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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 10 CS 08.2055
Rechtsgebiete: GlüStV, LottStV


Vorschriften:

GlüStV § 9 Abs. 5
GlüStV § 25 Abs. 1
GlüStV § 25 Abs. 2
LottStV § 11 Abs. 1
LottStV § 14
§ 25 Abs. 2 Satz 1 GlüStV sieht eine erlaubnisfreie Vermittlung von Lotterien im Übergangszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008 nur für vor dem 1. Januar 2007 tatsächlich betriebene Vermittlungsstellen vor.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

10 CS 08.2055

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Vermittlung von Glücksspielen (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Juli 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, die Richter am Verwaltungsgerichtshof Eich, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Häußler

ohne mündliche Verhandlung am 25. November 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist eine gewerbliche Spielvermittlerin. Sie vermittelt die von den staatlichen Lottogesellschaften durchgeführten Lotterien "6 aus 49", "Spiel 77" und "Super Sechs" über die Filialen großer Handelsunternehmen und Tankstellen auf terrestrischem Weg. Diese Vermittlungstätigkeit wurde in den Jahren 2005 und 2006 entwickelt und vorbereitet. Bis zum 1. Januar 2007 waren es 44 Geschäftslokale, über die tatsächlich Vermittlungen stattfanden. In den Jahren 2007 und 2008 wurden weitere 1.675 Vertriebsstellen eingerichtet.

Nach Anhörung der Antragstellerin untersagte ihr die Regierung der Oberpfalz mit Bescheid vom 2. Juni 2008 den Vertrieb von Lottoprodukten in terristrischen Vertriebsstellen im Freistaat Bayern ab 9. Juli 2008, außer in 44 im Bescheid aufgeführten Vertriebssstellen. Für den Fall der nicht fristgerechten Einstellung des Vertriebs wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro angedroht.

Zur Begründung führte die Regierung der Oberpfalz aus, die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele bedürfe seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum 1. Januar 2008 der Erlaubnis. Eine solche besitze die Antragstellerin nicht. Zwar sei eine Erlaubnis für das Jahr 2008 entbehrlich, wenn und soweit die Übergangsregelung des § 25 GlüStV zur Anwendung gelange. Dies sei hier aber nur für die 44 vor dem Stichtag 1. Januar 2007 in Betrieb genommenen terrestrischen Vertriebsstellen der Fall. Die nach dem Stichtag errichteten Vertriebsstellen würden der Übergangsregelung nicht unterfallen. Im Übrigen widerspreche die erhebliche Ausweitung des Glücksspielangebots durch die Antragstellerin in den Jahren 2007 und 2008 den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags - GlüStV -, das Glücksspielangebot zu begrenzen. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig und geeignet, den gesetzeswidrigen Zustand der unerlaubten terrestrischen Vermittlung von Lotterieprodukten zu beseitigen. Sie sei erforderlich, da kein milderes und ebenso erfolgversprechendes Mittel ersichtlich sei. Schließlich sei die Untersagung auch angemessen, da das Interesse der Öffentlichkeit an der Herstellung rechtmäßiger Zustände und am Schutz vor unerlaubtem Glücksspiel sowie an der Erfüllung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags die Interessen der Antragstellerin überwiege.

