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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.07.2007
Aktenzeichen: 14 CS 07.966
Rechtsgebiete: VwGO, BayBO, BauGB, WHG, BayWG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 99 Abs. 2
BayBO Art. 82 Satz 1
BayBO Art. 87 Abs. 1 Nr. 6
BauGB § 29 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6
WHG § 34 Abs. 2 Satz 1
BayWG Art. 75 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

14 CS 07.966

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Beseitigungsanordnung (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. März 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese

ohne mündliche Verhandlung am 3. Juli 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. März 2007 wird der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Landratsamts N******* **** ***** * *** ********* vom 29. September 2006 abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 150.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen eine Beseitigungsanordnung gerichteten Klage.

1. Das Landratsamt N******* ** ** ***** * *** ********* gestattete der Antragstellerin mit bestandskräftiger Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 die Rekultivierung der Tongrube O************** (Fl.Nr. ***) einschließlich Abgrabungen und Verfüllungen (Nr. 1 des Bescheids). Darüber hinaus regelte die Behörde im einzelnen das für die Verfüllung zugelassene Material (Nr. 2) und ordnete eine vierteljährliche Fremdüberwachung an (Nr. 9). Diese Auflagen blieben in den ebenfalls bestandskräftigen Nachtrags- bzw. Tekturbescheiden (vom 6.4.2005, vom 8.7.2005 und vom 15.12.2005) unverändert. Im Jahr 2006 begann die Antragstellerin mit der Verfüllung der Tongrube. Nachdem das Wasserwirtschaftsamt A****** auf das Gefährdungspotential des verwendeten Verfüllmaterials hingewiesen und neben der sofortigen Untersagung der weiteren Verfüllung auch die vollständige Beseitigung des eingelagerten Materials gefordert hatte (Schreiben vom 8.5.2006), stellte das Landratsamt die Bauarbeiten zur Verfüllung der Tongrube ein (Nr. 1 des Bescheids vom 11.5.2006), drohte für den Fall der Nichteinhaltung der Nr. 1 ein Zwangsgeld an (Nr. 2) und erklärte den Bescheid für sofort vollziehbar (Nr. 3). Der hiergegen gerichtete Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage blieb ohne Erfolg (Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 28.8.2006). Unter dem 11. September 2006 legte der Antragsgegner ein von der Kriminalpolizei in Auftrag gegebenes Gutachten des Ingenieurbüros ***** * ******* vom 23. August 2006 vor, wonach weder der eingebrachte Straßenkehricht (ca. 11.000 m³) noch der ebenfalls eingebrachte Gleisschotter (ca. 6.000 m³) zur Auffüllung der Tongrube zulässig seien; durch das Sickerwasser sei eine Grundwassergefährdung zu erwarten.

Mit dem Bescheid vom 29. September 2006 verpflichtete das Landratsamt die Antragstellerin, folgende Maßnahmen zu veranlassen:

"1. Die Fa. *** Bodensanierung Recycling GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer (...), wird verpflichtet, folgende Maßnahmen zu veranlassen:

1.1 Beseitigung der gesamten Verfüllung des Verfüllabschnittes 1:

Die bisher vorgenommene Verfüllung in Verfüllabschnitt 1 (VA 1), also das gesamte dort ab der Sohle aufwärts eingebaute Verfüllmaterial, ist vollständig unverzüglich und kontinuierlich unter Beachtung der nachstehend genannten Maßgaben wieder auszubauen und zu beseitigen, d.h. vom Tongrubengrundstück Fl.Nr. *** Gemarkung, M******* zu verbringen.

a) Mit den Beseitigungsarbeiten ist bis spätestens 1. November 2006 zu beginnen.

b) Bis spätestens 1. Dezember 2006 sind nachweislich mindestens insgesamt 7.500 m³ Verfüllmaterial abzufahren. Den Nachweis hat die Fa. *** GmbH termingerecht zu erbringen.

c) Bis spätestens 1. Januar 2007 sind nachweislich mindestens insgesamt 15.000 m³ Verfüllmaterial abzufahren. Den Nachweis hat die Fa. *** GmbH termingerecht zu erbringen.

d) Bis spätestens 1. Februar 2007 sind nachweislich mindestens insgesamt 22.500 m³ Verfüllmaterial abzufahren. Den Nachweis hat die Fa. *** GmbH termingerecht zu erbringen.

e) Bis spätestens 28. Februar 2007 ist die Beseitigung des gesamten Verfüllmateriales vollständig abzuschließen. (...)

f) Die ordnungsgemäße Entsorgung des auszubauenden Materials ist dem Landratsamt jeweils zum Monatsende unaufgefordert durch Vorlage entsprechender Belege nachzuweisen.

1.2 Maßnahmen vor der (Wieder-)Verfüllung:

a) Vor der erneuten Verfüllung der Tongrube ist die ordnungsgemäße Beschaffenheit der Sohlabdichtung für den VA 1 entsprechend den Auflagen Nr. 3 (Abnahmepflichten, Anzeigepflichten) des Genehmigungsbescheides vom 21.12.2004, (...), durch ein anerkanntes Fachbüro nachzuweisen. Der Nachweis ist dem Landratsamt vorzulegen. Vorher darf mit der erneuten Verfüllung des VA 1 nicht begonnen werden.

b) Vor der erneuten Verfüllung der Tongrube ist die ordnungsgemäße Beschaffenheit und Funktionsfähigkeit der Sohlentwässerung und der Entwässerung zu den Grubenflanken des VA 1 durch ein anerkanntes Fachbüro nachzuweisen. Der Nachweis ist dem Landratsamt vorzulegen. Vorher darf mit der erneuten Verfüllung des VA 1 nicht begonnen werden.

c) Nach Abschluss der Beseitigungsarbeiten ist noch der Nachweis zu erbringen, dass die Sohle der Ablagerungsfläche selbst keine erhöhten PAK-, PBSM- und lösliche Organikgehalte zeigt. Der Nachweis ist dem Landratsamt vorzulegen. Vorher darf mit der erneuten Verfüllung des VA 1 nicht begonnen werden."

