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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.10.2009
Aktenzeichen: 13 A 08.1678
Rechtsgebiete: FlurbG


Vorschriften:

FlurbG § 64
Weder das allgemeine Interesse an der Schaffung von Rechtssicherheit im Verfahrensgebiet noch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erfordern eine Planänderung im öffentlichen Interesse gemäß § 64 Satz 1 Alt. 1 FlurbG, mit der vor der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung von der Teilnehmergemeinschaft in der Örtlichkeit tatsächlich durchgeführte, aber nicht als rechtlich verbindlich festgestellte und bekannt gemachte Abmarkungen einzelner neuer Grundstücksgrenzen im neuen Rechtszustand förmlich in den Flurbereinigungsplan aufgenommen werden.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

13 A 08.1678

verkündet am 5. Oktober 2009

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Änderung des Textteils;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 13. Senat - Flurbereinigungsgericht -,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Mayr, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Röthinger, den Beisitzer Leitender Baudirektor Dipl.-Ing. Würzl, den Beisitzer Landwirt Karrer, den Beisitzer Landwirt Obster

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Oktober 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Nr. 4 des Bescheids der DLE Regensburg vom 18. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Spruchausschusses bei der DLE Regensburg vom 28. Oktober 2005 wird mit Ausnahme der die gemeinschaftliche Grenze zwischen den Abfindungsflurstücken 1049 und 1066 betreffenden Ergänzung aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 433 Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Teilnehmerin des am 6. September 1979 nach §§ 1, 4 und 37 FlurbG angeordneten Flurbereinigungsverfahrens U.

Am 18. Mai 1995 beschloss der Vorstand der Beigeladenen zu 1 den Flurbereinigungsplan; der Anhörungstermin fand am 27. Juni 1995 statt.

In Nr. 12.2 des Textteils wird festgestellt, dass in Teilen des Verfahrensgebiets im Flurbereinigungsplan die alten Grundstücke und deren Grenzen unverändert wieder ausgewiesen wurden und für diese in der Abfindungskarte farblich gekennzeichneten Bereiche nach wie vor die Unterlagen der Vermessungsverwaltung als Grenznachweise maßgeblich sind. Für die übrigen neuen Flurstücke gilt nach Nr. 12.3 des Textteils, dass deren Grenzen abgesteckt, abgemarkt und die Abmarkungen örtlich überprüft wurden. Sie seien im Grenz- und Flächennachweis (Zuteilungsberechnung, Risse) festgelegt und in der Abfindungskarte dargestellt. Die Abmarkungen würden mit dem Eintritt des neuen Rechtszustands rechtsverbindlich.

Die von der Klägerin gegen den Flurbereinigungsplan nach Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage blieb erfolglos (BayVGH vom 11.11.1999 Az. 13 A 97.1298). In einem davon abgetrennten Verfahren wegen Erschließung der neuen Flurstücke 1048, 1065 und 1083 (Az. 13 A 99.2834), das mit einem Verfahren wegen Erschließung der neuen Flurstücke 1049 und 1063 (Az. 13 A 99.2832) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden war, wurden ebenfalls mit Urteil vom 11. November 1999 Geh- und Fahrtrechte begründet.

Mit Beschluss vom 15. Juni 2000 änderte der Vorstand der Beigeladenen zu 1 den Flurbereinigungsplan dahingehend, dass das dem klägerischen Besitzstand zugeteilte Abfindungsflurstück 2494 verkleinert wurde. Dem lag ein Antrag des Markts K. zu Grunde, demzufolge der Kaufpreis für diese Grundstücksteilfläche bislang nicht entrichtet worden sei. Der nach erfolglosem Vorverfahren hiergegen erhobenen Klage wurde stattgegeben, die Planänderung aufgehoben und der Planstand vor dem 15. Juni 2000 wieder hergestellt (BayVGH vom 10.4.2003 Az. 13 A 01.2550).

