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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.10.2009
Aktenzeichen: 15 B 08.2380
Rechtsgebiete: BauNVO, BauGB, VwGO, BayBO 1998


Vorschriften:

BauNVO § 4
BauNVO § 14 Abs. 1 Satz 1
BauNVO § 15 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 31 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 114
BayBO 1998 Art. 82
Das Halten eines Pferdes und eines Esels kann nach der besonderen Lage des Einzelfalls der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets nicht widersprechen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

15 B 08.2380

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Nutzungsuntersagung u.a.

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Fießelmann, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Breit

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2009 am 5. Oktober 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Bescheid des Landratsamts ************* vom 23. November 2004 wird aufgehoben soweit darin

- die Klägerin zur Aufgabe der Großtierhaltung (1 Pferd, 1 Esel) aufgefordert worden ist (Nr. I. Teil 1 des Bescheids)

- ein Zwangsgeld von 1000 € für den Fall der Nichterfüllung der in Nr. I. des Bescheids genannten Verpflichtungen für zur Zahlung fällig erklärt worden ist (Nr. III. Teil 1 des Bescheids)

- der Klägerin die Kosten des Verwaltungsverfahrens auferlegt worden sind (Nr. IV. des Bescheids)

- die Kosten festgesetzt sind (Nr. V. des Bescheids).

Der Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 30. Januar 2007 wird aufgehoben, soweit in dem Umfang der Aufhebung der Widerspruch zurückgewiesen worden ist und der Klägerin die Kosten auferlegt worden sind.

II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2008 wird aufgehoben, soweit unter dessen Nr. I. die Klage auch in dem unter Nr. I. dieses Urteils genannten Umfang abgewiesen und der Klägerin unter dessen Nr. II. die Kostenlast auferlegt worden ist.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen - soweit sie nicht bereits Gegenstand des Beschlusses vom 22. August 2008 (Az. 15 ZB 08.613) sind - hat der Beklagte zu drei Vierteln zu tragen; die Beigeladenen tragen ein Viertel. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Klägerin geht es in dem Rechtsstreit um die Aufhebung des Bescheids des Landratsamts ************* vom 23. November 2004.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. November 2004 verpflichtete das Landratsamt ************* die Klägerin, die Großtierhaltung (1 Pferd, 1 Esel) auf dem Grundstück Fl.Nr. 1086/6 Gemarkung ********* aufzugeben und die Miststätte auf Fl.Nr. 1082/3 zu beseitigen (I.) sowie für das auf Fl.Nr. 1086/6 bereits errichtete Stallgebäude nachträglich eine Baugenehmigung (nicht zur Großtierhaltung) einzureichen (II.). Für den Fall, dass diese Verpflichtungen nicht erfüllt würden, wurde der Klägerin wegen den Verpflichtungen nach Nr. I. ein Zwangsgeld von 1.000 €, wegen der Verpflichtung nach Nr. II. ein Zwangsgeld von 500 € angedroht. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen liegen am westlichen Rand des Bebauungsplans "********" der Stadt *********, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Das 40 m² umfassende Gebäude, in dem auf einer Fläche von 11,75 m² (teilweise überdachter Unterstand) die beiden Tiere untergebracht sind (im Übrigen handelt es sich um einen Geräteraum), befindet sich seinerseits am westlichen Rand des etwa 54 m tiefen und 1.350 m² großen Grundstücks der Klägerin. Westlich direkt anschließend erstreckt sich ein größeres Waldgebiet, weiter nördlich folgen umfangreiche landwirtschaftliche Nutzflächen.

