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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 01.03.2004
Aktenzeichen: 14 N 02.596
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 47 V Satz 4
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 9
BauGB § 215a Abs. 1
BauNVO § 1 Abs. 4
BauNVO § 1 Abs. 5
BauNVO § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
14 N 02.596

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

In der Normenkontrollsache

wegen

Gültigkeit der Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans " Gewerbegebiet West " der Gemeinde *************;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. Februar 2004

am 1. März 2004

folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Die Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans "Gewerbegebiet West" der Gemeinde Trautskirchen, als Satzung beschlossen am 9. März 2000 und bekannt gemacht am 15. Januar 2001, ist bis zur Behebung der in den Entscheidungsgründen dieses Urteils festgestellten Mängel in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 215a Abs. 1 Satz 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Antragsteller nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans "Gewerbegebiet West" der Antragsgegnerin. Die Änderung wurde in ihrer Fassung vom 26. Januar 2000 am 9. März 2000 als Satzung beschlossen und am 15. Januar 2001 in Kraft gesetzt. Das Plangebiet liegt im Westen des Ortsteils Trautskirchen der Antragsgegnerin. Es ist im Süden durch die Staatsstraße 2413 begrenzt, im Westen durch den Mettenbach, der um ca. 50 m nach Westen verlegt werden soll. Im Norden und Nordosten grenzt das Plangebiet an eine gemischte Baufläche (allgemeines Wohngebiet, Mischgebiet) an, im Osten an gewerblich genutzte Grundstücke. Das bisher im Plangebiet liegende Grundstück der Antragsteller FlNr. 262/7 der Gemarkung Trautskirchen wurde aus dem Geltungsbereich herausgenommen.

Der Bebauungsplan setzt ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Die Einschränkung besteht in der Festsetzung eines flächenbezogenen Schallleistungspegels von 57 dB(A) tagsüber und nachts von 42 dB(A). Unter Nummer 13 der textlichen Festsetzungen zum Immissionsschutz wird bestimmt, dass nur Nutzungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 (Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude) und Nummer 3 (Tankstellen) sowie nach Absatz 3 (Wohnungen für Betriebspersonal, Betriebsinhaber und Betriebsleiter, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten) BauNVO zulässig sind. Ausnahmsweise sind Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Betriebe und Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass in ihrem Einwirkungsbereich die Immissionsrichtwerte gemäß Nummer 2.321 TA-Lärm (1968) um mehr als 3 dB(A) unterschritten werden. Zur Verbindung eines auf dem Grundstück FlNr. 262/7, das den Antragstellern gehört, bestehenden Fischteichs mit dem Mettenbach ist eine mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastende Fläche festgesetzt worden.

Weiter ist eine große überbaubare Fläche für Betriebsgebäude ausgewiesen. An beiden Seiten des zu verlegenden Mettenbachs ist eine insgesamt 15 m breite öffentliche Grünfläche festgesetzt, ferner zur Eingrünung nahezu des gesamten Rands des Geltungsbereichs ein Pflanzgebot für Bäume und Sträucher. Im Norden des Plangebiets ist ein Regenrückhaltebecken festgesetzt, über das gemäß Nr. 17 der Hinweise das Niederschlagswasser von befestigten Flächen und Dächern in den Mettenbach eingeleitet werden kann. Zum Ausgleich des Geländeniveaus zwischen der bisherigen Gewerbefläche und dem neu einbezogenen Areal mit dem zu verlegenden Bett des Mettenbachs sind mittels Zeichen gemäß Nummer 11.1 und Nummer 11.2 der Anlage zur Planzeichenverordnung Flächen für Aufschüttung und Abgrabung vorgesehen, jedoch ohne die dort vorgesehenen Umgrenzungen. Statt dessen sind die Achsen für drei Geländeschnitte festgelegt, die der Begründung des Bebauungsplans beiliegen.

