels einer besonderen Übergangsregelung im Aufenthaltsgesetz findet entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, dass sich die gesetzlichen Voraussetzungen für Aufenthaltstitel nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatsachengerichts bestimmen (vgl. BVerwG vom 4.9.2007 DVBl 2008, 108), § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auf alle Fälle Anwendung, über die nach dem 1. Januar 2005 zu entscheiden ist. Da die Norm für Sachverhalte, die in der Vergangenheit liegen, nicht rückwirkend andere Rechtsfolgen als zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts festsetzt (sog. echte Rückwirkung), sondern lediglich für die Erteilung eines in die Zukunft wirkenden Aufenthaltstitels im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen an einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt anknüpft (sog. unechte Rückwirkung), bestehen gegen die Einbeziehung von Altfällen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG vom 21.11.2006 BVerwGE 127, 161). Denn ein Vertrauensschutz des Klägers auf den Fortbestand der günstigeren Regelung des § 30 Abs. 5 AuslG scheidet aus, weil eine dem § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entsprechende Regelung bereits im später für nichtig erklärten (vgl. BVerfG vom 18.12.2002 BVerfGE 106, 310) Zuwanderungsgesetz vom 20. Februar 2002 (BGBl I S. 1946) enthalten war. Das mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Interesse, durch die restriktive Gewährung von Aufenthaltstiteln jeden Anreiz für missbräuchliche Asylverfahren zu beseitigen, muss sich daher auch der Kläger entgegenhalten lassen, über dessen im Oktober 2002 gestellten Asylantrag im Februar 2003 entschieden worden ist.
1.2 Die Sperrwirkung des unanfechtbar abgelehnten Asylantrags wird für den Kläger auch nicht durch § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ausgeschlossen. Danach finden die Sätze 1 und 2 im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt es für die Überwindung der Sperrwirkung nach Halbsatz 1 nicht, dass ihm nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG wegen der fortdauernden Duldung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll. Denn diese Regelung begründet keinen gesetzlichen Anspruch auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Die Regelung des Halbsatzes 2 macht deutlich, dass § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 AufenthG die Sperrwirkung nur bei gesetzlich gebundenen Entscheidungen entfallen lässt. Halbsatz 2, der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (vom 19.8.2007, BGBl I S. 1970) eingefügt worden ist, trägt der Anforderung in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG (vom 29.4.2004, ABl L 304/12) Rechnung, wonach Personen mit subsidiärem Schutzstatus so bald wie möglich ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Würde Halbsatz 1 des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG bereits eingreifen, wenn dem Ausländer im Regelfall ein Aufenthaltstitel erteilt werden soll oder wenn sich bei einer im Ermessen der Ausländerbehörde stehenden Entscheidung im Einzelfall das Ermessen auf die Erteilung des Aufenthaltstitels verdichtet, hätte es der nachträglich eingefügten Sonderregelung für § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht bedurft. Denn bei Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG ist regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn kein atypischer Fall vorliegt und nicht einer der Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingreift (vgl. BVerwG vom 22.11.2005 BVerwGE 124, 326). Einer erweiternden Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 AufenthG auf die Fälle des § 25 Abs. 5 AufenthG steht im übrigen der klare Wortlaut des Halbsatzes 2 ("Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, ...") entgegen, der deutlich macht, dass § 25 Abs. 3 AufenthG nicht als lediglich der Klarstellung bedürftiger Beispielsfall des Halbsatzes 1, sondern als über den Halbsatz 1 hinausgreifende Sonderregelung zu verstehen ist.
1.3 Ein Aufenthaltsanspruch lässt sich auch nicht aus dem Schutz des Privat- und Familienlebens des Klägers ableiten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgestellt, dass Art. 8 EMRK kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat garantiert. Allerdings kann die fehlende Erteilung eines Aufenthaltstitels einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die von Art. 8 EMRK geschützten Rechtsbereiche darstellen, wenn die Betroffenen im Aufenthaltsstaat über intensive persönliche und familiäre Bindungen verfügen. In diesen Fällen genügt es nicht, dass der Staat von einer Ausweisung absieht, vielmehr hat er durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die ungehinderte Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben im Aufnahmestaat Sorge zu tragen (vgl. EGMR vom 16.6.2005, Sisojeva 1, InfAuslR 2005, 349; vom 17.1.2006, Mendizabal, InfAuslR 2006, 297). Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem Kläger der Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich zur Prüfung seines Asylgesuchs gestattet war (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Nachdem der Asylantrag des Klägers mangels substantiierten Vorbringens als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war, war der Kläger zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet. Auch die erteilten Duldungen, die auf die fehlenden Ausweispapiere sowie die ungeklärte Staatsangehörigkeit seiner Kinder zurückzuführen sind, ließen nach § 60 a Abs. 3 AufenthG die Ausreisepflicht unberührt Da demnach der weitere Aufenthalt des Klägers und seiner Familie zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig war, er vielmehr durch seine Einreise die deutschen Behörden vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, können weder er noch seine Familie berechtigterweise erwarten, ihr Familienleben im Bundesgebiet fortsetzen zu können (vgl. EGMR vom 5.9.2000 Nr. 44328/98, Solomon, <HUDOC>, und vom 13.5.2003 Nr. 53102/99, Chandra, <HUDOC>). Anders als in dem dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 31. Januar 2006 zugrundeliegenden Fall (Nr. 50435/99, da Silva und Hoogkamer, EuGRZ 2006, 562) hatte der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, in Deutschland einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu erwerben. Da auch Art. 6 Abs. 1 GG keinen über Art. 8 EMRK hinausreichenden Schutz gewährt, steht dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu.
2. Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, 708 ZPO.
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 GKG).
Ende der Entscheidung
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