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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 26.10.2005
Aktenzeichen: 12 B 03.1207
Rechtsgebiete: UVG


Vorschriften:

UVG § 3
Zeiträume, in denen Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu Unrecht gewährt worden sind, werden nicht auf die Höchstleistungsdauer nach § 3 UVG angerechnet, wenn die Leistungen zurückgezahlt worden sind.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

12 B 03.1207 12 B 03.1222

Verkündet am 26. Oktober 2005

In den Verwaltungsstreitsachen

wegen Unterhaltsvorschussrecht;

hier: Berufungen der Kläger gegen die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. Oktoberr 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Urteile des Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2002, die Bescheide des Beklagen vom 7. November 2001 sowie der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 7. Februar 2002 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, über den 7. Dezember 2001 hinaus dem Kläger bis zum 17. August 2002 und der Klägerin für maximal weitere 9 Monate Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

II. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Beklagte. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob auf die Höchstleistungsdauer für die Gewährung von Leistungen nach § 3 des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) auch die Zeiträume angerechnet werden, für die zu Unrecht Leistungen erbracht worden sind, die nachträglich nach § 5 UVG zurückgefordert werden.

Der am 18.August 1990 geborene Kläger und die am 20. September 1992 geborene Klägerin erhielten vom 9. Mai 1995 bis zum 31. Januar 1996 sowie vom 1. September 1996 bis zum 7. Dezember 2001 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Mit Bescheiden vom 7. November 2001 stellte der Beklagte die Leistungen zum 7. Dezember 2001 ein, weil nach 72 Monaten die Höchstleistungsdauer nach § 3 UVG ausgeschöpft sei; nach Nr. 3.2 der Verwaltungsvorschriften zum UVG seien auch die Zeiten anzurechnen, für die Leistungen zu Unrecht bezogen worden wären. Ihren Widerspruch begründeten die Kläger damit, dass der Beklagte durch Bescheide vom 1. Dezember 1999 für den Zeitraum vom 12. Dezember 1997 bis zum 12. September 1998, in dem ihre Mutter nach ihrer erneuten Heirat mit ihrem Ehemann zusammengelebt hatte, die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X eingestellt und von ihrer Mutter die Leistungen zurückgefordert hatte.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen, weil die Kläger die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten hätten, woran auch die Rückzahlungsverpflichtung ihrer Mutter nichts ändern würde.

Mit den zugelassenen Berufungen verfolgen die Kläger weiterhin ihr Ziel, Unterhaltsvorschussleistungen über den 7. Dezember 2001 hinaus zu erhalten. Zur Begründung verweisen sie darauf, dass nach der Rückzahlung der Beträge in den fraglichen Zeiträumen überhaupt keine Leistungen erbracht worden seien. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Beklagte auch gegenüber den Klägern die Leistungsgewährung nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben habe, so dass dieser Zeitraum auf die Höchstleistungsdauer nicht angerechnet werden könne.

Sie beantragen,

die Urteile des Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2002, die Bescheide des Beklagten vom 7. November 2001 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 7. Februar 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den 7. Dezember 2001 hinaus dem Kläger bis zum 17. August 2002 und der Klägerin für maximal weitere 9 Monate Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte tritt den Berufungen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässigen Berufungen haben Erfolg, weil den Klägern für die geltend gemachten Zeiträume weiterhin Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zustehen.

Die Unterhaltsleistungen, die die Kläger in der Zeit vom 12. Dezember 1997 bis zum 12. September 1998 erhalten haben, werden nicht auf die nach § 3 UVG begrenzte Leistungsdauer angerechnet. Allerdings scheidet eine Anrechnung nicht bereits deshalb aus, weil den Klägern in dieser Zeit, in der ihre Mutter nicht dauernd von ihrem Ehemann getrennt lebte, nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG keine Leistungen zustanden. Denn dem Beklagten standen keine Rückforderungsansprüche gegen die Kläger zu, mit denen er gegen nach dem 12. September 1998 neu entstehende Ansprüche der Kläger, als sich die Mutter erneut von ihrem Ehemann getrennt hatte, hätte aufrechnen können. Vielmehr konnte er lediglich die Mutter der Kläger nach § 5 Abs. 1 UVG in Anspruch nehmen. Nachdem aber die Mutter der Kläger den Ersatzanspruch des Beklagten im Juni 2001 erfüllt hatte und damit die zu Unrecht gewährten Leistungen zurückgezahlt waren, ist die Anrechnung dieser Zeiträume auf die Höchstleistungsdauer nicht mehr zu rechtfertigen. Denn § 3 UVG, der den Leistungszeitraum im Interesse der Finanzierbarkeit der staatlichen Sozialleistung begrenzt, kann keine leistungsfreien Zeiträume erfassen. Die anderslautende Regelung der Verwaltungsvorschriften zum Unterhaltsvorschussgesetz, die lediglich auf den tatsächlichen Zufluss der Leistungen und die dadurch bewirkte Verbesserung der finanziellen Situation der Kinder abstellt, übersieht, dass durch die Rückzahlung zu Unrecht gewährter Leistungen die finanzielle Situation der Kinder in der Rückzahlungsphase verschlechtert wird. Erfolgt die Rückzahlung zu Unrecht gewährter Leistungen, verschiebt sich lediglich der Zeitraum, in dem unter Berücksichtigung der tatsächlichen Zahlungsströme keine Leistungen zugeflossen sind. Nr. 3.2 Abs. 1 Halbsatz 2 der Verwaltungsvorschriften zum Unterhaltsvorschussgesetz darf daher nicht auf zu Unrecht gewährte Unterhaltsleistungen angewendet werden, die nachträglich zurückgezahlt worden sind.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 2 und § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 und 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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