In der Begründung zum Bebauungsplan wird ausgeführt, dass die überplanten Flächen von einem Unternehmen, nämlich dem der Beigeladenen bebaut werden sollen. Die künftige Bebauung bedeute einen schwerwiegenden Eingriff in die gewachsene natürliche Topografie. Es werde ein reizvolles Stück Landschaft den funktionalen Erfordernissen großflächiger Industrieproduktion angepasst. Durch seine Randlage sei das Plangebiet vom Landschaftsraum her gut einsehbar und müsse deshalb besonders sensibel durch Pflanzungen in die Landschaft eingebunden werden. Vorgesehen sei auch eine flache Ausbildung der Böschung zu den gewerblichen Gebäuden und eine Begrünung der Böschung zum Mettenbach hin. Der Mettenbach solle innerhalb eines 15 m breiten Grünstreifens einen naturnahen Verlauf erhalten. An den 15 m breiten Streifen öffentlicher Grünfläche solle sich eine private Grünfläche zur Randeingrünung des Gewerbetriebs anschließen. Für die Bachverlegung werde parallel ein wasserrechtliches Verfahren durchgeführt. Damit würden die Eingriffe in den Landschaftsraum größtenteils ausgeglichen.

Die bereits im ursprünglichen Bebauungsplan festgesetzten immissionswirksamen (richtig wohl: flächenbezogenen) Schallleistungspegel seien auf Grund einer Lärmimmissionsabschätzung nach DIN 18005 der neuen Planung angepasst worden. Danach dürften von den Gewerbeflächen nur so viele Lärmimmissionen ausgehen, dass an den nächst gelegenen Wohnhäusern Richtwerte von 52 dB(A) tags und 37 dB(A) nachts eingehalten werden könnten; d.h. es dürften tagsüber 57 dB(A) und nachts 42 dB(A) von der Fläche ausgehen. Damit werde eine Lärmkontingentierung hinsichtlich der gesamten Gewerbeflächen erreicht. Bei der Planung der Gebäude seien immissionsmindernde Maßnahmen zu treffen. Die Einhaltung der geforderten Werte sei durch ein Gutachten nachzuweisen.

Nach dem Regionalplan für die Region West-Mittelfranken liegt die Erweiterungsfläche in einem landschaftlichen Vorbehaltsgebiet.

Die Antragsteller sind Eigentümer der Grundstücke FlNrn. 243/17 und 262/7 der Gemarkung Trautskirchen. Das erste ist mit einem Wohnhaus bebaut. Auf dem zweiten befindet sich ein Fischteich, der bisher in den unmittelbar an das Grundstück angrenzenden Mettenbach entwässert worden ist.

Sie machen geltend, dass die Änderung des Bebauungsplans nicht erforderlich sei (§ 1 Abs. 3 BauGB). Sie diene lediglich den privaten Interessen der Beigeladenen.

Ferner verletze die Änderungsplanung die sog. Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB. Die Planung verstoße insbesondere gegen die im Landesentwicklungsprogramm (LEP) festgesetzten Ziele der Raumordnung nach Teil B LEP, Nr. I 1 1.1 (nachhaltige Sicherung der Naturgüter), Nr. I 1 1.3 (Sicherung der Gewässer und Uferbereiche, wobei darauf hingewiesen wird, dass im Mettenbach noch die Bachschmerle, ein in der "roten Liste" als gefährdet geführter Kleinfisch, vorkomme), Nr. I 1 1.5 (Sicherung der standorttypischen Lebensräume), Nr. I 3 3.4 (Erhaltung und Fortentwicklung der landschaftlichen Vielfalt in Bayern), Nr. XII 2 2.21 (Schutz der weitgehend unbelasteten Gewässer), Nr. XII 4 4.7 (Erhaltung und Weiterentwicklung der vielfältigen Fluss-, Bach- und Auenlandschaften) und Nr. XIII 3 (Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Erschütterungen).

Die Antragsgegnerin habe weiter das in § 1 Abs. 6 BauGB geregelte Abwägungsgebot verletzt.

Die Planung verstoße insbesondere gegen den Grundsatz der räumlichen Trennung unterschiedlicher baulicher Nutzung, indem unmittelbar angrenzend an ein allgemeines Wohngebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt werde. Die Werkhallen rückten auf weniger als 20 m an die Grenze des Wohngrundstücks der Antragsteller heran, die durch den Gewerbelärm erheblich gestört würden.