Hiergegen ließ die Antragstellerin Klage erheben und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen. Diesen begründete sie im wesentlichen wie folgt: Die terrestrische Vermittlung von staatlich genehmigten Glücksspielen an die staatlich konzessionierten Mitglieder des deutschen Lotto- und Totoblocks sei bisher gemäß § 14 Lotteriestaatsvertrag - LottStV - ohne Erlaubnis rechtmäßig gewesen. Aus diesem Grund sei die Vermittlung gemäß § 25 GlüStV auch weiterhin erlaubnisfrei zulässig. Zwar sei die Vertriebsstruktur der Antragstellerin im Jahr 2007 erweitert worden, jedoch sei sie bereits im Jahr 2006 mit Vorlaufinvestitionen in Höhe von 6,5 Mio. Euro angelegt worden. Eine Erweiterung der Betriebsstruktur im Jahr 2007 habe sich insbesondere durch die Einbindung einer großen Drogeriemarkt-Kette ergeben. Letztendlich sei die Vertriebsstruktur aber als solche gleich geblieben. Im Rahmen des Rechtsstreits über eine Erlaubnis ab dem 1. Januar 2009 werde zu berücksichtigen sein, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Sportwetten nicht auf den Lotteriebetrieb übertragen werden könne, da eine Suchtgefahr durch Lotto nicht entstehe. Schließlich bestehe auch kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg lehnte den Antrag mit Beschluss vom 21. Juli 2008 ab. Die Übergangsvorschrift in § 25 Abs. 2 GlüStV gewähre nur Bestandsschutz für die am 1. Januar 2007 bestehenden legalen Vertriebstellen und nicht für die zum Stichtag bestehenden Vertriebswege. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Regelungen. Diese stellten auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin dar, da ein solcher Eingriff durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sei. Insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 und die anschließende öffentliche Diskussion über die zukünftige Regelung im Glücksspielrecht und den Entwurf des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen vom 25. Oktober 2006 habe die Antragstellerin bereits damals nicht mehr darauf vertrauen können, dass die erhebliche Ausweitung ihres terrestrischen Vertriebs in den Jahren 2007 und 2008 ohne weiteres Bestand haben werde.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde und beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Juli 2008 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 2. Juni 2008 wieder herzustellen.

Zur Begründung schilderte sie zunächst den zeitlichen und wirtschaftlichen Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit einer großen deutschen Drogeriemarkt-Kette und den Aufbau des gemeinsamen Lottovertriebssystems. Sie ist der Auffassung, § 25 Abs. 2 GlüStV sei hier einschlägig, weil die bisherige gewerbliche Spielvermittlung erlaubnisfrei legal habe betrieben werden können. § 25 Abs. 2 GlüStV sei nicht wie § 25 Abs. 1 GlüStV unter Berücksichtigung von § 11 Abs. 1 LottStV an die Kriterien "Art, Ort, Beginn und Dauer der Veranstaltung" geknüpft. Die Neuregelung zur Erlaubnis für die Vermittlung von Glücksspielen in Art. 2 Abs. 3 Nr. 4 BayAGGlüStV betreffe ausschließlich die Rechtslage ab dem 1. Januar 2009 und könne nicht zur Auslegung von § 25 Abs. 2 GlüStV herangezogen werden, ebenso wenig wie der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf "§ 19 Abs. 5 GlüStV" (gemeint war vom Verwaltungsgericht wohl § 9 Abs. 5 GlüStV). Das Verwaltungsgericht habe zudem die Sportwettenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts falsch verstanden. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Bl. 7 und 8 des Beschlussumdrucks seien korrekturbedürftig. Es gehe nämlich nicht um die Veranstaltung von Lotterien, sondern ausschließlich um die Reichweite der Übergangsregelung der bereits gesetzlich zugelassenen Vermittlungstätigkeit. Der Vertrauensschutz der Antragstellerin sei auch nicht durch den ersten Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags vom 25. Oktober 2006 weggefallen, da die erforderlichen Investitionen und organisatorischen Maßnahmen zur Entwicklung der Zusammenarbeit mit dem betreffenden Drogeriemarkt bereits zuvor geleistet waren. Die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24. März 1994 gehe ebenfalls fehl, weil dort das Veranstaltungsmonopol im Streit stehe, es hier aber um eine Vermittlungstätigkeit gehe. Deshalb könne zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung nicht ernsthaft damit argumentiert werden, dass die terrestrische Vermittlung von Lottospielen in irgendeiner Weise die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten erhöhen könne bzw. dass die Lotterieangebote zu Ausgaben der Spieler mit schädlichen Folgen verleiten könnten. Wäre dies der Fall, so wäre der staatliche Veranstalter gefordert, diese Lotterieangebote einzustellen oder zumindest zu begrenzen.

