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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 07.07.2008
Aktenzeichen: 12 B 06.2057
Rechtsgebiete: BVG, SGB XII, BSHG


Vorschriften:

BVG § 25a
BVG § 25d
SGB XII § 90 Abs. 2
SGB XII § 90 Abs. 3
SGB XII § 91
BSHG § 88 Abs. 2
BSHG § 88 Abs. 3
BSHG § 89
Zur Frage der Verwertbarkeit einzelner Vermögensgegenstände.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

12 B 06.2057

In der Verwaltungsstreitsache

Wegen Kriegsopferfürsorgerechts;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. April 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Adolph, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Wünschmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Emmert

ohne mündliche Verhandlung am 7. Juli 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. April 2006 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Leistungen der Kriegsopferfürsorge für den Zeitraum vom 16. Dezember 2004 bis 30. Mai 2005.

Der am *** **** **** geborene Kläger ist seit Geburt geistig behindert. Aufgrund eines Schlaganfalles ist er als Pflegebedürftiger der Pflegestufe III gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) anstaltspflegebedürftig und lebt seit dem 8. Juni 2001 im Alten- und Pflegeheim der Hospitalstiftung in Dinkelsbühl. Als Kriegswaise hat er im Alter von drei Jahren nach dem Erbhofgesetz das väterliche landwirtschaftliche Anwesen Hs.Nr. * in E********* geerbt. Dieses landwirtschaftliche Anwesen verwaltete zunächst seine Mutter allein, nach deren Wiederverheiratung diese zusammen mit ihrem Ehemann.

Mit notariellem Vertrag vom 16. Juni 1966 (UrNr. ***/1966) übertrug der Kläger, vertreten durch seinen damaligen Vormund (Bestallung des Amtsgerichts Dinkelsbühl vom 25. November 1963), das o. a. landwirtschaftliche Anwesen (Wert seinerzeit 13.200 DM) auf seine Mutter und deren Ehemann (im Folgenden: Übernehmer). In diesem Übergabevertrag verpflichteten sich die Übernehmer unter anderem zur Gewährung eines detailliert beschriebenen Leibgedinges, an dessen Stelle "im Falle der Anstaltspflegebedürftigkeit oder erforderlichen Unterbringung des Mündels (= Kläger) gemäß § 1800 Abs. 2 BGB die Übernahme der vollständigen Unterbringungskosten durch die Übernehmer" treten sollte, die "sich hiermit zur Zahlung derselben verpflichteten". Auch hinsichtlich dieser eingegangenen Verbindlichkeit haben sich die Übernehmer in der notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Zur Sicherheit für sein Wohnungsrecht und seine Benützungsrechte erhielt der Kläger eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an Flst.Nr. * der Gemarkung Esbach, zur Sicherheit für die wiederkehrenden Leistungen zudem eine Reallast am ganzen im Grundbuch vorgetragenen Grundbesitz bestellt.

In der Folgezeit haben sich die Übernehmer entschlossen, das Anwesen ihrem gemeinsamen Sohn Karl T. zu übertragen. Auf dessen Anfrage teilte der Beklagte mit Schreiben vom 22. März 1983 mit, dass im Falle einer erforderlichen Anstaltspflegebedürftigkeit des Klägers die anfallenden Kosten, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen abgedeckt werden können, im Rahmen der Kriegsopferfürsorge übernommen werden würden. Durch die gewünschte Änderung des Übergabevertrages vom 16. Juni 1966 würde der Kläger als Berechtigter des Leibgedinges "nicht belastet, d. h. durch den Wegfall der Verpflichtung, dass im Falle der Anstaltspflegebedürftigkeit oder der erforderlichen Unterbringung des Klägers, die Übernahme der vollständigen Unterbringungskosten durch den Übernehmer zu tragen seien, keine Nachteile entstehen, da (...) die Kriegsopferfürsorge die eventuell erforderlichen Heimpflegekosten tragen würde". Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sei davon auszugehen, dass die Übernehmer aus dem zu übernehmenden Anwesen die erforderlichen Aufwendungen für eine eventuelle Pflegeheimunterbringung nicht erwirtschaften könnten. Es sei jedoch festzustellen, dass die Übernehmer von dem eigentlichen Leibgedinge nicht freigestellt werden können.