Zugleich ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung der vorstehenden Verpflichtung an (Nr. 4 des Bescheids).

2. Dem Antrag der Antragstellerin vom 2. November 2006, die aufschiebende Wirkung der Klage vom selben Tag gegen den Bescheid des Landratsamtes N******* ** ** ***** * *** ********* vom 29. September 2006 wiederherzustellen, gab das Verwaltungsgericht Ansbach nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 15. März 2007 statt. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. September 2006 sei wiederherzustellen, weil das private Verschonungsinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege. Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung sei Art. 82 Satz 1 BayBO. Es sei derzeit nicht offensichtlich absehbar, ob die Verfüllung der Tongrube der erteilten Baugenehmigung entspreche bzw. ob sie nachträglich genehmigungsfähig sei und die Beseitigung des gesamten bisherigen Verfüllmaterials (ca. 30.000 m³) unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gefordert werden könne. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens erscheine als offen; jedenfalls könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Hauptsache offensichtlich erfolglos bleiben werde. Entgegen dem Gutachten des Ingenieurbüros ***** * ******* vom 23. August 2006, auf welches sich der Antragsgegner stütze, hielten die von der Antragsstellerin vorgelegten Gutachten eine Grundwassergefährdung für nahezu ausgeschlossen. Es bedürfe auf Grund der komplexen Materie zur Entscheidung in der Hauptsache einer weiteren mündlichen Verhandlung. Zudem fehle es an dem besonderen Vollzugsinteresse. Angesichts der Höhe der voraussichtlich anfallenden Beseitigungskosten und in Anbetracht der Tatsache, dass nach der bisherigen Prozesslage keine Gefährdung des Grundwassers zu besorgen sei, müsse unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes die Notwendigkeit eines Sofortvollzugs verneint werden.

3. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen diesen Beschluss und beantragt,

den Beschluss vom 15. März 2007 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes N******* ****** * *** ********* vom 29. September 2006 abzulehnen.

Zur Begründung trägt die Landesanwaltschaft unter Vorlage eines weiteren Gutachtens des Ingenieurbüros ***** * ******* vom 30. März 2007 sowie einer Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts A****** vom 25. Juni 2007 vor, die formelle Illegalität der Baumaßnahme stehe fest, weil - entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts - das Verfüllmaterial (Straßenkehricht und unbehandelter Gleisschotter) nachweisbar nicht der bestandskräftigen Baugenehmigung entspreche. Die Antragstellerin habe ausdrücklich eingeräumt, das Material falsch deklariert zu haben. Darüber hinaus könnten nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden. Denn auf Grund der fachlichen Beurteilungen des Landratsamts, des Wasserwirtschaftsamts, des Landesamts für Umweltschutz sowie des Gutachtens des Ingenieurbüros ***** * ******* stehe fest, dass eine Verfüllung mit diesen Materialien nicht Betracht komme. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit müsse verlangt werden, das gesamte bisher verfüllte Material zu beseitigen. Nicht haltbar sei die Auffassung, eine Grundwassergefährdung sei nicht feststellbar. Dem stehe die Stellungnahme des amtlichen Sachverständigen, d.h. des Wasserwirtschaftsamts entgegen, die das Gericht nicht mit dem entsprechenden Gewicht berücksichtigt habe. Die Privatgutachten der Antragstellerin hätten hingegen nicht mit dem gleichen Gewicht in die Abwägung eingestellt werden dürfen. Demgegenüber bestätige das neue Gutachten des Ingenieurbüros ***** * *******, dass eine Gefährdung des Grundwassers und der Oberflächengewässer vorliege. Eine andere Möglichkeit als die sofortige vollständige Beseitigung des verfüllten Materials sei somit nicht gegeben. Aufgrund der konkreten Grundwassergefährdung überwiege das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Dem könnten auch keine Kostenargumente entgegengesetzt werden.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt zur Begründung unter Vorlage verschiedener Gutachten u.a. vor, eine bauordnungsrechtliche Verfügung sei ausgeschlossen, wenn es um die Beseitigung abfallrechtswidriger Zustände gehe. Darüber hinaus liege keine formelle Illegalität vor, weil das verfüllte Material den in der Baugenehmigung vorgegebenen Anforderungen entspreche; die Zuordnungswerte seien eingehalten. Weiterhin könnten vorliegend auch auf andere Weise rechtmäßige Zustände herbeigeführt werden, weil alle Materialien für die Verfüllung geeignet seien. Die Verfüllung sei somit nachträglich genehmigungsfähig. Eine Grundwassergefährdung liege nicht vor.

4. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Der Verwaltungsgerichtshof konnte über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 3 VwGO) und ohne, dass es einer vorherigen Entscheidung nach § 99 Abs. 2 VwGO bedurft hätte, entscheiden. Denn das Wasserwirtschaftsamt A****** ist dem Verlangen des Verwaltungsgerichtshofs, die einschlägigen Akten vorzulegen (Schreiben vom 7.5.2007), umfassend nachgekommen. Einer weiteren Aktenvorlage bedurfte es nicht. Das Vorlageersuchen erstreckte sich weder auf die nach Aktenvorlage, d.h. in den Monaten Mai und Juni 2007 bei dem Wasserwirtschaftsamt angefallenen Aktenstücke noch auf den Schriftverkehr der Behörde mit der Kriminalpolizei. Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung des aktuellen Vortrags der Antragstellerin (Schriftsatz vom 2.7.2007) keinen Anlass, die vorgenannten Akten, deren Entscheidungserheblichkeit weder erkennbar noch sonst dargelegt ist, von der Behörde anzufordern. Bei einer solchen Fallgestaltung kommt eine Entscheidung des Fachsenats gem. § 99 Abs. 2 VwGO nicht in Betracht (so auch: OVG Saarl vom 21.6.2002 NVwZ 2003, 367; vgl. auch: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, RdNr. 5 zu § 99).

2. Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29. September 2006 gerichteten Klage (§ 80 Abs. 5 VwGO) zu Unrecht stattgegeben. Denn die Anordnung des Sofortvollzugs entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO (dazu unten Buchst. a). Darüber hinaus überwiegt das öffentliche Interesse an der unverzüglichen Beseitigung der streitgegenständlichen Verfüllung das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache (dazu unten Buchst. b).

a) Die Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom 29. September 2006 erfüllt die Anforderungen an die schriftliche Begründung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO. Durch die Hinweise auf die mögliche Gefährdung des Grundwassers bzw. eines Oberflächengewässers (Aurach) ist die Begründung nicht lediglich formelhaft, sondern geht auf die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe ein.

b) Entgegen der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Einschätzung kommt der Senat darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angesichts der Umstände des vorliegenden Falls das Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung verschont zu bleiben, überwiegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und verwaltungsgerichtlicher Klage eine Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und ein fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses ist. Überwiegende öffentliche Belange können es indessen rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfG vom 10.10.2003 NVwZ 2004, 93 f. m.w.N.). Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts muss über jenes Interesse hinausgehen, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Bei der von den Gerichten vorzunehmenden Abwägung, ob das Vollzugsinteresse der Behörde gewichtiger ist als das Interesse des Bürgers, zunächst nichts tun zu müssen, sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als ein wesentliches Indiz zu berücksichtigen (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, RdNr. 156 zu § 80; J. Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 73 ff. zu § 80 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat mit der Begründung, dass "eine tatsächliche und aktuell drohende Gefährdung des Grundwassers (...) nicht feststellbar" sei, unzutreffend dem Aufschubinteresse der Antragstellerin größeres Gewicht als dem öffentlichen Vollzugsinteresse beigemessen und demzufolge dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Unrecht stattgegeben. Für diese Einschätzung sprechen folgende Erwägungen:

aa) An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beseitigungsanordnung bestehen nach summarischer Überprüfung der Rechtslage keine durchgreifenden Zweifel. Zutreffend stützt der Antragsgegner die streitgegenständlichen Anordnung auf Art. 82 Satz 1 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung von Anlagen anordnen kann, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Anwendung dieser Befugnisnorm ist vorliegend nicht ausgeschlossen (dazu unten Buchst. aaa). Darüber hinaus hat der Senat nach summarischer Prüfung auch keine Zweifel daran, dass die Verfüllung der Tongrube im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften durchgeführt wurde und dass ihre Beseitigung erforderlich ist, um rechtmäßige Zustände herzustellen. Denn die Verfüllung verstößt nicht nur gegen formelles Recht, weil sie entgegen der Auflagen in der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 erfolgt ist (dazu unten Buchst. bbb), sondern auch gegen materielles Recht, weil sie bauplanungsrechtlich unzulässig ist (dazu unten Buchst. ccc). Ermessensfehler sind nicht erkennbar (dazu unten Buchst. ddd).

aaa) Die Anwendung von Art. 82 Satz 1 BayBO ist insbesondere nicht gem. Art. 87 Abs. 1 Nr. 6 BayBO ausgeschlossen. Denn bei der Verfüllung der Tongrube handelte es sich nicht um die gem. § 31 Abs. 2 KrW-/AbfG genehmigungspflichtige Errichtung einer Abfallbeseitigungsanlage, sondern um eine stoffliche Verwertung von Abfällen im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG (BVerwG vom 14.4.2005 BVerwGE 123, 247/250), für die eine spezifische abfallrechtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand Februar 2007, RdNr. 42 zu Art. 87). Hauptzweck der Verfüllung war nämlich nicht die Beseitigung des Schadstoffpotentials der Abfälle, sondern deren stoffliche Verwertung durch die Verwendung als Verfüllmaterial. Für diese Sichtweise spricht nicht zuletzt der Umstand, dass die Behörde in der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 entsprechend den Leitlinien in der Vereinbarung zwischen Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen und dem Bayer. Industrieverband Steine und Erden e.V. vom 21. Juni 2001 ("Anforderungen an die Verfüllung von Gruben und Brüchen - Eckpunktepapier"; i.w. Eckpunktepapier) und dem "Leitfaden zu den Eckpunkten" (in der Fassung vom 9.12.2005; i.w. Leitfaden), in denen die Anforderungen an die Verfüllung, "soweit es die Verwertung betrifft" (vgl. Präambel des Eckpunktepapiers und A-2 des Leitfadens) konkretisiert werden, das für die Verfüllung im Rahmen der "Rekultivierung" (so Nr. 1 der Baugenehmigung vom 21.12.2004) zugelassene Material detailliert geregelt hat. Mithin stand hier nicht die Abfallbeseitigung sondern die Abfallverwertung im Vordergrund, weil erkennbar die Eigenschaften des einzubringenden Materials zu einem bestimmten Zweck (Rekultivierung) genutzt werden sollten und weil sich diese Nutzung wirtschaftlich als Hauptzweck der Maßnahme darstellte.

bbb) Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat der Senat keine Zweifel an der formellen Illegalität der von der Antragstellerin vorgenommenen Verfüllung der Tongrube. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Landratsamt in seiner die Verfüllung der Tongrube betreffenden und bestandskräftigen Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 das zugelassene Verfüllmaterial in den beigefügten Nebenbestimmungen (Abschnitt "Verfüllmaterial, Materialüberwachung"), die sich an den Vorgaben des Eckpunktepapiers sowie des Leitfadens orientieren, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den vorgenannten Leitfaden abschließend und mit hinreichender Bestimmtheit geregelt hat; insoweit kommt es auf den Umstand, dass "vergleichbare Stoffe (...) andernorts zur Rekultivierung von Tontagebauen ohne weiteres zugelassen" sind (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 2.7.2007, S. 9 f. und 17) nicht entscheidungserheblich an. Die von der Antragstellerin tatsächlich vorgenommenen Verfüllungen erfüllen nicht diese Anforderungen.