Am 12. Oktober 2000 führte die Beigeladene zu 1 im Bereich der Abfindungsflurstücke der Klägerin Abmarkungen durch. Eine Änderung des Textteils zum Flurbereinigungsplan und ein Anhörungstermin hierzu fanden nicht statt. Am 20. Oktober 2000 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Abmarkungen und später Klage (Az. 13 A 01.2548). In der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2003 wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass in der Überführung der laut Textteil zum Flurbereinigungsplan unverändert bestehen bleibenden Grenzen in eine vermessene und abgemarkte Grenze unabhängig davon, ob sich die Flächeninhalte verändert hätten, eine Änderung des Flurbereinigungsplans zu sehen sei. Die Rechtsmittelfähigkeit der Änderung setze die Durchführung eines Anhörungstermins voraus.

Mit Bescheid der seinerzeitigen Direktion für Ländliche Entwicklung R. - DLE - vom 5. November 2001 wurden die Ausführung des Flurbereinigungsplans vor der Unanfechtbarkeit und deren sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Der neue Rechtszustand trat am 30. November 2001 an die Stelle des bisherigen. Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos (BayVGH vom 15.1.2004 Az. 13 A 03.858).

Mit Bescheid vom 18. März 2005 änderte die DLE den Flurbereinigungsplan gemäß § 64 FlurbG und stellte den Verlauf der Grenze zwischen den klägerischen Abfindungsflurstücken 1083 und 1084 neu fest (Nr. 1), korrigierte den Abfindungsnachweis B in Bezug auf die Abfindungsflurstücke 1065 und 1083 (Nr. 2), stellte im Hinblick auf das Entfallen der Rechtswirkungen der Vereinbarung vom 8. Oktober 1992 den Planstand vom 15. Juni 2000 wieder her (Nr. 3) und änderte den Punkt 12.2 des Textteils zum Flurbereinigungsplan (Nr. 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Grenze zwischen den Abfindungsflurstücken 1083 und 1084 sei in der Abfindungskarte zeichnerisch falsch dargestellt. Die eingetragene Grenze weiche auch von den weiteren Flurbereinigungsunterlagen ab. Die Änderung diene dazu, den ausgeführten Planstand widerspruchsfrei vorzutragen. Der Abfindungsnachweis B sei wegen eines Übertragungsfehlers ebenfalls korrekturbedürftig gewesen. Da der Markt K. von der Planvereinbarung vom 8. Oktober 1992 wirksam zurückgetreten sei, sei eine Änderung des Flurbereinigungsplans notwendig geworden. Diese liege auch im öffentlichen Interesse, da die Gemeinde ansonsten Einnahmeausfälle erleiden bzw. keine Nutzung der zurück übertragenen Fläche als Ausgleichsfläche gemäß § 1a Abs. 3 BauGB erfolgen könne. Die Änderung des Textteils zum Flurbereinigungsplan, die sinngemäß vorsieht, dass im einzelnen aufgeführte Grenzen zwischen Abfindungsflurstücken der Klägerin und den Beigeladenen zu 2 bis 4 als abgemarkt gelten sollen, sei erforderlich, um hinsichtlich der vorgenommenen Abmarkungen für die Betroffenen Rechtssicherheit zu schaffen.

Nach Durchführung des Anhörungstermins am 5. April 2005 erhob die Klägerin am 7. April 2005 gegen den Änderungsbescheid Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid des Spruchausschusses bei dem nunmehrigen Amt für Ländliche Entwicklung O. - ALE - vom 28. Oktober 2005 zurückgewiesen. Die Klägerin sei wertgleich abgefunden. Die neue Grenzziehung zwischen den Abfindungsflurstücken 1083 und 1084 sei innerhalb des klägerischen Besitzstands erfolgt und beeinträchtige die Wertgleichheit der Abfindung nicht. Gleiches gelte für die Korrektur der Flächengrößen im Abfindungsnachweis B. Die im geänderten Textteil zum Flurbereinigungsplan aufgeführten Abmarkungen hätten am 12. Oktober 2000 stattgefunden. Aufgrund der Tatsache, dass nach eigenem Bekunden der Klägerseite der Großteil der dabei gesetzten Grenzsteine von ihr entfernt worden sei, könne nicht mehr zweifelfrei geklärt werden, ob die Abmarkungen den Vorgaben des Flurbereinigungsplans entsprächen. Dieses Verhalten führe jedoch dazu, dass die Richtigkeit der Abmarkungen der Beigeladenen zu 1 als bewiesen angesehen werden könne.