Der Bebauungsplan leide an einem Abwägungsdefizit. So seien die Auswirkungen der geplanten Betriebserweiterung auf den Verkehrsfluss auf der Staatsstraße 2413 ebenso wenig ermittelt worden wie der zusätzliche Verkehrslärm, der das nördlich angrenzende Wohngebiet belasten werde.

Nicht beachtet werde das Eigentumsrecht der Antragsteller an ihrem Fischteich. Ein Leitungsrecht zu dessen Entwässerung sei bisher nicht begründet worden. Die Frage der Kostentragung für den Bau der Entwässerungsleitung sei ebenfalls ungeklärt. Weiter habe keinen Eingang in die Abwägung gefunden, dass im Mettenbach die nach der "roten Liste" gefährdete Bachschmerle vorkomme. Weder die Belange der Landwirtschaft hinsichtlich der Erweiterungsflächen noch die für die neuen Uferflächen bestehende Hochwassergefahr würden berücksichtigt.

Außerdem seien nahe liegende Planungsalternativen im Gewerbegebiet "Ost" der Antragsgegnerin nicht erwogen worden.

Der Antragsgegnerin sei bei der Planung eine Abwägungsfehleinschätzung insofern unterlaufen, als die DIN 18005 nur eine Orientierungshilfe im Sinne eines groben Anhalts darstelle. Die durchgeführte Schallschutzberechnung leide an weiteren Mängeln.

Die Bebauungsplanänderung leide auch an einer Abwägungsdisproportionalität, weil den Belangen des Landschaftsschutzes und des Naturschutzes weniger Gewicht beigemessen worden sei als denen der Wirtschaft. Die Verlegung des Mettenbachs vernichte Lebensgrundlagen für Tiere und Pflanzen, insbesondere die der Bachschmerle. Schließlich genüge die Erweiterungsplanung nicht dem Gebot der Konfliktbewältigung, weil eingeschränktes Gewerbegebiet und allgemeines Wohngebiet ohne gleichzeitige Festsetzung konkreter Schallschutzmaßnahmen unmittelbar aneinander grenzten.

Die Antragsteller beantragen festzustellen,

die Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans "Gewerbegebiet West" der Gemeinde Trautskirchen in der Fassung vom 26. Januar 2000 ist nichtig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei mangels Antragsbefugnis unzulässig. Im Übrigen sei der Bebauungsplan abwägungsfehlerfrei aufgestellt worden. Es handle sich um keine Gefälligkeitsplanung. Die Bebauungsplanänderung sei daher nach § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich.

Die Antragstellerin habe auch der Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB genügt. Sie habe insbesondere beachtet, dass der Regionalplan im Planungsbereich ein landschaftliches Vorbehaltsgebiet vorsehe. Die Träger öffentlicher Belange hätten gegen die Planung keine Einwendungen erhoben.

Die gemäß § 1 Abs. 6 BauGB erforderliche Abwägung sei fehlerfrei. Sie genüge dem Trennungsgrundsatz. Die Antragsgegnerin habe das Konfliktpotential erkannt und bewältigt, indem in der Nähe der Wohnbebauung das Regenrückhaltebecken und im Übrigen flächenbezogene Schalleistungspegel festgesetzt worden seien.

Der Zunahme des Verkehrs auf der Staatsstraße durch die Betriebserweiterung und der Frage, welcher Verkehrslärm den Einwirkungsbereich der Betriebserweiterung betreffe, seien durch die Beschränkung des Gewerbegebiets Rechnung getragen worden.

Den Belangen des Naturschutzes werde Rechnung getragen, indem der Eingriff durch eine naturnahe Gestaltung des neuen Verlaufs des Mettenbachs und eine sanfte Ausbildung der Böschungen samt Bepflanzung ausgeglichen werde. Das Landratsamt habe dazu ausgeführt, dass die Planung mangels Alternativen hingenommen werden könne.

