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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.02.2008
Aktenzeichen: 14 ZB 05.1444
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO
Vorschriften:
VwGO § 124 Abs. 2 | |
VwGO § 167 Abs. 1 | |
VwGO § 168 Abs. 1 Nr. 3 | |
ZPO § 767 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Vollstreckungsgegenklage;
hier: Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. März 2005,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese
ohne mündliche Verhandlung am 6. Februar 2008
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagten tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1. Die von der Klägerin beantragte Beiladung der Stadt Nürnberg, die im Verwaltungsstreitverfahren wegen der von ihr erteilten Baugenehmigung Beklagte war und in dem der streitgegenständliche Vergleich abgeschlossen wurde, kommt nicht in Betracht. Eine Beiladung kann nur in Bezug auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch notwendig gemäß § 65 Abs. 2 VwGO oder zweckmäßig nach § 65 Abs. 1 VwGO sein (vgl. BayVGH vom 11.7.2001 Az. 1 ZB 01.1255; VGH BW vom 22.11. NVwZ-RR 1999, 814; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 4 zu § 65). Im Verfahren wegen der Zulassung der Berufung wird aber die angefochtene Entscheidung nach den geltend gemachten Zulassungsgründen überprüft und nicht über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch entschieden (vgl. BVerwG vom 20.10.2000 NVwZ 2001, 202 zu der - abgelehnten - Beiladung im Beschwerdeverfahren wegen der Nichtzulassung der Revision). 2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
a) Ein Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Die Richter am Verwaltungsgericht Stumpf und Dr. Walk sind nicht deshalb von der Mitwirkung im Verwaltungsprozess ausgeschlossen, weil sie an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in den Verfahren Az. AN 3 K 00.1247 und AN 3 S 00.2012 teilgenommen haben, in der der Vergleich protokolliert wurde, um dessen Vollstreckung es im vorliegenden Verfahren geht. Die Ausschließung von Richtern ist in § 54 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 41 ZPO abschließend geregelt. Im vorliegenden Fall ist keiner der Ausschließungsgründe gegeben, vor allem haben die Richter weder bei einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren (§ 54 Abs. 2 VwGO) noch in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren mitgewirkt (§ 41 Nr. 6 ZPO). Die einzelnen Ausschließungstatbestände sind grundsätzlich eng auszulegen und einer analogen Anwendung auf nicht geregelte Fälle wegen des Rechts auf den gesetzlichen Richter nicht zugänglich (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., RdNr. 5 zu § 54; Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 4 zu § 54).
b) An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
aa) Nach Nr. 3 Satz 2 des Prozessvergleichs vom 30. Mai 2001 darf die Beigeladene in dem im Bebauungsplan Nr. 4404 der Stadt Nürnberg als "MI" festgesetzten Baustreifen weder von der Elbinger Straße noch von der Carl-von-Linde-Straße aus weder zum Parkhaus noch zum Fachmarktzentrum eine Zugangs- und/oder Zufahrtsmöglichkeit schaffen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die in anderen Verfahren geltend gemachten Vollstreckungsanträge der Beklagten seien nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin ihre Vergleichspflicht erfüllt und deshalb die Vollstreckungsabwehrklage Erfolg hat, ist nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend dazu ist folgendes auszuführen:
Die Klägerin hat nicht in Widerspruch zu dem Vergleich eine Zugangs- oder Zufahrtsmöglichkeit zum Fachmarktzentrum oder zum Parkhaus geschaffen. Bei den beiden Türen in der östlichen Außenwand des Parkhauses handelt es sich um in der Baugenehmigung vom 14. August 2000 (Auflagen-Nrn. 126 bis 129) vorgeschriebene Fluchtwegtüren aus den Treppenräumen des Parkhauses, die von außen nicht zu öffnen und mit einer Alarmanlage versehen sind. Ein Zugang zu dem Parkhaus und dem Fachmarktzentrum auf diesem Weg ist deshalb nicht möglich. In der den gesamten Außenbereich östlich des Parkhauses bis zur östlichen Grundstücksgrenze umgebenden Einzäunung zur Elbinger Straße hin wurden zwar (etwa gegenüber den Fluchtwegtüren) zwei Tore eingebaut, die aber ebenfalls nur von innen zu öffnen sind. Damit ist für Besucher des Einkaufszentrums und des Parkhauses ein Zugang von der Elbinger Straße her nicht möglich. Der Umstand, dass die beiden Tore in der Umzäunung verschiedentlich offen stehen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dadurch wird für Kunden oder Benutzer des Parkhauses keine Zugangsmöglichkeit zum Fachmarktzentrum oder zum Parkhaus im Widerspruch zu der Vergleichsregelung geschaffen. Mögliche Besucher, die zwar durch die offenstehenden Tore das Grundstück der Klägerin betreten könnten, haben jedoch keine Möglichkeit, durch die von außen nicht zu öffnenden Fluchtwegtüren in das Parkhaus oder das Fachmarktzentrum zu gelangen. Abgesehen davon ist für Kunden des Fachmarktzentrums aufgrund der den gesamten östlichen Bereich um das Parkhaus umgebenden Einzäunung und der beiden kleinen Fluchtwegtüren in der Außenwand des Parkhauses erkennbar, dass es sich dabei nicht um den eigentlichen Zugang zum Parkhaus und zum Fachmarktzentrum handeln kann. Auch würden Kunden das Fachmarktzentrum nicht über das Parkhaus durch die Fluchtwegtüren verlassen, um zu ihrem in der Elbinger Straße geparkten Auto zu gelangen. Es dürfte im Regelfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein, dass Kunden bei ihrer Ankunft zunächst das Auto in der Elbinger Straße parken und dann zu Fuß den weiten Weg bis zur entgegengesetzten westlichen Seite des Fachmarktzentrums zu dessen Eingang auf sich nehmen.