In einem weiteren notariellen Vertrag vom 20. Dezember 1991 (UrNr. ****/1991) vereinbarten die zwischenzeitlich verwitwete Mutter des Klägers und deren weiterer Sohn Karl T. die Übergabe des landwirtschaftlichen Anwesens an diesen und dessen mit ihm in Gütergemeinschaft lebender Ehefrau.

Bereits unter dem 7. November 2003 beantragte der Betreuer des Klägers die Übernahme der nicht gedeckten Heimpflegekosten durch den Beklagten "ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Freigrenze". Am 4. Februar 2004 teilte er mit, dass das Vermögen, das der Kläger bisher zur Kostentragung eingesetzt habe, nunmehr unter der Vermögensfreigrenze von 5.138,-- € liege. Der Beklagte entgegnete am 11. Februar 2004 u. a., eine Übernahme der Heimkosten komme wegen vorrangiger Ansprüche des Klägers aus dem Übergabevertrag vom 16. Juni 1966 nicht in Betracht. Bisher sei der Kläger in keiner Weise an die derzeitigen Hofeigentümer bzw. die Übernehmer, die Eheleute T., herangetreten. Das Amtsgerichts Ansbach - Zweigstelle Dinkelsbühl - Vormundschaftsgericht - erläuterte dem Beklagten auf dessen Anfrage mit Schreiben vom 16. Februar 2004, dass der Übergabevertrag vom 20. Dezember 1991 nicht genehmigungsbedürftig gewesen sei, weil er keinen genehmigungspflichtigen Tatbestand erfülle. Der Auffassung, dass dieser Vertrag schwebend unwirksam sein könne, könne nicht beigetreten werden.

Mit Bescheid vom 7. April 2004 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten der Unterbringung des Klägers in der Einrichtung Alten- und Altenpflegeheim der Hospitalstiftung, Dinkelsbühl, ab. Aus den Übergabeverträgen vom 16. Juni 1966 und vom 20. Dezember 1991, in dem die dingliche Sicherung der Ansprüche des Klägers ausdrücklich als übernommene Belastung aufgeführt worden sei, bestehe Anspruch auf Zahlung dieser Heimkosten. Bislang seien diese Kosten allein aus dem Renteneinkommen und Vermögen des Klägers unter Einbeziehung der Pflegeversicherungsleistung getragen worden. Die künftig entstehenden Heimkosten seien von den Eheleuten T. zu ersetzen bzw. laufend zu begleichen.

Den Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2005 zurück. Die Eheleute T. könnten sich nicht auf das Schreiben vom 22. März 1983 berufen. Die Voraussetzungen unter denen dieses Schreiben verfasst worden sei, seien zu den heutigen Gegebenheiten grundsätzlich verschieden. Eigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens seien zum damaligen Zeitpunkt die Übernehmer gewesen, die daraus ihren notwendigen Lebensunterhalt erwirtschaftet hätten. Mit Übergabevertrag vom 20. Dezember 1991 sei das genannte Anwesen an den Sohn Karl T. und dessen Ehefrau übergeben worden. Von ihnen werde das landwirtschaftliche Anwesen nun nicht mehr bewirtschaftet. Das gesamte Anwesen sei derzeit verpachtet. Die Eheleute T. seien berufstätig. Der Erlös aus der Landwirtschaft werde nicht zur Existenzsicherung benötigt. Den Eheleuten T. sei somit zuzumuten, zur Befriedung der Ansprüche des Klägers Grundstücke zu verkaufen. Ihnen sei eine zinsfreie darlehensweise Hilfegewährung angeboten und mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 der Entwurf eines Darlehensvertrages übersandt worden. Dieser sei jedoch abgelehnt und nicht unterzeichnet worden. Die darlehensweise Hilfegewährung sei aber nur möglich, wenn das Ehepaar T. dem Darlehen des Beklagten und der dinglichen Sicherung zustimme.