Das ergibt sich zunächst aus den mehrfach getroffenen Feststellungen des von der Antragstellerin mit der (Fremd-)Überwachung der Verfüllung beauftragten Ingenieurbüros ******** (vom 13.2.2006, 16.3.2006 und vom 29.3.2006), das auf die hohe organische Belastung des in die Tongrube verbrachten Materials hinweist, wobei ein solches organisch belastetes Material grundsätzlich von der Verfüllung ausgeschlossen ist (Schreiben des Bayer. Landesamts für Umwelt vom 9.3.2007, S. 3). Diese Erkenntnisse des Fremdüberwachers decken sich vollständig mit den Feststellungen des Ingenieurbüros ***** * ******* (vgl. Gutachten vom 23.8.2006, S. 10 und Gutachten vom 30.3.2007, S. 12).

Darüber hinaus deuten bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ganz gravierende Anhaltspunkte darauf hin, dass in der Tongrube - entgegen den Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 - ungereinigter Gleisschotter angeliefert und verfüllt wurde. Dabei bedarf es an dieser Stelle keiner abschließenden Klärung, ob sich dies - wie der Antragsgegner meint - bereits aus dem Vorbringen der Antragstellerin in dem beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig gewesenen abfallrechtlichen Verfahren (Az. AN 11 K 06.2511) und dort insbesondere aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 4. Dezember 2006 bzw. aus ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2006 ergibt. Jedenfalls hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zwei Fehllieferungen in die Tongrube O************** eingeräumt (Schriftsatz vom 1.6.2007, S. 8). Abgesehen von diesen nunmehr zugestandenen zwei Fehllieferungen, lässt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin weiter ableiten, dass sie unbehandelten und zu einer anderen Bauschuttdeponie (Deponie "Am Weinberg") verbrachten Gleisschotter mit einer falschen Abfallschlüsselnummer (17 05 04) versehen hat. Darüber hinaus weisen sowohl die vor Ort getroffenen Feststellungen des Landratsamts (vgl. Aktenvermerk über den Ortstermin vom 15.5.2006), wonach es sich bei dem während des Ortstermins in der Tongrube O************** angelieferten und ebenfalls mit der Abfallschlüsselnummer 17 05 04 bezeichneten Material "offenkundig" um ungereinigten Gleisschotter gehandelt habe, als auch die Befunde des Ingenieurbüros ***** * ******* (vgl. Gutachten vom 23.8.2006, S. 10 und Gutachten vom 30.3.2007, S. 15 mit dem Hinweis auf im Material vorgefundene Plastikfolien) darauf hin, dass - selbst nach der von der Behörde am 11. Mai 2006 verfügten Baueinstellung - Material, welches nicht von der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 erfasst war, in der Tongrube verfüllt wurde (vgl. insoweit den Vortrag des Vertreters des Antragsgegners S. 5 f. der Niederschrift vom 15.3.2007). Bei summarischer Prüfung sprechen nach Auffassung des Senats gewichtige Indizien für die Richtigkeit der Annahme, dass die Antragstellerin nicht nur in zwei Ausnahmefällen ungereinigten Gleisschotter und damit nach der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 nicht zugelassenes Material in die Tongrube O************** verbracht hat.

Zudem sprechen auch ganz erhebliche Aspekte dafür, dass Material angeliefert wurde, welches die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Zuordnungswerte überschreitet. So ist nach der gegenüber der Antragstellerin abgegebenen Stellungnahme des Ingenieurbüros ******** vom 29. März 2006 nicht auszuschließen, dass das angelieferte Verfüllmaterial "Zink-, PAK und/oder Sulfatanreicherungen in einer Größenordnung aufweist, die den zulässigen Grenzwert von Z-1.2" überschreiten" (Stellungnahme vom 29.3.2006, S. 4). Diese Annahme wird durch die Erkenntnis gestützt, dass in dem auf dem Gelände der Recyclinganlage "Am ************" zur Anlieferung und Verfüllung in die Tongrube O************** bereitgestellten Material erhöhte, d.h. die maßgeblichen Zuordnungswerte überschreitende Zink-, PAK- und Sulfatwerte festgestellt wurden (a.a.O., S. 2) und dass aus diesem Bereich bereits Material - nach Angaben der Antragstellerin ungefähr 800 t - in der Tongrube verfüllt worden war (a.a.O., S. 4). Die Annahme, dass es sich bei dieser Anlieferung von nicht für die Verfüllung in der Tongrube O************** zugelassenem Material nicht um ein singuläres Ereignis handelt, wird auch durch die Tatsache belegt, dass bereits im September 2005 der Rücktransport von rund 178 t belasteten Materials von der Tongrube zum Standort "Am ************" veranlasst werden musste (Schreiben des Ingenieurbüros ******** vom 6.3.2006).