Mit Schriftsatz vom 8. September 2008 wurde die schriftliche Begründung des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2008 in dem Verfahren KVR 54/07 übersandt und darauf verwiesen, dass der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis gelange, dass die Lottogesellschaften auch während der Übergangszeit des § 25 GlüStV terrestrisch vermittelte Spieleinsätze mit dem Argument, die terrestrische Spielvermittlung verstoße als solche gegen Ordnungsrecht, nicht ablehnen dürften. Damit bestätige der BGH die allgemeine Zulässigkeit der terrestrischen Spielvermittlung und gehe zutreffend davon aus, dass jedenfalls bis zur Entscheidung über die Genehmigungsanträge ab 1. Januar 2009 keine ordnungsrechtliche Beschränkung der terrestrischen Vertriebsstruktur erfolgt sei.

Mit weiterem Schriftsatz vom 22. September 2008 verwies die Antragstellerin zur ergänzenden Begründung ihrer Beschwerde auf ihre Verfassungsbeschwerde vom 16. September 2008 gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV verankerte Internet-Verbot für die Lotterievermittlung. Am 25. September 2008 übersandte sie die Abschrift des Protokolls über eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Berlin am 22. September 2008 sowie ein Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18. September 2008. Auch daraus ergebe sich, dass die Beschränkungen des Glückspielstaatsvertrags auf die bislang seit vielen Jahren rechtmäßig durchgeführte gewerbliche Spielvermittlung keine Anwendung finde.

Schließlich verwies die Antragstellerin nochmals auf ihre Ausführungen im Verfassungsbeschwerdeschriftsatz vom 16. September 2008 und trug vor, dass eine Bezugnahme hierauf zur Vertiefung des Beschwerdevorbringens zulässig sei. Dort habe die Antragstellerin dargelegt, dass die Sportwettenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 gerade nicht auf den Lotteriebereich übertragbar sei und dass eine Lottosuchtgefahr für die hier im Streit stehenden klassischen Lotterieveranstaltungen nicht bestehe. Dabei komme es nicht darauf an, ob es sich um das dort streitbefangene Internet-Verbot oder das hier strittige vermeintliche Verbot der terristrischen Vermittlung gehe.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass sich die Übergangsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht auf den Vertriebsweg, sondern nur auf die jeweilige Betriebsstätte beziehe. Deshalb könne die Antragstellerin lediglich die 44 bereits vor dem 1. Januar 2007 betriebenen terrestrischen Vertriebsstellen bis zum Ende des Jahres 2008 erlaubnisfrei weiterführen. Nur bei einem solchen Verständnis des § 25 GlüStV könne das Ziel des Staatsvertrags, das Glücksspielangebot zu begrenzen, erreicht werden. Die Antragstellerin könne sich insoweit auch nicht auf Bestandsschutz berufen, da bereits kurz nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 ersichtlich war, dass das Glücksspielrecht neu geregelt werde. Die Antragstellerin sei bereits vor Ende des Jahres 2006 zum Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrags angehört worden. Das Ziel dieses Staatsvertrags komme auch in der Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 2 GlüStV deutlich zum Ausdruck, wonach die Einführung neuer oder die erhebliche Erweiterung bestehender Vertriebswege durch Veranstalter oder Vermittler von Glücksspielen die vorherige Einbindung eines Fachbeirats voraussetze. Hiermit lasse sich die von der Antragstellerin beabsichtigte erlaubnisfreie Fortführung ihres erst nach dem 1. Januar 2007 erheblich erweiterten Vertriebswegs nicht vereinbaren. Mit der Entscheidung, die erhebliche Erweiterung des Vertriebswegs für private Vermittler zu begrenzen, verfolge der Gesetzgeber auch legitime Gemeinwohlziele. Das Verfassungsgericht habe die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht als besonders wichtiges Gemeinwohlziel ausdrücklich anerkannt. Eine Begrenzung des Glücksspielangebots der staatlichen Veranstalter lasse sich aber nicht bewirken, ohne die gewerblichen Spielvermittler mit in den Blick zu nehmen. Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2007 die Vereinbarkeit der Regelungen zur gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen in § 14 Abs. 2 LottStV mit der bayerischen Verfassung bestätigt und ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber von einem vorhandenen Gefährdungspotential ausgegangen sei. Es sei daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber sich mit dem Glücksspielstaatsvertrag dafür entschieden habe, das Angebot von Glücksspielen insgesamt durch Schaffung oder Bewahrung eines staatlichen Monopols und durch Einschränkungen des Vertriebs einschließlich des Vertriebswegs für private Vermittler zu begrenzen. Die Übergangsregelung des § 25 GlüStV sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, selbst wenn man dieser Bestimmung eine gewisse Rückwirkung beimessen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstoße die tatbestandliche Rückanknüpfung einer Norm aber nur dann gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, wenn das schutzwürdige Vertrauen des Betroffenen auf den Fortbestand der Rechtslage als Ergebnis der Abwägung höher zu gewichten sei als die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl. Allerdings könne die Antragstellerin ab dem 1. Januar 2007 kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung des § 14 LottStV geltend machen. Etwaige Investitionen der Antragstellerin zur Erweiterung ihres Vertriebsnetzes seien von ihr im Bewusstsein des Risikos einer Neuregelung getätigt worden und stünden der von der Regierung der Oberpfalz ausgesprochenen Untersagung nicht entgegen.

