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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 15 BV 06.2740
Rechtsgebiete: GG, DBGrG, BEZNG
Vorschriften:
GG Art. 33 Abs. 5 | |
GG Art. 143a Abs. 1 Satz 3 | |
DBGrG § 12 Abs. 4 | |
DBGrG § 12 Abs. 9 Satz 1 | |
DBGrG § 21 Abs. 6 | |
BEZNG § 11 Satz 1 Nr. 2 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Zuweisung zur DB Arbeit GmbH;
hier: Berufung der Beigeladenen zu 1 gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Juli 2002,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann
ohne mündliche Verhandlung am 15. Januar 2008
folgendes Urteil:
Tenor:
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beigeladene zu 1 kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 v.H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1. Der Kläger ist Beamter des Beklagten (Hauptwerkmeister, BesGr. A 8). Bis zum Ende des Jahres 2000 ist er bei der im Zuge der Bahnreform gegründeten DB Cargo AG tätig gewesen.
Am 28. August 2000 kündigte die DB Cargo AG dem Beklagten ihre Absicht an, den Kläger "zur Dienstleistung bzw. zur beruflichen Neuorientierung und Neuqualifikation mit dem Ziel der Vermittlung auf einen freien Arbeitsplatz im DB Konzern der DB Arbeit GmbH zur Dienstleistung zuzuweisen". Nachdem der Beklagte nicht widersprach, wurde die Zuweisung zur DB Arbeit GmbH durch Schreiben vom 19. Dezember 2000 mit Wirkung zum 1. Januar 2001 vorgenommen. Der Beklagte hat den Widerspruch des Klägers am 30. März 2001 zurückgewiesen.
2. Das Verwaltungsgericht hat die DB Cargo AG und die DB Arbeit GmbH zum Verfahren beigeladen.
Durch Urteil vom 16. Juli 2002 hat es die Maßnahme insoweit aufgehoben, als die mit der Zuweisung des Klägers verbundene unterwertige Beschäftigung einen Zeitraum von zwei Jahren überschreitet (2. Hilfsantrag). Die weiteren Klageanträge, die Maßnahme unbedingt oder (hilfsweise) soweit ihre Dauer einen Zeitraum von zwölf Monaten überschreitet aufzuheben, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Nach den Entscheidungsgründen kann sich die Maßnahme zwar auf § 12 Abs. 6 Satz 2 oder Abs. 9 Satz 1 DBGrG stützen. Die institutionelle Garantie des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG, wonach die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt werden, erlaube aber eine Durchbrechung des Grundsatzes der amtsgemäßen Verwendung nur für begrenzte Zeit. Im Hinblick auf § 27 Abs. 2 Satz 3 BBG erscheine eine Zeitdauer von zwei Jahren als angemessen.
Der Senat macht sich die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zu eigen und nimmt auf dessen Tatbestand Bezug (§ 130b Satz 1 VwGO).