Diese Einschätzungen - nicht zuletzt auch die Überschreitung von Zuordnungswerten nach dem Eckpunktepapier - werden zunächst von dem Ingenieurbüro ***** * ******* in den Gutachten vom 23. August 2006 und vom 30. März 2007 geteilt. Die Erkenntnisse decken sich darüber hinaus - was die Antragstellerin in ihrer Kritik an der Probenentnahme und -analyse durch das Ingenieurbüro ***** * ******* (Beschwerdeerwiderung vom 1.6.2007, S. 10 ff., 19) übersieht - mit den Feststellungen des Wasserwirtschaftsamts A******. Vorliegend hat das Wasserwirtschaftsamt als wasserwirtschaftliche Fachbehörde (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG) die vorgenannten Ergebnisse des Ingenieurbüros ***** * ******* sachverständig beurteilt und - auch unter Hinweis auf entsprechende Messergebnisse der Fa. ********* GmbH - bestätigt (Schreiben vom 21.9.2006, 15.3.2007 und 25.6.2007). Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist - den Sachverständigenaussagen des Wasserwirtschaftsamts als der Fachbehörde für wasserwirtschaftliche Fragen große Bedeutung zukommt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs haben sie in der Regel größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten, weil die amtlichen Erkenntnisse auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, und können durch schlichtes Bestreiten oder bloße Behauptungen nicht erschüttert werden (vgl. nur BayVGH vom 14.2.2005 BayVBl 2005, 726; vom 2.2.2004 BayVBl 2005, 411; vom 18.12.2003 BayVBl 2005, 150 jeweils m.w.N.). Gemessen daran, ist das Beschwerdevorbringen insbesondere deshalb nicht geeignet, das hohe Gewicht der Sachverständigenaussagen des Wasserwirtschaftsamts vorliegend zu erschüttern, weil diese Feststellungen nicht nur auf der Auswertung von Fremdmessungen, sondern auf eigenen, d.h. durch das Wasserwirtschaftsamt selbst entnommenen Proben des eingebauten Materials sowie des Sickerwassers beruhen (vgl. nur die Schreiben Wasserwirtschaftsamts vom 6.4.2006, 8.5.2006 und 25.6.2007). Anhaltspunkte, die geeignet sein könnten, die Ergebnisse dieser vom Wasserwirtschaftsamt selbst vorgenommenen Messungen nachhaltig in Frage zu stellen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

ccc) Darüber hinaus hat der Senat nach summarischer Überprüfung auch keine durchgreifenden Zweifel an der Einschätzung des Landratsamts, die streitgegenständliche Verfüllung sei nicht genehmigungsfähig, weil sie - mangels bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit - in Widerspruch zu materiellem Recht stehe. Vorliegend sprechen ganz gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme der Behörde zutrifft, der Verfüllung - einem Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 3 BauGB - stünden öffentliche Belange entgegen, weil aufgrund der ermittelten Schadstoffkonzentrationen und der Schadstoffmengen im verwendeten Verfüllmaterial ein erhebliches Gefährdungspotential für das Grund- und Oberflächenwasser bestehe und das Vorhaben aus Gründen des Gewässerschutzes abzulehnen sei (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB). Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf folgende Erwägungen:

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB liegt eine der Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens entgegenstehende Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere dann vor, wenn das Vorhaben die Wasserwirtschaft gefährdet. Diese Regelung hat im Verhältnis zu den wasserrechtlichen Vorschriften, die nach § 29 Abs. 2 BauGB unberührt bleiben, eine Auffangfunktion. Die Vorschrift hat einen eigenständigen städtebaulichen Regelungswert und zielt darauf ab, unabhängig von wasserrechtlichen Regelungen - namentlich wasserschutzrechtlichen Verbotsvorschriften - eine Gefährdung der Wasserwirtschaft vor allem durch Grundwasserverunreinigungen zu verhindern und damit ein Mindestmaß an Gewässerschutz zu gewährleisten (vgl. BVerwG vom 12.4.2001 BayVBl 2002, 245/247; vom 20.10.1972 DÖV 1973, 203; vgl. auch: Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, RdNr. 66 zu § 35).

Gemessen daran ist die Beurteilung der Behörde, dass durch die Einbringung von belastetem, d.h. die Zuordnungswerte nach dem Eckpunktepapier (s.o.) nicht einhaltendem Verfüllmaterial Gefahren für das Schutzgut Grundwasser hervorgerufen werden können, nicht zu beanstanden.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen um so geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Daraus folgt, dass eine beachtliche Gefahr für das Grundwasser schon bei geringer Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gegeben ist (BayVGH vom 13.2.1997 NVwZ 1999, 553/554). Zur Klärung der Frage, ob danach eine rechtserhebliche Gefahr für das Grundwasser vorliegt, ist auf die materiellen Grundentscheidungen des Wasserhaushaltsgesetzes und dabei in erster Linie auf den Besorgnisgrundsatz des § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG abzustellen, der auch für andere Rechtsbereiche, wie z.B. das Bauplanungsrecht verbindlich ist (Czychowski, WHG, 7. Aufl. 1998, RdNr. 14 zu § 34; vgl. für das allgemeine Ordnungsrecht: BVerwG vom 16.11.1973 NJW 1974, 815/817). Danach sind durch das Vorhaben der Antragstellerin schädliche Verunreinigungen des Grundwassers zu besorgen.