Die von der Antragstellerin am 16. September 2008 beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Verfassungsbeschwerde stehe mit der hier zu entscheidenden Problematik in keinem unmittelbaren Zusammenhang, da sie das Internet-Verbot für die Lotterievermittlung betreffe. Zudem sei eine pauschale Verweisung auf diesen Schriftsatz außerhalb der Beschwerdebegründungsfrist unbeachtlich.

Die Entscheidung des Landgerichts Potsdam vom 19. Juni 2008 habe mit der hier im Raum stehenden Frage ebenfalls nichts zu tun, da es in diesem Verfahren allein um das Bestehen von vertraglichen Verpflichtungen gegangen sei. Hinzuweisen sei allerdings auf eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. September 2008, wonach auch Lotterien ein klares Suchtpotential aufwiesen, weshalb es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, auch die Gefahren von Lotterien durch eine Monopolisierung effektiver beherrschen zu können als im Wege der Kontrolle privater Veranstalter.

Schließlich wies der Antragsgegner auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008 hin, wonach die Verfassungsmäßigkeit des Glückspielstaatsvertrags in allen wesentlichen Punkten bestätigt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die umfangreichen und mit zahlreichen Anlagen versehenen Schriftsätze der Beteiligten, auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Behördenunterlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Juli 2008 ist zulässig, jedoch nicht begründet, da unter Beachtung der Vorgaben des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO Bedenken gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht bestehen. Keiner Vertiefung bedarf hierbei die Frage, ob das gesamte Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen ist oder ob es sich dabei teilweise um Ausführungen handelt, die außerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgebracht wurden und die nicht mehr als Vertiefung des bisherigen Beschwerdevorbringens angesehen werden können. Denn auch unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat die Beschwerde keinen Erfolg.