Die Klägerin erhob am 16. Januar 2006 Klage. Zur Begründung führte sie mit Schreiben vom 29. März 2006 aus, es fehle am notwendigen öffentlichen Interesse für eine Änderung des Flurbereinigungsplans. Die an den Markt K. zurück übertragene Fläche habe sich nicht in dessen Eigentum befunden, sondern sei Bestandteil ihrer Einlageflurstücke 2527 und 2530 gewesen.

Der Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 28. August 2006 gegen die Klage und führte u.a. aus, soweit eine Überprüfung der Abmarkung nicht mehr möglich sei, weil die Grenzsteine eigenmächtig entfernt worden seien, müsste die Klägerseite die Beweislast tragen.

Das Gericht hat am 21. März 2007 Beweis erhoben durch die Einnahme eines Augenscheins und mündlich verhandelt. Der die Nr. 4 des Bescheids vom 18. März 2005 betreffende Verfahrensteil wurde abgetrennt und als eigenes Klageverfahren mit dem Aktenzeichen 13 A 07.1278 und dem Betreff "Änderung des Textteils" fortgeführt. Dem Beklagten wurde hierzu u.a. aufgegeben, das öffentliche Interesse gemäß § 64 FlurbG für die Planänderung darzulegen.

Im verbliebenen Verfahren 13 A 06.111 wurde die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg (BVerwG vom 6.12.2007 Az. BVerwG 9 B 53.07).

Mit Schreiben vom 4. September 2007 teilte der Beklagte mit, die Abmarkung habe vor Erlass der Ausführungsanordnung stattgefunden. Allerdings sei versäumt worden, diese ordnungsgemäß bekannt zu machen. Dieser Umstand sei dem Amt erst im Jahr 2003 zur Kenntnis gelangt. Da die (vorzeitige) Ausführungsanordnung im November 2001 ergangen sei, habe der Flurbereinigungsplan nur noch nach § 64 FlurbG geändert werden können. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der Abmarkung, da diese nicht allein dem Interesse der betroffenen Grundstückseigentümer, sondern auch der Rechtssicherheit im Verfahrensgebiet diene. Der genaue Verlauf der grafischen Grenze in der Natur sei bei einer Vielzahl von Flurstücken zwischen den Beteiligten umstritten gewesen. Streitigkeiten dieser Art durch Abmarkung dauerhaft zu lösen, sei Aufgabe der Flurneuordnung. Da die Klägerin durch die Abmarkung keine Nachteile erleide, sei ihr die förmliche Regelung zumutbar.

Das vorliegende wegen des beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen - vorgreiflichen - Verfahrens Az. BVerwG 9 B 53.07 ruhend gestellte Verfahren wurde aufgrund eines entsprechenden Schreibens des Beklagten vom 18. Juni 2008 nach zwischenzeitlicher statistischer Erledigung unter dem jetzigen Aktenzeichen fortgeführt.

Mit Beschluss vom 5. August 2008 wurden die abmarkungsbetroffenen Grundstückseigentümer zum Verfahren beigeladen.

Die Klägerin führte mit Schreiben vom 31. August 2009 aus, die Änderungskarte zur Abfindungskarte vom 12. Oktober 2000 zeige nicht die tatsächliche Abmarkung im Bereich der Flurstücke 1048, 1066, 1065 und 1062. Diese Abmarkung sei ohne vorherige Anhörung und daher rechtswidrig erfolgt. Die Änderung unter Nr. 12.2 des Textteils zum Flurbereinigungsplan ermögliche dem Beklagten eine freie Ausgestaltung des Kartenmaterials. Mit ihr werde auch der Flurbereinigungsplan geändert. Der Beklagte könne den Verlauf der grafischen Grenze so darstellen, wie er es für richtig halte. Das Setzen von Grenzsteinen sei auf der Grundlage der Regelung in Nr. 12.2 des Textteils zum Flurbereinigungsplan nicht gerechtfertigt. Die Änderung des Textteils ziele darauf ab, die mit der Abmarkung erfolgten Zuteilungen an andere Teilnehmer für rechtmäßig zu erklären. Hierfür bestehe jedoch kein öffentliches Interesse. Durch die Abmarkung am 12. Oktober 2000 habe sich ihr Besitzstand verkleinert. Im Bereich der Abfindungsflurstücke 1083 zu 1089 und zu 1090 sei mit der Abmarkung ein Grundabzug verbunden gewesen. Dieser werde durch die GPS-Vermessung des Landwirtschaftsamts bestätigt und ergebe sich auch aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts R. vom 23. Oktober 2008. Durch die Abmarkung sei dem Abfindungsflurstück 1063 des Beigeladenen zu 2 eine zusätzliche Fläche von 420 m² zugeteilt worden. Auch sei eine neue Abformung der Südspitze des Abfindungsflurstücks 1083 wiederum zu dessen Gunsten erfolgt. Zudem sei den Beigeladenen zu 2 und zu 3 eine beträchtliche Waldfläche aus den Flurstücken 1065 und 1062 zugemessen worden.