Zur Beurteilung der Gefahr der Grundwassergefährdung bzw. der Besorgnis einer schädlichen Grundwasserverunreinigung aufgrund der von der Antragstellerin vorgenommenen Verfüllung der Tongrube ist insbesondere auf das vorgenannte Eckpunktepapier und auf den oben erwähnten Leitfaden zu diesem Eckpunktepapier, der für die Verwaltung als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift verbindlich eingeführt worden ist (vgl. Nrn. 1 und 4 des UMS vom 6.11.2002), abzustellen. Die vorgenannten Regelwerke haben zwar weder dieselbe Verbindlichkeit wie beispielsweise normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften (z.B. i.S.v. §§ 48, 51 BImSchG), noch können sie ohne weiteres als sog. antizipierte Sachverständigengutachten übernommen werden (zum Immissionsschutzrecht vgl.: BVerwG vom 24.4.1991 UPR 1991, 340/342; vom 30.9.1996 UPR 1997, 101/102). Auch wenn somit eine schematische Anwendung der vorgenannten Regelwerke ausscheidet, so können diese den Gerichten doch als Entscheidungshilfe im Rahmen einer Gefahrenprognose dienen. Sie ersetzen zwar nicht die Prüfung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, geben aber Leitlinien für diese Würdigung vor. Die Rechtfertigung für diese Sichtweise liegt darin begründet, dass die o.g. Regelwerke, mit denen u.a. "der gebotene Vorrang des Grundwasserschutzes sichergestellt" werden soll (so: Leitfaden, Abschnitt A-2 "Zweck"), von einer größeren Zahl von Sachverständigen ausgearbeitet worden sind, und zwar mit dem Anspruch auf Genauigkeit bis ins Detail. So ist in dem Schreiben des Bayer. Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 22. Mai 2003, mit dem den nachgeordneten Behörden die geänderte Fassung der Leitfadens zur Kenntnis und zur Beachtung zugeleitet wurde, folgender Hinweis enthalten: "Die Formulierungen in dem Leitfaden und den Eckpunkten sind bis ins Detail beraten und abgestimmt worden. (...) Es wird deshalb erwartet, dass sich insbesondere die Verwaltung an die Vorgaben hält". Ob die zwischen dem Bayer. Industrieverband Steine und Erden e.V. und dem Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen getroffene Vereinbarung vom 21. Juni 2001 in jedem Fall geeignet ist, gemessen am Maßstab des Besorgnisgrundsatzes (§ 34 Abs. 2 Satz 1 WHG) Gefahren für das Grundwasser zu verhindern, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Denn der Senat geht davon aus, dass jedenfalls dann, wenn die in diesen Regelwerken postulierten (Mindest-)Anforderungen nicht erfüllt sind, die Gefahr einer schädlichen Grundwasserverunreinigung besteht.

Vorliegend erfüllt das Vorhaben in zentralen Punkten nicht die Anforderungen der genannten Regelwerke, so dass nach summarischer Prüfung die Einschätzung des Landratsamts, von der streitgegenständlichen Verfüllung gehe eine Gefährdung des Grundwassers aus, nicht zu beanstanden ist.

Das vom Wasserwirtschaftsamt wiederholt konstatierte hohe Gefährdungspotential der von der Antragstellerin vorgenommenen Verfüllung (vgl. zuletzt Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 15.3.2007 und vom 25.6.2007) ergibt sich zunächst bereits aus dem Umstand, dass das verfüllte Material - wie bereits oben dargelegt - die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Zuordnungswerte überschreitet. Bereits dieser Punkt spricht deutlich für die Richtigkeit der Annahme des Landratsamts, dass eine schädliche Grundwasserverunreinigung zu besorgen ist.

Darüber hinaus ist das Vorbringen der Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung nicht geeignet, die Beschreibung und Bewertung der grundwasserüberdeckenden Schicht im Bereich des Verfüllkörpers durch das Wasserwirtschaftsamt und das Ingenieurbüro ***** * ******* nachhaltig in Zweifel zu ziehen.

Dabei bedarf die Frage, ob angesichts der an der nördlichen Abbauwand der Tongrube festgestellten Schichtwasseraustritte von einem Nassabbau - mit der Folge, dass an eine Verfüllung deutlich strengere als die in der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2004 zugrunde gelegte Anforderungen zu stellen wären (vgl. Abschnitt B-/N "Nassverfüllung" des Leitfadens) - auszugehen ist (so: Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 6.3.2007 und vom 16.3.2007; Gutachten des Ingenieurbüros ***** * ******* vom 30.3.2007, S. 6; a.A. Gutachten von ************** vom 13.11.2006, S. 43 ff.; Gutachten von *************** vom 16.5.2007, S. 26 ff. und vom 29.6.2007, S. 4), im Eilverfahren keiner abschließenden Klärung.

Jedoch sprechen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme, dass nicht in allen Bereichen die Anforderungen der Standortkategorie C1 (Abschnitt B-2/T-C "Art des Abbaus/der Verfüllung, allgemeine Bedingungen" des Leitfadens; Anlage 8a des Leitfadens) erfüllt sind.