Zu der Anordnung war es gekommen, nachdem sich die Beigeladenen, die Erbbauberechtigten des nördlich gelegenen Grundstücks Fl.Nr. 1086/3 und des dort errichteten Wohnanwesens (sowie die Bewohnerin des unmittelbar nördlich benachbarten Hauses auf dem Grundstücks Fl.Nr. 1086/4) unter dem 24. November 2003 über eine Geruchsbelästigung beschwert hatten, die von der Pferdekoppel auf Fl.Nr. 1083 ausgehe. Unter dem 12. Mai 2004 hatten sich die Beigeladenen erneut an das Landratsamt gewandt, die von der Stallung, dem Misthaufen auf Fl.Nr. 1082/3 und der Koppel auf Fl.Nr. 1086/6 ausgehende Geruchsbelästigung beklagt und zugleich unter Hinweis auf eine angenommene Unzulässigkeit der Großtierhaltung im allgemeinen Wohngebiet den Erlass einer Nutzungsuntersagung gefordert. Das Grundstück Fl.Nr. 1082/3 steht im Eigentum des Vaters der Klägerin; es liegt im Außenbereich.

Die nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 29.1.2007) erhobene Klage gegen den Bescheid vom 23. November 2004 wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 24. Januar 2008 ab.

2. Mit Beschluss vom 22. August 2008 (Az. 15 ZB 08.613) hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Untersagung der Tierhaltung und die Androhung eines Zwangsgelds abgewiesen hat, den Antrag auf Zulassung der Berufung im Übrigen abgelehnt. Auf den Beschluss wird Bezug genommen.

Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Rechtsmittels zum einen auf die Gründe des Beschlusses über die Zulassung der Berufung. Im Übrigen behauptet sie, störende Geruchseinwirkungen seien nicht zu erwarten. Neben den Geruchsimmissionen von angrenzenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen falle eine Geruchsimmission von den beiden Tieren nicht mehr ins Gewicht. Bei den Ortseinsichten hätte sich keine Geruchswahrnehmung ergeben. Die Tierhaltung trete auch optisch nicht Erscheinung. Das Pferd sei bereits 20 Jahre alt, der Esel werde als "Gesellschaftstier" für das Pferd gehalten. Sie beantragt sinngemäß, Nr. I. des Bescheids vom 23. November 2004 (nur Nutzungsuntersagung) und dessen Nr. III. sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 29. Januar 2007 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2008 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung ist die Pferdehaltung in einem Wohngebiet mit unzumutbaren Belästigungen durch Gerüche und Fliegen verbunden. Zwar befinde sich die Stallung am Ortsrand zum Außenbereich hin. Sie sprenge aber den Rahmen seiner durch Wohnbebauung geprägten Umgebung. Von ländlich strukturierter Bebauung könne keine Rede sein.

Der Beklagte hat eine auf die konkrete Tierhaltung bezogene fachliche Stellungnahme des Landratsamts zu Fragen des Immissionsschutzes und eine Stellungnahme des Veterinäramtes zu Fragen der Belästigung durch Fliegen bei Pferdehaltung vorgelegt. Danach seien Geruchsimmissionen von den Koppelflächen her nicht auszuschließen. Das gelte im südwestlichen Gartenbereich des nördlichen Nachbargrundstücks Fl.Nr. 1086/4 auch für Einwirkungen durch den Stall. Dass der Stall aber keine entscheidende Rolle spiele, zeige sich auch daran, dass es von Seiten des südlichen Nachbarn der Klägerin (Fl.Nr. 1086/7) keine Beschwerden gebe. Wegen der Fliegen komme es auf die Umstände des Einzelfalls an. Zu berücksichtigen seien etwa die Zahl der Tiere, die Form der Tierhaltung, Größe des Grundstücks, Verteilung der Funktionsbereiche (Weide, Futterplatz, Kotplätze, Misthaufen) und die Frequenz der Entmistung.

Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt. Sie machen geltend: Das Baugebiet sei nicht ländlich strukturiert. Von den beiden Tieren gehe eine erhebliche Geruchsbelästigung aus. Das werde auch durch die unmittelbare nördliche Nachbarin bestätigt. Dass andere Bewohner (wie der südliche Nachbar) sich nicht gestört fühlten, besage nichts. Auch seien die anlässlich von Ortsbesichtigungen gemachten Feststellungen des fachlichen Immissionsschutzes nicht repräsentativ. Die von der Stallung ausgehenden Geruchsimmissionen seien sehr witterungsabhängig. Auch gebe es ein stark vermehrtes Fliegenaufkommen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten und der Stadt ********* verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage in dem aus der Urteilsformel zu ersehenden Umfang zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts ************* vom 23. November 2004 ist in diesem Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er war einschließlich des Widerspruchsbescheids insoweit aufzuheben. Auf den Beschluss des Senats vom 22. August 2008 wird ergänzend (auch wegen Nr. II. des Bescheids) Bezug genommen.