Hiergegen erhob der Kläger am 14. Juni 2005 Klage. Weiter wies er mit Schriftsatz vom 1. August 2005 auf ein Verfahren vor dem Amtsgericht Ansbach hin, in dem er die zivilrechtlichen Ansprüche gegen die Eheleute T. nunmehr durchsetzen wolle. Sein Bevollmächtigter führte dazu aus, dass zivilrechtliche Ansprüche nur dann zum Vermögen des Klägers gehörten, wenn diese Ansprüche überhaupt durchsetzbar seien. Das sei vorliegend bislang nicht möglich gewesen und auch in Zukunft fraglich. Seit dem 16. Dezember 2004 könne der Kläger die Heimunterbringungskosten nicht mehr bestreiten. Selbst bei einem klagestattgebenden Urteil dürfte noch geraume Zeit bis zu dessen rechtskräftiger Feststellung vergehen und selbst dann sei die Frage, inwieweit diese Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung letztlich durchgesetzt werden können, offen. Unabhängig von der Frage, ob hier dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Übernehmer bestehe, sei der Beklagte eintrittspflichtig und seinerseits verpflichtet, die übergeleiteten Ansprüche gegenüber den Übernehmern zu regressieren.

Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger sei auf die Selbsthilfe zu verweisen. Erstmalig sei mit der Klageschrift vom 29. Dezember 2004 versucht worden, die Heimunterbringungskosten, die seit dem 8. Juni 2001 entstanden seien, von den Eheleuten T. gerichtlich geltend zu machen. Selbst helfen könne sich derjenige, der durch die Geltendmachung eines alsbald und ohne besondere tatsächliche Schwierigkeiten realisierbaren Anspruches Mittel für die Deckung seines Bedarfes rechtzeitig und ausreichend zu erlangen vermag. Die Verweisung auf Selbsthilfe finde dort ihre Grenzen, wo die langjährige Geltendmachung von Ansprüchen zu erwarten sei. Obwohl der Kläger bereits seit 8. Juni 2001 im Pflegeheim untergebracht sei und absehbar gewesen sei, dass sein vorhandenes Vermögen nicht ausreichen werde, die Heimkosten letztlich zu tragen, habe es insbesondere sein damaliger Betreuer unterlassen, die Ansprüche gegenüber den Eheleuten T. geltend zu machen. Nach dem Bedarfsdeckungsprinzip dienten die Leistungen der Kriegsopferfürsorge der Deckung eines gegenwärtigen Bedarfes. Ansprüche auf Leistungen der Kriegsopferfürsorge seien damit nicht auf den in der Vergangenheit eintretenden Bedarf ausgerichtet, so dass allenfalls für künftige Heimunterbringungskosten ein Anspruch auf Leistungen bestehe. Ein Anspruch bestehe dort nicht, wo unstreitig vorrangig einzusetzendes Vermögen in Form der zivilgerichtlichen Ansprüche des Klägers auf Übernahme der Heimunterbringungskosten durch die Eheleute T. vorhanden sei. Einen Antrag des Klägers, dass der Beklagte diesbezüglich in Vorleistung trete, habe es nicht gegeben. Ein vorläufiges Eintreten des Beklagten setze voraus, dass das ausdrücklich beantragt werde und mit einer langwierigen Geltendmachung von Ansprüchen zu rechnen sei. Erst, wenn nach der Verhandlung damit zu rechnen sei, dass eine der Parteien in Berufung gehe, sei in der Kriegsopferfürsorge geforderte langwierige Geltendmachung von Ansprüchen zu erwarten, so dass ab diesem Zeitpunkt bei Vorliegen eines Antrages eingetreten werden könne.

Mit Urteil vom 6. April 2006 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 7. April 2004 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 30. Mai 2005 auf und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger für den Zeitraum ab dem 16. Dezember 2004 bis zum 30. Mai 2005 für die Unterbringung im Alten- und Altenpflegeheim der Hospitalstiftung in Dinkelsbühl Leistungen nach Maßgabe des Bundesversorgungsgesetzes zu gewähren. Die Voraussetzungen des § 25 a BVG lägen vor. Seit diesem Zeitpunkt könne der Kläger die Heimkosten nicht mehr selbst bestreiten. Es bestehe für die Kammer keine Veranlassung, das Verfahren vor dem Amtsgericht abzuwarten. Die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung nach dem Bundesversorgungsgesetz ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz. Somit komme es vorliegend nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der behauptete zivilrechtliche Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten bestehe. Inwieweit der Beklagte seinerseits einen eventuell bestehenden Anspruch auf sich überleiten könne, sei nicht Streitgegenstand.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteil gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassenen Berufung. Das Amtsgericht Ansbach - Zweigestelle Dinkelsbühl - habe im Verfahren Nr. 1 C 13/05 vom 18. Mai 2006 die Eheleute T. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger rückständige Heimunterbringungskosten für den Zeitraum Dezember 2004 bis einschließlich Dezember 2005 in Höhe von 16.678,96 € zu bezahlen. Ferner seien die Eheleute T. als Gesamtschuldner verurteilt worden, an den Kläger monatlich im Voraus spätestens am 3. Werktag eines Monats die Heimunterbringungskosten zu bezahlen, erstmals ab dem 1. Januar 2006, soweit diese nicht von der Sozialversicherung des Klägers übernommen werden. Dieses Urteil sei in Ziffer 5 für vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweilig zu vollstreckenden Betrages erklärt worden. Mit Schreiben vom 2. Juni 2006 habe sich der Beklagte bereit erklärt, die Sicherheitsleistung für die Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil zu erbringen. Mit Schreiben vom selben Tage sei gegenüber dem Amtsgericht eine diesbezügliche Bürgschaftserklärung abgegeben worden. Darin zeige sich, dass der Kläger die Möglichkeit hatte und habe, auf "bereite Mittel" im Wege der Vollstreckung des Endurteils des Amtsgerichts Ansbach zurückzugreifen.

Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. April 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der geltend gemachte Anspruch aus den Übernahmeverträgen sei nach wie vor umstritten, weil gegen das vom Beklagten zitierte Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die Behördenakte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und auch sonst zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist begründet. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. April 2006 ist die Klage abzuweisen.

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, für die Unterbringung des Klägers im Alten- und Altenpflegeheim der Hospitalstiftung in Dinkelsbühl für den Zeitraum vom 16. Dezember 2004 bis 30. Mai 2005 Leistungen nach Maßgabe des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21) in der Fassung des Art. 11 RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) zu bewilligen.

Das Verwaltungsgericht stützt die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung der Unterbringungskosten für diesen Zeitraum zu Unrecht auf § 25a Abs. 1 BVG. Nach dieser Bestimmung können Leistungen der Kriegsopferfürsorge erbracht werden, wenn und soweit der Hinterbliebene infolge des Verlustes des Elternteils nicht in der Lage ist, den nach den §§ 25b f. BVG anzuerkennenden Bedarf aus den übrigen Leistungen nach diesem Gesetz und dem sonstigen Einkommen und Vermögen zu erbringen. Indem das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Leistung verpflichtet, verkennt es den Umfang des Selbsthilfegrundsatzes im Recht der staatlichen Fürsorge, wonach (auch) die Leistungen der Kriegsopferfürsorge gegenüber dem privaten Selbsthilfepotentialen zwingend nachrangig sind (dazu Rothkegel in Rothkegel, Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, S. 108, 111, 131 f., jeweils m. w. N. zur Rechtsprechung des BVerwG).

Zwar wird der Zusammenhang zwischen dem Verlust des Elternteils und der Notwendigkeit der Leistung gemäß § 25a Abs. 2 Satz 1 BVG widerleglich vermutet und der Kläger erfüllt auch die subjektiven Leistungsvoraussetzungen in seiner Person. Der Beklagte ist gleichwohl nicht zur Leistung verpflichtet, denn der Kläger kann den anzuerkennenden Bedarf aus seinem Vermögen decken.

Was zum Vermögen im Sinne der Vorschriften über die Kriegsopferfürsorge zählt, bestimmt § 25d Abs. 6 BVG. Demzufolge hat der Kläger sein gesamtes verwertbares Vermögen einzusetzen. Für den Einsatz und die Verwertung von Vermögen verweist § 25f BVG auf die sozialhilferechtlichen Vorschriften, also bis zum 31. Dezember 2004 auf § 88 Abs. 2 und 3, § 89 Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und ab dem 1. Januar 2005 auf die insoweit inhaltsgleichen § 90 Abs. 2 und 3, § 91 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), und erklärt ergänzend § 25c Abs. 3 BVG für entsprechend anwendbar, soweit die Absätze 2 bis 5 des § 25f BVG nicht zur Anwendung kommen.