Zunächst ist für den nördlichen Bereich festzustellen, dass die Schutzfunktion der dort vorhandenen natürlichen Tonsteinbarriere nach Angaben des Ingenieurbüros ***** * ******* (Gutachten vom 23.8.2006, S. 14 und vom 30.3.2007, S. 10), die vom Wasserwirtschaftsamt bestätigt wurden (Schreiben vom 21.9.2006 und vom 6.3.2007), geringer als bisher angenommen eingestuft werden muss, weil von einer Klüftigkeit der Lehrbergschichten auszugehen ist. Insbesondere in seinem Schreiben vom 6. März 2007 setzt sich das Wasserwirtschaftsamt überzeugend mit den hiergegen erhobenen Einwänden der von der Antragstellerin beauftragten Gutachter (vgl.: ************** vom 13.11.2006 S. 26) auseinander. Die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Gutachten (vgl. *************** vom 16.5.2007 und vom 29.6.2007) sind nicht geeignet, diese Einschätzung des amtlichen Sachverständigen nachhaltig zu entkräften. Die Antragstellerin und die von ihr beauftragten Gutachter verkennen insoweit, dass sich die Feststellung des Wasserwirtschaftsamts in dem Schreiben vom 6. März 2007 auf die Ausführungen in dem von ihr vorgelegten Gutachten von ************** (vom 13.11.2006, S. 26 f.) und somit nicht auf das Gutachten der Fa. ******* ******* GmbH vom 25. Juli 2003, sondern auf die Ansprache der Bohrprofile durch die Fa. ***** *********** GmbH (Bohrungen vom 16.3-23.3.2004; vgl. Anlage 2 des Gutachtens der Fa. *** ******* GmbH vom 14.5.2004) beziehen. Entgegen den Ausführungen in dem vorgenannten Gutachten von **************, wonach "vom Bohrgeräteführer oder den die Bohrkerne aufnehmenden Geologen (...) offenbar das Zerfallen der Bohrkerne nach Luftzutritt und rascher Austrocknung (...) verwechselt" worden sei (**************, a.a.O.), weist das Wasserwirtschaftsamt zutreffend darauf hin, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Bohrkerne unmittelbar nach der Gewinnung sowohl von dem Bohrmeister als auch vom Fachgutachter angesprochen worden sind. Gestützt wird dies auch durch das vorgenannte Gutachten der Fa. *** ******* GmbH, in dem es wörtlich heißt (a.a.O., S. 7): "Die Feldarbeiten und Bohrlochversuche wurden von erfahrenen Mitarbeitern (Diplom Geologen) der *** begleitet und betreut". Die neuerlich vorgelegte Stellungnahme von *************** vom 29. Juni 2007 (S. 3) vermag diese Einschätzung nicht zu erschüttern.

Weiterhin sprechen auch gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzungen des Ingenieurbüros ***** * ******* in Bezug auf den für die Bestimmung der Standortkategorie (vgl. Anlage 8a des Leitfadens) maßgeblichen Grundwasserflurabstand zutreffend ist (Gutachten vom 30.3.2007, S. 6 f.). In nicht zu beanstandender Weise geht der Gutachter nämlich davon aus, dass insoweit maßgeblich auf den "höchsten bekannten Grundwasserstand" abzustellen ist (so: UMS vom 20.12.2005, S. 2), und zieht dabei die im Auftrag der Antragstellerin gefertigte hydrogeologische und wasserwirtschaftliche Standortbeurteilung der Fa. ******* ******* GmbH vom 25. Juli 2003 heran. Dabei wurde im Rahmen der zur Bodenerkundung abgeteuften Bohrungen im Bereich einer Bohrung (B 4) "ein Wasserspiegel von 308,8 m ü.NN registriert" (Gutachten vom 25.7.2003, S. 6). Es mag zwar sein, dass bei Messungen ein Höchstwasserstand von 307,84 m ü.NN verzeichnet wurde (vgl. das Gutachten von *************** vom 16.5.2007, S. 23). Gleichwohl erschließt sich dem Senat in keiner Weise, warum es "weder zulässig noch nachvollziehbar" sein soll (so: ***************, a.a.O.), aus dem Ergebnis der Bohrungen der Fa. ******* ******* GmbH den Schluss zu ziehen, der höchste bekannte Grundwasserstand sei mit 308,8 m ü.NN zu veranschlagen.

Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Dichtfunktion der in einem Teilbereich eingebrachten künstlichen Sohlauffüllung davon auszugehen, dass diese Sohlauffüllung - und nicht, wie die Antragstellerin meint, die Tonschicht (vgl. Schriftsatz vom 2.7.2007, S. 4) - auf eine Tiefe von 0,8 m bis 1,0 m durch Drainagegräben zerschnitten ist und dass diese Drainagegräben zudem nicht mehr funktionstüchtig sind, weil das eingebrachte Geotextil verschlämmt ist (so: Gutachten des Ingenieurbüros ***** * ******* vom 23.8.2006, S. 14; vom 30.3.2007, S. 7 ff.). Soweit die Antragstellerin nunmehr vortragen lässt, hierzu gebe es keine "aktenkundigen Feststellungen" (Schriftsatz vom 2.7.2007, S. 3 f.), übersieht sie, dass letztgenannter Aspekt auch von den von ihr beauftragten Gutachtern eingeräumt wird (vgl. Gutachten von ************** vom 13.11.2006, S. 47 f. und 53). Schließlich kommt auch das Wasserwirtschaftsamt wiederholt zu dem Ergebnis, dass das Drainagesystem nicht funktioniert und dass über dieses Entwässerungssystem keine sichere Ableitung gewährleistet sei (Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 22.5.2005 und vom 25.6.2007).

Schließlich fällt bei der Bewertung der grundwasserüberdeckenden Schicht ganz erheblich ins Gewicht, dass ein flächenmäßig erheblicher Teil des Verfüllkörpers auf einer alten Abraumhalde bzw. Altverfüllung liegt und dass diesem Bereich nur eine geringe Schutzfunktion zuzuordnen ist. Dabei ist nach Auffassung des Senats unerheblich, ob der Flächenanteil mit 40 v.H. (so die Gutachten von ***** * ******* vom 23.8.2006, S. 14 und vom 30.3.2007, S. 6 ff.) oder mit 30 v.H. zu veranschlagen ist (so das Gutachten von *************** vom 16.5.2007, S. 16 ff. und vom 29.6.2007, S. 5). Selbst wenn man - wie die Antragstellerin - nur von dem geringeren Flächenanteil ausginge, bliebe doch zu berücksichtigen, dass diese Altverfüllung durch eine heterogene Zusammensetzung gekennzeichnet ist (vgl. die Gutachten von ***** * ******* a.a.O.). So wurde in den Baggerschürfen u.a. Steine und Holz sowie in Schürfe 22 ein ganzer Baumstamm gefunden (vgl. das Gutachten von ***** * ******* vom 30.3.2007 S. 11), so dass die Gutachter nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis kommen, aufgrund des inhomogenen Materials seimit Setzungen bzw. Hohlraumbildungen und daher mit der Schaffung vertikaler Wegsamkeiten zu rechnen. Die hiergegen in dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten erhobenen Einwände (vgl. *************** vom 16.5.2007 S. 16 ff. unter Bezugnahme auf das Gutachten der LGA vom 24.3.2005) greifen nach summarischer Prüfung nicht durch. Denn diese Feststellungen, die u.a. auf den Angaben des früheren Anlagenbetreibers beruhen, sind nicht geeignet, die vorgenannten konkreten Feststellungen des Ingenieurbüros ***** * ******* nachhaltig zu erschüttern.

