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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 12.05.2005
Aktenzeichen: 12 B 03.1493
Rechtsgebiete: BSHG
Vorschriften:
BSHG § 21 Abs. 1 a Nr. 1 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Sozialhilfe;
hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. Dezember 2002,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. Mai 2005
am 12. Mai 2005
folgendes Urteil:
Tenor:
I. Die Berufungen werden zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren von der Beklagten die Gewährung der vollen Pauschale für Sommerbekleidung für die Monate April bis September 1999.
1. Die Kläger, ein Ehepaar und seine drei Kinder, sind jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie bezogen bis einschließlich Oktober 1998 von der Beklagten Sozialhilfe in Form laufender Hilfe zum Lebensunterhalt. Am 13. Juli 1999 beantragten sie bei der Beklagten pauschal die Gewährung von Sommerbekleidungsbeihilfe.
Mit Bescheid vom 19. Juli 1999 bewilligte die Beklagte den Klägern eine anteilige Bekleidungspauschale in Höhe von insgesamt 105,97 DM für die Monate Juli bis September 1999 abzüglich des für diese Monate ermittelten übersteigenden Einkommens. Die Bekleidungspauschale betrage gemäß dem Beschluss des Sozialhilfeausschusses vom 19. März 1999 160 DM pro Person für Sommerbekleidung und sei zum 1. April des Jahres zur Auszahlung fällig. Bei Anträgen nach den Stichtagen erfolge anteilsmäßige Zahlung.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger Widerspruch, über den nicht entschieden wurde.
2. Am 18. August 2001 erhoben die Kläger beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 19. Juli 1999 zu verpflichten, ihnen Sommerbekleidungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 800 DM abzüglich der bereits gewährten Beihilfe in Höhe von 105,97 DM zu gewähren. Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 20. September 2001 bereit, den Klägern insgesamt 400 DM an Sommerbekleidungsbeihilfe zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung erklärten die Kläger die Hauptsache daraufhin insoweit für erledigt, als ihnen die Beklagte die Sommerbekleidungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 400 DM zugesagt habe. Sie beantragten,
die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 19. Juli 1999 in der Fassung des Schreibens vom 20. September 2001 zu verpflichten, Sommerbekleidungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 800 DM abzüglich der bereits gewährten Beihilfe in Höhe von 105,97 DM und des zugesagten Aufstockungsbetrages in Höhe von 294,03 DM zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht stellte das Verfahren mit Urteil vom 4. Dezember 2002 ein, soweit den Klägern mit Schreiben der Beklagten vom 20. September 2001 ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 294,03 DM bewilligt wurde. Im Übrigen wies es die Klagen ab. Hinsichtlich der von den Klägern begehrten weiteren 400 DM seien die Klagen unbegründet. Eine Pauschalierung der Beihilfen sei zulässig. Da der Antrag erst im Juli 1999 bei der Beklagten eingegangen sei, der Bedarfszeitraum für die Sommerbekleidung die Monate April bis September umfasse, Sozialhilfe aber keine Hilfe für die Vergangenheit sei, sei der anteilige Bedarf für die Monate April bis Juni 1999 zu Recht verneint worden. Ein höherer Einzelfallbedarf sei von den Klägern weder bei Antragstellung noch im gerichtlichen Verfahren vorgetragen oder glaubhaft gemacht worden.
3. Mit ihren vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufungen beantragen die Kläger,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. Dezember 2002 dahingehend abzuändern, dass die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 19. Juli 1999 in der Fassung des Schreibens vom 20. September 2001 verpflichtet wird, ihnen Sommerbekleidungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 409,03 € (800 DM) abzüglich der bereits gewährten Beihilfe von 54,18 € (105,97 DM) und des Aufstockungsbetrages in Höhe von 150,34 € (294,03 DM) zu gewähren.
Es sei ihnen in jedem Fall die volle Sommerbekleidungspauschale in Höhe von insgesamt 800 DM (5 Personen x 160 DM) zu bewilligen. Der Beschluss des Sozialhilfeausschusses der Beklagten vom 19. März 1999 bilde keine hinreichende Rechtsgrundlage für die im Bescheid vom 19. Juli 1999 enthaltene teilweise Versagung der Sommerbekleidungsbeihilfe. Es bestünden erhebliche Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit des Beschlusses, weil die darin festgeschriebenen Pauschalen zur Deckung des Bekleidungsbedarfs nicht ausreichend seien. Selbst wenn man die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 19. März 1999 unterstelle, sei dieser im konkreten Fall fehlerhaft angewandt worden, da die Beantragung der Sommerbekleidungspauschale im Juli nicht zu einem Verlust der Bekleidungsbeihilfe in den Monaten April bis Juni führen könne. Die Kläger hätten wiederholt Bekleidungsbeihilfe beantragt. Ein auf die Bewilligung von Sommerbekleidungsbeihilfe gerichteter Antrag vom 15. Juni 1998 sei von der Beklagten am 10. August 1998 positiv verbeschieden worden. Die ebenfalls positive Entscheidung über den Bekleidungsbeihilfeantrag vom 29. Dezember 1998 sei am 22. März 1999 ergangen, also drei Tage nach Erlass des Beschlusses des Sozialhilfeausschusses. Die Beklagte wäre zumindest verpflichtet gewesen, die Kläger in dem Bescheid vom 22. März 1999 auf die geänderten rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Bekleidungsbeihilfe hinzuweisen, zumal sie aufgrund ihrer bisherigen Praxis, Bekleidungsbeihilfe für zurückliegende Zeiträume zu bewilligen, einen Vertrauenstatbestand geschaffen und eine Selbstbindung verursacht habe. Zu beachten sei auch, dass die Kläger die Bekleidungsbeihilfeanträge ausschließlich aus Rücksichtnahme gegenüber der Beklagten nicht stets zu Beginn des "Beihilfezeitraumes" gestellt hätten.