3. Die beigeladene DB Cargo AG hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Sie trägt unter dem 26. September 2003 vor, sie firmiere nunmehr als "Railion Deutschland AG". Die DB Cargo AG sei nach § 2 Satz 2 i. V. m. § 1 Nr. 2 DBAGZustV selbst für die angegriffene Zuweisung zuständig gewesen. Selbst wenn diese keine Zuständigkeit gehabt habe, liege mit dem Widerspruchsbescheid des Beklagten ein ausdrücklich inhaltlich genehmigter Verwaltungsakt der Bundesrepublik Deutschland vor, in dessen Rahmen die DB Cargo AG als Verwaltungshelfer tätig geworden sei. Die von Rationalisierungsmaßnahmen Betroffenen seien ordnungsgemäß nach den Grundsätzen der Sozialauswahl bestimmt worden. Rechtsgrundlage der Zuweisung sei § 12 Abs. 9 i. V. m. § 23 Satz 2 DBGrG. Der Kläger habe nicht erst durch die angefochtene Zuweisung zur Beigeladenen zu 2 seine amtsangemessene Beschäftigung verloren. Diese sei bereits bei der Beigeladenen zu 1 infolge einer rationalisierungsbedingten Maßnahme entfallen. Rationalisierungsmaßnahmen verwirklichten die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Unternehmens und seien durch die einfachgesetzlich und verfassungsrechtlich abgesicherte Bahnreform gerade in Kauf genommen worden. Im Gesetzgebungsverfahren sei deutlich geworden, dass Veränderungen bei der konkret auszuübenden Tätigkeit durchaus möglich sein sollten, um einen Erfolg der Bahnreform zu gewährleisten. Ferner verletze die Tatsache, dass die Vermittlungsbemühungen der Beigeladenen zu 2 noch zu keinem Ergebnis geführt haben, nicht den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Gerade durch die vorgenommene Zuweisung könne der Anspruch gesichert werden. Die DB Vermittlung GmbH, die im Wege eines Teilbetriebsübergangs gemäß § 613a BGB hinsichtlich der ihr zugewiesenen Beamten den Betrieb der DB Arbeit GmbH - welche voll liquidiert worden sei - übernommen habe, sei zu Vermittlungsbemühungen verpflichtet und besäße als jeweils einzige Bahngesellschaft den dafür notwendigen Überblick. Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung finde seine Grenze in der Unmöglichkeit, ihn zu erfüllen. Eine amtsangemessene Beschäftigung habe nicht ermöglicht werden können, weil im gesamten DB-Konzern keine freien amtsangemessenen Einsatzmöglichkeiten vorhanden seien. Der Grundsatz, dass eine unmögliche Leistung von niemandem verlangt werden kann, beherrsche das gesamte Recht. Der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 22. Juni 2006 ("Vivento") auf die Verpflichtung zur amtsangemessenen Beschäftigung gehe an der Tatsache der verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten nach jahrelangen erheblichen Rationalisierungsanstrengungen der Behörde Bundesbahn und der DB AG aufgrund des Rationalisierungsauftrags im Eisenbahnneuordnungsgesetz vollständig vorbei. Letztendlich meine das Bundesverwaltungsgericht, eine Zuordnung zu einem Unternehmen wie der DB Vermittlung GmbH bedürfe einer gesetzlichen Rechtsgrundlage. Bei der Bahn existiere eine solche Rechtsgrundlage, weshalb die Rechtslage bei der Post nicht vergleichbar sei. Anders als bei der Post durch Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG sei bei der Bahn infolge von Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG die Weiterbeschäftigungsgarantie nicht verfassungsrechtlich verankert. § 12 Abs. 9 DBGrG sei eine echte, eigenständige Eingriffsbefugnis, die von den allgemeinen Eingriffsbefugnissen in das Beamtenverhältnis abweiche. Der Begriff der "anderweitigen Verwendung" werde in beamtenrechtlichen Gesetzen immer dann verwendet, wenn tiefgreifende Veränderungen im Beamtenverhältnis erforderlich seien. Die Vorschrift bestimme keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen und keine Einschränkungen in den Rechtsfolgen, insbesondere erfordere sie keine Übertragung eines dem bisherigen Amt vergleichbaren Amtes. Nach § 23, § 21 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 i. V. m § 21 Abs. 6 DBGrG sei die Zuweisung zur DB AG aufzuheben, wenn auf Grund wirtschaftlicher Umorganisationsmaßnahmen für einen Beamten eine Verwendung in der Gesellschaft des DB-Konzerns, welcher er kraft Gesetzes zugewiesen ist, nicht mehr möglich sei. In diesem Fall sei auch eine anderweitige Verwendung nicht mehr möglich. Allerdings müssten vorher die DB AG bzw. die ausgegliederten Gesellschaften für die betroffenen Beamten eine amtsangemessene Beschäftigung suchen. Wenn diese Suche erfolglos sei, sei die Zuweisung aufzuheben und § 12 Abs. 9 DBGrG nicht mehr anwendbar. Das Instrumentarium des § 12 Abs. 9 DBGrG sei geschaffen worden, um effektiv nach einem geeigneten Einsatzposten zu suchen. Da dem DB-Konzern aufgegeben worden sei, beschäftigungslos gewordene Beamte anderweitig zu verwenden, um für diese eine amtsangemessene Beschäftigung zu suchen, setze das Gesetz voraus, dass dem Kläger für einen gewissen Zeitraum kein funktionales Amt übertragen werden könne. Die Rechtsprechung zum Planstellenpool des Landes Berlin belege, dass derartige Konstruktionen zulässig seien.