2. Allein entscheidend für die Beschwerde ist die rechtliche Frage, ob die Antragstellerin in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2008 die Vermittlung von Glücksspielen im bisherigen Umfang, also über sämtliche Betriebsstätten, über die die Vermittlung bis zum 31. Dezember 2007 abgewickelt wurde, erlaubnisfrei fortsetzen darf oder ob sie für die Betriebsstätten, in denen die Vermittlung tatsächlich erst ab dem Jahr 2007 aufgenommen wurde, einer Erlaubnis bedarf. Nicht Streitgegenstand ist die Frage, ob ihr hierfür eine Erlaubnis hätte erteilt werden müssen, denn die Antragstellerin hat, soweit ersichtlich, keine Erlaubnis für den genannten Zeitraum beantragt. Der dem Rechtstreit zugrunde liegende Bescheid der Regierung der Oberpfalz untersagt auch lediglich die erlaubnisfreie Vermittlung im Jahr 2008. Die dortigen Ausführungen zur Erteilung einer Erlaubnis sind lediglich als ergänzende Erwägungen anzusehen, um der Antragstellerin zu signalisieren, dass auch im Falle der ausdrücklichen Beantragung einer Erlaubnis diese nicht erteilt werde.

2.1 Entgegen dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren ist das Verwaltungsgericht Regensburg zutreffend davon ausgegangen, dass § 25 Abs. 2 GlüStV auf die seit 2007 eingerichteten 1.675 Vertriebsstellen der Antragstellerin nicht anzuwenden ist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 GlüStV gelten die bis zum 1. Januar 2007 erteilten Konzessionen, Genehmigungen und Erlaubnisse der Veranstalter von Glücksspielen und die ihnen nach Landesrecht gleichstehenden Befugnisse bis zum 31. Dezember 2008 als Erlaubnis fort. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 GlüStV findet Abs. 1 entsprechende Anwendung auf die Vermittler von erlaubten öffentlichen Glücksspielen. Mit diesen Übergangsvorschriften wollte der Gesetzgeber den bisherigen legalen Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen die Möglichkeit einräumen, ein Jahr lang nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags ihre bisherige Tätigkeit entsprechend der erteilten Erlaubnis bzw. erlaubnisfrei fortzusetzen. Damit sollte dem Bestandsschutz der Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen Rechnung getragen und Härten, die durch eine Beeinträchtigung dieser bisherigen legalen Tätigkeit durch die neue Gesetzeslage entstanden sind, begegnet werden. Geht man demzufolge davon aus, dass der Gesetzgeber übergangsweise die bisherige legale Tätigkeit der Veranstalter und Vermittler bis zum 31. Dezember 2008 im bisherigen Umfang hinnehmen wollte, so kann die Bezugnahme in Absatz 2 auf § 25 Abs. 1 GlüStV nur so verstanden werden, dass sowohl der Stichtag 1. Januar 2007 entsprechend für die Vermittlung von erlaubten öffentlichen Glücksspielen gelten soll als auch zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass nur die Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen in den Genuss der Übergangsregelung kommen, die bis zum 1. Januar 2007 bereits in diesem Sektor tätig waren. Bei den Veranstaltern, die unter die Regelung des § 25 Abs. 1 GlüStV fallen, ist dabei auf die Erteilung der Erlaubnis abzustellen. Damit hat der Gesetzgeber klar geregelt, dass lediglich ihr damaliger "Besitzstand" den für sie günstigen Übergangsregelungen unterfallen sollte. Während aus den vor dem 1. Januar 2007 erteilten Erlaubnissen die Art der Veranstaltung sowie deren räumlicher und zeitlicher Umfang genau bestimmbar ist, da dies gemäß § 11 des bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Lotteriestaatsvertrages zum Inhalt der Erlaubnis gehörte, kann demgegenüber bei der gemäß § 14 LottStV erlaubnisfreien gewerblichen Spielvermittlung auf keine konkret ausgestaltete Erlaubnis zurückgegriffen werden. Die in § 25 Abs. 2 GlüStV normierte entsprechende Anwendung des Abs. 1 kann deshalb nur so verstanden werden, dass auch hinsichtlich der gewerblichen Spielvermittlung nur die bis zum 1. Januar 2007 tatsächlich ausgeführte erlaubte Spielvermittlung unter die Übergangsregelung fällt. Denn auch für diesen Personenkreis sollte nur der zum Stichtag vorhandene "Besitzstand" begünstigt werden (vgl. Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, GlücksspielR, 2008, RdNr. 15 bis 19 zu § 25 GlüStV). Ebenso wie die Veranstaltung von Glücksspielen nicht mehr bis zum 1. Januar 2009 mit einer nach dem 2. Januar 2007 erteilten Erlaubnis weiter durchgeführt werden kann, auch wenn hierfür bereits im Jahr 2006 die Vorbereitungen liefen und Investitionen getätigt worden waren, so unterfallen auch die tatsächlich erst im Jahr 2007 und später in Gang gesetzten Spielvermittlungen nicht der Übergangsregelung.