Die hier streitgegenständliche Forderung des Klägers gegen die Eheleute T. auf Erstattung der Kosten für seine Unterbringung im Alten- und Altenpflegeheim der Hospitalstiftung in Dinkelsbühl ist verwertbares Vermögen in diesem Sinne, denn Forderungen gegen Dritte stellen sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich einen Vermögenswert dar. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 1108 Abs. 1 BGB (siehe dazu Urteil des AG Ansbach - Zweigstelle Dinkelsbühl - vom 18. Mai 2006 Az. 1 C 13/05; Bassenge in Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 1108 RdNr. 1). Die Vorschriften über Schonvermögen greifen nicht, die Verwertung der Forderung erscheint nicht unbillig und begründet auch keinen Härtefall (§ 25c Abs. 3 BVG entsprechend, § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII i. V. mit § 25f Abs. 1 BVG und § 25f Abs. 2 bis 5 BVG; allgemein dazu BVerwG vom 4.12.2006 FEVS 58, 459). Zum Einkommen wird die Forderung dann, wenn sie beglichen wird, also die geforderten Geldbeträge im Bedarfszeitraum zufließen (siehe dazu auch BVerwG vom 18.2.1999 BVerwGE 108, 296; Linhart/Adolph, SGB XII, SGB II und AsylbLG, Stand: März 2008, § 82 RdNrn. 23 ff.).

Die Forderung ist für den Kläger auch verwertbar im Sinne des § 25d Abs. 6 BVG. Rechtlich und tatsächlich verwertbar sind Forderungen, wenn sie durch Verbrauch, Übertragung, Beleihung, Vermietung oder Verpachtung nutzbar gemacht werden können (so Augstein in Fichtner/Wenzel, Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 90 RdNr. 2). Eine Einschränkung besteht beispielsweise dort, wo Nutzungsrechte ausschließlich an die Person gebunden sind (Pfohl/Steymans in Linhart/Adolph, a.a.O., § 90 RdNr. 13). Forderungen müssen zum Zeitpunkt der Hilfebedürftigkeit dem Grunde nach verwertbar sein, sie müssen mithin grundsätzlich fällig sein. Eine sofortige Verwertbarkeit wird nicht gefordert (siehe dazu noch unten), wie auch aus § 91 SGB XII zeigt. Dass die Verwertung von Vermögen eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, ergibt sich aus der Sache selbst (vgl. Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Juni 2008, § 90 RdNr. 10). Solange verwertbares Vermögen vorhanden ist, steht es im jeweiligen Bewilligungszeitraum zur Verfügung und ist bei der Prüfung des Bedarfes zu berücksichtigen; das gilt auch dann, wenn der Leistungsträger bereits in früheren Zeiträumen im Hinblick auf die Möglichkeit, den vorhandenen Vermögensgegenstand zu verwerten, Leistungen abgelehnt hat (BVerwG vom 19.12.1997 FEVS 48, 145 = NDV-RD 1998, 53; OVG SH vom 7.5.1996 FEVS 47, 371).

Die Überlegung des Beklagten in seinem Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2005, dass die Eheleute T. das ihnen übertragene Anwesen selbst nicht bewirtschaften und auch nicht ihren Lebensunterhalt hieraus bestreiten, ist insoweit allerdings nicht zielführend, denn es geht hier nicht um die Verwertung des übertragenen Anwesens und die Eheleute T., die das Anwesen schon nicht nach § 90 SGB XII einzusetzen haben, sind dem Kläger gegenüber auch nicht unterhaltsberechtigt (siehe etwa § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Aus eben diesem Grund geht auch die dort angesprochene Vorgehensweise des Beklagten, den Eheleuten T. nach § 91 SGB XII eine "darlehensweise Hilfegewährung" anzubieten, ins Leere, weil diese Bestimmung im Verhältnis zwischen der an sich leistungsberechtigten oder einer zum Vermögenseinsatz mitverpflichteten Person und dem Hilfeträger Anwendung findet, nicht aber im Verhältnis zu einer anderen Person, die gegebenenfalls ihr Vermögen zur Deckung eigener privatrechtlicher Verbindlichkeiten einsetzen muss (dazu Pfohl/Steymans in Linhart/Adolph, a. a. O., § 91 RdNr. 4 mit Hinweis auf BVerfG vom 7.6.2005 FamRZ 2005, 1051; siehe auch Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 1. Aufl. 2005, § 91, RdNr. 1).

