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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 12 B 01.1916
Rechtsgebiete: BSHG F.1994


Vorschriften:

BSHG F.1994 § 93 Abs. 2
BSHG F.1994 § 93 Abs. 3
BSHG F.1999 § 93 b Abs. 2
1. Eine von der Schiedsstelle nach § 93 Abs. 3 BSHG F.1994 festgesetzte Vergütung gilt solange weiter, wie Einrichtungs- und Sozialhilfeträger den Abschluss einer neuen Vereinbarung anstreben.

2. Auch Vereinbarungen über vorläufige Abschlagszahlungen schließen die Anwendung von § 93 Abs. 3 BSHG F.1999 aus.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

12 B 01.1916

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Sozialhilfe;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. Mai 2001,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. März 2005

am 23. März 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der vom Beklagten zu übernehmenden Kosten, die für die Unterbringung der zwischenzeitlich verstorbenen Klägerin angefallen sind.

Die frühere, an Schizophrenie leidende Klägerin, die vom Beklagten seit 1967 Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der Unterbringungskosten in verschiedenen Einrichtungen für psychisch Kranke erhielt, war seit dem 22. Dezember 1986 bis zu ihrem Tod am 4. Dezember 2001 im Pflegeheim (sog. Langzeitbereich) der jetzigen Klägerin untergebracht. Nachdem der Einrichtungsträger dem Beklagten den Pflegesatz bekannt gegeben und mitgeteilt hatte, dass mit Sozialhilfeträgern in und außerhalb Niedersachsens abgerechnet wird, gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 11. August 1987 Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Unterbringungskosten und sandte einen Abdruck des Bescheids als Kostenübernahmeerklärung an den Einrichtungsträger. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1995 wies der Beklagte den Einrichtungsträger darauf hin, dass die mit dem Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben getroffenen Regelungen übernommen werden und weitere Vertragsgrundlagen mit dem Einrichtungsträger nicht bestehen.

Da zwischen dem Träger der Einrichtung und dem Land Niedersachsen als überörtlichem Träger der Sozialhilfe von 1994 an keine endgültigen Pflegesatzvereinbarungen geschlossen wurden, setzte die Schiedsstelle nach § 94 BSHG für das Land Niedersachsen (Schiedsstelle) mit Entscheidung vom 26. Juni 1997 die zu erbringende Leistung sowie den Pflegesatz für 1995 auf 187,56 DM pro Tag und ab April 1996 auf 189,43 DM fest. Am 13. Oktober 1998 wurde der Pflegesatz ab 20. Januar 1997 auf 191,32 DM und ab 28. Januar 1998 auf 193,97 DM festgesetzt. Über die gegen die Entscheidungen der Schiedsstelle erhobenen Klagen ist noch nicht rechtskräftig entschieden. In den Jahren 2000 und 2001 wurden aufgrund von einstweiligen Anordnungen des Verwaltungsgerichts Hannover und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zwischen dem Einrichtungsträger und dem Land Niedersachsen, vertreten durch das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, vorläufige Pflegesätze vereinbart (201,20 DM vom 1. April 2000 bis 18. April 2001 und 203,21 DM ab 19. April 2001). Die Schiedsstelle hatte ab 1999 die Festsetzung von Vergütungen abgelehnt, weil keine Leistungsvereinbarung zustandegekommen war und sie nach dem Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts fehlende Leistungsvereinbarungen nicht mehr ersetzen konnte. Der Beklagte hat die Kosten entsprechend den Entscheidungen der Schiedsstelle bzw. den Vereinbarungen über die vorläufigen Pflegesätze übernommen.

Mit ihrer Klage hat die frühere Klägerin die Übernahme der vom Beklagten nicht gedeckten Unterbringungskosten entsprechend dem zwischen ihrem Betreuer und dem Träger der Einrichtung geschlossenen Heimvertrag vom 16. November 1992 und vom 18. Dezember 1999 geltend gemacht. In den Verträgen hatte sich die frühere Klägerin verpflichtet, entsprechend begründete Erhöhungen der Heimkosten zu bezahlen. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2001 abgewiesen, weil der Beklagte nur die durch die Entscheidungen der Schiedsstelle oder entsprechende Vereinbarungen festgelegten Pflegesätze zu übernehmen habe.

