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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.01.2003
Aktenzeichen: 12 CE 02.2526
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 65
VwGO § 123
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

12 CE 02.2526

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Sozialhilfe (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. September 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese

ohne mündliche Verhandlung am 20. Januar 2003 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird verworfen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beigeladene. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei.

Gründe:

I.

1. Die Beigeladene wendet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. September 2002, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller und seiner Familie einmalige Leistungen zur Anschaffung von Möbeln, Hausrat und Elektrogeräten sowie für die Ausführung von Renovierungsarbeiten zu gewähren, abgelehnt hat. In den Gründen dieses Beschusses ist ausgeführt, der Antrag sei abzulehnen, weil die Antragsgegnerin für die begehrten Hilfeleistungen nicht passiv legitimiert sei. Nicht sie, sondern die Beigeladene sei für die Entscheidung über die geltend gemachten Hilfeansprüche zuständig. Jedenfalls habe der Antragsgegnerin die für das Einsetzen der Sozialhilfe erforderliche Kenntnis des betreffenden Bedarfs gefehlt, wenn und solange sie für die Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche zuständig gewesen sein sollte.

2. Die Beigeladene beantragt mit ihrer Beschwerde, den Beschluss vom 19. September 2002 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller in eigener Zuständigkeit einmalige Leistungen für Möbel, Elektrogeräte, Hausrat und für Wohnungsrenovierung zu gewähren.

Zur Begründung der Beschwerde trägt sie vor, der Bedarf sei zwar für eine Wohnung angefallen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich liege und in die der Antragsteller am 1. August 2002 eingezogen sei. Auch habe der Antragsteller den Bedarf erst mit Schreiben vom 21. August 2002 bei der Antragsgegnerin geltend gemacht. Jedoch dürfte der Antragsgegnerin bekannt gewesen sein, dass bei dem Umzug des Antragstellers und seiner Familie aus dem bisher bewohnten Übergangswohnheim in eine unmöblierte Wohnung ein Bedarf jedenfalls an Einrichtungsgegenständen anfalle. Die Antragsgegnerin, die bis zu dem Umzug des Antragstellers und seiner Familie für diese als vom Bezirk delegierter Sozialhilfeträger tätig und zuständig gewesen sei, verhalte sich entgegen einer Vereinbarung sämtlicher bayerischer Bezirke. Danach habe der örtliche Träger des Wegzugsortes bei dem Umzug von Ausländern die beantragte Hilfe zu gewähren und zumindest eine Pauschale für die Erstausstattung einer Wohnung zu bewilligen, wenn ein Bedarf an Einrichtungsgegenständen noch vor dem Umzug bekannt bzw. geltend gemacht werde. Sie (die Beigeladene) habe dem Antragsteller die begehrte Hilfe am 7. August 2002 und am 26. September 2002 gewährt und die Antragsgegnerin um Erstattung gemäß § 105 SGB X gebeten. Auch wenn damit ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht mehr gegeben sei, so habe das Verwaltungsgericht jedoch ihr Rechtsschutzinteresse dadurch verletzt, das es sie erst mit dem Beschluss vom 19. September 2002 beigeladen und zum anderen in diesem Beschluss den Grundsatz der Amtsermittlung im Sozialhilferecht nicht hinreichend gewürdigt habe. Der Antragsgegnerin hätte der Bedarf des Antragstellers bereits vor dem Umzug bekannt sein müssen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis dafür, sie zu den vom Antragsteller geltend gemachten Leistungen vorläufig zu verpflichten, weil dessen Bedarf längst von der Beigeladenen gedeckt worden sei. Im Übrigen habe sie vor dem Umzug des Antragstellers keine Kenntnis davon gehabt, in welcher Höhe und Zahl ein konkreter Bedarf an Möbeln, Hausrat und Renovierungskosten bestehe. Schließlich habe die Beigeladene zehn Tage vor ihr von dem geplanten Umzug des Antragstellers in die Wohnung Kenntnis gehabt.

3. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und vorgelegten Unterlagen verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde der Beigeladenen ist als unzulässig zu verwerfen, weil es ihr an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Ein Rechtsmittel ist nicht statthaft und damit unzulässig, wenn dem Rechtsmittelführer die Beschwer fehlt. Die Beschwer ist das Rechtsschutzinteresse für die Rechtsmittelinstanz, hier für das Beschwerdeverfahren (vgl. Meyer-Ladewig in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Januar 2001, RdNr. 39 Vorbemerkung § 124). Dabei muss dann, wenn der Beigeladene Rechtsmittelführer ist, eine materielle Beschwer des Rechtsmittelführers gegeben sein. Der Beigeladene muss durch die angefochtene Entscheidung in seinen subjektiven Rechten verletzt werden (vgl. BVerwG vom 18.4.1997 BVerwGE 104, 289 = DVBl 1997, 1324; Meyer-Ladewig, a.a.O., RdNrn. 42). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass eine materielle Beschwer dann zu bejahen ist, wenn in einem vom beigeladenen Sozialleistungsträger angefochtenen Urteil dessen Leistungspflicht an Stelle der Leistungspflicht des beklagten Sozialleistungsträgers festgestellt wird (vgl. Eyermann/Happ, VwGO, 11. Auflage 2000, RdNr. 33 zu § 124). Ob dieser Ansicht zu folgen ist und ob sie übertragbar ist auf im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO ergehende Beschlüsse, bedarf keiner Prüfung. Hier fehlt es jedenfalls deshalb an dem für die Beschwer erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beigeladene dem Begehren des Antragstellers nachgekommen ist und sich dadurch das einstweilige Rechtsschutzerfahren erledigt hat. Der Antragsteller selbst könnte sein Begehren im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig nicht mehr weiter verfolgen, weil er aufgrund der Deckung des geltend gemachten Bedarfs durch die Beigeladene kein Rechtsschutzbedürfnis mehr am Erlass der ursprünglich geltend gemachten einstweiligen Anordnung hätte. Daher kann auch die Beigeladene mit ihrer Beschwerde nicht zulässig das vom Antragsteller vor dem Verwaltungsgericht geltend gemachte Begehren weiter verfolgen. Es bedarf jetzt der Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht mehr, um die zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin umstrittene Frage zu klären, wer für die Gewährung der vom Antragsteller beantragten Sozialhilfeleistungen zuständig ist. Die Beigeladene hat, auch wenn sie sich nicht für zuständig hält, geleistet und macht gegenüber der Antragsgegnerin Erstattung geltend. Sie hat damit beachtet, dass Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Sozialhilfeträgern nicht auf dem Rücken des Hilfesuchenden ausgetragen werden sollen. Der vom Antragsteller geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch ist durch Erfüllung erloschen. Die zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin umstrittene Frage der Zuständigkeit ist in dem Erstattungsverfahren gegebenenfalls vom Gericht zu klären. Die materielle Rechtskraft der ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 19. September 2002 steht dem nicht entgegen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

3. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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