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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.05.2005
Aktenzeichen: 15 CS 05.860
Rechtsgebiete: SG, WBO


Vorschriften:

SG § 55 Abs. 4 Satz 2
WBO § 23 Abs. 6 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 CS 05.860

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Soldatenrechts (Entlassung) (Antrag nach § 23 Abs. 6 WBO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. März 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ganzer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Wünschmann

ohne mündliche Verhandlung am 4. Mai 2005

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.975 € festgesetzt.

Gründe:

I.

I. Der Antragsteller befand sich seit dem 1. Juli 2003 im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes der Jägertruppe im Ausbildungsgang mit Studium (Informatik). Nach Nummer 3.1 des Befehls für die Ausbildung der Offiziersanwärter des 73. Offiziersanwärterlehrgangs (OAL) vom 7. Mai 2003 müssen die Offiziersanwärter des 73. OAL den Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit bis zum Ende des 12. Ausbildungsmonats durch Ablegung des Deutschen Sportabzeichens in Bronze (DSA) erbringen. Den Nachweis seiner körperlichen Leistungsfähigkeit hat der Antragsteller weder bis zum Ende des 12. Ausbildungsmonats (30.6.2004) noch bis zum Ablauf einer ihm gewährten Nachfrist (30.9.2004) erbracht. Den Lehrgang Teil I (OAL I) seiner Truppengattung hat der Antragsteller nicht bestanden. Mit Bescheid vom 17. November 2004, bekannt gegeben am 22. November 2004, ordnete der Amtschef des Personalamtes der Bundeswehr gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SG die Entlassung des Antragstellers aus der Bundeswehr wegen mangelnder Eignung an. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen diesen Bescheid anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 9. März 2005 ab. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat auf diesen Beschluss Bezug (§130b Satz 1 VwGO analog).

2. Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung lässt er durch seinen Bevollmächtigten vortragen: Durch die angefochtene Entscheidung sei der Antragsteller aus dem OAL abgelöst worden. Werde er nicht kurzfristig wieder in den Lehrgang aufgenommen, bedeute dies selbst bei schlussendlichem Obsiegen in diesem Eilverfahren sowie im möglicherweise sich anschließenden Hauptsachverfahren den Verlust von einem, wenn nicht mehreren Ausbildungsjahren mit allen seinen Konsequenzen. Mit seiner Kernbegründung, die Leistungen des DSA seien nur äußerst knapp erreicht worden, setze sich das Verwaltungsgericht fehlerhafterweise an die Stelle der Antragsgegnerin. Selbst im angefochtenen Bescheid sei nirgends davon die Rede, dass die Leistungen des DSA mehr als nur ausreichend erbracht werden müssten. Bei ihrer Feststellung, der Antragsteller habe die Mindestanforderungen der körperlichen und sportlichen Leistungsfähigkeit nicht erfüllt, gehe die Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung des für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkts - von einem falschen Sachverhalt aus. Der Antragsteller habe nämlich zum Zeitpunkt der Aushändigung der Entlassungsverfügung, am 23. November 2004, die Leistungen der noch ausstehenden Prüfungsgruppe Nr. 5 für das DSA bereits erbracht gehabt. Da schon das Hauptkriterium für die Entlassungsverfügung, die angeblich mangelnde körperliche Eignung, nicht vorliege, sei auf das Hilfskriterium, nämlich das Nichtbestehen des OAL I auch wegen fachlicher Mängel, nicht mehr einzugehen gewesen.

Der Antragsteller hat vorab beantragt,

durch eine Zwischenverfügung der Antragsgegnerin bis zur instanzabschließenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu untersagen, Rechtsfolgen aus dem Entlassungsbescheid vom 17. November 2004 abzuleiten.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. März 2005 die aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 17. November 2004 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung abzulehnen und die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu Lasten des Antragstellers gehe. Der Antragsteller habe den OAL Teil I an der Infanterieschule nicht bestanden und die Anforderungen des DSA innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums nicht erfüllt. Als Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit sei dies ein wesentlicher Bestandteil der für Offiziere des Heeres vorgeschriebenen Ausbildung. Die in der Ausbildungsordnung für den Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit gesetzte Jahresfrist sei nicht willkürlich festgelegt. Für eine positive Eignungsprognose genüge es nicht, wenn der Offiziersanwärter - nach Ablauf der ihm gesetzten (Nach-)Fristen - irgendwann einmal die Anforderungen des DSA erfülle. Die vom Antragsteller begehrte Zwischenverfügung dürfte wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig sein. Sie würde auch der gesetzlichen Wertung des § 3 Abs. 1 WBO zuwider laufen. Zudem wäre sie ohne Nutzen für den Antragsteller, da die ersten Prüfungen in so genannten Sperrfächern bereits stattgefunden hätten und der Antragsteller selbst bei einem Obsiegen den Lehrgang im kommenden Jahr erneut absolvieren müsste.

Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich mit Schreiben vom 21. April 2005 zur Beschwerde geäußert, ohne einen Antrag zu stellen. Ihrer Auffassung nach hat der Antragsteller die Anforderungen der Nummer 3.1 des Ausbildungsbefehls erfüllt.

3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (§ 23 Abs. 6 Satz 1 WBO) im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung unter Beschränkung auf das zur Beschwerdebegründung Dargelegte (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass der Antragsteller kein schutzwürdiges Interesse an der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde hat, weil Rechtsbehelfe gegen die Entlassungsverfügung voraussichtlich erfolglos bleiben.

a) Nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SG soll ein Offiziersanwärter, der sich nicht zum Offizier eignen wird, entlassen werden. Unter den Begriff der Eignung im Sinn des § 55 Abs. 4 SG fällt auch die körperliche Eignung (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG), die die sportliche Leistungsfähigkeit einschließt (vgl. Scherer/Alff, Soldatengesetz, 7. Aufl. 2003, RdNr. 11 zu § 55 und RdNr. 16 zu § 3). Es liegt im Rahmen des Spielraums, den der Begriff der Eignung der Antragsgegnerin eröffnet, auch einen Zeitraum zu bestimmen, innerhalb dessen die Eignung nachzuweisen ist. Hat sie -wie hier- das Merkmal der körperlichen Eignung durch einen Befehl auch in zeitlicher Hinsicht konkretisiert, verbleibt es für den Regelfall bei den in dem Befehl gestellten Anforderungen. Hierzu gehört (vgl. Nr. 3.1 des Befehls), dass der Offiziersanwärter als Mindestanforderung der körperlichen und sportlichen Leistungsfähigkeit die Leistungen des DSA in Bronze bis zum Ende des 12. Ausbildungsmonats seit Zulassung zum OAL bzw. einer gesetzten Nachfrist erbringt. Nur wenn der Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit innerhalb des bestimmten zeitlichen Rahmens erbracht wird, sieht der Dienstherr eine Gewähr dafür, dass der Offiziersanwärter den weiteren Anforderungen der Ausbildung und insgesamt den Anforderungen des Offizierberufs gerecht werden wird. Innerhalb dieses Zeitraums - zuletzt verlängert bis 30. September 2004 - hat der Antragsteller den Nachweis seiner sportlichen Leistungsfähigkeit nicht erbracht. Dass der Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit innerhalb des gesetzten zeitlichen Rahmens krankheits- oder verletzungsbedingt oder aus sonstigen Gründen unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, hat der Antragsteller nicht dargetan.

Ohne dass es darauf noch ankommen würde, geht der Antragsteller im Übrigen zu Unrecht davon aus, dass er jedenfalls im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entlassungsverfügung auch die letzten noch ausstehenden Leistungen der Prüfungsgruppe 5 für das DSA und damit den vollständigen Nachweis zu seiner körperlichen Leistungsfähigkeit erbracht habe. Ausweislich des in den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses wurde die Entlassungsverfügung dem Antragsteller am 22. November 2004 gegen Unterschrift ausgehändigt. Die für das DSA in Bronze noch ausstehenden Leistungen (in Weitsprung, 100 m-Lauf und 3.000 m-Lauf) hat er aber nach den Eintragungen aus der Sportabzeichen-Prüfkarte erst am 23. November 2004 geschafft.

Aus den genannten Gründen kommt es auch nicht, wie es der Vertreter des öffentliches Interesses unter Hinweis auf die Kommentierung bei Kopp/Schenke (VwGO, 13. Aufl. 2003, RdNr. 147 zu § 80) vertritt, auf die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Nur soweit nach materiellem Recht eine nach Erlass des Verwaltungsakts eintretende Veränderung der Sachlage noch für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts relevant wäre, kann sie auch für die gerichtliche Entscheidung nach § 23 Abs. 6 Satz 1 WBO von Bedeutung sein (vgl. Kopp/Schenke a.a.O.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die geforderte Eignung hat - wie ausgeführt - materiell-rechtlich eine zeitliche Komponente.

b) Die Entlassungsverfügung lässt bei summarischer Prüfung auch sonst keine Rechtsfehler erkennen.

Es braucht nicht geprüft zu werden, ob der Antragsteller den OAL I (auch) wegen fachlicher Leistungsmängel nicht bestanden hat. Das Nichtbestehen des OAL I wird zwar im angefochtenen Bescheid (S. 5 oben) erwähnt, die Entlassung jedoch erkennbar nicht entscheidend darauf gestützt. Auf das "Hilfskriterium" muss daher, wie auch der Antragsteller meint, nicht näher eingegangen werden.

Auf die Rüge des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe sich mit ihrer Erwägung, der Antragsteller habe die Anforderungen des DSA nur äußerst knapp erfüllt, zu Unrecht an die Stelle der Antragsgegnerin gesetzt, kommt es aus den unter a) genannten Gründen nicht mehr an.

2. Der Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung hat sich erledigt, da der Senat in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Eingang der Beschwerdebegründung über die Beschwerde selbst entschieden hat.

3. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG analog.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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