Mit der zugelassenen Berufung begehrt der nach § 28 Abs. 2 BSHG an die Stelle der verstorbenen Klägerin getretene Einrichtungsträger die Übernahme der im Heimvertrag vereinbarten Unterbringungskosten abzüglich der bisher erbrachten Abschlagszahlungen. Die frühere Klägerin habe einen Anspruch auf die Übernahme dieser Kosten, weil zwischen dem Einrichtungsträger und dem Land Niedersachsen seit 1994 keine Leistungs- und Entgeltvereinbarungen zustandegekommen seien. Festsetzungen der Schiedsstelle sowie Vereinbarungen über Abschlagszahlungen würden Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG nicht gleichstehen. Bei einer Unterbringung in einer nicht-vertragsgebundenen Einrichtung müsse der Beklagte die zwischen der früheren Klägerin und dem Einrichtungsträger vereinbarten Entgelte ungeachtet ihrer Angemessenheit jedenfalls dann in voller Höhe übernehmen, wenn der Beklagte, wie im vorliegenden Fall, dem Hilfeempfänger keine kostengünstigere zumutbare Alternative angeboten habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. Mai 2001 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin das volle Heimentgelt abzüglich geleisteter Abschläge zu zahlen, und zwar

für das Jahr 1995 253,64 DM pro Tag,

für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 263,61 DM pro Tag und

für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2001 255,74 DM pro Tag.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er sei lediglich verpflichtet, die festgesetzten oder vereinbarten Vergütungen zu übernehmen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin, die als Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Heimbewohnerin den Prozess nach § 28 Abs. 2 BSHG fortführt mit der Folge, dass ein Parteiwechsel kraft Gesetzes eingetreten ist, hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, im Rahmen der unstreitig erforderlichen Hilfe zur Pflege das Entgelt zu übernehmen, das die frühere Klägerin mit dem Einrichtungsträger im Rahmen des Heimvertrags privatrechtlich vereinbart hatte. Vielmehr sind die Kosten für Unterbringung und Pflege nur in der Höhe zu übernehmen, wie sie zwischen dem Einrichtungsträger und dem Land Niedersachsen, vertreten durch das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, als zuständigem überörtlichem Träger vereinbart bzw. festgesetzt sind. § 93 Abs.2 BSHG verlangt nicht, dass zwischen dem in Anspruch genommenen Sozialhilfeträger und dem Einrichtungsträger eine Pflegesatzvereinbarung abgeschlossen ist. Ausreichend ist vielmehr, dass derartige Vereinbarungen zwischen dem Einrichtungsträger und dem für die Einrichtung örtlich zuständigen Sozialhilfeträger zustandegekommen sind. Weitergehende Ansprüche der Klägerin vermag auch die Kostenübernahmeerklärung des Beklagten nicht zu begründen. Ein Rechtsbindungswille des Sozialhilfeträgers für eine eigenständige Zahlungsverpflichtung gegenüber der Einrichtung kann der Kostenübernahmeerklärung nicht entnommen werden, weil der Beklagte gegenüber der jetzigen Klägerin ausdrücklich klargestellt hat, dass er sich an den Regelungen des Landesamts für Zentrale Soziale Aufgaben orientiert und weitere Vertragsgrundlagen zwischen ihm und der Klägerin nicht bestehen.

1.1 Da die Sozialhilfeträger in der Regel keine eigenen Einrichtungen zur Versorgung der Hilfeempfänger betreiben, gewähren sie die erforderliche stationäre Hilfe dadurch, dass sie die Kosten übernehmen, die durch die Unterbringung der Hilfeempfänger in von gemeinnützigen oder freien Trägern betriebenen Einrichtungen entstehen. Anders als im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen die Sozialhilfeträger keine Sachleistungen, sondern übernehmen die Aufwendungen, die dem Hilfeempfänger durch die Unterbringung und Betreuung entstehen. Um den Kostenanstieg im Bereich der stationären Hilfe zu begrenzen, hat das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S.1532) die bis 1983 geltende Aufforderung, Vereinbarungen über die vom Sozialhilfeträger zu erstattenden Kosten anzustreben, dahingehend verschärft, dass der Sozialhilfeträger zur Kostenübernahme nur verpflichtet ist, wenn mit dem Einrichtungsträger eine Vereinbarung über die Höhe der zu übernehmenden Kosten besteht. Bei nicht-vertragsgebundenen Einrichtungen kam eine Kostenübernahme nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BSHG F.1984 dagegen nur in Betracht, wenn die Unterbringung im Einzelfall geboten war. Mit dieser Regelung wurde der Druck zum Abschluss von Pflegesatzvereinbarungen erhöht, weil nur die genannten Vereinbarungen dem Einrichtungsträger die Sicherheit der Kostenübernahme gewährten und die Sozialhilfeträger über die Vereinbarungen Einfluss auf die zu übernehmenden Kosten erhielten. Nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG F.1984 und dem Zweck der gesetzlichen Regelung beschränkten die Pflegesatzvereinbarungen daher den Hilfeanspruch des Hilfeempfängers ungeachtet der im Heimvertrag zwischen dem Hilfeempfänger und dem Einrichtungsträger vereinbarten Entgelte.