Die Verlegung des Mettenbachs ist mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamts Neustadt a. d. Aisch - Bad Windsheim vom 28. März 2000 wasserrechtlich genehmigt worden.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hält die Ablehnung des Normenkontrollantrags für Rechtens.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, den Schriftwechsel im vorliegenden Normenkontrollverfahren sowie die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragsteller sind antragsbefugt. Zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO reicht es aus, wenn die Antragstellerseite Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung ihrer Belange in der gemäß § 1 Abs. 6 BauGB erforderlichen Abwägung möglich erscheinen lassen. Das ist schon deshalb der Fall, weil ihr Grundstück FlNr. 262/7 aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans herausgenommen worden ist, es damit den Gebietscharakter eines Gewerbegebiets verloren hat und nunmehr möglicherweise im Außenbereich gemäß § 35 BauGB liegt. Abwägungsrelevante Belange der Antragsteller sind jedoch auch dadurch berührt, dass durch die Veränderung der überbaubaren Fläche Betriebsgebäude näher an ihr Wohngrundstück heranrücken können, womit eine erhöhte Immissionsbelastung verbunden sein kann.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet mit der Folge, dass gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO i.V.m. § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB seine Unwirksamkeit bis zur Behebung der nachfolgend aufgezeigten Mängel festzustellen ist.

Die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Nummer 1 i.V.m. Nummer 13.1 verstoßen gegen § 1 Abs. 5 2. Halbsatz BauNVO, weil damit die allgemeine Zweckbestimmung des festgesetzten Gewerbegebiets gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO nicht gewahrt bleibt. Nach § 8 Abs. 1 BauNVO ist ein Gewerbegebiet - auch wenn es eingeschränkt ist - dadurch gekennzeichnet, dass es vorwiegend der Unterbringung von (nicht erheblich belästigenden) Gewerbebetrieben dient. Nicht zulässig ist damit der vollständige Ausschluss von Gewerbebetrieben. Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude können zwar gewerbliche Nutzungen aufnehmen und stehen daher der genannten Kernfunktion eines Gewerbegebiets nahe, jedoch zeigt ihre gesonderte Erwähnung in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, dass ein vorwiegend aus solchen Anlagen bestehendes Gebiet mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO unvereinbar ist (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, RdNr. 7 zu § 8). Die allgemeine Zweckbestimmung wird auch nicht durch die Zulassung von Tankstellen, Wohnungen für Betriebspersonal und Betriebsleiter sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und soziale Zwecke wie auch Vergnügungsstätten erreicht. Die allein ausnahmsweise gegebene Zulässigkeit von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, kann das Leitbild des § 8 Abs. 1 BauNVO nicht ausfüllen.

Die die Art der baulichen Nutzung in Nummer 1 i.V.m. Nummer 13.1 regelnden textlichen Festsetzungen verstoßen zusätzlich gegen das sog. Verbot der Negativplanung. Mit den Ausweisungen und Festsetzungen in Bauleitplänen dürfen keine Ziele und Zwecke verfolgt werden, die ihrem objektiven Inhalt nicht entsprechen. Eine dementsprechend "zweckentfremdete" Festsetzung ist nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB. Festsetzungen sind als sog. Negativplanung dann rechtswidrig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und nur vorgeschoben sind, um andere Nutzungen zu verhindern (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB und BauNVO, 3. Aufl. 2002, RdNrn. 41 f. zu § 1).

Nach der Begründung des Bebauungsplans sollen die überplanten Flächen von einem Unternehmen, nämlich dem der Beigeladenen, bebaut werden. Dabei handelt es sich um einen Metall verarbeitenden Betrieb, der Stahlrohrmöbel herstellt. Nach dem Willen der planenden Gemeinde soll das Plangebiet durch einen produzierenden Gewerbebetrieb genutzt werden, der bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise eine benachbarte Wohnbebauung wesentlich stört. Dies deckt sich nicht einmal mit der Festsetzung, dass Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, (ausnahmsweise!) zulässig sind. Schon gar nicht ist das Planungsziel der Antragsgegnerin mit den in Nummer 13.1 der textlichen Festsetzung als allgemein zulässig erklärten Nutzungen vereinbar. Mögen von dem in der Begründung zum Bebauungsplan genannten Planungszweck Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude wie auch Wohnungen für Betriebspersonal oder Betriebsleiterwohnungen umfasst sein, so lassen sich damit aber Tankstellen, Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche oder soziale Zwecke und auch Vergnügungsstätten nicht vereinbaren. Planungsziele und Festsetzungen weichen damit derart voneinander ab, dass sie mit der Verpflichtung der Gemeinde zu einer positiven Bauleitplanung, nämlich der Festsetzung von Nutzungen, die dem wirklichen Planungswillen entsprechen, nicht mehr vereinbar sind.