Die Railion Deutschland AG beantragt,
die Klage unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Juli 2002 vollumfänglich abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Entfallen des Tätigkeitsbereiches und die Zuweisung müssten als Einheit betrachtet werden, da erst die Zuweisung die Rationalisierung vollende und endgültig mache. Überwiegender Rufbereitschaftsdienst mit gelegentlichen kurzzeitigen Vermittlungen zu irgendwelchen Aushilfs- und Vertretungstätigkeiten stelle keine amtsangemessene Beschäftigung des Klägers dar. Bereits die Zuweisung stelle einen Verstoß dar, wenn nicht erwartet werden könne, dass durch sie eine amtsangemessene Beschäftigung verschafft werde. Bis heute habe die Zuweisung zu keiner amtsangemessenen Beschäftigung geführt. Nur deren tatsächliche Verschaffung erfülle den Anspruch; durch die Zweckbestimmung der Beigeladenen zu 2 werde er nicht gewährleistet. Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung hänge nicht davon ab, ob man eine solche Beschäftigung finde. Die Rationalisierung könne teilweise rückgängig gemacht und dem Betroffenen zumindest übergangsweise bis zur erfolgreichen Weitervermittlung ein Arbeitsplatz beschafft werden. Ein Verstoß hiergegen werde bereits für den Zeitraum von zwei Jahren hingenommen. Auf unbegrenzte Zeit komme er jedoch einer Aberkennung des Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung gleich. Bei der Bahnreform sei der Verlust des amtsangemessenen Beschäftigungsanspruchs gerade nicht in Kauf genommen worden. Einzig und allein möglich sei die Modifikation des Amts im abstrakt-funktionellen und mehr noch im konkret-funktionellen Sinne. Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG regle nur die Zuweisung zur DB AG und nicht die Weiterverweisung innerhalb der DB AG. Hierfür gelte das Deutsche Bahn Gründungsgesetz. Das Erstgericht habe keine Analogie zu § 27 Abs. 2 Satz 3 BBG begründet, sondern nur dessen Rechtsgedanken herangezogen, um die verfassungsmäßig geschützten Rechte des Klägers und der Bahn als Wirtschaftsunternehmen in Einklang zu bringen. Das "Vivento"-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei hier uneingeschränkt anwendbar. Art. 143a Abs. 1 Satz 3 und Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG enthielten gleichermaßen die Vorgabe, dass die Beamten unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung ihres Dienstherrn einer privatrechtlichen Organisation zugewiesen werden. Es widerspreche Art. 33 Abs. 5 GG, dem Beamten auf unbestimmte Zeit kein Funktionsamt zu übertragen und ihn dadurch in den Zustand der Beschäftigungslosigkeit zu versetzen. Nach der Lesart der Railion Deutschland AG sei das Deutsche Bahn Gründungsgesetz verfassungswidrig, da es die Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG nicht berücksichtige. Zumindest müsse § 12 Abs. 9 DBGrG verfassungskonform ausgelegt werden, wie durch das erstinstanzliche Gericht geschehen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil im Wesentlichen für richtig. Er stellt keinen Antrag.
Die DB Vermittlung GmbH, die seit dem 1. April 2005 als "DB JobService GmbH" firmiert, schließt sich den Ausführungen der Railion Deutschland AG an und stellt ebenfalls keinen Antrag.
Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich zur Berufung nicht geäußert.
Die Beteiligten haben im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2005 auf die Durchführung eines weiteren Termins zur mündlichen Verhandlung verzichtet.
3. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vom Beklagten vorgelegten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist die als "Zuweisung" bezeichnete Personalmaßnahme vom 19. Dezember 2000, soweit sie einen Zeitraum von zwei Jahren überschreitet. Die zur Begründung der "Zuweisung" herangezogene Vorschrift des § 12 Abs. 9 i.V.m. § 23 DBGrG ist zwar als Rechtsgrundlage in Betracht zu ziehen. Im Ergebnis kann aber weder sie noch eine andere Regelung die angefochtene Personalmaßnahme rechtfertigen. Diese ist in dem bezeichneten Umfang jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil sie den Anspruch des Klägers auf Übertragung eines amtsangemessenen Funktionsamtes missachtet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist daher in dem angegriffenen Umfang zu Recht ergangen.
1. § 12 Abs. 9 Satz 1 DBGrG ermöglicht im Einzelfall die Aufhebung der Zuweisung oder eine "andere Verwendung" des nach § 12 Abs. 2 Satz 1 DBGrG gesetzlich der Deutsche Bahn AG bzw. einer der ausgegliederten Gesellschaften (§ 23 DBGrG) zugewiesenen Beamten. Der Kläger war zunächst der DB AG und nachfolgend der DB Cargo AG zugewiesen. Eine Personalmaßnahme nach § 12 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 23 DBGrG ist daher ihm gegenüber grundsätzlich möglich.
§ 12 Abs. 9 Satz 1 DBGrG gestattet jedoch jedenfalls nach Ablauf von zwei Jahren nach der "Zuweisung" zu der Beigeladenen zu 2 keine Verwendung ohne Übertragung amtsangemessener Funktionsämter. Bei der DB JobService GmbH stehen solche für den Kläger in Betracht zu ziehenden Funktionsämter nicht zur Verfügung. Sie befasst sich - wie die Vertreter der Beigeladenen zu 1 und zu 2 übereinstimmend ausgeführt haben - lediglich damit, "überzählige Beamte ... in anderen Gesellschaften des DB Konzerns unterzubringen" (und ihnen damit ein amtsangemessenes Funktionsamt erst wieder zu verschaffen). Dem Kläger ist bei der Beigeladenen zu 2 dementsprechend auch weder ein Amt im funktionellen Sinn übertragen noch ist der Zeitpunkt der Übertragung eines solchen Amtes festgelegt worden (vgl. nachfolgend 2.).
a) Der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes kann gemäß Art. 33 Abs. 5 GG beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d. h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden. Die für die amtsgemäße Besoldung gemäß § 18 BBesG notwendige Zusammenschau von Amt im statusrechtlichen und im funktionellen Sinne steht einer dauernden Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen. Im Rahmen dieser Vorgaben liegt es im Ermessen des Dienstherrn, den Inhalt des abstrakt- und des konkret-funktionellen Amtes festzulegen. Das bedeutet aber auch, dass der Dienstherr gehalten ist, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen. Damit wird dem Beamten zwar kein Recht auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amtes im funktionellen Sinne gewährt. Er muss vielmehr Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amtes hinnehmen. Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben. Ohne seine Zustimmung darf dem Beamten diese Beschäftigung weder entzogen, noch darf er auf Dauer unterwertig beschäftigt werden. Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden (BVerwG vom 22.6.2006 BVerwGE 126, 182/185 "Vivento"; ebenso BVerwG [1. Disziplinarsenat] vom 7.9.2004 ZBR 2005, 209 betreffend eine Zuweisung zur DB Arbeit GmbH/DB Vermittlung GmbH; st. Rspr.).
b) Der Anspruch auf ein statusangemessenes Funktionsamt ist im Zuge der Bahnreform weder verändert noch beseitigt worden.