1. Nach Art. 82 Satz 2 BayBO in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 1997 (GVBl S. 433; im Folgenden BayBO 1998) kann die öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechende Benutzung einer Anlage untersagt werden. Der angefochtene Bescheid sieht, ebenso wie der Widerspruchsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), den Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausschließlich in der Nutzung des Gebäudes am westlichen Rand des Grundstücks der Klägerin zum Halten eines Pferdes und eines Esels. Mit einer anderen Nutzung hatte der Beklagte eine bauaufsichtliche Genehmigung des Gebäudes auch in Ansehung der Vorschriften des Bebauungsplans "********" zu Nebengebäuden (ebenda 3., im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids noch ergänzend 3.1) jedenfalls für möglich gehalten (s. Nr. II. des Bescheids und die dazu gegebene Begründung). Bei diesen Gegebenheiten ist die Nutzungsuntersagung ermessensfehlerhaft (§ 114 Satz 1 VwGO). Denn die Nutzung des Gebäudes in Form der konkreten Großtierhaltung (1 Pferd, 1 Esel) ist vorbehaltlich der durch die Nrn. 3. und 3.1 der Bebauungsplanvorschriften aufgeworfenen, vom Beklagten aber - wohl mit Blick auf § 31 Abs. 2 BauGB - für nicht von vornherein eine Nutzung des Gebäudes ausschließend erachteten Fragen entgegen der die Ermessensentscheidung tragenden Annahme zulässig.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind im Plangebiet außer den in § 4 BauNVO genannten Anlagen untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Der Beklagte geht davon aus, dass die untersagte Nutzung der Eigenart des allgemeinen Wohngebiets widerspricht. Das wird der konkreten städtebaulichen Situation nicht gerecht.

Mit der Anforderung, die Anlage dürfe der Eigenart des Baugebiets nicht "widersprechen", nimmt die Baunutzungsverordnung es hin, dass auch solche Anlagen errichtet (und genutzt) werden, an die der Plangeber möglicherweise nicht gedacht hat, die aber nicht den Grad des Widerspruchs zur Plankonzeption erreichen. Ob das Halten eines Pferdes und eines Esels der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets widerspricht, lässt sich nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beantworten (vgl. BVerwG vom 18.2.1983 BVerwGE 67, 23/26). Die Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets wird nicht nur durch seine allgemeine Zweckbestimmung bestimmt (BVerwG vom 4.5.1988 BVerwGE 79, 309/314). Charakterisierend ist auch die Lage und die Größe der Grundstücke im Baugebiet oder die Dichte der Bebauung (BVerwG vom 18.2.1983 a.a.O. S. 27 f.). Auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Baugebiet hineingeplant worden ist, prägt seine Eigenart mit (BVerwG vom 4.5.1988 a.a.O.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 9. November 1979 (BayVBl 1980, 212) festgestellt, eine Pferdehaltung sei in einem allgemeinen Wohngebiet zwar regelmäßig unzulässig, weil sie seiner Eigenart widerspreche. Er hat es aber nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Fällen auch in Wohngebieten eine Pferdehaltung zulässig sein kann. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich um weiträumige Grundstücke handle, die die Errichtung eines Pferdestalls in ausreichender Entfernung von den Nachbargrundstücken erlaubten. Ferner könne ein Pferdestall unter Umständen dann zugelassen werden, wenn er derart am Ortsrand errichtet sei, dass er mehr der freien Landschaft als einem Wohngebiet zugeordnet werden könne. Das entspricht im Wesentlichen auch der einhelligen Auffassung in der einschlägigen Kommentarliteratur (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, RdNr. 19 zu § 14; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 20d zu § 14 BauNVO; Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiss, RdNr. 19 zu § 3 BauNVO; Ziegler in Brügelmann, BauGB, RdNr. 46 zu § 14 BauNVO; Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Auflage 2002, RdNr. 7 zu § 14).

Auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, ergibt sich, dass nach der örtlichen Situation die fragliche Nutzung durch das Halten eines Pferdes und eines Esels der Eigenart des Baugebiets nicht widerspricht: Anhand der vorliegenden Pläne und der in der mündlichen Verhandlung erörterten Luftbildaufnahmen ist zu ersehen, dass das umfangreiche Baugebiet "********" in seinem für den Rechtsstreit maßgeblichen Teil westlich der Wetzldorfer Straße nach Norden und teilweise nach Westen zu an weiträumige landwirtschaftlich genutzte Flächen, nach Westen zu auch an ein umfangreiches Waldgebiet angrenzt. Gerade an seinem westlichen Rand, der u.a. das Grundstück der Klägerin umfasst, ist das Baugebiet durch besonders tiefe Grundstücke, große Freiflächen und eine entsprechend lockere Bebauung gekennzeichnet. Die rückwärtigen Freiflächen der Grundstücke gehen unmittelbar in den Außenbereich über. Das prägt die örtliche Situation in einer Weise, dass das Halten eines Pferdes und eines Esels der Eigenart des Baugebiets nicht von vornherein widerspricht. Auch befindet sich das Nebengebäude, das die beiden Tiere beherbergt, am äußersten Rand des Baugebiets und des Grundstücks der Klägerin. Es ist in dieser Lage von der straßenseitigen Bebauung deutlich abgerückt und mehr dem anschließenden Außenbereich als der Wohnbebauung zugeordnet.

b) Der Eigenart des Baugebiets widerspricht die fragliche Nutzung auch nicht mit Blick auf mit ihr verbundene Umwelteinwirkungen. Der Umweltingenieur des Landratsamts hat sich im Zuge des Verfahrens zweimal auf der Grundlage einer Ortseinsicht mit den Fragen einer Geruchsbelästigung infolge der Tierhaltung befasst (vgl. die gutachtlichen Stellungnahmen vom 14.9.2004 und 29.12.2008). In der mündlichen Verhandlung hat er seine Einschätzung nochmals wiederholt. Danach ist eine Geruchswahrnehmung nur im unmittelbaren, auf wenige Meter beschränkten Nahbereich zu erwarten, wenn - was unterstellt werden kann (vgl. BVerwG vom 18.5.1995 BVerwGE 98, 235/247) und nach den glaubhaften Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht in Frage steht - in der Stallung und dem angeschlossenen Paddock die gebotene Sauberkeit (vor allem regelmäßige Entmistung) gewahrt ist. Das schließt eine im Wohngebiet unzumutbare Geruchsbelästigung bei den die Stallung umgebenden Grundstücken (auch) in deren dem Wohngebäude noch zuzurechnenden Außenwohnbereich aus. Der Senat hat an dem fachkundig erläuterten Resultat dieser Beurteilung keine Zweifel. Sie deckt sich im Übrigen mit einer im Zuge der mündlichen Verhandlung eingeführten anderweitigen Einschätzung des Landratsamts Neumarkt i.d.OPf. vom 18. Juli 2007.

Auch eine besondere, im Wohngebiet nicht zumutbare Fliegenbelästigung ist nicht zu erwarten. Der Umweltingenieur des Landratsamts hat in der mündlichen Verhandlung die schriftliche Äußerung des Landratsamts - Veterinäramt - vom 30. Dezember 2008 mit Blick auf die streitige Stallnutzung dahingehend präzisiert, dass für das Fliegenaufkommen vor allem die Sauberkeit im Stall von Bedeutung ist. Sofern der Stall und der Paddock regelmäßig entmistet werden (was, wie bereits erwähnt, unterstellt werden kann), ist danach mit einem das Wohnen unzumutbar störenden oder belästigenden Auftreten von Fliegen in der Nachbarschaft nicht zu rechnen.