Richtig ist auch der weitere Ansatz des Verwaltungsgerichts, für die Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes auf den Bewilligungszeitraum abzustellen, denn es kommt nur der Einsatz desjenigen Vermögens in Betracht, durch dessen Verwertung der Notlage oder dem Bedarf abgeholfen werden kann (BVerwG vom 19.12.1997 BVerwGE 106, 105 und vom 21.4.1988 Buchholz 436.7 § 25d BVG Nr. 1).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts standen der Verwertbarkeit der Forderung des Klägers gegen die Eheleute T. im Bewilligungszeitraum aber weder rechtliche noch tatsächliche Gründe und auch sonst keine Hindernisse entgegen. Insbesondere hinderte das Schreiben vom 22. März 1983, in dem der Beklagte mitteilt, dass im Falle einer erforderlichen Anstaltspflegebedürftigkeit des Klägers die anfallenden Kosten, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen abgedeckt werden können, im Rahmen der Kriegsopferfürsorge übernommen werden, nicht die Verwertung der Forderung. Die Eheleute T. konnten hieraus gegenüber dem Kläger zu keiner Zeit Einwendungen gegen die Geltendmachung der Forderung herleiten, wie auch das Amtsgericht in seinen Entscheidungsgründen zum Urteil vom 18. Mai 2006 Nr. 1 C 13/05 ausführt. Auch tatsächliche Hindernisse sind weder ersichtlich noch substantiiert dargelegt. Vielmehr hat der Kläger zwar bereits am 7. November 2003 durch seinen Betreuer die Übernahme der nicht gedeckten Heimpflegekosten durch den Beklagten beantragt und am 4. Februar 2004 ergänzend mitgeteilt, dass sein Vermögen, das er bisher zur Kostentragung eingesetzt habe, aufgebraucht sei. Er hat es aber schlichtweg unterlassen, sich rechtzeitig für den hier streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum vom 16. Dezember 2004 bis 30. Mai 2005 wegen der Realisierung seiner Forderung in geeigneter Weise an die Eheleute T. zu wenden, obwohl der Rechtspfleger des Amtsgerichtes anlässlich der Pfandfreigabe bereits mit vorausgegangenem Schreiben vom 23. Dezember 2002 den Betreuer des Klägers darauf hingewiesen und mit weiterem Schreiben vom 23. Januar 2003 dazu aufgefordert hatte, die Zahlungsverpoflichtung für die Kosten der Heimunterbringung bei den derzeitigen Eigentümern des Anwesens durchzusetzen. Dem entgegen zog es der Betreuer ausweislich seines Antwortschreibens vom 28. Februar 2003 vor, das noch vorhandene Barvermögen des Klägers aufzubrauchen und sich anschließend wegen der ungedeckten Unterbringungskosten an den "überörtlichen Träger der Kriegsopferfürsorge" zu wenden. Der Senat kann dabei auch nicht erkennen, dass die Realisierung dieser Forderung in einem Maße schwierig gewesen sein soll, das eine "langjährige Geltendmachung" des Anspruches zu erwarten gewesen wäre. Das Amtsgericht stellt in seinen Entscheidungsgründen zum Urteil vom 18. Mai 2006 Nr. 1 C 13/05 fest, dass mit dem Übergabevertrag vom 16. Juni 1966 "eindeutig geregelt" sei, dass die Übernehmer "sich zur Übernahme der vollständigen (Hervorhebung durch das Amtsgericht) Unterbringungskosten verpflichtet" haben. Erwägungen, die zu diesem Punkt das Rechtsmittel der Berufung einbeziehen, sind vorliegend schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil die Vollstreckungsvoraussetzungen für das Urteil des Amtsgerichts offensichtlich erfüllt sind. Ergänzend bleibt festzuhalten, dass jedenfalls für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Eheleute T. ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht hätten erfüllen können.

Letztlich kann sich auch der Kläger selbst zur Geltendmachung seines Anspruches auf Kriegsopferfürsorge nicht auf das Schreiben des Beklagten vom 22. März 1983 berufen, denn der Beklagte hat sich ihm gegenüber in diesem Schreiben weder zur Leistung verpflichtet, noch eine solche Verpflichtung in Aussicht gestellt oder gar den Grundsatz der Nachrangigkeit der Kriegsopferfürsorge in Frage gestellt (vgl. dazu im Übrigen auch das Urteil des OLG Nürnberg vom 27. Februar 2008 Az.: 4 U 2320/07).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO. Auf den Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat der Senat verzichtet, weil er davon ausgeht, dass der Beklagte vor Rechtskraft die Kostenentscheidung (§ 167 Abs. 2 VwGO) nicht vollstrecken wird.

Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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