bb) Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Zwangsvollsteckung aus Nr. 3 Satz 2 des gerichtlichen Vergleichs gegenwärtig für unzulässig erklärt wurde. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, Streitgegenstand der Vollstreckungsabwehrklage sei nach § 767 ZPO allein die gänzliche oder teilweise, endgültige oder zeitweilige Vernichtung der Vollstreckbarkeit. Gerade weil sich die Verhältnisse auf dem Grundstück der Klägerin später in einem der Vergleichsregelung widersprechenden Weise ändern könnten, kann in Bezug auf Nr. 3 Satz 2 des Vergleichs die Unzulässigkeit der Vollstreckung durch die Beklagten nur auf der Grundlage der gegenwärtigen Tatsachenfeststellungen getroffen werden.
cc) Ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen auch nicht hinsichtlich Nr. 4 des gerichtlichen Vergleichs, nach der die Klägerin sich verpflichtete, die Grundstücksteilflächen, für die im Bebauungsplan Nr. 4404 entlang der Elbinger Straße "MI" festgesetzt ist, an erster Rangstelle vor jeglichen Grundpfandrechten mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Beklagten zu belasten. Diese soll folgenden Inhalt haben: "Der jeweilige Eigentümer der Grundstücksteilfläche verpflichtet sich, es zu unterlassen, zum Gebäude des Fachmarktzentrums und/oder des Parkhauses einen Zugang und/oder eine Zufahrt von der Elbinger Straße und/oder von der Carl-von-Linde-Straße aus zu schaffen". Die Dienstbarkeit ist nach der Vergleichsregelung an erster Rangstelle vor jeglichen Grundpfandrechten im Grundbuch einzutragen. Die Klägerin hat dazu zu Recht und unwidersprochen vorgetragen, sie habe die Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllt. Dass andere Dienstbarkeiten der Eintragung vorgingen, sei unerheblich. Denn die Dienstbarkeit aus dem Vergleich sei an erster Stelle in Abteilung 3 des Grundbuchs, d.h. an erster Rangstelle vor jeglichen Grundpfandrechten eingetragen worden. Nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck des Vergleichs sollte durch die Eintragung an erster Rangstelle vor jeglichen Grundpfandrechten zu Gunsten der Beklagten sichergestellt werden, dass das Recht im Falle einer Zwangsversteigerung aufgrund anderer nachrangig eingetragener Grundpfandrechte nicht untergehen kann.
Die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch widerspricht auch nicht deshalb Nr. 4 des gerichtlichen Vergleichs, weil entgegen dem Wortlaut nicht die gesamten als Mischgebiet entlang der Elbinger Straße bezeichneten Grundstücksflächen mit der Dienstbarkeit belastet worden sind. Der Senat ist mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, der Vergleich ist dahingehend auszulegen, dass die Klägerin nur zur Belastung der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke verpflichtet werden sollte. Der Inhalt von Willenserklärungen ist - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - nach den auch im öffentlichen Recht analog anwendbaren §§ 133, 157 BGB nach Sinn und Zweck der Vereinbarung und dem wirklichen Willen der Beteiligten auszulegen. Das Verwaltungsgericht führte dazu aus, zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses sei den Beteiligten offensichtlich klar gewesen, dass nach den Bestimmungen des notariellen Kaufvertrags vom 15. Juni 1999 eine Teilfläche von etwa 1436 m² aus dem Grundstück FlNr. 113 (alt) im Bereich der Mischgebietsfläche im Eigentum der Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg (VAG) verbleiben sollte. Da sich die Klägerin vernünftigerweise auch nicht verpflichten konnte, fremdes Eigentum mit der Dienstbarkeit belasten zu lassen, und in dem Vergleich die Problematik der Belastung fremder Grundstücke nicht angesprochen wurde, sollte die Klägerin offensichtlich nur zur Belastung eigener Grundstücke verpflichtet werden.