c) Soweit daneben Anforderungen aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gestellt sind (so etwa Bielenberg, a.a.O., RdNr. 20 d am Ende zu § 14 BauNVO; Stock, a.a.O., RdNr. 15 zu § 14; anders Ziegler, a.a.O., RdNr. 30 zu § 14), ergeben sich daraus über das bereits Ausgeführte hinaus keine weitergehenden Gesichtspunkte, wegen derer die untersagte Nutzung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unvereinbar sein würde. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist eine in § 14 BauNVO aufgeführte bauliche Anlage im Einzelfall unzulässig, wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Derartige Belästigungen oder Störungen gehen, wie ausgeführt, von der untersagten Nutzung nicht aus.

d) Nichts anderes ergibt sich, sofern man der Ansicht wäre, die besondere, unter a) beschriebene städtebauliche Situation am westlichen Rand des Baugebiets "********" habe nicht das Gewicht, die Eigenart des dortigen, westlich der Wetzldorfer Straße gelegenen Teils des Baugebiets im Sinn des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu prägen. Das vorausgesetzt musste der Beklagte bei der Ermessensausübung berücksichtigen, dass die fragliche Nutzung die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans erfüllt. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich vertretbar sowie unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Grundzüge der Planung eines allgemeinen Wohngebiets werden durch das Halten der beiden Tiere in der konkreten Situation am äußersten Rand des Wohngebiets nicht berührt. Auch insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. BVerwG vom 29.1.2009 NVwZ 2009, 1103). Wie bereits ausgeführt, ist das Grundstück der Klägerin durch seine Lage am äußersten Rand des Baugebiets und eine vergleichsweise besondere Größe und Tiefe gekennzeichnet. Die rückwärtigen Freiflächen des Grundstücks gehen unmittelbar in den Außenbereich über. Das Nebengebäude, das die beiden Tiere beherbergt, steht am äußersten Rand des Grundstücks der Klägerin. Es ist in dieser Lage von der straßenseitigen Bebauung deutlich abgerückt und mehr dem anschließenden Außenbereich als der Wohnbebauung zugeordnet. Die angestrebte und im Plan zum Ausdruck gebrachte Konzeption des Wohngebiets wird an dieser Stelle nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt. Die fragliche Nutzung liegt auch auf Grund ihres geringen sachlichen Gewichts dort nicht außerhalb dessen, was den wesentlichen Inhalt der Planung ausmacht (vgl. BVerwG vom 9.3.1990 BVerwGE 85, 66/71 f.).

Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Auf b) wird Bezug genommen. Öffentliche Belange, mit denen die fragliche Nutzung unvereinbar ist, sind nicht zu ersehen. Insbesondere löst sie Spannungen, die nur durch Planung zu bewältigen wären, nicht aus (vgl. BVerwG vom 19.9.2002 BVerwGE 117, 50/53 f.).

2. Aufzuheben war ferner Nr. III. Teil 1 (Zwangsgeld von 1.000 €) des Bescheids vom 23. November 2004. Da sich die Nutzungsuntersagung als rechtswidrig erweist, sind auch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nicht rechtens. Die Maßnahme ist insgesamt rechtswidrig, weil sich ein beziffertes Zwangsgeld für die rechtmäßige Beseitigungsanordnung (Miststätte; vgl. Beschluss vom 22.8.2008 Az. 15 ZB 08.613) nicht ausmachen lässt und deshalb im Fall einer Teilaufhebung eine unbestimmte Maßnahme verbleiben würde.

Das gilt entsprechend für die Kostenentscheidungen in dem angefochtenen Bescheid.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Beigeladenen haben im ersten Rechtszug einen umfassenden Antrag auf Klageabweisung gestellt; daher haben sie einen Teil der Kosten zu tragen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO

Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.500 € festgesetzt (§ 47, § 52 Abs. 1 GKG)

Ende der Entscheidung

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