Beweggrund der Festsetzungen mag das verständliche Bestreben gewesen sein, wie bei der Aufstellung des ursprünglichen Bebauungsplans möglichst nur eine Ansiedlung des Betriebs der Beigeladenen zu ermöglichen, auch bei der Erweiterung dementsprechend nur eine Expansion eben dieses Betriebes zuzulassen. Abgesehen von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan lassen das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung aber nur eine Festsetzung der gewünschten Nutzung in abstrakter Form und typisierender Betrachtungsweise zu. Die in Rede stehenden Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung sind jedoch nur vorgeschoben, um andere Gewerbebetriebe zu verhindern oder wenigstens deren Zulassung in das Ermessen der Gemeinde zu stellen, indem ihr die Möglichkeit eingeräumt wird, über die Zulassung einer Ausnahme zu entscheiden.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Bestimmungen unter Nummer 1 und Nummer 13.1 der textlichen Festsetzungen, der sich an den Wortlaut und die Systematik des § 8 BauNVO anlehnt, können diese auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein Gewerbebetrieb zulässig sein soll, der den Störungsgrad der übrigen, gewissermaßen als Regelbeispiele aufgeführten Nutzungen nicht überschreitet.

Der aufgezeigte Mangel des Bebauungsplans bleibt nicht etwa deshalb folgenlos, weil der ursprüngliche Bebauungsplan, dem gleiche Festsetzungen zu Grunde liegen, nicht mehr angreifbar ist. Dem angefochtenen Änderungsbebauungsplan liegt wegen der Auswirkungen der Expansion des Gewerbebetriebs auf die angrenzende Wohnbebauung eine eigene, den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans umfassende erneute Abwägung zu Grunde, die an - den Fehlern des ursprünglichen Bebauungsplans gleichartigen - Mängeln leidet.

Rechtswidrig erscheinen ferner die Regelungen zur Begrenzung der Lärmimmissionen des im Plangebiet angesiedelten Gewerbebetriebs mittels einer Kombination aus der Festsetzung eines flächenbezogenen Schalleistungspegels, der als solcher unbedenklich ist, mit der Festsetzung eines Summenpegels, der in dem dem Geltungsbereich nördlich und nordöstlich benachbarten Gebiet nicht überschritten werden darf. Die Antragsgegnerin befürchtete wohl, dass sonst ihr Lärmschutzziel nicht erreicht werden könnte. In der mündlichen Verhandlung hat sie nämlich ausgeführt, dass die vorgesehene Begrenzung der Summe aller auf den Immissionsort einwirkenden Geräusche wegen der Betriebe östlich und südöstlich des Plangebiets unabhängig von den unter Nummer 1 festgesetzten flächenbezogenen Schalleistungspegeln erforderlich sei.

Die Festsetzung des Summenpegels ist zum einen unbestimmt. So fehlt eine Abgrenzung des Gebiets oder die Festlegung von Immissionspunkten, auf die sich die Beschränkung der einwirkenden Lärmimmissionen bezieht. Des Weiteren wird mit der Verweisung auf die Richtwerte der TA-Lärm von 1968 ohne exakte Festlegung des Gebietscharakters des Einwirkungsbereichs ("Nördliches Wohngebiet bzw. Mischgebiet") der jeweils einzuhaltende Richtwert nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit festgelegt. Zum anderen ist die Festsetzung eines Summenpegels oder eines Immissionsgrenz- oder -richtwerts als sog. Zaunwert weder nach § 9 BauGB noch nach der Baunutzungsverordnung, insbesondere deren § 1 Abs. 4, zulässig (vgl. BVerwGE 110, 193).