An dieser Beschränkung des Hilfeanspruchs haben die nachfolgenden Änderungen des § 93 BSHG nichts geändert. Vielmehr hat das Zweite Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2374) - abgesehen von der Präzisierung des Inhalts der im voraus abzuschließenden Vereinbarungen, was eine Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip bedeutete - Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger im Fall von Meinungsverschiedenheiten einem Schiedsverfahren unterworfen, um vertragslose Zustände nach Möglichkeit zu vermeiden. § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG F.1994 erlaubte der Schiedsstelle - anders als die danach geltende, durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl I S.1088) geschaffene Regelung, wonach die Schiedsstelle auf Vergütungsregelungen beschränkt ist - sowohl die zu erbringenden Leistungen als auch die dafür geschuldete Vergütung festzusetzen. Dabei handelt es sich um vertragsgestaltende oder vertragsersetzende Verwaltungsakte, die von den Verwaltungsgerichten überprüft werden können, wobei der Schiedsstelle bei ihren Entscheidungen ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (vgl. BVerwGE 108, 47; 116, 78).

1.2 Da zwischen der jetzigen Klägerin und dem Land Niedersachsen als zuständigem überörtlichen Träger der Sozialhilfe in der Zeit zwischen 1995 und 1998 keine Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung sowie die dafür zu entrichteten Entgelte zustande gekommen sind, die Schiedsstelle aber mit ihren Entscheidungen vom 26. Juni 1997 und vom 13. Oktober 1998 die zu erbringenden Leistungen und die dafür zu entrichtenden Entgelte festgesetzt hat, hat die Klägerin lediglich einen Anspruch auf das für den jeweiligen Zeitraum festgesetzte Entgelt. Solange die Entscheidungen der Schiedsstelle nicht rechtskräftig aufgehoben sind, treten sie an die Stelle von Vereinbarungen. Die gegen die Entscheidungen der Schiedsstelle erhobenen Klagen haben nach § 93 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BSHG F.1994 keine aufschiebende Wirkung, so dass kein "anderer Fall" im Sinne von § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BSHG F.1994 vorliegt, bei dem der Beklagte gegebenenfalls das zwischen der früheren Klägerin und dem Einrichtungsträger vereinbarte Entgelt zu übernehmen hätte, soweit die Aufwendungen dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen (vgl. BVerwGE 97, 53).

1.3 Die Klägerin kann auch für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 die Übernahme der im Heimvertrag mit der früheren Klägerin festgelegte Vergütung nicht verlangen. Ihr Anspruch ist vielmehr auf die durch die Schiedsstelle festgesetzte Vergütung bzw. auf die vorläufig vereinbarten Abschlagspflegesätze beschränkt.