Es müsse als ausreichend für eine Bewilligung der vollständigen Bekleidungspauschale betrachtet werden, wenn der entsprechende Antrag zumindest während, d.h. vor Ablauf des jeweiligen Bewilligungsabschnitts gestellt werde, weil bereits die Einführung von Pauschalleistungen selbst ein Abweichen vom Bedarfsdeckungsgrundsatz darstelle. Die im Bescheid vom 19. Juli 1999 enthaltene Feststellung, "bei Anträgen nach den Stichtagen erfolgte anteilsmäßige Zahlung", finde im Beschluss des Beklagten vom 19. März 1999 keine Grundlage.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der Sozialhilfeausschussbeschluss vom 19. März 1999 erlange erst durch den den Klägern zugegangenen Bescheid vom 19. Juli 1999 Außenwirkungen. Die darin vorgenommene monatsweise Quotelung entspreche den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes.
Die den Klägern im Jahre 1998 und 1999 gewährten Bekleidungshilfe im Jahre 1998 und 1999 seien einzelfallbezogen, bedarfsorientiert und zeitunabhängig gewesen. Die Pauschale dagegen solle einen durchschnittlichen Bedarf für einen zukünftigen Zeitraum ohne Einzelnachweis decken.
4. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die vorgelegten Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen sind unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihnen eine pauschale Sommerbekleidungsbeihilfe für die Monate April bis September 1999 in Höhe von insgesamt 409,03 € abzüglich der bereits gezahlten 204,53 € zu gewähren.
1. Als Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung kommt nur der Beschluss des Sozialhilfeausschusses der Beklagten vom 19. März 1999 über die Pauschalierung von Bekleidungsbeihilfen in Betracht; die Kläger begehren ausdrücklich nur pauschalierte einmalige Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Gegen die Pauschalierung einmaliger Beihilfen für Bekleidung, Wäsche und Schuhe nach § 21 Abs. 1 a Nr. 1 BSHG bestehen keine rechtlichen Bedenken (Mergler/Zink, BSHG, 4. Aufl., Stand: März 2004, § 12 RdNr. 26 m.w.N.). Der Sozialhilfeausschussbeschluss vom 19. März 1999 sieht in seiner Nummer 1 ausdrücklich vor, dass die Jahrespauschale ab dem 1. Lebensjahr 400 DM für jeden Hilfeempfänger beträgt. Nach Nummer 5 des Beschlusses sind von der Pauschale u.a. ausgenommen Personen, die noch kein halbes Jahr Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen sowie die Empfänger einmaliger Hilfen. Aus beiden Regelungen ergibt sich eindeutig, dass nur die Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt Anspruch auf Gewährung der Bekleidungspauschale haben. Da die Kläger ab dem 31. Oktober 1998 aus dem laufenden Hilfebezug ausgeschieden waren, war der Pauschalierungsbeschluss vom 19. März 1999 während des hier streitgegenständlichen Sommerhalbjahres 1999 nicht auf sie anwendbar.
Für die Beklagte war durch die mit den Bescheiden vom 10. August 1998 und 22. März 1999 erfolgten Bewilligungen von Bekleidungsbeihilfen an die Kläger keine Selbstbindung eingetreten, die die im Bescheid vom 19. Juli 1999 verfügte Versagung einer Bekleidungsbeihilfe für die Monate April bis Juni 1999 rechtswidrig machen würde. Denn diesen Bewilligungen lagen Anträge der Kläger zugrunde, mit denen sie einmalige Leistungen für konkret bezeichnete, einzelne Kleidungsstücke geltend machten. Dagegen wurden in dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 10. Juni 1999 gerade keine einzelnen Kleidungsstücke bezeichnet, sondern pauschal die Gewährung einer Sommerbekleidungsbeihilfe an die Kläger beantragt.
Da die Kläger nicht in den Anwendungsbereich der Pauschalierungsregelung vom 19. März 1999 fallen, kann offen bleiben, ob es die Antragstellung erst im Juli 1999 rechtfertigte, den Klägern die Bekleidungspauschale nur anteilsmäßig für die Monate Juli bis September 1999 zu gewähren.
Ebenfalls offen bleiben kann die Frage, ob dem Begehren der Kläger bereits der Grundsatz "Keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" entgegensteht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt getroffen, weil er davon ausgeht, dass die Beklagte ihre ohnehin nicht in nennenswerter Höhe angefallenen außergerichtlichen Kosten nicht vor Rechtskraft des Urteils zu vollstrecken beabsichtigt.
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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