Die Antragsgegnerin kann die festgestellten Mängel aber in einem ergänzenden Verfahren nach § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB beheben. Das Bundesverwaltungsgericht räumt der Heilungsmöglichkeit nach § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO i.V.m. § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB einen weiten Anwendungsbereich ein. Grundsätzlich können alle beachtlichen Satzungsmängel im Wege des ergänzenden Verfahrens behoben werden, so lange sie nicht das planerische Gesamtkonzept in Frage stellen. Die Beseitigung der Fehler kann ggf. darin bestehen, dass der Bebauungsplan punktuell geändert oder ergänzt wird (vgl. BVerwG vom 18.9.2003 BauR 2004, 280).

So liegt es hier. Sowohl dem ursprünglichen Bebauungsplan als auch der angefochtenen Änderung liegt erkennbar der planerische Wille der Antragsgegnerin zu Grunde, für die Ansiedlung bzw. die Erweiterung des Betriebs der Beigeladenen den städtebaulich erforderlichen Rahmen zu schaffen und Konflikte mit der bestehenden Umgebungsbebauung zu vermeiden oder zu bewältigen. Damit ist im übrigen die angegriffene Bauleitplanung auch erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiß, a.a.O., RdNrn. 15, 24 zu § 1). Bei der Umsetzung ihrer Konzeption in rechtlich verbindliche Regelungen hat sich die Antragsgegnerin allerdings eines falschen Instrumentariums bedient. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die festgesetzte Art der baulichen Nutzung und ihre nähere Differenzierung wie auch für die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes. Aller Voraussicht nach lässt sich unter Abwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange die Regelung hinsichtlich der Art der im Plangebiet zulässigen Nutzung so fassen, dass mögliche Konflikte des Betriebs der Beigeladenen mit der umgebenden Bebauung bewältigt werden, womit auch dem sog. Trennungsgebot, das aus dem § 50 BImSchG zugrunde liegendem Rechtsgedanken abgeleitet wird, genügt ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass beispielsweise durch die Festsetzung immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel die zur städtebaulich verträglichen Einbindung des Gewerbebetriebs erforderliche Steuerung von dessen Lärmimmissionsverhalten nicht erreicht werden könnte. Die der Bebauungsplanänderung zugrunde liegende Prognose hinsichtlich der durch die Erweiterung des Betriebs zu erwartende Veränderung der Lärmimmissionen, die auf die benachbarte Bebauung einwirken, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Dies gilt auch insoweit, als im Laufe des Änderungsverfahrens das Grundstück FlNr. 262/7 aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans herausgenommen worden ist. Die dadurch bedingte Verringerung der gewerblich nutzbaren Fläche lässt die Prognose für die benachbarte Bebauung allenfalls günstiger erscheinen. Eine durch die Betriebserweiterung bedingte erhöhte Verkehrsbelastung der Staatsstraße am südlichen Rand des Plangebiets wirkt sich auf die benachbarte Wohnbebauung auf Grund der abschirmenden Wirkung der bereits bestehenden und der geplanten Werkshallen aber auch wegen der erheblichen Entfernung von mehr als 200 m offensichtlich nicht spürbar aus. Die Bebauungsplanänderung dient der städtebaulich verträglichen Expansion des bereits im Geltungsbereich ansässigen Betriebs. Die Frage von Alternativplanungen etwa im Gewerbegebiet "Ost" der Antragsgegnerin stellt sich daher nicht und kann auch keinen Einfluss auf die planerische Grundkonzeption des Bebauungsplans "Gewerbegebiet West" haben. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass ein ggf. erforderlicher Ausgleich des mit der Planverwirklichung verbundenen Eingriffs in die Natur gemäß § 1 a Absätze 2 und 3 BauGB das Planungskonzept in Frage stellen könnte.

Weitere Mängel, die die Unwirksamkeit oder gar die Nichtigkeit des Bebauungsplans zur Folge hätten, liegen nicht vor.