aa) Gemäß Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG können Beamten der Bundeseisenbahnen durch Gesetz unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung des Dienstherrn einer privatrechtlich organisierten Eisenbahn des Bundes zur Dienstleistung zugewiesen werden. Damit ist eine verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen worden, Beamte bei privatrechtlich verfassten Unternehmen zu beschäftigen. Mit der Zuweisung an ein solches Unternehmen bleibt der Status der Beamten jedoch unverändert. Der verfassungsgebende Gesetzgeber hat Art. 33 Abs. 5 GG weder modifiziert noch ergänzt. Nach der Begründung der Bundesregierung zu Art. 143a GG (BT-Drs. 12/5015, S. 8) soll "die Zuweisung durch Gesetz auch gegen den Willen der Betroffenen (...) deren Rechtsstellung nicht schmälern. Beamte behalten ihren Status. Auch insoweit bleibt die Gesamtverantwortung des Dienstherrn Bund gewahrt. Hinsichtlich des übertragenen Amtes und der wahrgenommenen Tätigkeiten sind allerdings Veränderungen für die betroffenen Beamten nicht ausgeschlossen, wie dies auch für Fälle tief greifender Organisationsänderungen von Behörden oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften in den Beamtengesetzen vorgesehen ist". Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG lässt demnach nur solche Verschlechterungen zu, die die Bediensteten nach Art. 33 Abs. 5 GG auch ohne die Privatisierung hinzunehmen hätten (Uerpmann in von Münch/Kunig, GG, 5. Aufl. 2003, RdNr. 4a zu Art. 143a; vgl. auch BVerwG vom 3.3.2005 BVerwGE 123, 107/114, vom 10.3.2004 Buchholz 310 § 65 VwGO Nr 146 und vom 11.2.1999 BVerwGE 108, 274/276). Auch der einem privatrechtlich verfassten Bahnunternehmen zugewiesene Beamte hat einen Anspruch auf Übertragung eines seinem Amt im statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinne entsprechenden Amtes im konkret-funktionellen Sinne, d. h. eines "amtsgemäßen" Aufgabenbereichs (BVerwG vom 3.3.2005 a.a.O. zur Verpflichtung von Lokomotivführern zu Reinigungsarbeiten).
bb) Das einfache Bundesrecht berücksichtigt diese verfassungsrechtlichen Vorgaben.
(1) Nach § 12 Abs. 4, § 23 DBGrG bleiben die Rechtsstellung der Beamten, die der DB AG oder einer ausgegliederten Gesellschaft im unmittelbaren Bahnbereich zugewiesen sind, sowie die Gesamtverantwortung des Dienstherrn gewahrt. Nach § 12 Abs. 2, § 27 Abs. 1 BEZNG findet § 18 BBesG mit der Maßgabe Anwendung, dass gleichwertige Tätigkeiten bei diesen Gesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Für den einem solchen privaten Bahnunternehmen zugewiesenen Beamten gilt damit nichts anderes als für einen Beamten der Deutschen Bundespost, der bei einem privaten Nachfolgeunternehmen weiterbeschäftigt wird (OVG Koblenz vom 14.9.2006 unter Bezugnahme auf BVerwG vom 22.6.2006 a.a.O.), oder für den Beamten einer Dienststelle, die in eine privatrechtlich organisierte Einrichtung der öffentlichen Hand umgewandelt worden ist (§ 123a Abs. 2 und 3 BRRG). Seine Rechtsstellung bleibt unberührt; ihm ist eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit zuzuweisen.
(2) Nach § 11 Satz 1 Nr. 2, § 27 Abs. 1 BEZNG kann (auch) ein Beamter bei einer privatrechtlichen Gesellschaft im unmittelbaren Bahnbereich vorübergehend auf einem anderen Dienstposten von geringerer Bewertung unter Belassung seiner Amtsbezeichnung und seiner Dienstbezüge verwendet werden. Diese Möglichkeit ist entsprechend § 27 Abs. 2 BBG durch das Erfordernis besonderer Gründe sowie zeitlich begrenzt. Sie stellt den Grundsatz der amtsgemäßen Beschäftigung in dem streitgegenständlichen Umfang nicht in Frage (vgl. BVerwG vom 3.3.2005 a.a.O. sowie 2.c).