Der Senat teilt allerdings die Bedenken der Antragstellerin, die Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 2 GlüStV auf die Antragstellerin anzuwenden, denn diese Vorschrift ist erst ab dem 1. Januar 2008 gültig. Eine vergleichbare Regelung sah der Lotteriestaatsvertrag nicht vor, weshalb wohl § 9 Abs. 5 Satz 2 GlüStV nicht auf Vorgänge in den Jahren 2007 und 2008 rückwirkend angewandt werden kann. Dies ist für das vorliegende Verfahren aber ohne Bedeutung, denn es ergibt sich bereits aus dem Zusammenspiel von § 25 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV, dass die Übergangsregelung nicht auf die erst ab dem 1. Januar 2007 in Betrieb genommenen streitgegenständlichen Vermittlungsstellen der Antragstellerin Anwendung findet, ohne dass es darauf ankommt, ob damit eine erhebliche Erweiterung bestehender Vertriebswege erfolgt ist oder nicht.

Zu dem in der Beschwerde gerügten "fehlerhaften Verständnis der Sportwettenentscheidung des BVerfG" durch das Verwaltungsgericht führt die Antragstellerin selbst aus, diese Ausführungen stünden in keinem Zusammenhang mit der hier anstehenden Rechtsfrage. Dem ist beizupflichten, weshalb es insoweit keines Eingehens auf den angefochtenen Beschluss bedarf. Dies trifft auch für die Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit der sog. Schindler-Entscheidung des EuGH vom 24. März 1994 (NJW 1994, 2013) zu.

2.2. Soweit sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung darauf beruft, dass "kein Wegfall des Vertrauensschutzes durch den ersten Entwurf des GlüStV vom 25.10.2006" erfolgt sei, bleibt offen, ob sie damit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 25 Abs. 2 GlüStV erheben will. Dagegen spricht, dass sie sich auf kein ausdrücklich benanntes Grundrecht beruft, das ihrer Ansicht nach verletzt sein soll. Da insofern kein weiterer Vortrag erfolgt ist, braucht auf eine eventuelle Grundrechtsverletzung nicht weiter eingegangen zu werden. Im Übrigen kann sich die Antragstellerin bereits deshalb nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, weil, wenn nicht schon mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 (vgl. Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, GlücksspielR, 2008, RdNr. 10 zu § 25 GlüStV), so doch spätestens im Oktober 2006 ihr Vertrauen auf eine Weitergeltung des früheren Lotteriestaatsvertrages und die damit einhergehende erlaubnisfreie Möglichkeit, Glücksspiele zu vermitteln, entfallen ist. Bereits aus dem damals vorliegenden ersten Entwurf des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen geht hervor, dass die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele in Zukunft der Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes bedarf. Damit ist das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren widerlegt, sie habe im Jahr 2006, aber auch in den ersten Monaten des Jahres 2007, nicht ernsthaft damit rechnen können, "dass die Länder die Sportwetten - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu missbrauchen würden, die gewerbliche Vermittlung von harmlosen Lotterieprodukten der Staatlichen Lotterieanbieter, mit denen sich das Bundesverfassungsgericht nicht im Ansatz befasst hatte, zu beschränken". Auch wenn damals erst eine Entwurfsfassung des Glücksspielstaatsvertrags vorlag und von maßgeblichen Politikern erhebliche Zweifel an einem Zustandekommen dieses Vertrages geäußert wurden, konnte sich die Antragstellerin dennoch nicht sicher sein, dass die bisherige Gesetzeslage weiter bestehen wird. Dass die jetzige Regelung des § 9 Abs. 5 GlüStV in den damaligen Entwurfsfassungen nicht enthalten war, ist unbeachtlich, da es auf diese Vorschrift, wie oben bereits ausgeführt wurde, nicht entscheidungserheblich ankommt.