Mit Schreiben vom 6. August 2009 nahm der Beigeladene zu 3 Stellung. Er legt im Wesentlichen dar, die Abmarkung sei rechtens gewesen und die von Klägerseite entfernten Grenzzeichen würden für die Erkennbarkeit der Grenze benötigt.

Mit Schreiben vom 15. September 2009 verwies der Beklagte auf seine bereits erfolgten Begründungen zum Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Planänderung. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die streitgegenständliche Regelung in den Bescheid vom 18. März 2005 aufgenommen wurde, um die bislang noch nicht vorgenommene Bekanntgabe der Abmarkung nachzuholen. Eine vorherige Anhörung sei nicht erforderlich gewesen. Die von der Klägerin vorgelegte Gerichtsentscheidung sei für das vorliegende Verfahren nicht relevant, da es nur die tatsächlich landwirtschaftlich genutzte Fläche betreffe, die nicht notwendigerweise mit der Gesamtfläche des Flurstücks übereinstimmen müsse.

Die Klägerin äußerte sich mit Schreiben vom 20. September 2009 zu den Stellungnahmen des Beigeladenen zu 3 und des Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätige die Richtigkeit der GPS-Vermessung und den Flächenverlust entlang des abgemarkten Grenzverlaufs. Bei den entfernten Grenzsteinen, die am 12. Oktober 2000 gesetzt worden seien, habe es sich nicht um Grenzzeichen im rechtlichen Sinn gehandelt. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2009 vertiefte sie ihre bisherigen Ausführungen nochmals.

Das Gericht hat am 5. Oktober 2009 einen weiteren Augenscheinstermin und eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf die hierüber gefertigten Niederschriften verwiesen.

Die Bevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 31. August 2009 mit der Maßgabe, dass eine Bescheidsaufhebung nur erfolgen solle, soweit ihr Besitzstand betroffen sei.