Soweit die Beklagten darüber hinaus den Zulassungsantrag damit begründen, die Dienstbarkeit sei unter Missachtung des Sicherungszwecks des Vergleichs nur für einen Teil der im Bebauungsplan Nr. 4404 entlang der Elbinger Straße mit "MI" festgesetzten Bereich bestellt worden, wurden die ernstlichen Zweifel nicht im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ausreichend dargelegt. Denn auf die ausführliche Begründung im Urteil des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin durch die bestellte Dienstbarkeit ihre Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllt habe, weil der Sicherungszweck des Vergleichs nach seinem Sinn und Zweck vollständig erreicht werde, gehen die Beklagten nicht ein. Der geltend gemachte Einwand, die Abweichungen in der Formulierung der eingetragenen Dienstbarkeit führten zu Lücken in der Absicherung der Beklagten, wird nicht begründet. Abgesehen davon wird nach den objektiven Gegebenheiten die durch den Vergleich angestrebte Absicherung der Beklagten nicht dadurch in Frage gestellt, dass aus dem Grundstück FlNr. 1113 (alt) das Grundstück FlNr. 113 (neu) herausgemessen und eine im Eigentum der VAG stehende Fläche von etwa 1436 m² mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht belastet wurde. Im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 113/7 wurde auf einem durchgehenden Streifen entlang der Elbinger Straße die Dienstbarkeit bestellt, sodass diese wie ein Riegel von Nord nach Süd das sinngemäß vereinbarte Zugangs- und Zufahrtsverbot zu dem Fachmarktzentrum oder der Parkgarage dinglich absichert.
dd) Nach Satz 3 der eingetragenen Dienstbarkeit, sind ein Ein- oder Ausgang und/oder eine Zu- oder Abfahrt auf die jeweils belastete Fläche selbst und/oder zu darauf befindlichen Gebäuden zulässig. Die Auffassung der Beklagten, darin liege ein Widerspruch zu der Vergleichsregelung, ist nicht begründet. Nach Satz 1 der Dienstbarkeit verpflichtet sich der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks, es zu unterlassen, zum Gebäude des Fachmarktzentrums und/oder des Parkhauses einen Ein- oder Ausgang und/oder eine Zu- oder Abfahrt von der Elbinger Straße und/oder von der Carl-von-Linde-Straße aus zu schaffen. Nach Auslegung der Dienstbarkeit kann Satz 3 nur so verstanden werden, dass eine von Satz 1 unabhängige zusätzliche Regelung mit dem Inhalt eingetragen werden sollte, ein Betreten und Befahren der belasteten Grundstücke nur von der Elbinger Straße aus solle nicht zum Zweck des Zugangs zu der Parkgarage oder dem Fachmarktzentrum erfolgen sondern nur zu mischgebietsverträglichen Nutzungen der Freifläche. Deshalb ist im übrigen auch die Erklärung des Klägervertreters zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2005 für das Verständnis und die Auslegung Satz 3 der Dienstbarkeit nicht entscheidend. Abgesehen davon wird in der Begründung des Zulassungsantrags nicht dargelegt, inwieweit Satz 3 dem gerichtlichen Vergleich widerspricht. Die Ausführung der Beklagten, insoweit sei die Absicherung der Beklagten durch den Grundbucheintrag der Dienstbarkeit unter "in Bezugnahme der Bestellungsurkunde ein weitergehender (...) als der aus einer zur Gerichtsniederschrift abgegebenen Erklärung", legt nicht dar, inwieweit die Klägerin ihre Verpflichtung aus dem Vergleich nicht erfüllt habe.
c) Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil lässt eine hinreichend sichere Prognose zu, dass die Berufung keinen Erfolg haben würde. Der Begründungsumfang des Urteils des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf den besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache, sondern darauf, dass über mehrere, jeweils aber nicht besonders schwierige Einzelfragen zu entscheiden war. Hauptsächlich ging es um die Auslegung des Vergleichs unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln, die keine überdurchschnittlichen, das normale Maß überschreitende Schwierigkeiten verursachte (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O., RdNr. 27 zu § 124 m. w. N.)
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwerts wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Februar 2006 Az. 14 C 05. 1548 Bezug genommen.
Ende der Entscheidung
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