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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.11.2003
Aktenzeichen: 12 ZB 03.2223
Rechtsgebiete: VwGO, GSiG
Vorschriften:
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 1 | |
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 2 | |
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 3 | |
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4 | |
VwGO § 188 | |
GSiG § 3 Abs. 1 Nr. 2 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Grundsicherung;
hier: Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Juli 2003,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau
ohne mündliche Verhandlung am 4. November 2003
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 360 Euro festgesetzt.
Gründe:
1. Die Anträge der Kläger, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Juli 2003 zuzulassen, sind unzulässig. Die Kläger haben die von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in einer dem Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.
a) Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung darzulegen, müssen einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1163). Der Rechtsmittelführer muss insbesondere darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen.
Auch die Darlegung besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten erfordert eine substantielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil. Es muss dargelegt werden, inwiefern der Sachverhalt besonders unübersichtlich oder besonders schwierig zu ermitteln ist. Zugleich muss deutlich gemacht werden, dass deshalb der Ausgang des Berufungsverfahrens jedenfalls ergebnisoffen ist (vgl. Happ, VwGO, 11. Aufl. 2000, RdNr. 33 zu § 124 a VwGO).
Bei der Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und ausgeführt werden, warum die Beantwortung dieser Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und im Berufungsverfahren klärungsbedürftig ist sowie weshalb der Beantwortung der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
b) Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung im Schriftsatz der Kläger vom 26. August 2003 nicht.
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil die Klage der Kläger mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, bei der Bemessung der Leistung der Grundsicherung die Miet- und Nebenkosten in Höhe von 405 Euro pro Monat in voller Höhe zu berücksichtigen, abgewiesen, weil der Beklagte Unterkunftskosten zu Recht nur in Höhe von 345 Euro als angemessen berücksichtigt habe. Bei der Ermittlung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft sei von den individuellen Verhältnissen des Einzelfalls auszugehen, insbesondere von der Zahl der Familienangehörigen, ihrem Alter, Geschlecht und ihrem Gesundheitszustand. Weiterhin entscheidend seien die Zahl der vorhandenen Räume, das örtliche Mietniveau und die Möglichkeiten des örtlichen Wohnungsmarktes. In der Gesetzesbegründung werde ausgeführt, dass die Höhe der Angemessenheit in Anlehnung an die Praxis des örtlichen Trägers der Sozialhilfe am Wohnort des Antragstellers zu bestimmen sein werde.
Gegen diesen Ansatzpunkt wendet sich die Begründung des Zulassungsantrags ausdrücklich nicht. Die Kläger tragen, allerdings zu Unrecht, vor, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Prüfung der Angemessenheit i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 GSiG ("angemessene tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung") nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass den Klägern vertraglich ein lebenslanges Wohnrecht an der ihnen von ihrer Tochter vermieteten Wohnung zustehe. Das Verwaltungsgericht hat jedoch unter dem Blickwinkel der Zumutbarkeit eines Umzuges insoweit ausgeführt, dass auch für nicht auf Lebenszeit angemietete Wohnungen nach den zivilgesetzlichen Vorschriften ein weitgehender Kündigungsschutz bestehe und Mieterhöhungen nur nach diesen Vorschriften zulässig seien. Im Hinblick auf die Angemessenheit der Kosten hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Miete bis zum 31. Dezember 2001 332,34 Euro betragen habe und zu diesem Zeitpunkt eine Mieterhöhung um 22 % vereinbart worden sei, obwohl es sich um eine Altbauwohnung mit Holz- und Kohleeinzelöfen handle, die nach den Angaben der Kläger sogar auf ihre eigenen Kosten renoviert worden sei. Von einer substantiellen Auseinandersetzung mit diesen Gesichtspunkten kann keine Rede sein, wenn die Kläger lediglich ihr Vorbringen der ersten Instanz wiederholen und im Übrigen nicht überzeugend geltend machen, der Mietpreis von 405 Euro sei deshalb angemessen, weil der Mietvertrag auf ihre Lebensdauer abgeschlossen worden sei und sie deshalb eine eigentümerähnliche Rechtsposition innehätten. Damit sind die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel und der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten nicht in einer den Darlegungserfordernissen genügenden Weise vorgebracht worden. Im Übrigen wäre nach allem eine Zulassung aus diesen Gründen auch dann nicht gerechtfertigt, wenn man das Darlegungserfordernis zurückstellen würde.
Bezüglich des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung wird lediglich dieser Zulassungsgrund angegeben und nicht einmal ansatzweise dargelegt, warum die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben sollte.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GKG. Den Klägern ging es um eine Erhöhung der mit Bescheid vom 23. Dezember 2002 für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003 gewährten Leistungen der Grundsicherung um 60 Euro monatlich. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es einer Streitwertfestsetzung. Das Sachgebiet der Grundsicherung ist in § 188 Satz 1 VwGO nicht aufgeführt. Verfahren dieser Art werden daher von der Gerichtskostenfreiheit nach § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO nicht erfasst. Leistungen der Grundsicherung können auch nicht Leistungen der Sozialhilfe gleichgestellt werden (a.A. OVG RhPf vom 4.4.2003, NVwZ-RR 2003, 657). Die Leistungen der Grundsicherung wurden als weitere Sozialleistungen neben Leistungen der Sozialhilfe in das SGB I mit §§ 28 a, 68 Nr. 18 SGB I eingeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die Leistungen der Grundsicherung gegenüber denen der Sozialhilfe "eigenständig" und vorrangig. Der Gesetzgeber sieht die Leistungen der Grundsicherung im Gegensatz zu denen der Sozialhilfe als die adäquate Lösung für alte und für dauernd voll erwerbsgeminderte Bürgerinnen und Bürger an, die keine ausreichenden Rentenansprüche erworben haben. Aufgabe der Sozialhilfe sei es jedoch, in Einzelfällen bei vorübergehender Notlage nachrangig den notwendigen Lebensunterhalt sicherzustellen und Hilfen zur Überwindung zu gewähren (vgl. BT-Drs. 14/5150 S. 48). Deshalb vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Sachnähe zum Sachgebiet "Sozialhilfe" nicht zu bejahen, wie er sie im Falle des Sachgebietes "Asylbewerberleistungsrecht" annimmt, um die Gerichtskostenfreiheit in Verfahren dieses Sachgebiets zu rechtfertigen. Im Übrigen hat der Gesetzgeber, um dem vom Grundsicherungsgesetz erfassten Personenkreis die Inanspruchnahme der Leistungen nach diesem Gesetz zu erleichtern, eine Reihe von Maßnahmen getroffen und Verwaltungsvereinfachungen vorgenommen (vgl. dazu im Einzelnen Renn in LPK-GSiG, 1. Aufl. 2003, RdNrn. 8 ff. Einleitung). Das spricht dagegen, die Gerichtskostenfreiheit nach dem nicht geänderten § 188 VwGO auch auf das Sachgebiet der Grundsicherung anzuwenden. Eine andere Frage ist, ob der Gesetzgeber durch eine Änderung der Vorschrift auch in Verfahren vorliegender Art die Gerichtskostenfreiheit einführen sollte (so Kunkel, ZFSH/SGB 2003, 323/324).
3. Mit der Ablehnung der Zulassungsanträge wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO). Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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