Die Vertreterin des Beklagten beantragt Klageabweisung.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 und die Beigeladenen zu 2 und zu 3 stellen keinen Antrag, regen aber an, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die vorliegenden Verwaltungs- und die Gerichtsakten, die Niederschriften über die durch-geführten Augenscheine sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Nr. 4 des Bescheids der DLE vom 18. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2005 ist - soweit darin die Abmarkung der Grenzen von neuen Grundstücken der Klägerin festgestellt wird - rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten (§ 144 Satz 1, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Flurbereinigungsplan kann auch wegen der Abmarkung der neuen Grundstücke angefochten werden. Die Abmarkung einschließlich der vorangegangenen Vermessung stellt einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts dar, dass die in der Natur vermessene und abgemarkte Grenze mit der in der amtlichen Flurkarte festgelegten Flurstücksgrenze übereinstimmt (BVerwG vom 19.8.1970 DÖV 1972, 174; BayVGH vom 27.10.1959 BayVBl 1960, 22; vom 20.12.1972 BayVBl 1974, 45; HessVGH vom 11.4.1973 AgrarR 1974, 106; Schwantag in Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, RdNr. 19 zu § 65; Simmerding, Bayerisches Abmarkungsrecht, 2. Aufl. 1986, RdNr. 7 zu Art. 21). Mit der in einen Flurbereinigungsplan aufgenommenen Feststellung, dass die Grenzen der neuen Grundstücke abgesteckt und abgemarkt wurden, wird die Übereinstimmung der in der Natur vermessenen und abgemarkten Grenzen mit den im Flurbereinigungsplan vorgetragenen Flurstücksgrenzen festgestellt (s. hierzu BayVGH vom 16.10.1986 BayVBl 1988, 89 = RzF 3 zu § 35). Im vorliegenden Fall wurde für die konkrete Lage der abgemarkten Grenzen in Nr. 12.3 des Textteils zum Flurbereinigungsplan bestimmt, dass die Festlegung im Grenz- und Flächennachweis (Zuteilungsberechnung, Risse) und die Darstellung in der Abfindungskarte gelten sollen. Durch Nr. 4 des Bescheids zur Änderung des Flurbereinigungsplans vom 18. März 2005 wurde dies auch für die hier streitgegenständlichen Flurstücksgrenzen festgelegt. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass nach Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans nach § 64 FlurbG nur noch von der DLE und nicht mehr von der Beigeladenen zu 1 verfügt werden konnte. Mit der durch Bescheid der DLE vom 5. November 2001 erfolgten Anordnung der Ausführung des Flurbereinigungsplans vor der Unanfechtbarkeit (§ 63 FlurbG) zum 30. November 2001 erlosch die umfassende Kompetenz der Beigeladenen zu 1 für Planänderungen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG (so z.B. zuletzt OVG MV vom 23.4.2008 RdL 2008, 236; allgemein hierzu Kaiser, RdL 1972, 281). An deren Stelle tritt die inhaltlich weitaus enger gefasste Zuständigkeit der DLE, nunmehr ALE, nach § 64 FlurbG (Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 AGFlurbG).

Ob vor Erlass des Bescheids vom 18. März 2005, mit dem die streitgegenständlichen Abmarkungen in der Form verbindlicher Festlegungen in den Flurbereinigungsplan aufgenommen wurden, eine Anhörung der Betroffenen hätte erfolgen müssen, wie die Klägerin vorträgt, kann dahinstehen, da sie im Widerspruchsverfahren in ausreichendem Umfang Gelegenheit zur Äußerung hatte und damit ein möglicher Verfahrensfehler gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG jedenfalls geheilt wäre (s. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, RdNrn. 70 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, RdNr. 26 zu § 45).

Die Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans im neuen Rechtszustand ist der Flurbereinigungsbehörde lediglich unter ganz bestimmten - sachlich eng begrenzten - Voraussetzungen gestattet. § 64 Satz 1 FlurbG erlaubt dies nur, wenn öffentliche Interessen oder wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten die Änderung oder Ergänzung erfordern oder wenn ihr eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird (vgl. zum Ganzen Mayr, Nachträgliche Änderungen des Flurbereinigungsplanes nach § 64 FlurbG, AgrarR 2001, 201). Da hier keine dieser drei - alternativ zu prüfenden - Voraussetzungen vorliegt und der DLE damit gesetzlich auch keine Handlungsbefugnis zugewiesen war, ist die streitgegenständliche Änderung bzw. Ergänzung des Flurbereinigungsplans - ohne dass es eines Eingehens auf die materielle Rechtslage bedarf - bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen unzulässig.

Öffentliche Interessen im Sinn von § 64 Satz 1 Alt. 1 FlurbG erfordern die unter Nr. 4 des Bescheids vom 18. März 2005 erfolgte Modifizierung des Textteils zum Flurbereinigungsplan nicht. Solche liegen vor, wenn nicht Individualinteressen eines Beteiligten, sondern die Belange der Allgemeinheit berührt sind (BayVGH vom 21.5.2007 RdL 2008, 191/192). Sie ergeben sich in der Regel aus dem Verfassungsrecht, gesetzlichen Bestimmungen oder sonstigem untergesetzlichen Recht und korrespondieren mit dem Sinn und Zweck der jeweiligen Norm (s. zum Begriff des öffentlichen Interesses z.B. VGH BW vom 9.10.1989 DVBl 1990, 60; Reiling, DÖV 2004, 181/185 ff.; Mayr, a.a.O., S. 201).