2.3. Die Bezugnahme der Antragstellerin auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2008 (WM 2008, 1983) im kartellrechtlichen Verfahren KVR 54/07 führt im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 25 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 GlüStV auf die Vermittlung von Glücksspielen durch die Antragstellerin nicht weiter. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung den beteiligten Lottogesellschaften lediglich kartellrechtlich untersagt, Spielumsätze gewerblicher Spielvermittler allein deshalb zurückzuweisen, weil sie auf einer terrestrischen Vermittlung beruhen. Unter RdNr. 58 seiner Entscheidung führt er ausdrücklich an, dass die Verfügung des Beschwerdegerichts die Lottogesellschaften keineswegs zur bedingslosen Zusammenarbeit mit gewerblichen Spielvermittlern verpflichte und es insbesondere zulasse, die Zusammenarbeit mit ihnen aufgrund autonomer Entscheidung der Lottogesellschaften aus sachlichen Gründen abzulehnen (Bl. 143 der VGH-Akte). Der BGH hat lediglich die generelle Verweigerung der Annahme terrestrisch vermittelter Spieleinsätze untersagt (RdNr. 59). Unter RdNr. 66 erwähnt der BGH zwar auch die Übergangsvorschrift des § 25 GlüStV, äußert sich aber nicht zu dessen Auslegung.

2.4. Ebenso wenig vermag der Hinweis der Antragstellerin auf ihre Verfassungsbeschwerde vom 16. September 2008 gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV i.V. mit den Zustimmungs- und Ausführungsgesetzen der Länder statuierte gesetzliche Verbot der Vermittlung von Lotterien im Internet der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 14. Oktober 2008 (1 BvR 928/08) eine gleich gelagerte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Im Übrigen geht es im vorliegenden Fall um die Vermittlung von Lotterien auf terrestrischem Weg, so dass es im vorliegenden Verfahren ausschließlich auf die Übergangsregelung des § 25 GlüStV ankommt. Für dieses Verfahren ist nicht entscheidend, ob Lotterien ein geringeres Gefährdungspotential beinhalten als andere Glücksspielarten und ob die Sportwettenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den Lotteriebereich übertragbar ist. Diese Fragen stellen sich erst im Erlaubnisverfahren. Ein solches ist aber für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008 nach Kenntnis des Senats weder eingeleitet worden geschweige denn Gegenstand dieses Verfahrens. Aus diesem Grund braucht auf die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht weiter eingegangen zu werden.

2.5. Das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18. September 2008, auf welches die Antragstellerin Bezug genommen hat, betrifft eine Streitigkeit über Kündigungen, die eine Lottogesellschaft gegenüber der Antragstellerin ausgesprochen hat. Die dort entschiedenen juristischen Probleme sind ausschließlich zivilrechtlicher Art, die im hier vorliegenden Verwaltungsrechtsstreit keine Rolle spielen. Die Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV hat das Landgericht zwar erwähnt, sich aber nicht damit auseinandergesetzt. Ebenfalls bleibt unklar, inwieweit das von der Antragstellerin vorgelegte Sitzungsprotokoll in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit eine Rolle spielen soll, zumal sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf europarechtliche Bedenken gestützt hat, die gemäß dem Vorbringen der Antragstellerin für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin maßgeblich waren.

3. Aus diesen Gründen war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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