c) Vor diesem Hintergrund bildet auch die Vorschrift des § 12 Abs. 9 Satz 1 DBGrG keine Rechtsgrundlage für einen dauerhaften Entzug der Funktionsämter. Anders als etwa § 11 Satz 1 Nr. 2 BEZNG enthält sie keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen und keine Einschränkungen in den Rechtsfolgen. Sie würde bei einem solchen (verfehlten) Verständnis schon den Anforderungen des für alle wesentlichen Regelungen des Beamtenrechts geltenden Gesetzesvorbehalts nicht genügen. Auch schließt § 21 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 DBGrG die Anwendung der ermessensgeprägten Norm des § 12 Abs. 9 Satz 1 DBGrG aus, wenn ein von Rationalisierungsmaßnahmen betroffener Beamter nicht "auf einem anderen Arbeitsplatz" (also in anderen Funktionsämtern) im unmittelbaren Bahnbereich beschäftigt werden kann. In einem solchen Fall "ist" vielmehr die auf § 12 Abs. 2 oder Abs. 3 DBGrG beruhende Zuweisung durch das Bundeseisenbahnvermögen aufzuheben mit der Folge einer Verwendung des Beamten in der Bundesverwaltung (§ 21 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 i.V.m. Satz 2 Halbsatz 1, Satz 1 und Abs. 5 Nr. 2 DBGrG; vgl. auch BT-Drucks. 12/6269, S. 40 und S. 134). Das Gesetz beugt hierdurch einem Verlust der Funktionsämter vor, der durch einen Personalminderbedarf allein noch nicht herbeigeführt wird, jedoch in Form personeller Konsequenzen droht. Es kann offen bleiben, für welchen Zeitraum die vorgängige Klärung der Frage, ob "ein anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht, einen Aufschub hinsichtlich der Aufhebung der Zuweisung zu rechtfertigen vermag. Wenn sich auch nach zwei Jahren eine Übertragung von Funktionsämtern noch nicht abzeichnet, ist dies jedenfalls nicht mehr der Fall.
Insgesamt hat der Gesetzgeber den Bahnnachfolgeunternehmen Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes eröffnet. Ebenso wie bei der Postreform (vgl. BVerwG vom 22.6.2006 a.a.O.) handelt es sich jedoch um konkret benannte Regelungsalternativen, die Rücksicht auf die verfassungsrechtlich vorgegebenen Strukturelemente nehmen und insbesondere den grundlegenden beamtenrechtlichen Anspruch auf Übertragung von Funktionsämtern nicht schmälern. Sie lassen sich daher nicht im Sinne einer Öffnung für weitergehende Gestaltungselemente des Personaleinsatzes von Lebenszeitbeamten überdehnen, mag dies auch nach Wirtschaftlichkeitskriterien sinnvoll erscheinen. Die normative Gestaltung durch den Gesetzgeber ist nicht allein daran ausgerichtet.
d) Es kann daher offen bleiben, ob eine Beschäftigung bei einer Gesellschaft mit dem Tätigkeitsfeld der Beigeladenen zu 2 eine "anderweitige Verwendung" im Sinne des § 12 Abs. 9 Satz 1 DBGrG darstellt. Dies ist nicht ohne Weiteres zu bejahen, weil § 12 DBGrG nur für diejenigen ausgegliederten Gesellschaften gilt, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen oder die Eisenbahninfrastruktur betreiben (§ 23 Satz 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 DBGrG).
2. Durch die "Zuweisung" hat der Kläger seine bisherigen Funktionsämter nicht nur vorübergehend verloren, ohne dass ihm andere amtsgemäße Funktionsämter auf Dauer übertragen worden sind.
a) Die "Zuweisung" des Klägers ist dem Schreiben vom 19. Dezember 2000 zufolge "zur beruflichen Neuorientierung und Neuqualifikation mit dem Ziel der Vermittlung auf einen freien Arbeitsplatz im DB Konzern" erfolgt. Ziel der beruflichen Neuorientierung ist nach § 10 der Konzernbetriebsvereinbarung Konzernweiter Arbeitsmarkt vom 5. September 1999 auch bei Beamten "die Vermittlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eine neue dauerhafte Beschäftigung bei Unternehmen innerhalb oder erforderlichenfalls außerhalb des DB-Konzerns sowie die Realisierung von Outplacementmaßnahmen oder Existenzgründungen, ggf. nach erforderlicher Qualifikation. Bis zum Abschluss der beruflichen Neuorientierung werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Beschäftigungssicherung und Erhöhung der Vermittlungschancen im Rahmen sozialverträglicher Personalüberlassungen vorübergehend eingesetzt."
