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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.11.2008
Aktenzeichen: 15 C 08.2474
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 146
VwGO § 172 Satz 1
Die Vollstreckung eines Verpflichtungsurteils zugunsten eines bei der Deutschen Telekom AG beschäftigten Beamten ist nicht der Bundesrepublik Deutschland, sondern dem Vorstand der Deutschen Telekom AG anzudrohen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 C 08.2474

In der Verwaltungsstreitsache

wegen amtsangemessener Beschäftigung

hier: Vollstreckung der Nummer 1 des Urteils vom 23.11.2007, Az.: B 5 K 07.443;

hier: Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 15. August 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Ebersperger, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Linder

ohne mündliche Verhandlung am 10. November 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Vollstreckungsschuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht dem Vorstand der Deutschen Telekom AG die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500 Euro angedroht, wenn dieser der in Nummer 1 des Urteils vom 23. November 2007 (Az. B 5 K 07.443) der Vollstreckungsschuldnerin auferlegten Verpflichtung nicht bis spätestens 30. September 2008 nachkommt.

1. Die Vollstreckungsschuldnerin wendet ein, es sei fraglich, ob § 172 VwGO überhaupt zur Vollstreckung herangezogen werden könne, weil die hier streitgegenständliche Übertragung eines gleichwertigen funktionellen Amts nach überwiegender Meinung keinen Verwaltungsakt darstelle. Der Anwendungsbereich des § 172 VwGO sei - zumindest nach einem Teil der Rechtsprechung - nur dann eröffnet, wenn ein behördliches Verhalten erzwungen werden solle, das den Rechtscharakter von Verwaltungsakten aufweise.

Die Vollstreckung des Urteils vom 23. November 2007 (Az. B 5 K 07.443) war gemäß § 172 Satz 1 VwGO statthaft. Danach kann ein Zwangsgeld durch Beschluss angedroht werden, wenn eine Behörde in den Fällen u.a. des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 VwGO den ihr im Urteil auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Frage, ob der Anwendungsbereich des § 172 VwGO nach dem Gesetzeswortlaut der Norm auf diejenigen Fälle beschränkt ist, in denen behördliches Verhalten erzwungen werden soll, das den Rechtscharakter von Verwaltungsakten aufweist, ist umstritten (vgl. Überblick bei Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, RdNr 29 ff. zu § 172). Darauf kommt es hier jedoch nicht an. Denn der Verpflichtungsausspruch im Urteil vom 23. November 2007 richtet sich auf einen Verwaltungsakt gemäß § 35 VwVfG. Die Übertragung einer amtsangemessenen Tätigkeit bedeutet, dem Beamten - hier dem Vollstreckungsgläubiger - entsprechend seinem statusrechtlichen Amt eine angemessene abstrakt- und konkret-funktionelle Aufgabe zu übertragen (vgl. BVerwG vom 27.2.1992 DVBl 1992, 912). Die Erfüllung der Verpflichtung aus dem Urteil vom 23. November 2007 setzt damit die Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer Unternehmenseinheit der Deutschen Telekom AG voraus, mithin einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG.

2. Die Deutsche Telekom AG stellt auch eine Behörde i.S.d. § 172 Satz 1 VwGO dar. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, ist die Deutsche Telekom AG ungeachtet ihrer Eigenschaft als juristische Person des Privatrechts aufgrund der Zuweisung der dienstrechtlichen Zuständigkeiten in § 1 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (PostPersRG) insoweit funktionell als Behörde anzusehen. Der Umstand, dass die Deutsche Telekom AG eine eigene Organisationsstruktur hat und finanziell nicht vom Bund abhängig ist, vermag diese ausdrückliche gesetzliche Zuordnung im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten eines Dienstherrn gegenüber den bei ihm beschäftigten Beamten nicht in Frage zu stellen. In § 1 Abs. 2 PostPersRG spricht der Gesetzgeber von der Wahrnehmung der Befugnisse einer "Obersten Dienstbehörde".

3. Die monierte Adressierung der Zwangsgeldandrohung an den Vorstand der Deutschen Telekom einerseits und die Nennung der Bundesrepublik Deutschland als passivlegitimierter Rechtsperson im Rubrum der Entscheidung andererseits stellt keinen Widerspruch dar. Dies ergibt sich zwangsläufig aus der Trennung der Dienstherrenverantwortung der Bundesrepublik Deutschland von der Ausübung der Dienstherrenbefugnisse durch die Deutsche Telekom AG. Adressat einer Zwangsgeldandrohung und damit des Beugezwangs kann nur "die Behörde" Deutsche Telekom AG als handlungsbefugte Organisationseinheit sein. Durch die in § 1 Abs. 1 PostPersG ausgesprochene Ermächtigung zur Wahrnehmung der konkreten Dienstherrnbefugnisse und -pflichten ist allein die Deutsche Telekom AG in der Lage, dem Verpflichtungsausspruch des Urteils vom 23. November 2007 Folge zu leisten. Dies entspricht im Übrigen dem in § 172 VwGO enthaltenen Grundgedanken, wonach mit Zwangsmitteln gegen den regelmäßig handlungsunfähigen Rechtsträger selbst das angestrebte Verpflichtungsziel in der Regel nicht erreicht werden kann (vgl. Pietzner, a.a.O., RdNr. 8 zu § 172).

4. Schließlich begründen die geltend gemachten getrennten Finanzmittel von Deutscher Telekom AG und Bundesrepublik Deutschland keine Fehlerhaftigkeit einer Vollstreckung nach § 172 VwGO. Diese Situation ergibt sich bei einem Auseinanderfallen von passiv legitimiertem Rechtsträger und dem für die Finanzausstattung der durch eine Vollstreckungsmaßnahme betroffenen Behörde verantwortlichen Rechtsträger (vgl. etwa auch Art. 53 Abs. 2 LKrO). Die Passivlegitimation der Bundesrepublik Deutschland bringt lediglich ihre durch Art. 143 b Abs. 3 Satz 1 GG begründete Letztverantwortung zum Ausdruck. An der Verpflichtung der Deutschen Telekom AG, dem Urteil Rechnung zu tragen (Art. 143 b Abs. 3 Satz 2 GG), ändert das nichts.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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