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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.07.2005
Aktenzeichen: 12 C 06.468
Rechtsgebiete: BAföG


Vorschriften:

BAföG § 27 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

12 C 06.468

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausbildungsförderung (Antrag auf Prozesskostenhilfe);

hier: Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Albrecht, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler

ohne mündliche Verhandlung am 6. Juli 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

1. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1, § 147 VwGO) gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts ist nicht begründet, weil die Klage gegen die Änderung der Bewilligungsbescheide und die Rückforderung der überzahlten Ausbildungsförderung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).

Bei der im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ausreichenden summarischen Überprüfung der angefochtenen Bescheide, mit denen der Beklagte unter Anrechnung des festgestellten Vermögens für den Bewilligungszeitraum 1998/1999 die bisherige Bewilligung von monatlich 980,00 DM auf 236,60 DM (entspricht 120,97 €) änderte, für den Bewilligungszeitraum 2000/2001 die bisherige Bewilligung von monatlich 1003,00 DM auf 0,00 DM festsetzte und die überzahlten Beträge von insgesamt 16.492,22 DM (entspricht 8.432,30 €) zurückforderte, erweisen sich diese nach § 45 Abs. 2, § 50 Abs. 1 SGB X erkennbar als rechtmäßig. Die Bewilligungsbescheide vom 16. September 1998 und vom 9. März 2000 konnten nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 SGB X teilweise bzw. ganz zurückgenommen werden. Der Kläger verfügte im Förderungszeitraum über eigenes Vermögen, das nach § 11 Abs. 2 BAföG - abzüglich des Freibetrags nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG - seinen Förderungsbedarf verringerte, ohne dass er dies pflichtgemäß (§ 46 Abs. 3 BAföG) bei seinen Förderungsanträgen auf die entsprechenden Anfragen des Beklagten im auszufüllenden Antragsformblatt angegeben hatte. Die Guthaben auf den Bankkonten, die auf den Namen des Klägers und auf dessen Rechnung geführt wurden, sind seinem Vermögen zuzurechnen, weil, selbst wenn man von der nicht glaubhaft gemachten Behauptung des Klägers, dass die Gelder seinem Bruder gehörten und von ihm nur verwaltet würden, ausgehen wollte. Vermögen aus einem verdeckten Treuhandverhältnis, das bei der Antragstellung auf Gewährung von Ausbildungsförderung nicht offengelegt wird, dem Vermögen des Treuhändlers zugerechnet wird. Zwar finden im Zivilrecht bei entsprechendem Nachweis auch verdeckte Treuhandverhältnisse Anerkennung, weil der Schuldner nicht gezwungen ist, seine Vermögensverhältnisse offenzulegen (vgl. BGH vom 1.7.1993 NJW 1993, 2622 und vom 8.2.1996 NJW 1996, 1543). Das gilt jedoch nicht bei der Gewährung von Ausbildungsförderung, weil hier wegen des Grundsatzes, dass darauf nach § 1 BAföG nur ein Anspruch besteht, wenn dem Auszubildenden die für den Lebensunterhalt und die Ausbildung erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen, der Antragsteller gesetzlich zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse verpflichtet ist (§ 46 Abs. 3 BAföG, § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I; vgl. Kreutz in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, § 46 RdNr. 18) und er bei sich aufdrängenden Unklarheiten über den Umfang der Auskunftspflicht dies durch Nachfragen bei der Behörde klären zu lassen hat (BVerwG vom 6.6.1990 Buchholz 435.11 § 60 SGB I Nr. 1). Da angesichts der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung auch vertragliche Bindungen und Beschränkungen, die rechtlich gesehen eine objektive Zugriffsmöglichkeit unberührt lassen, die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht rechtfertigen (vgl. BVerwG vom 16.2.2000 Az. 5 B 182/99 <juris>), ist es daher Pflicht des Antragstellers, durch Offenlegung und Nachweis der behaupteten verdeckten Treuhand die dann rechtlich gesehen nicht gegebene objektive Zugriffsmöglichkeit auf formal ihm zugerechnetes Vermögen klarzustellen. Deckt ein Auszubildender bei der Antragstellung verdeckte Treuhandverhältnisse nicht auf, so muss er sich - entsprechend der Rechtsprechung der Sozialgerichte zur verdeckten Treuhand bei der Arbeitslosenhilfe (vgl. LSG RhPf vom 24.2.2005 NZS 2006, 49 m.w.N; LSG SH vom 24.2.2006 Az. L 3 AL 113/05 <juris> - an dem von ihm erzeugten Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft festhalten lassen (so ausführlich und überzeugend auch VG Karlsruhe vom 23.2.2005 Az. 10 K 1069/04 <juris>; VG Aachen vom 5.7.2005 Az. 5 K 3571/06 <juris>; VG Weimar vom 9.3.2006 Az. 5 K 1544/05 We <juris>). Dass der Kläger bei der Verwertung des Vermögens zur Deckung seines Lebensunterhalts und der Ausbildungskosten möglicherweise nicht mehr in der Lage wäre, seine behauptete Verpflichtung aus dem Treuhandverhältnis zu erfüllen, ändert an der Zurechenbarkeit nichts. Denn bei der Abwägung des öffentlichen Interesses, Ausbildungsförderung nur bei Bedürftigkeit zu gewähren, mit den Interessen des Treugebers trifft das wirtschaftliche Risiko der Durchsetzbarkeit des Herausgabeanspruchs auf das Treugut den Treugeber, der das verdeckte Treuhandverhältnis ermöglicht und hieraus auch Verteile gezogen hat (vgl. LSG RhPf und SH a.a.O.). Die Vermögenszurechnung entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger einem anderen Kulturkreis entstammt. Da er 1994 endgültig nach Deutschland übergesiedelt ist, musste er sich um die hier geltenden rechtlichen Gegebenheiten und Gepflogenheiten kümmern und sich daran halten und kann er dagegen verstoßendes Verhalten nicht mehr unter Berufung auf abweichende Gepflogenheiten aus seinem Herkunftsland zu rechtfertigen versuchen. Auch wenn er sich nicht als Berechtigter der Bankguthaben angesehen haben sollte, musste für ihn bei der Antragstellung daher erkennbar sind, dass es für die Leistungsgewährung auf seine Vermögensverhältnisse ankam und dass er Bankguthaben, deren formeller Inhaber er war, nicht verschweigen durfte.

Soweit der Kläger sich darauf beruft, einen Teil des Guthabens habe er als Darlehen von seinem Bruder erhalten, das inzwischen zurückgezahlt sei, braucht nicht geklärt zu werden, ob die Darlehensgewährung einem Fremdvergleich standhält, um die Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehensvertrag vermögensmindernd nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu berücksichtigen. Denn das Vorbringen des Klägers erscheint - ebenso wie die nachgeschobene, offensichtlich bestellte schriftliche Erklärung seines Bruders - nicht glaubhaft, weil der Kläger gegenüber dem Beklagten zunächst ausschließlich auf ein Treuhandverhältnis zwischen ihm und seinem Bruder hingewiesen hatte.

Bestehen daher gegen die vom Beklagten angenommene Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Bescheide keine Bedenken und ist das Verschweigen des Vermögens auch als grob fahrlässig einzustufen (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X, vgl. dazu BVerwG vom 6.6.1990 a.a.O.), so kann die Ermessensausübung durch den Beklagten nicht beanstandet werden, zumal der Kläger insoweit auch keine Einwände erhebt.

2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil das Beschwerdeverfahren nach § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO gerichtskostenfrei ist und Auslagen nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht ersetzt werden.

3. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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