Zwar hat es die Schiedsstelle abgelehnt, für 1999 und die Folgejahre eine Vergütung festzusetzen, weil zwischen der Klägerin und dem überörtlichen Sozialhilfeträger keine Leistungsvereinbarung zustande gekommen ist und die Schiedsstelle nach § 93 b Abs. 1 Satz 2 BSHG F.1999 nur noch über Divergenzen in Vergütungsfragen, nicht aber im Bereich der Leistungs- oder Prüfungsvereinbarung entscheiden kann. Ungeachtet der Beschränkung der Entscheidungskompetenz wirkt die von der Schiedsstelle für das Jahr 1998 festgesetzte Vergütung aber auch für die Folgejahre. Nach § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG F.1999, der wortgleich mit der Regelung in § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG F.1994 ist, gelten nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums die vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen weiter. Mit dieser Regelung sollen im Interesse der Vertragspartner Zeiträume ohne Vergütungsvereinbarung überbrückt werden. Zwar lösen Klagen gegen Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG F.1999 - im Gegensatz zur vorhergehenden Rechtslage - aufschiebende Wirkung aus. Denn der Gesetzgeber wollte durch diese Änderung den Sozialhilfeträgern das Risiko der Überzahlung abnehmen, falls die Schiedsstellenentscheidung im Klageverfahren korrigiert werden sollte (vgl. BVerwGE 116, 78). Jedoch erfasst die aufschiebende Wirkung lediglich Entscheidungen der Schiedsstelle, die auf § 93 b Abs. 1 BSHG F.1999 beruhen. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen, die mit der Einführung der aufschiebenden Wirkung für die Vertragspartner verbunden sind, hätte es einer gesonderten gesetzlichen Regelung bedurft, wenn vor 1999 erhobenen Klagen gegen Schiedsstellenentscheidungen nach § 93 Abs.3 BSHG F.1994, die zunächst sofort vollziehbar waren, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts am 1. Januar 1999 aufschiebende Wirkung hätte zukommen sollen. Selbst wenn man - ungeachtet der mit § 80 Abs. 1 VwGO verbundenen Auswirkungen - davon ausgeht, dass geänderte Prozessvorschriften grundsätzlich auch für bereits anhängige Streitsachen Geltung beanspruchen, können vor 1999 getroffene Schiedsstellenentscheidungen frühestens ab dem 1. Januar 1999, nicht aber rückwirkend auf den Zeitpunkt ihres Erlasses von der aufschiebenden Wirkung erfasst werden. Denn das Bundessozialhilfegesetz hat bis Ende 1998 die aufschiebende Wirkung ausdrücklich ausgeschlossen. Da die Schiedsstelle am 13. Oktober 1998 das Entgelt für 1998 wirksam festgesetzt hat, wirkt diese Festsetzung nach § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG F.1999 bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen weiter. Diese Bindungswirkung endet, abgesehen von der Vereinbarung neuer Vergütungen, erst dann, wenn die Klägerin oder der zuständige Sozialhilfeträger endgültig erklären, keinen Vertragsabschluss mehr anzustreben. Sobald dies feststeht, ist der Fortwirkung früher vereinbarter oder festgesetzter Vergütungen die Grundlage entzogen. Da aber die Klägerin die ablehnenden Entscheidungen der Schiedsstelle für 1999 und die Folgejahre bekämpft und weiterhin auf den Abschluss entsprechender Vereinbarungen dringt, ist von der Weitergeltung der für 1998 festgesetzten Vergütung auszugehen mit der Folge, dass die Klägerin vom Beklagten nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F.1999 lediglich die Zahlung der festgesetzten Vergütung verlangen kann.

Im übrigen steht der Klägerin auch dann kein Anspruch auf die mit der früheren Klägerin vereinbarten Entgelte zu, wenn die Festsetzungen der Schiedsstelle für die Jahre 1999 bis 2001 nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin hat mit dem zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträger vom 1. April 2000 an vorläufige Abschlagspflegesätze vereinbart. Dass diese Vereinbarungen nur aufgrund einer gerichtlichen einstweiligen Anordnung geschlossen wurden und eine Einigung über die endgültige Höhe der Vergütung noch aussteht, ändert nichts daran, dass zwischen der Klägerin und dem zuständigen Sozialhilfeträger Vergütungsvereinbarungen bestehen, die die Anwendung von § 93 Abs. 3 BSHG F.1999 ausschließen. § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG F.1999 begrenzt die Übernahme von Vergütungen bei Einrichtungen, mit denen keine Vereinbarung geschlossen ist, auf den Betrag, den der Sozialhilfeträger für vergleichbare Leistungen von vertragsgebundenen Einrichtungsträgern zu erbringen hat. Orientiert sich die zu übernehmende Vergütung aber an vergleichbaren Pflegesätzen mit vertragsgebundenen Einrichtungen, so liegt es nahe, Vereinbarungen zwischen dem Einrichtungsträger und dem Sozialhilfeträger selbst dann den Vorrang einzuräumen, wenn die Vertragsparteien sich zunächst nur auf eine vorläufige Abschlagszahlung geeinigt haben. Diese Auslegung wird bestätigt durch § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG F.1999, der die Fortgeltung vereinbarter Vergütungen unabhängig davon anordnet, ob die Vereinbarungen über die Vergütung endgültigen oder vorläufigen Charakter haben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 ZPO.

3. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache angesichts der abweichenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. Dezember 2004 (Az. 12 S 188/04) grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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