Die streitgegenständliche Planänderung wird vom Beklagten hier damit begründet, dass es im öffentlichen Interesse liege, die tatsächlich durchgeführten Abmarkungen nunmehr in rechtlich verbindlicher Form bekanntzugeben und damit Rechtssicherheit im Verfahrensgebiet herzustellen. Zutreffend ist zunächst zwar, dass es das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (auch) gebietet, im Gesetzesvollzug für erforderlich gehaltene hoheitliche Einzelfallentscheidungen durch Verwaltungsakt (Art. 35 BayVwVfG) zu regeln. Auch wohnt der Schaffung von Rechtssicherheit in Bezug auf die Grenzen der neuen Grundstücke ein öffentliches Interesse allgemeiner Art inne (vgl. z.B. § 37 Abs. 1 Satz 4 FlurbG).

Bereits dem Wortlaut von § 64 Satz 1 FlurbG lässt sich jedoch entnehmen, dass das bloße Berührtsein eines öffentlichen Interesses allein nicht genügt. Vielmehr muss dieses die Planänderung "erfordern". Dem (vorzeitig) ausgeführten Flurbereinigungsplan, der in seinem Regelungsbereich die Privatrechtsverhältnisse der Teilnehmer neu gestaltet, wurde dadurch, dass im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Modifizierungen nur unter engen Voraussetzungen möglich sind, vom Gesetzgeber ein erhöhtes Maß an Änderungsfestigkeit zuerkannt. Dementsprechend wird allgemein davon ausgegangen, dass § 64 FlurbG eng auszulegen ist und nur die Plankorrekturen in Betracht kommen, die unumgänglich erscheinen (vgl. BVerwG vom 16.7.1975 BVerwGE 49, 176/181 ff.; vom 10.11.1993 RdL 1994, 35; BayVGH vom 28.11.1974 RzF 13 zu § 64 FlurbG; Schwantag, a.a.O., RdNr. 2 zu § 64). Aus der dritten Alternative der Tatbestandsvoraussetzungen des § 64 FlurbG, nämlich das Bekanntwerden einer rechtskräftigen, die Plangestaltung berührenden gerichtlichen Entscheidung, wird in Bezug auf das notwendige Gewicht des öffentlichen Interesses ersichtlich, "wie intensiv das Korrekturerfordernis sein muss, um einem gerichtlichen Verpflichtungsausspruch gleichgesetzt zu werden" (BVerwG vom 16.7.1975 a.a.O.). Hieraus folgt, dass bei den beiden erstgenannten Alternativen eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans nur in Erwägung gezogen werden darf, wenn die in § 64 FlurbG angeführten, als besonders wichtig anzusehenden Interessen eine solche Plankorrektur erfordern, sie also unumgänglich notwendig erscheinen lassen, "um die Neugestaltung so zu bewirken, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten entspricht und wie es das Wohl der Allgemeinheit erfordert" (BVerwG vom 16.7.1975 a.a.O.; vom 29.4.1976 BVerwGE 49, 3 = RzF 11 zu § 60 Abs. 1; vom 26.3.1981 RdL 1981, 180; vom 24.5.1989 RdL 1989, 183; vom 10.11.1993 a.a.O.).

Ob den betroffenen Allgemeininteressen ein derartiges Gewicht zukommt, kann nur im Zusammenhang mit der jeweiligen Vorschrift entschieden werden und hängt von den Besonderheiten des Einzelfalls ab. Dementsprechend hat sich eine Verallgemeinerungen kaum zulassende ausdifferenzierte Kasuistik entwickelt (s. hierzu z.B. Schwantag, a.a.O., RdNrn. 2 ff. zu § 64; Mayr a.a.O.).