Die vorliegende Planung widerspricht nicht dem Anpassungsgebot an die Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB. Den von der Antragstellerseite genannten "Zielen" des Landesentwicklungsprogramms fehlt es an der erforderlichen Konkretisierung und damit an der Eigenart eines Ziels, um nicht von einer Abwägungsentscheidung der planenden Gemeinde überwunden werden zu können. Dies gilt insbesondere auch für die Formulierung unter Teil B I.3.4 LEP, wonach die Landschaften Bayerns in ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit, darunter die landschaftsprägenden Gewässer, erhalten und fortentwickelt werden sollen. Der im vorliegenden Fall möglicherweise einschlägige Topos eines landschaftsprägenden Gewässers ist aber einerseits schon nicht geeignet, bestimmte oder bestimmbare Teile der Landschaft zu bezeichnen. Zum anderen aber wird mit der "Erhaltung" kein bestimmtes Verhalten gefordert, etwa die Freihaltung von Bebauung oder das Unterlassen von Veränderungen (vgl. hierzu Kunkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, RdNr. 50 a zu § 1 BauGB). Der Ausweisung eines landschaftlichen Vorbehaltsgebiets im Regionalplan hat die Antragsgegnerin durch die - ausreichend bestimmt festgesetzte - Modellierung des Geländes, die in den Bebauungsplan integrierte Grünordnung und die Gestaltung der neuen Fließstrecke des Mettenbachs Rechnung getragen. Im landschaftlichen Vorbehaltsgebiet kommt den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinn einer Abwägungsdirektive besonderes Gewicht zu, jedoch keine strikte Bindungswirkung im Sinn einer Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB (vgl. BayVGH vom 10.4.2003, BayVBl 2003, 568). In der Abwägung durch die Antragsgegnerin und im Abwägungsergebnis hat die Bedeutung des landschaftlichen Vorbehaltsgebiets ausreichend Beachtung gefunden.

Es ist kein Abwägungsfehler gemäß § 1 Abs. 6 BauGB im Hinblick auf die Belange der Antragsteller bezüglich der Entwässerung ihres Fischteichs auf dem Grundstück FlNr. 262/7 zu erkennen. Der Bebauungsplan setzt insoweit eine mit einem Leitungsrecht zu belastende Fläche zwischen dem Teich und dem verlegten Mettenbach fest, soweit die Strecke im Plangebiet liegt. Die Antragsgegnerin hat damit die Belange der Antragsteller hinreichend berücksichtigt. Unabhängig davon, ob die Entwässerung des Fischteichs in den Mettenbach einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf, haben die Antragsteller - eine Bewilligung liegt unstreitig nicht vor - kein Recht, ihren Teich in das Fließgewässer zu entwässern. Ihnen kann allenfalls eine Benutzung des Mettenbachs im Sinn eines An- oder Hinterliegergebrauchs zugebilligt werden, die jedoch vom jeweiligen Zustand und der Lage des benutzten Gewässers abhängig ist. Einen Anspruch auf Aufrechterhaltung eines günstigen Zustandes hingegen gibt es nicht. Mit dem Fischteich ist im Übrigen das festgesetzte Regenrückhaltebecken nicht identisch.

Ein Abwägungsfehler liegt ferner nicht im Hinblick auf die Belange des Naturschutzes, insbesondere wegen des Vorkommens der in der "roten Liste" als "gefährdet" aufgenommenen Bachschmerle im Mettenbach vor. Zumindest ist ein Abwägungsfehler insoweit nicht offensichtlich (§ 214 Abs. 3 BauGB). Es sind weder Gründe genannt noch erkennbar, inwieweit die Bachverlegung den Bestand dieser Fischart beeinträchtigen könnte. Aus der mit dem Normenkontrollantrag vorgelegten Anlage A 20 geht hervor, dass die Bestände in vielen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland zunehmen und eine große Toleranz gegen Gewässerverunreinigungen haben, das Fehlen in Bachoberläufen aber auf Ausbreitungsbarrieren zurückzuführen ist. Solche werden mit der Bachverlegung nicht geschaffen.

Nicht offensichtlich sind schließlich auch Abwägungsmängel hinsichtlich der Landwirtschaft und des Hochwasserschutzes. Weder das Amt für Landwirtschaft noch das Wasserwirtschaftsamt haben als Träger öffentlicher Belange insoweit Einwendungen erhoben. Die Verlegung des Mettenbachs wurde mit Bescheid des Landratsamts Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim vom 28. März 2000 unter Prüfung der Anforderungen des Hochwasserschutzes genehmigt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Nummer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie den Beschluss über den Bebauungsplan (vgl. § 10 Abs. 3 BauGB).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 GKG).

Ende der Entscheidung

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