Der Umstand, dass bislang - insoweit sind sich alle Gutachter einig (so: Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 28.9.2006; vgl. auch: Gutachten der Fa. ********* vom 26.4.2005, 19.5.2006 und 20.11.2006; ***** * ******* vom 30.3.2007; *************** vom 27.9.2006; ************** vom 13.11.2006) - noch keine Belastungen des Grundwassers bzw. der Hausbrunnen in O************** gemessen wurden, die auf die Verfüllung zurückzuführen wären, vermag - entgegen dem Vortrag der Antragstellerin (Schriftsatz vom 2.7.2007, S. 12) - die Annahme einer Grundwassergefährdung nicht zu erschüttern. Denn es sprechen ganz gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme, dass für den streitgegenständlichen Verfüllkörper keine Abstrommessstellen bestehen, weil sich aus neuen Pegelvermessungen andere Abstromverhältnisse ergeben, die von den bestehenden Messpegeln nicht erfasst werden; diese Einschätzung wird bezüglich der Messstellen P 1 bis P 3 auch von den von der Antragstellerin beauftragten Gutachtern geteilt (***************, Stellungnahme vom 29.6.2007, S. 3). Aus den bisherigen Grundwasseruntersuchungen kann somit nicht abgeleitet werden, dass bislang noch keine Grundwasserverunreinigung eingetreten ist (Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 16.3.2007 und vom 25.6.2007). Der weitere Einwand, der vom Wasserwirtschaftsamt für die sog. Altverfüllung Gumbmann geforderte und ausgeführte Grundwasserpegel (P DepAlt) sei als Abstrompegel geeignet (***************, Stellungnahme vom 29.6.2007, S. 5), führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn selbst in der vorgenannten Stellungnahme wird konstatiert, dass "aufgrund der geringen Sickerwassergeschwindigkeit und der geringen Fließgeschwindigkeit des Grundwassers (...) derzeitig Beprobungen allerdings noch keine Aussagen über Belastungen des Grundwassers erwarten lassen" (*************** a.a.O.).

Bei einer Gesamtwürdigung der vorgenannten Umstände teilt der Senat nach summarischer Prüfung die vom Wasserwirtschaftsamt getroffene Einschätzung, wonach einerseits erhebliche Bedenken gegen die Annahme günstiger Barriereeigenschaften der Lehrbergschichten bzw. der künstlichen Sohlabdichtung sprechen (so: Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 6.3.2007) und andererseits höhere Durchlässigkeiten im Bereich der Altablagerung zu erwarten sind (Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 25.6.2007), so dass vorliegend angesichts des eingebrachten, nicht zugelassenen Verfüllmaterials eine nachhaltige Grundwasserbeeinträchtigung droht.

ddd) In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Behörde in dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer - wie oben dargelegt - nicht zu beanstandenden Gefahrprognose und in Einklang mit dem Leitfaden als ermessenslenkender Verwaltungsvorschrift (vgl. Abschnitt B-16 Auflagenverstoß) eingehend mit der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer den gesamten Verfüllkörper umfassenden Beseitigungsanordnung auseinandergesetzt hat (Bescheid vom 29.9.2006, S. 10 ff.), vermag der Senat - entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin - keine Ermessensfehler zu erkennen. Der Einwand der Antragstellerin, durch das Aufbringen einer Kunststoffdichtbahn - einer kostengünstigeren Maßnahme als die angeordnete Beseitigung des Verfüllmaterials - könne das Entstehen von Sickerwasser unterbunden werden (Schriftsatz vom 2.7.2007, S. 18), führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob und in welchem Umfang eine solche Abdichtung die Entstehung von Sickerwasser vorliegend verhindern kann. Jedenfalls ist sie erkennbar nicht geeignet, schon eingetretenen Verunreinigungen wirksam zu begegnen.

bb) Bei der geschilderten Sach- und Rechtslage muss die Interessenabwägung nach Auffassung des Senats angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls zulasten der Antragstellerin ausgehen. Denn das Aufschubinteresse der Antragstellerin wiegt vorliegend weniger schwer, weil es hier nicht um eine mit Substanzverlusten verbundene Beseitigung, sondern lediglich um eine - wenn auch (kosten-)aufwendige - Verlagerung des Verfüllmaterials auf eine andere bauplanungsrechtlich zulässigen und bauordnungsrechtlich unbedenkliche Lagerstätte geht. Zudem fällt hier ganz gravierend zugunsten der Allgemeininteressen an einem Sofortvollzug ins Gewicht, dass es unverzüglich einer drohenden Grundwasserbeeinträchtigung vorzubeugen gilt, nicht zuletzt um technisch und finanziell aufwendige Maßnahmen zur Grundwassersanierung zu vermeiden. Insoweit schließt sich der Senat der Argumentation des Antragsgegners im angefochtenen Bescheid (S. 16) an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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