Im vorliegenden Fall zielte die unter Nr. 4 des Bescheids vom 18. März 2005 vorgenommene Ergänzung von Nr. 12.2 des Textteils darauf, die im Jahr 2000 vor Ort durchgeführte Abmarkung der im einzelnen beschriebenen Grenzen als rechtlich verbindlich festzustellen und rechtsmittelfähig bekannt zu machen, um den beteiligten Grundstückseigentümern Rechtssicherheit bezüglich des Verlaufs dieser Grenzen zu verschaffen. Diese Interessen begründen jedoch kein ausreichendes öffentliches Interesse im Sinn von § 64 Satz 1 Alt. 1 FlurbG. Weder die Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung noch das Ziel, im Verfahrensgebiet Rechtssicherheit in Bezug auf die Grenzen (einzelner) neuer Grundstücke zu schaffen, machen die vorgenommene Änderung des Flurbereinigungsplans nach Anordnung der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung notwendig. Die damit verfolgten Interessen genügen den gesetzlichen Anforderungen nicht. Im Vordergrund stehen hier nämlich eindeutig die privaten Interessen der beteiligten Grundstückseigentümer an der rechtlich verbindlichen Regelung des Grenzverlaufs. Die vom Beklagten in diesem Zusammenhang dargestellten öffentlichen Interessen sind lediglich genereller Art und erfordern die getroffene Regelung nicht. Sie sind als allgemeine Handlungsprämissen bzw. Verfahrensziele stets zu beachten, können aber hier die nachträglichen Planänderungen nicht rechtfertigen, da ein Vorgehen nach § 64 FlurbG sonst praktisch einschränkungslos zulässig wäre.

Das Gewicht der vom Beklagten dargestellten öffentlichen Interessen wird zudem auch dadurch relativiert, dass die Abmarkung nur für weitere acht Grenzen als rechtlich verbindlich festgestellt wurde. Für alle anderen von Nr. 12.2 des Textteils erfassten Abfindungsflurstücke wurde hiervon jedoch - unter Verzicht auf die Schaffung von Rechtssicherheit - abgesehen.

Gegen die Erforderlichkeit der angegriffenen Planergänzung spricht auch, dass von den betroffenen Grundstückseigentümern eine verbindliche Entscheidung über den Verlauf der Grundstücksgrenzen im Sinn von Art. 2 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die Abmarkung der Grundstücke (Abmarkungsgesetz - AbmG) bzw. eine Abmarkung gemäß Art. 1 AbmG auch außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens erlangt werden kann. Da die Abmarkung von Grundstücksgrenzen nicht nur von Amts wegen, sondern nach Art. 14 Abs. 2 AbmG auch auf Antrag eines Grundstückseigentümers vorgenommen werden kann, sind insbesondere die Beigeladenen zu 2 bis 4 auf ein Tätigwerden der Flurbereinigungsbehörde nicht zwingend angewiesen, um abgemarkte Grundstücksgrenzen zu erhalten.

Im Übrigen hätten aus der Sicht betroffener Teilnehmer möglicherweise noch bestehende Ansprüche auf die Abmarkung der neuen Grundstücke durch Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan geltend gemacht werden müssen. Soweit ersichtlich wurden aber diesbezügliche Rechtsbehelfe nicht erhoben, so dass der Flurbereinigungsplan insoweit Bestandskraft erlangt hat. Im Ergebnis ist die Planänderung also nicht von einem öffentlichen Interesse gefordert und von § 64 Satz 1 Alt. 1 FlurbG nicht gedeckt.

Auf § 64 Satz 1 Alt. 2 FlurbG vermag der Beklagte die Planänderung ebenfalls nicht zu stützen, da etwaige wichtige wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten, z.B. im Hinblick auf die Veräußerungsmöglichkeiten der Grundstücke, jedenfalls vorhersehbar waren.

Soweit die Beigeladene zu 1 geltend macht, die Hinweise des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2003 seien dem Bekanntwerden einer gerichtlichen Entscheidung im Sinn von § 64 Satz 1 Alt. 3 FlurbG gleichzusetzen, kann auch dies die Planänderung nicht rechtfertigen, da dieser Sichtweise der insoweit eindeutige Wortlaut der - eng auszulegenden (s. oben) - Bestimmung entgegen steht und eine auf der Grundlage des Hinweises getroffene gerichtliche Entscheidung jedenfalls nicht die Regelung der fraglichen Grenzen, wie sie im Flurbereinigungsplan erfolgt ist, zum Gegenstand hätte haben können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Erhebung des Pauschsatzes für die baren Auslagen des Gerichts und die Gebührenpflichtigkeit des Verfahrens folgen aus § 147 Abs. 1 FlurbG. Die Regelung zu den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen folgt aus § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht im vorliegenden Fall nicht der Billigkeit, diese Kosten dem Beklagten aufzuerlegen (s. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, RdNr. 23 zu § 162).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine gesetzliche Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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