Es kommt nicht darauf an, welches Unternehmen für den Beklagten im Rahmen seiner Verpflichtung zur Übertragung von Funktionsämtern tätig geworden ist. Die angestrebte Vermittlung des Klägers in eine neue dauerhafte Beschäftigung ist nicht erreicht worden. Seit dem 1. Januar 2001 ist der Kläger in der Phase der "beruflichen Neuorientierung" verblieben. Er hat an Fortbildungskursen teilgenommen und war mit Aushilfsarbeiten bei anderen Unternehmen im DB-Konzern betraut. Er war im Beschäftigungsprojekt Reisendenservice bei der DB Station&Service AG eingesetzt und im Übrigen "auf Abruf zu Hause".
Diese Verwendung entspricht keinem Aufgabenbereich im Sinne eines abstrakt- und konkret-funktionellen Amtes. Der Kläger ist in keiner Weise in die Organisation und die Abläufe des Unternehmens der Beigeladenen zu 2 eingebunden. Er ist nicht Subjekt, sondern Objekt einer Aufgabenbeschreibung (BVerwG vom 22.6.2006 a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG vom 2.8.2005 ZBR 2006, 49 zum Stellenpool des Landes Berlin). Selbst wenn sich unter den ihm zugewiesenen Tätigkeiten solche befinden, die amtsgemäßen Funktionen gleichwertig sind, handelt es sich jeweils um Beschäftigungsprojekte und Personalüberlassungen, nicht aber um eine dem funktionellen Amt entsprechende dauerhafte Funktion.
b) Auf allgemeine beamtenrechtliche Vorschriften oder Grundsätze kann der Entzug der Funktionsämter nicht gestützt werden.
Die "Zuweisung" des Klägers beruht auf wettbewerbsorientierten Rationalisierungsmaßnahmen und nicht auf einer kurzfristigen Ausnahmesituation des Unternehmens. Offen bleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen im Rahmen einer Versetzung oder Abordnung die Übertragung neuer Funktionsämter zeitlich verzögert erfolgen darf, denn eine unbefristete Streckung dieser im Rechtssinne einheitlichen Vorgänge ist ausgeschlossen (im Wesentlichen ebenso - eine Streckung von zwei Jahren und fünf Monaten nicht beanstandend - OVG Berlin-Brandenburg vom 14.11.2006 ZBR 2007, 262). Eine entsprechende Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BBG scheidet aus, weil eine Regelungslücke nicht vorliegt. Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung der Beamten im Fall von Behördenauflösungen ergibt sich aus dem Lebenszeitprinzip und im vorliegenden Fall zusätzlich aus Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG. Die Vorschrift des § 26 Abs. 3 BBG schließlich setzt voraus, dass Qualifizierungsmaßnahmen tatsächlich stattfinden und die Arbeitskraft des Beamten ihrem Umfang nach auch beanspruchen, d. h. die Teilnahme an den Fortbildungsmaßnahmen nach einem erkennbaren Konzept muss die Ursache der Freistellung sein. Grund der Freistellung des Klägers waren jedoch personelle Rationalisierungsmaßnahmen; er ist mehrfach bei Aushilfsarbeiten und Beschäftigungsprojekten eingesetzt worden. Davon abgesehen ist § 26 Abs. 3 BBG keine Rechtsgrundlage, die es ermöglicht, einem Beamten für die Zeit seiner Fortbildung das abstrakte Funktionsamt zu entziehen (vgl. im Einzelnen BVerwG vom 22.6.2006 a.a.O.).
3. Bei dieser Sachlage kann unentschieden bleiben, ob das der "Zuweisung" des Klägers zu Grunde liegende Auswahlverfahren fehlerfrei gewesen ist und welchen Rechtscharakter die "Zuweisung" hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO gibt es nicht.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.090,34 Euro (entspricht 8.000 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 GKG i.d.F. der Bekanntmachung vom 15.12.1975 BGBl I S. 3047, § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des KostRMG vom 5.5.2004 BGBl I S. 718)
Ende der Entscheidung
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